Beratungshilfe Ausland

  • Hi Leute!

    Hatte heute in der RASt eine junge Frau sitzen. Sie wollte einen Schein wg. Scheidung. Eigentlich kein Thema, aber wie seht ihr das:

    Sie ist italienische Staatsangehörige, hat in Italien geheiratet, die Ehegatten waren immer in Italien, haben sich in Italien getrennt und sie ist halt jetzt nach Deutschland gekommen, weil sie hier in unserem Örtchen zufällig einen schönen Fleck zum Leben und Arbeiten gefunden hat. Und sie war definitiv frisch aus Italien, hat nämlich kein Wort Deutsch gesprochen und eine Dolmetscherin dabei gehabt.

    Ich will auf § 2 III BerHG hinaus. Ich sehe hier überhaupt keine Möglichkeit auf einen Schein, denn der Sachverhalt an sich weißt keinerlei Bezug zum Inland auf, außer das sie hier her gezogen ist. Sie ist halt einfach zufällig hier. So könnte ja derjenige der bspw. in den Niederlanden an der Grenze zu Deutschland wohnt sich durch kurzfristiges Umziehen nach Deutschland einen Schein für seine Scheidung in den Niederlanden holen. M. E. muss sie sich an ein Gericht in Italien wenden. Meinung?

    VG!

  • Sehe ich nicht so - ob das gerichtliche Verfahren in Deutschland läuft, ob italienisches Recht anzuwenden ist, spielt meines Erachtens für die Bewilligung von BerH keine Rolle, da es ja die Aufgabe des RA ist, diese Punkte vorab zu klären. Aufgrund des derzeitigen Wohnsitzes im Bezirk würde ich den Schein dann beim vorliegen der anderen Voraussetzungen erteilen.

  • Sehe ich nicht so - ob das gerichtliche Verfahren in Deutschland läuft, ob italienisches Recht anzuwenden ist, spielt meines Erachtens für die Bewilligung von BerH keine Rolle, da es ja die Aufgabe des RA ist, diese Punkte vorab zu klären. Aufgrund des derzeitigen Wohnsitzes im Bezirk würde ich den Schein dann beim vorliegen der anderen Voraussetzungen erteilen.

    Sehe ich auch so.

  • Schließe mich den Vorpostern an. Was mich viel mehr stört, ist folgendes:

    Sie wollte einen Schein wg. Scheidung. Eigentlich kein Thema, (...)

    ...aber diese Baustelle hatten wir schon in diversen anderen Threads. Daher nur der Hinweis: BerH-Schein für "Scheidung" ohne streitige Folgesache ist hier im Forum sehr strittig.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Zum Beispiel für die Abwehr von Schmerzensgeldansprüchen aufgrund einer in Polen erfolgten Körperverletzung durch einen niederländischen Mitbürger (der aber in D wohnt) an einem Franzosen. Da hätten wir m.E. wirklich gar keinen Inlandsbezug.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Abgesehen von der Frage, ob der Inlandsbezug nicht schon dadurch hergestellt werden könnte, dass der hier wohnhafte Schädiger mit niederländischer Staatsangehörigkeit hier verklagt werden könnte:

    Wenn die beiden am deutsch-polnischen Grenzstreifen streiten, der Niederländer den Franzosen schubst, der dann auf deutschem Staatsgebiet auf einen Stein fällt und sich dadurch eine Verletzung zuzieht, kann der Franzose die Anwendung deutschen Rechts verlangen (vgl. Art. 40 Abs. 1 EGBGB).

    Wenn der Niederländer in einem in Deutschland registrierten Flugzeug, das mit verschlossenen Türen auf einem polnischen Flughafen steht, dort über die Bahn rollt oder sich im polnischen Luftraum befindet, dem Franzosen einen in die Fresse haut :oops:, weil er sich auf dem Nebensitz zu breit gemacht oder den Vordersitz ganz weit nach hinten gestellt hat, dürfte ebenfalls deutsches Recht anwendbar sein. §§ auf Anfrage, da etwas komplizierter. Dürfte/müsste aber so sein, wenn ich das richtig in Erinnerung behalten habe, ich war bei einer früheren Tätigkeit u.a. mit solchen Sachverhalten befasst.

    Will sagen: bitte keine Fälle mit IPR-Bezug vereinfachen. :D

    :strecker

  • Würde mich auch interessieren, wann denn mal eindeutig der 2 III in Betracht kommt.

    Mal ein einfaches, lebensnahes Beispiel ?

    (Mir fehlt da grad die Fantasie)

    :oops:

  • Ich hatte einmal einen in meinem AG-Bezirk wohnenden Österreicher, der in seinem Urlaub in Österreich, eine Anonymverfügung (Strafzettel) bekommen hatte gegen die er sich nun wehren wollte.

    Das war für mich so ein Fall bei dem der § 2 Abs. 3 BerHG Anwendung fand.
    Sicherlich kommt der § 2 Abs. 3 BerHG nicht allzu häufig vor.

  • Nach dem Wortlaut des § 2 III BerHG sind die Voraussetzungen
    - Anwendung ausländischen Rechts steht fest
    und
    - SV weist keinen Bezug zum Inland auf.

    Ich gestehe, das erste TBM hab ich bei meinem Beispielsversuch geschlabbert - danke für den Hinweis, BREamter ;)

    kleinerstis Beispiel erscheint mir da gelungener:
    - österreiches Strafrecht/Owi-Recht wird angewendet
    - der Sachverhalt weist als einzigen Bezug zum Inland den allgemeinen Gerichtsstand des BerH-Antragstellers auf. Und ob das genügt,
    ist fraglich.

    Möglicherweise ein vergleichbares Beispiel:
    Die in Deutschland wohnende Partei ist Miterbin des zuletzt in Polen lebenden polnischen Erblasser. Zur Erbmasse gehört unter anderem ein in Polen belegenes Grundstück, hinsichtlich dessen die Erbauseinandersetzung erfolgen soll (Erbauseinandersetzung im Übrigen soll meinetwegen schon erfolgt oder unproblematisch sein und es ist auch ansonsten kein Vermögen in Deutschland vorhanden gewesen).


    Die Fälle, in denen § 2 III BerHG in praxi Anwendung findet, dürften wirklich verschwindend gering sein....

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich hatte einmal einen in meinem AG-Bezirk wohnenden Österreicher, der in seinem Urlaub in Österreich, eine Anonymverfügung (Strafzettel) bekommen hatte gegen die er sich nun wehren wollte.

    Das war für mich so ein Fall bei dem der § 2 Abs. 3 BerHG Anwendung fand.
    Sicherlich kommt der § 2 Abs. 3 BerHG nicht allzu häufig vor.

    Und genau das ist doch mein Fall: Eine in mein AG Bezirk zugezogene und nun wohnende Italienerin, alles in Italien will sich jetzt Scheiden lassen. Welcher Bezug zum Sachverhalt an sich besteht denn, außer dass sie hier her gekommen ist??

    Aber danke für die Beispiele, sind gut zu gebrauchen!!

  • Wenn Sie hier lebt und hier für Sie von Bedeutung ist, ob Sie geschieden ist oder nicht, würde ich in diesem Fall nicht wegen fehlendem Inlandsbezug ablehnen
    ( hier keine Beratungshilfescheine für Scheidung, da Scheidung ein gerichtliches Verfahren ist ).

  • Die Frage ist absolut gerechtfertigt. Nach erneutem Überlegen bin ich mir nämlich auch nicht mehr so sicher, ob es nicht doch ein Fall von § 2 III BerHG wäre...

    aber wie Joelina auch schrieb: Ich wär schon bei der Angelegenheit "Scheidung" raus.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich habe mal meinen schlauen Beratungshiflekommentar gewälzt, den Heidelberger Kommentar, Groß, Beratungshilfe 12. Auflage

    Da finde ich zum § 2 Abs. 3 BerHG folgendes:
    Der Kommentar meint, dass der Sachverhalt Beziehungen zum Inland aufweisen muss.
    Die bloße Anwesenheit einer Person in der BRD die dann in evtl. Eherechtsstreitigkeiten z.B. wie hier in Italien verwickelt ist, rechtfertigt nicht die Inanspruchnahme von Beratunghilfe (Zitiert wird auch das AG Aschaffenburg JurBüro 1983, 723, Herget MDR 1984,529 sowie Greiwinger RN 35, Anwkom-RVG)

    Dann fehlt es an der Beziehung des Sachverhalts zum Inland. Das gilt dann, wenn die Ehe im Ausland geschlossen und geführt wurde und nicht beide Partner in die BRD gezogen sind.

    Anders ist es dann aber, wenn es Kinder gibt, die mit der Mutter hier leben. Also wenn Umgangsrechte etc geregelt werden müssen.

    Bei EU Mitgliedstaaten muss noch § 10 Beachtet werden. Aber wenn eben eine Streitigkeit rein nach ausländischem Recht zu entscheiden ist, bleibt es eben dabei - nur das sie hier ist reicht nicht.

    Vielleicht konnte das ja helfen.

  • OK, zur Korrektur: Rechtliche Folgen der Trennung ;)

    Zitat

    Anders ist es dann aber, wenn es Kinder gibt, die mit der Mutter hier leben. Also wenn Umgangsrechte etc geregelt werden müssen.

    Beratungshilfe für Umgangsrecht sehe ich sehr kritisch. Wozu haben wir Jugendämter? --> Andere Möglichkeit der Hilfe = keine Beratungshilfe! Und das ist jemandem durchaus zuzumuten, dass er zum Jugendamt geht..

  • OK, zur Korrektur: Rechtliche Folgen der Trennung ;)

    ...die auch zu konkretisieren sind, nen Pauschalschein gibbet bei mir zumindest nicht ;)

    Zitat

    Beratungshilfe für Umgangsrecht sehe ich sehr kritisch. Wozu haben wir Jugendämter? --> Andere Möglichkeit der Hilfe = keine Beratungshilfe! Und das ist jemandem durchaus zuzumuten, dass er zum Jugendamt geht..

    Das Jugendamt wird allerdings ganz fix die Segel streichen, da es sich mit italienischem Kindschaftsrecht i.d.R. nicht sonderlich gut auskennen dürfte.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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