Einigungsgebühr neben bloßer Beratung

  • Kann eigentlich neben einer Beratung (also kein Fall des 2300 VV) eine Einigungsgebühr entstehen? Die Frage stellt sich mir häufiger. Ich denke an Fälle wie den Folgenden:

    Mandantin bei 1. Vorsprache: "Herr Valerianus, mein Arbeitgeber will im gegenseitigen Einvernehmen mit mir den Arbeitsvertrag ändern; aus betriebsbedingten Gründen soll die Teilzeit, die ich während der Elternzeit ausübe, leicht reduziert werden, außerdem soll ich vorübergehend in die Filiale nach X."
    Ich lese den Entwurf durch und rate:
    "Unterschreiben Sie das nicht! Schauen Sie, ob Sie es in Verhandlungen hinkriegen, dass die Änderungen nur während der Elternzeit gelten. Wenn dann Ihre Elternzeit rum ist, haben Sie Ihren Arbeitsplatz noch zu den alten Bedingungen."

    Mandantin tritt in Verhandlungen mit Arbeitgeber unter dezidierter Schilderung des o. g. Anliegens. Arbeitgeber lenkt ein und macht neuen Entwurf, der Änderungen (andere Teilzeit, andere Filiale) nur während der Elternzeit vorsieht.

    Mandantin bei 2. Vorsprache: "Schauen Sie, das ist der neue Entwurf. Kann ich den jetzt unterschreiben?"
    Ich: "Ja."

  • Wie soll dir denn hier eine Einigungsgebühr entstehen, wenn du da überhaupt nicht tätig geworden bist? Die Verhandlung mit Einigung hat doch die Mandantin alleine mit ihrem Arbeitgeber geführt. Nur wenn du mit dem Arbeitgeber verhandelt und die Einigung herbeigeführt hättest, würde für dich eine Einigungsgebühr entstehen. Dann wärst du aber auch nicht mehr nur bei der Beratungsgebühr.
    Und wenn die Mandantin dann von dir den Entwurf prüfen lässt, fällt das m.E. nur unter die Beratungsgebühr.
    So würde ich das jedenfalls sehen....

  • Ich habe daheim keine Kommentierung, aber ich meine mich zu erinnern, dass der Gerold/Schmidt zumindest in einer alten Ausgabe noch vertreten hat, dass auch durch Beratung die Einigungsgebühr entstehen kann.

  • Aus einer Unterlage über die EG, die ich mangels Quellenangabe leider nicht benennen kann:

    Zitat


    Weitere Voraussetzung ist die Mitwirkung des RA an Verhandlungen über das Zustandekommen der Einigung. Dies kann auf viele Arten geschehen, also schriftlich, telefonisch, in einer persönlichen Besprechung, der RA kann es dem Mandanten anraten, der dann seinerseits die Einigung mit dem Gegner unmittelbar trifft etc.

  • Dass die Einigungsgebühr auch entsteht, wenn der Mandant aufgrund meines Ratschlags sich entsprechend mit dem Gegner einigt (ohne dass sofort ersichtlich ist, dass ich der Mit-Urheber bin), ist jedenfalls dann unproblematisch, wenn ich den Mandanten - wie im Fall # 1 gegeben - sogar von einem anderen Vertragsschluss abbringe und nunmehr der Vergleich geschlossen wird, den ich empfehle.

    Im Arbeitsrecht kommt diese Konstellation sehr häufig vor, weil die entsprechenden abändernden Verträge, die materiell ein Vergleich und gebührenrechtlich eine Einigung sind, zugleich arbeitsvertragliche Dokumente sind, die in den Personalakten landen. Daher wird nach außen die Vertretung druch den Anwalt bei der Einigung nicht sichtbar. Die Gebühren nach Nr. 1000, 1005 werden hier von den Rechtsschutzvesichrern der Mandanten auch immer bezahlt.

    Normalerweise tritt zu der Einigungsgebühr aber die nach Nr. 2300 VV, weil nach außen hin ein Kontakt mit dem Arbeitgeber erfolgt ist, beispielsweise so, dass der Mandant eine Kündigung erhält, ich den Personalchef anrufe und mit ihm einen Aufhebungsvertrag aushandle oder zumindest sagen, dass der Mandant ein Personalgespräch wahrnehmen wird und dort nach vorherigem Rat durch mich Alternativlösungen einbringen will. Oftmals kommt aber in dem sensiblen Bereich das Auftreten des Anwalts nach außen nicht in Betracht (z. B. in dem von mir unter # 1 geschilderten Fall), weil der Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht in Frage steht und "man daher nicht gleich mit dem Anwalt kommen willl". Solche Fälle sind die, die mich in diesem Thread zu meiner Eingangsfrage veranlassten.

  • Vorbemerkung 2.3 Abs.3 - Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages lässt bereits die GG entstehen. Dafür musst Du nicht erkennbar nach außen auftreten. Wenn Du zur Vertragsgestaltung berätst und dieser anschließend (abweichend vom ursprünglichen Ansinnen des Arbeitgebers) so geschlossen wird, hast Du GG und EG verdient.

  • Vorbemerkung 2.3 Abs.3 - Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages lässt bereits die GG entstehen. Dafür musst Du nicht erkennbar nach außen auftreten. Wenn Du zur Vertragsgestaltung berätst und dieser anschließend (abweichend vom ursprünglichen Ansinnen des Arbeitgebers) so geschlossen wird, hast Du GG und EG verdient.

    Super! Das löst viele Probleme!

  • Die Abgrenzung zwischen Beratung oder außergerichtlicher Tätigkeit bei der "Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages" (Vorb. 2.3) ist durchaus diffizil. Der Auftrag geht z. B. nicht über einen Beratungsauftrag hinaus, wenn dem RA ein von fremder Hand gefertigter Vertrag mit der Bitte um Prüfung und Stellungnahme vorgelegt wird. Selbst wenn der RA sich dann schriftlich äußert, liegt noch ein Rat vor. Wenn dagegen vom RA ein Gegenentwurf gefertigt wird, ist das eine über die Beratung hinausgehende Tätigkeit (Gerold/Schmidt, 21. Aufl. 2014, Rn. 14 zu Nr. 2300 VV). Auch bei Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl. 2014, Rn. 51 zu Vorb. 2.3 VV, wird das Entwerfen von AGB oder Verträgen als Geschäftsgebühr auslösend angesehen. Auch die "Mitwirkung" bei Vertragsverhandlungen wird als solche angesehen, ohne aber diese näher zu erläutern. Auf der Kommentierung bei Rn. 53 ist aber ersichtlich, daß die Abgrenzung bis heute und erst recht durch die Änderung des Wortlautes von der BRAGO (damals: "bei dem Entwerfen von Urkunden") zum RVG (heute: "Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages") Schwierigkeiten verursacht (Was ist z. B. mit dem Entwerfen einseitiger Willenserklärungen?), weshalb empfohlen wird, in solchen Fällen Honorarvereinbarungen abzuschließen.

    Grundsätzlich wird aber überwiegend vertreten, daß auch bei einer Beratung nach § 34 Abs. 1 RVG die Einigungsgebühr anfallen kann. Entscheidend ist lediglich, daß die Tätigkeit des RA für den Abschluß der Einigung mitursächlich war (vgl. Schneider/Wolf, aaO., Rn. 15 zu Nr. 1000 VV; a. A. aber Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, aaO., Rn. 13 zu Nr. 1000 VV mit Kritik und Verweis auf die gegenteilige überwiegende Meinung).

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    Einmal editiert, zuletzt von Bolleff (26. August 2014 um 09:00)

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