Warum Sperrvermerk bei allen Anlageformen?

  • Hallo zusammen,
    ich frage mich bereits seit einiger Zeit, warum eigentlich bei sämtlichen Anlageformen ein Sperrvermerk eingetragen wird? Ich habe hierzu leider nichts in den bisherigen Diskussionen gefunden und mit Gesetz und Kommentierung komme ich auch nicht richtig weiter. Bei Sparbüchern ist mir der Grund völlig klar, aber was ist mit Sparkonten ohne Buch, Tagesgeldkonten oder Depots? Hierüber gibt es doch keine Urkunde, auf deren Grundlage jeder die Leistung verlangen kann. Entsprechend muss sich der Betreuer legitimieren, und die Bank muss von sich aus die Genehmigungspflicht nach § 1812 BGB beachten. Leistet sie trotz fehlender Genehmigung, haftet sie dafür,, die Verfügung ist schließlich ohne Genehmigung unwirksam, oder liege ich da falsch?
    Das Konten mit einem Guthaben bis 3.000 EUR durch § 1813 BGB ausgenommen sind, ist mir ebenfalls klar.
    Die Frage stellt sich mir deshalb, weil es immer öfter vorkommt, dass die Betreuten wegen der tollen Zinsangebote der kleineren Banken Sparanlagen bei x verschiedenen Geldinstituten haben und damit entsprechend viele Sperrvermerke zu prüfen sind.
    Kann mich jemand erhellen?:D

  • § 1809 BGB unterscheidet nicht, ob es ein Sparbuch gibt oder nicht, zu versperren ist generell.

    Dies ist auch sinnvoll, da das (Spar-)Vermögen des Betroffenen vor dem (unberechtigten) Zugriff des nicht befreiten Betreuers durch das Erfordernis der betreuungsgerichtlichen Genehmigung geschützt werden soll.

    Die Höhe des Guthabens spielt auch keine Rolle, insbesondere sind Sparkonten nicht erst zu versperren, wenn das Guthaben 3.000,- € übersteigt.


    Auch bei einem Sparkonto in Loseblattform kann man im übrigen sich mit dem letzten Sparkontoauszug legitimieren, womöglich also auch der Unberechtigte.

  • Ein Sparbuch ist ein sogenanntes "hinkendes Inhaberpapier" und nicht gem. § 1814 BGB hinterlegungspflichtig. Jedoch handelt es sich bei dem Sparguthaben um Guthaben im Sinne von § 1807 Abs. 1 Nr. 5, welches gem. § 1809 zu versprerren ist.

    Ob Wertpapiere zu hinterlegen sind, ist umstritten wenn die Papiere in einem Sammeldepot der Bank verwahrt werden (was der Regelfall ist). Zum Meinungsstreit: MünchKomm § 1814 BGB Rn 6 m.w.N.
    Ich sehe darin jedenfall keinen Sinn, weil ja -wie bereits richtig erkannt- die Herausgabe von Wertpapieren ohnehin gem. § 1812 genehmigungspflichtig ist und bei Sammeldepots auch nichts mehr herausgegeben wird. Die Wertpapiere werden in den Depots der Inhaber nur hin und her geschoben. Viel wichtiger ist bei Sammeldepots übrigens die Versperrung des Referenzkontos (meist eine Art Kontokorrent zur Abwicklung der Wertpapiergeschäfte = § 1809), sonst hat man eine "Lücke" in diesem System der Sicherung.

    Die Versperrung des Tagesgeldkontos ist doch eigentlich einleuchtend, oder? ;)

  • Aber die Genehmigung ist doch immer erforderlich, nicht erst, wenn ein Sperrvermerk eingetragen ist?

    Dass ein Sparkonto auch ein Inhaberpapier ist, war mir nicht bekannt. Und was ist mit Fonds und Tagesgeldkonten?


    zu Frage 1:

    bei einem Guthaben von weniger als 3.000,- € könnte der Betreuer bei Fehlen des Sperrvermerkes ohne betreuungsgerichtliche Genehmigung verfügen (§ 1813 Abs. 1 Ziff. 2 BGB). Ansonsten bedürfte es der Ausnahme zur Ausnahme nicht (§ 1813 Abs. 2 BGB)


    zu Frage 2:

    Das spielt gar keine Rolle. Die Versperrung soll verhindern, dass der (nicht befreite) Betreuer z. B. das ganze Tagegeldkonto abräumt und das Geld mißbräuchlich verwendet. Mit der Legitimation hat dies nichts zu tun, da der Sperrvermerk nicht vor Verfügungen durch Unberechtigte schützt.

  • Vielleicht stehe ich jetzt total auf der Leitung, aber wenn der Betreuer zur Bank geht und sagt: "Guten Tag, ich bin der Betreuer und möchte gern das Tagesgeldkonto abräumen/vom Depot vefügen" - MUSS die Bank da nicht eine Genehmigung des Gerichts verlangen? Ist diese Verfügung wirksam, wenn sie ohne Genehmigung vorgenommen wird??

  • Liebe sa_biene: Woher weiß denn die Bank, dass der Betreuer befreit/nichtbefreit ist? Bei dem einen braucht sie einen Beschluss, bei dem anderen nicht. Damit wird die Bank auch Dir kommen...

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    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Bei uns steht die Befreiung auf den Bestellungen, wenn es nicht drauf steht, ist der Betreuer nicht befreit.
    Ich sehe die befreite Betreuung eigenlich auch eher als die Ausnahme von der Regel, d.h.: Wenn nichts anderes bekannt, dann nicht befreit. Oder?

  • Ohne jetzt ein weiteres Unterthema aufzumachen könnte man genauso vertreten, dass die Befreiung sich aus dem Gesetzessinn ergibt, ergo der (allenfalls klarstellende) Vermerk nicht nötig ist. Pattsituation für die Bank. Beides könnte sie ermitteln (Verwandheitsgrad und Genehmigungsbedürfnis).

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  • Hallo zusammen,
    ich frage mich bereits seit einiger Zeit, warum eigentlich bei sämtlichen Anlageformen ein Sperrvermerk eingetragen wird?

    Weil es im Gesetz steht. Hinterfragen ist sinn- und zwecklos.

  • Zurück zur Sache: Du hast schon Recht. Nicht alle Anlageformen bedürfen einer Sperre, denn manche haben schon eine Alternative kraft Gesetzes.

    Halten wir fest: Sparkonten, Festgeld, Sparbuch und ~brief findest Du über § 1819 BGB.

    Depots für Aktien, Obliegenheiten, Schatzbriefe und deren mehr sind über § 1814 BGB gesichert. Da steckt so was ähnliches wie die Sperre drin.

    Ergo: Nicht alles braucht Extra eine Sperre. Aber beides braucht eine Genehmigung zur Entnahme, gleichgültig der Höhe des Anlagevermögens!

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    Einmal editiert, zuletzt von felgentreu (5. August 2014 um 11:20)

  • Weil es im Gesetz steht. Hinterfragen ist sinn- und zwecklos.

    So kommt man auch auf hohe Beitragszahlen...

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  • Vielen Dank für das Fazit, Felgentreu ;).
    Man macht so viele Sachen, von denen man irgendwann feststellt, dass sie gar nicht nötig sind, aber man hat sie von den älteren Kollegen übernommen und die haben das halt schon immer so gemacht.
    Bei den immer knapper werdenden Zeitressourcen (und wenn ich mich in einer Sache mal wieder fürchterlich ärgere) frage ich mich daher des öfteren schonmal, WARUM ich mich damit überhaupt herumschlage. Das hier war so eine ;)

  • @ ruki
    Sperrung des Referenzkontos ?
    Referenzkonto für Geldanlagen ist üblicherweise das Girokonto. Somit Sperrung des Girokontos ?
    Das ginge dann wohl nach 1813 II, oder ?
    Bei einem gesperrten Girokonto könnten wir uns ja vor Freigabebeschlüssen nicht retten; eigentlich soll mit Giros ja nach 1813 I frei gearbeitet werden können. Oder habe ich jetzt einen hitzebegründeten Blackout ?
    Wenn Wertpapiere fällig werden und der Betrag auf das Giro zurückgeht, muss der Rpfl. deshalb m.E. auf schnelle Wiederanlage achten.

  • Nach meiner Erfahrung verwenden Banken Referenzkonten zur Verrechnung von Wertpapiertransaktionen. Dieses enthält zwar eine Art Kontokorrentabrede, ist aber gerade nicht das Girokonto (mit dem üblichen "Paket" an Leistungen zum täglichen Zahlungsverkehr) und darf nur für die Wertpapiergeschäfte verwendet werden.

    Funktioniert so: Betrag X von (z.B.) Girokonto auf Referenzkonto -> mit diesem Geld vom Referenzkonto (oder machmal auch "Anlagenkonto" oder "Orderkonto") werden bestimmte Wertpapiere gekauft -> Wertpapiere ins Depot und Gegenwert dem Referenzkonto belastet. Gutschriften aus Verkauf von Papieren, Zinsen und Dividenden und alle anderen Gebühren und Kosten gehen dann auch von bzw. auf das Referenzkonto. Soweit ich das in meinen Fällen feststellen konnte, gehen die Transaktionen nie direkt vom Girokonto aus.

    Wenn allerdings kein Referenzkonto vorhanden ist, muss natürlich nix gesperrt werden.

  • Weil es im Gesetz steht. Hinterfragen ist sinn- und zwecklos.

    So kommt man auch auf hohe Beitragszahlen...

    Nein, nur dort wo im Gesetz der Sperrvermerk ausdrücklich verlangt wird (so z.B. über §§ 1908i, 1809, 1807 Absatz 1 Nr. 5 BGB) brauchen wir über die Sinnhaftigkeit der Anbringung eines Sperrvermerks nicht diskutieren. Es ist ein solcher ganz einfach durch den Betreuer anzubringen und zwar ohne mit dem Betreuungsgericht überhaupt darüber zu diskutieren oder vom Betreuungsgericht zur Anbringung angehalten zu werden. Das Gesetz sagt eindeutig "der Vormund soll ..." und soll heißt für den Betreuer muss. Punkt!

  • @ ruki
    Sperrung des Referenzkontos ?
    Referenzkonto für Geldanlagen ist üblicherweise das Girokonto. Somit Sperrung des Girokontos ?
    Das ginge dann wohl nach 1813 II, oder ?
    Bei einem gesperrten Girokonto könnten wir uns ja vor Freigabebeschlüssen nicht retten; eigentlich soll mit Giros ja nach 1813 I frei gearbeitet werden können. Oder habe ich jetzt einen hitzebegründeten Blackout ?
    Wenn Wertpapiere fällig werden und der Betrag auf das Giro zurückgeht, muss der Rpfl. deshalb m.E. auf schnelle Wiederanlage achten.

    Wenn als Referenzkonto das Girokonto bzw. Kontokorrentkonto im Sinne des § 1813 BGB benannt ist, wird man dort sinnigerweise keinen Sperrvermerk anbringen lassen, da ansonsten jede Verfügung über das Girokonto bzw. Kontokorrentkonto genehmigungspflichtig wäre.

    Hier würde ich als Referenzkonto ein anderweitiges Konto (ggf. auch Girokonto bzw. Tagesgeldkonto) verlangen, auf dem dann ein Sperrvermerk angebracht werden soll. Ansonsten könnte ja der Betreuer über dieses Konto ggf. genehmigungsfrei verfügen (§ 1813 BGB).

  • Der Betreuer könnte bei einem echten Referenzkonto allerdings keine unsinnigen Anschaffungen machen oder gar das Geld veruntreuen.
    Als Gegenkonto könnte er lediglich Geldanlagen zugunsten des Betreuten machen, im schlimmsten Fall ohne Genehmigung § 1811.

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