Nachlassinsolvenz und Krankenhauskosten

  • Wobei bei einer Nachlassinsolvenz § 850b ZPO ja rausfällt. Es handelt sich ja hier auch nicht um bisher unpfändbares Vermögen. Das Vermögen ist ja überhaupt erst durch den Todesfall entstanden.
    Ich verstehe die BGH-Entscheidung so, dass für die Insolvenzgläubiger nur das zwischen Insolvenzeröffnung und dem Erbfall erworbene Vermögen Masse ist. Bedeutet doch aber im Umkehrschluss, dass Vermögen was nach dem Erbfall erworben wird (hier Krankenkassenerstattung) keine Masse ist (das ist meine Interpretation von Rdnr. 13 der Entscheidung). Im übrigen fände ich diese Sichtweise auch fair für die Neugläubiger.

    Die Begrifflichkeit "erwerben" ist mE hier mehr als unglücklich, weil die für die InsO nicht tauglich ist. Überwiegend wird ja auf "begründet" abgestellt, sei es bei § 38 InsO, sei es bei Steuererstattungsansprüchen, die der NTV unterfallen sollen. Da der Schuldner unbestritten wohl vor seinem Tod im Krankenhaus war, sind die Ansprüche gegen die KK sicherlich auch zu diesem Zeitpunkt begründet.

    :daumenrau Zur Lösung von La Flor de Cano.

    Ich möchte es aber nochmal etwas ausführlicher versuchen, um die verschiedenen Stränge der Argumentation anschaulich darzustellen:

    a) Neuerwerb der Masse ist alles, was an Ansprüchen des späteren Erblassers nach der Insolvenzeröffnung und vor seinem Tod hinzukommt, soweit (!) diese pfändbar ist. Was unpfändbar ist, fällt nicht als Neuerwerb in die Masse. Es kommt nicht auf die Zahlung an, sondern auf die Entstehung des Anspruchs.

    b) Was beim noch lebenden späteren Erblasser dessen unpfändbares Vermögen war, wird mit dem Tod des Erblassers pfändbarer Nachlass. Es bleibt aber von der Masse des Insolvenzverfahrens gesondertes Vermögen. Der so in Anspruch zu nehmende Erbe ist durch die Beschränkung der Nachlasshaftung hinreichend geschützt.

    c) Neugläubiger, wie hier das Krankenhaus (für solche Behandlungsteile, die nach Insolvenzeröffnung durchgeführt wurden) können sich daher an dem nun pfändbaren gesonderten Nachlass befriedigen.

    d) Wenn also zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ersatzanspruch des späteren Erblassers gegen seine Krankenversicherung entstanden ist, dieser Ersatzanspruch pfändungsfrei war, z.B. nach § 850b ZPO, wie oben ausgeführt, dann fiel dieser Ersatzanspruch nicht als Neuerwerb in die Masse. Er wurde vielmehr erst nach Tod des Erblassers pfändbar und daher kann sich das Krankenhaus ggf. aus diesem nun pfändbaren Vermögen befriedigen.

    Noch nicht gelöst ist damit "lediglich" die Frage, ob es für die Anwendung des § 850b ZPO auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses (= nach Todesfall) oder auf das Entstehen des Anspruchs gegenüber der Versicherung (= wohl vor Todesfall) ankommt. Wenn der Zeitpunkt des Zuflusses ausschlaggebend wäre, dann könnte § 850b ZPO eben nicht mehr angewendet werden, die Zahlung fiele in die Masse und das Krankenhaus würde alt aussehen. Wenn es auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs ankommt, dann lebt die spätere Erblasserin zu diesem Zeitpunkt noch, § 850b ZPO entfaltet seine Wirkung, die Zahlung ist pfändungsfrei, fällt nicht als Neuerwerb in den Nachlass, wird aber mit dem Tod der Erblasserin pfändbar und das Krankenhaus kann sich daraus befriedigen.

    Da § 850b Abs. 1 ZPO keine Antragstellung voraussetzt (sondern wohl nur die "trotzdem-Pfändbarkeit" nach § 850b Abs. 2 ZPO), würde ich meinen, dass es auf den Zeitpunkt der Entstehung des Ersatzanspruchs gegen die Versicherung ankommt.
    Das kann natürlich immer noch schiefgehen, wenn die Entstehung des Versicherungsanspruchs z.B. von einer Rechnungsstellung des Krankenhauses abhängt (hängt wohl von den Versicherungsbedingungen ab) und das Krankenhaus erst nach dem Tod eine Rechnung erstellt. Für den Fall rechtzeitiger Rechnungsstellung müsste das Problem aber wie dargestellt lösbar sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Vielen Dank für die ausführlichen Erläuterungen. So langsam kommt Licht ins Dunkel :D
    Die Krankenhausrechnung beinhaltet nach meiner Erinnerung die komplette Behandlung der Erblasserin bzw. Schuldnerin bis zum Tod (Beatmung über mehrere Tage etc.). Wie ermittelt man nun, wann der Anspruch entstanden ist? Letztlich müsste man doch tatsächlich die Versicherungsbedingungen überprüfen. Der Verwalter hat das Geld ja schon, der wird es freiwillig nicht wieder rausrücken.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Mal ganz brutal gesagt: Der Verwalter wird sich im Zweifelsfall rechtskonform verhalten, wenn er nochmal eine Verwaltung will. Was hier rechtskonform ist, dazu dürften dann doch die Versicherungsbedingungen zu prüfen sein.

    Aber sind das Fragen, die Du abzuwickeln hast? Letztlich geht es doch um eine Auseinandersetzung zwischen Krankenhaus und InsVw, oder sehe ich das falsch?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Mich geht es insofern an, als der IV die Forderungsanmeldung des Krankenhauses zur nachträglichen Prüfung vorgelegt hat. Das geht ja nun nicht. Also würde ihm auch gern was zu der bereits an ihn gezahlten Erstattung der KK sagen. Schlussbericht liegt schon vor.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Also würde ihm auch gern was zu der bereits an ihn gezahlten Erstattung der KK sagen. Schlussbericht liegt schon vor.

    Das würde ich ohne Not in so einem rechtlich umstrittenen Fall gerade nicht tun. Der Betrag ist in der Masse. Wenn das Krankenhaus der Meinung ist, es hätte einen Anspruch auf das Geld müsste es den IV verklagen - das ist aber kein Streit, den das InsoG entscheidet.
    Die Anmeldung sollte im wPT bestritten werden mit der Begründung Neuforderung und dann muss man abwarten, ob / welche rechtlichen Schritte des KH unternimmt. Der Fairness halber würde ich nach dem wPT also nicht sofort ST ansetzen.

  • Ich hab noch mal mit dem IV gesprochen. Er war der festen Überzeugung, das Krankenhaus könne die Forderung anmelden, also nix mit bestreiten. Ich schick ihm jetzt mal die BGH-Rechtsprechung und warte was passiert.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Fortsetzung der Krankenhaussache: Der Insolvenzverwalter hat zwischenzeitlich die Forderung des Krankenhauses bestritten. Nun meldet sich die Klinik und widerspricht der Vereinnahmung des Erstattungsbetrages der Krankenversicherung durch den Verwalter und verlangt Auskehrung. Begründung einmal, dass die KV fälschlicherweise an den IV ausgezahlt habe, da zwischen dieser Krankenversicherung und der Klinik eine generelle Vereinbarung zur Direktabrechnung bestehe. Die Rechnungsstellung an die Schuldnerin sei storniert worden als man bemerkt habe, dass man direkt abrechnen könne. Sodann sei die Rechnung neu direkt an die KV gesandt worden. Der Krankenversicherung lagen beide Erstattungsanträge vor (also der vom Verwalter eingereichte und der von der Klinik), die KV hat an den Verwalter gezahlt.
    Begründung zum anderen ist § 850b ZPO. Sinngemäß, es könne nicht sein, dass die Klinik Pech gehabt hat, weil die Schuldnerin gestorben ist.
    Ich schick´s mal dem IV zur Stellungnahme. Trotzdem, wie seht ihr das - ich als Insogericht bin doch raus?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • genau, du als InsoG bist raus - Streitigkeiten dieser Art bitte vors Prozessgericht.

    Dann brauchst du es auch gar nicht mehr dem IV zur Stellungnahme schicken, allenfalls z.Kntn.

    der Klinik kannst du gleich schreiben, dass ihr 850 b Antrag unzulässig ist und du i.Ü. nicht zuständig bis.

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