Zuständig oder nicht?

  • Hallo,

    ich habe heute eine Abgabe erhalten. Der Schuldner ist an der vom Gläubiger angegebenen Adresse vom GVZ nicht zu ermitteln.

    Im Antrag auf Erlass des PfÜb wurde anscheinend zwischen Antragstellung und Erlass die Adresse geändert und zwar in die Adresse des Drittschuldners mit der Bitte des Gläubigers diese Adresse als c/o zu benutzen und beantragt das Verfahren ggf abzugeben. (Drittschuldner = mein Gerichtsbezirk)

    Ausweislich des GV-Protokolls hat der Gläubiger keinen Antrag auf Adressermittlung gem. § 755 ZPO gestellt oder andere Ermittlungen bzgl. der neuen Adresse unternommen.

    Das abgebende Gericht hat die Abgabe verfügt mit der Begründung dass der allgemeine Gerichtsstand durch den Aufenthaltsort bestimmt wird § 16 ZPO. Aber dies ist m.E. nicht korrekt. Es ist ja noch nicht einmal geklärt, ob der Schuldner keinen Wohnsitz hat. Weitere Ermittlungen (EMA-Anfrage, GVZ-Beauftragung) seitens des Gl. wurden ja nicht durchgeführt.

    Lehne ich die Abgabe nun ab? Oder Schreibe ich dem Gläubiger?

    Hoffe ich habe es verständlich zu Papier gebracht.

    LG

  • Der Gerichtsstand des Aufenthaltsorts wird wohl eher selten vorkommen (z.B. Schausteller, Wandersleute auf der Walz).

    Die c/o-Adresse des Drittschuldners als "Aufenthaltsort" i.S.d. § 16 ZPO erscheint eher abwegig.

    Entweder lässt sich ein neuer Wohnsitz im Inland ermitteln (EMA) > klassisch § 13 ZPO.

    Oder er lässt sich nicht ermitteln, sprich EMA: unbekannt verzogen > letzter Wohnsitz, § 16 ZPO.

    Oder es lässt sich ein bekannter Wohnsitz im Ausland ermitteln > Sitz des Drittschuldners, § 23 ZPO.


    Man könnte sicher die Übernahme ablehnen und die Akte an das ursprünglich angegangene VG zurückschicken,
    allerdings würde ich das nicht machen, sondern den Gläubiger auf die Bedenken der örtlichen Zuständigkeit hinweisen und zur weiteren Ermittlung und Darlegung anhalten.

    Danach läuft es entweder auf einen Unzuständigkeitsbeschluss und Rückverweisung, Zurückweisung als unzulässig oder den Erlass des PfÜb hinaus, je nachdem, wie sich der Gläubiger im folgenden einlässt.

    LG

  • Vielen Dank...

    Das abgebende Gericht hat es sich natürlich sehr einfach gemacht. Damit waren sie die Akte los.

    Aber für den Gläubger ist natürlich nicht tragbar wenn die Akte, wegen der Frage der zuständigkeit, erst mal hin und hergeschoben wird...

    LG

  • Letztlich hätte er aber sogar das selbst verschuldet und zu vertreten. Der Gläubiger muss den Wohnsitzwechsel nachweisen. Unterlässt er dies, hat er die Folgen zu tragen, mE ganz einfach.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Vielen Dank...

    Das abgebende Gericht hat es sich natürlich sehr einfach gemacht. Damit waren sie die Akte los.

    Es spricht viel dafür, dass sie die Akte wieder bekommen.

    Aber für den Gläubger ist natürlich nicht tragbar wenn die Akte, wegen der Frage der zuständigkeit, erst mal hin und hergeschoben wird...

    Naja, der Gläubiger hat sich mit der offenbar kommentarlos untergemogelten, neuen c/o-Drittschuldner-Anschrift und der selbst ("ggf.") beantragten Abgabe ja auch nicht mit Ruhm bekleckert, immer huschhusch; kann er sich schwerlich darüber beklagen, wenn es nun ein bisschen länger dauert als eigentlich nötig. (Aber ich hätte daraufhin auch nicht abgegeben, sondern bereits als "Erstgericht" nachgehakt.)

    LG

    ...

  • Der Schuldner hatte nach Gläubigerangaben zunächst im hiesigen Gerichtsbezirk seinen Wohnsitz. Der Antrag war aber nicht ok, es erfolgte Zwischenverfügung. Jetzt mit Behebung der ZwVfg reicht der Gläubiger neue Seiten 2 des PfÜB ein mit einer neuen Adresse des Schuldners (anderer Gerichtsbezirk) und weist auch im Anschreiben ausdrücklich auf die neue Adresse des Schuldners hin. Nachweise liegen keine vor (weder für den Wohnsitz hier noch für den neuen Wohnsitz im anderen Gerichtsbezirk)

    Ich werde aus der Kommentierung zu § 828 ZPO nun nicht so ganz schlau, ob ich weiterhin zuständig bin, da ich ja als zuständiges Gericht den Antrag bereits bearbeitet und eine ZwVfg gemacht habe, oder ob ich das Verfahren nun abgeben muss, da ich -vor Erlass des PfÜB- unzuständig geworden bin.

    Vielen Dank :)

  • Ich habe mal im Beck Online-Kommentar geschaut und da folgendes gefunden:
    "Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Beschlusserlasses (OLG München MDR 2010, 1218). So hat etwa eine nachfolgende Wohnsitzverlegung auf die begründete Zuständigkeit keinen Einfluss. Stellen sich mehrere zeitlich versetzt zu treffende gerichtliche Entscheidungen jedoch nicht als einheitliches Verfahren dar, so ist die Zuständigkeit für jede der Entscheidungen erneut zu prüfen. So ist für den Erlass eines Überweisungsbeschlusses, der nach dem Erlass des Pfändungsbeschlusses beantragt wird, das Vollstreckungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner zum Zeitpunkt des auf Erlasses des Überweisungsbeschlusses seinen Wohnsitz hat (aA OLG Karlsruhe JurBüro 2005, 553: Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Antragstellung), was zu einem Zuständigkeitswechsel führt, wenn der Schuldner mittlerweile seinen Wohnsitz in einen anderen Gerichtsbezirk verlegt hat."

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Danke!

    Beim BECK-online-Kommentar hab ich leider auf so vieles keinen Zugriff :( Die Entscheidung des OLG München ist ja wirklich eindeutig :cool:

  • Na dafür sind doch dann die Kollegen da. ;)

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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