Gerichtliche Überwachung des § 295 Abs. 2 InsO

  • Eine allgemeine Praxisfrage:

    Gem. BGH vom 13.03.2014, Az.: IX 43/12 ist der Schuldner dem IV gegenüber nach einer Freigabe seiner selbständigen Tätigkeit umfassend auskunftspflichtig hinsichtlich der Umstände, die für die Ermittlung des fiktiven Maßstabs erforderlich sind, aus denen sich die ihm mögliche abhängige Tätigkeit und das anzunehmende fiktive Netto-Einkommen ableiten lassen.
    Der Schuldner hat die Pflicht schon im lfd. Verfahren, im Regelfall einmal jährlich, Zahlungen an den IV zu leisten.
    Es handelt sich hierbei nicht nur um eine Obliegenheit, sondern um eine eigenständige Abführungspflicht, auf deren Einhaltung der IV unmittelbar einen Anspruch hat.

    Wie überprüft Ihr diese Ansprüche? Unsere Richter wollen nun, dass wir mehr "eingreifen".

  • 1) .... umfassend auskunftspflichtig hinsichtlich der Umstände, die für die Ermittlung des fiktiven Maßstabs erforderlich sind, aus denen sich die ihm mögliche abhängige Tätigkeit und das anzunehmende fiktive Netto-Einkommen ableiten lassen.


    2) Der Schuldner hat die Pflicht schon im lfd. Verfahren, im Regelfall einmal jährlich, Zahlungen an den IV zu leisten.
    Es handelt sich hierbei nicht nur um eine Obliegenheit, sondern um eine eigenständige Abführungspflicht, auf deren Einhaltung der IV unmittelbar einen Anspruch hat.

    Wie überprüft Ihr diese Ansprüche? Unsere Richter wollen nun, dass wir mehr "eingreifen".


    zu 1. Diese Daten sind doch in der Regel bekannt, jedenfalls bei den Schuldnern, die einen Antrag auf Erteilung der RSB gestellt haben. Dem Rest wird es egal sein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Letztlich ist doch der IV gehalten sich darum zu kümmern, dass der Schuldner Auskünfte erteilt. Für´s Gericht wird es beim Versagungsantrag erheblich, weshalb ich mal annehme, dass eure Richter es deshalb gerne hätten, dass ihr da mehr eingreift. Wobei ich nicht wüsste, was man da machen soll. Entweder der Schuldner wirkt mit, dann ist eh alles gut und wenn nicht, könnte man über einen eV-Termin nachdenken. Aber doch auch nur dann, wenn der IV das entsprechend beantragt. Ich sehe mich da als Gericht nicht in der Pflicht.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Angenommen der IV teilt mit, dass der Schuldner seine Einnahmen- und Ausgabenrechnung nicht einreicht:
    Dann schreiben wir den Schuldner an, ggf. laden wir ihn und für den Fall des Nichterscheinens ordnet der Richter die Vorführung an. So war bisher die Praxis.

    Jetzt sagen die Richter, dass wir beim IV mehr Druck machen sollen, was die Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens betrifft. Für den Fall, dass der Schuldner sein Nettoeinkommen nicht mitteilt, soll der IV dass fiktive Nettoeinkommen berechnen und dies ggf. klageweise durchsetzen.

  • Angenommen der IV teilt mit, dass der Schuldner seine Einnahmen- und Ausgabenrechnung nicht einreicht:
    Dann schreiben wir den Schuldner an, ggf. laden wir ihn und für den Fall des Nichterscheinens ordnet der Richter die Vorführung an. So war bisher die Praxis.

    Jetzt sagen die Richter, dass wir beim IV mehr Druck machen sollen, was die Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens betrifft. Für den Fall, dass der Schuldner sein Nettoeinkommen nicht mitteilt, soll der IV dass fiktive Nettoeinkommen berechnen und dies ggf. klageweise durchsetzen.

    Vielleicht sehe ich das Problem ja nicht richtig, die Daten sind doch aber in der Regel bekannt: Berufsausbildung bzw. letzte Tätigkeiten, Anzahl der zu berücksichtigenden Unterhaltsverpflichtungen. Mehr braucht es doch erst einmal nicht..

    Die E/A-Rechnung ist jetzt doch ersteinmal völlig uninteressant.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Angenommen der IV teilt mit, dass der Schuldner seine Einnahmen- und Ausgabenrechnung nicht einreicht:
    Dann schreiben wir den Schuldner an, ggf. laden wir ihn und für den Fall des Nichterscheinens ordnet der Richter die Vorführung an. So war bisher die Praxis.

    Jetzt sagen die Richter, dass wir beim IV mehr Druck machen sollen, was die Ermittlung des fiktiven Nettoeinkommens betrifft. Für den Fall, dass der Schuldner sein Nettoeinkommen nicht mitteilt, soll der IV dass fiktive Nettoeinkommen berechnen und dies ggf. klageweise durchsetzen.

    Vielleicht sehe ich das Problem ja nicht richtig, die Daten sind doch aber in der Regel bekannt: Berufsausbildung bzw. letzte Tätigkeiten, Anzahl der zu berücksichtigenden Unterhaltsverpflichtungen. Mehr braucht es doch erst einmal nicht..

    Die E/A-Rechnung ist jetzt doch ersteinmal völlig uninteressant.


    Seh ich auch so.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Die Daten sind bekannt, bzw. können über Internetseiten berechnet werden (fiktives Nettoeinkommen).

    Bisher haben wir die IV`er aber nicht aufgefordert, die fiktive Berechnung zu erstellen und ggf. klageweise durchzusetzen.

  • Anscheinend machen es gerade nicht alle Insolvenzverwalter eigenständig, sonst hätten die Richter uns ja nicht angsprochen. Es war nicht mein Fall, aber in der Sache wurde der selbständig tätige Schuldner nicht vom IV zur jährlichen Zahlung der pfändbaren Beträge aufgrund der fiktiven Einkommensberechnung aufgefordert...


    Man könnte doch so argumentieren, dass die fiktiv errechneten pfändbaren Beträge Masse darstellen und das Insolvenzgericht zu prüfen hat, ob der IV die Masse vollständig eingezogen hat. Oder:gruebel:?

  • Ich hab schon des Öfteren mal nachgefragt, ob die Schuldner denn schon mal in abhängiger Stellung beschäftigt waren, bevor sie sich - meist aus Verzweiflung ob lange andauernder Arbeitslosigkeit - selbstständig machten und wie viel sie da so verdient haben. Wenn sie mehr als Hartz IV hatten, waren sie oft gut bezahlt...., gerade wenn noch U-Pflichten zu erfüllen waren. :gruebel: :(

    Die Entscheidung des BGH dürfte doch eher eine Einzelfallentscheidung, als in der Praxis häufig anzuwenden sein. Oder ich hab einfach nur immer die falschen Schuldner.

  • Anscheinend machen es gerade nicht alle Insolvenzverwalter eigenständig, sonst hätten die Richter uns ja nicht angsprochen. Es war nicht mein Fall, aber in der Sache wurde der selbständig tätige Schuldner nicht vom IV zur jährlichen Zahlung der pfändbaren Beträge aufgrund der fiktiven Einkommensberechnung aufgefordert...


    Man könnte doch so argumentieren, dass die fiktiv errechneten pfändbaren Beträge Masse darstellen und das Insolvenzgericht zu prüfen hat, ob der IV die Masse vollständig eingezogen hat. Oder:gruebel:?

    Hat er ja vielleicht gemacht, sich dann aber herausgestellt, dass unter Berücksichtigung der manningfaltigen Entscheidungung des BGH, dann vielleicht dann doch nix bei rauskommt. Neben den bekannten Sachen, gibt es da auch noch die Exoten, Berufsausbildung schon ewig her und nie in diesem Beruf gearbeitet, so dass der Vergleichsmaßstab wegbricht, IX ZB 178/10.

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  • Hat er ja vielleicht gemacht, sich dann aber herausgestellt, dass unter Berücksichtigung der manningfaltigen Entscheidungung des BGH, dann vielleicht dann doch nix bei rauskommt. Neben den bekannten Sachen, gibt es da auch noch die Exoten, Berufsausbildung schon ewig her und nie in diesem Beruf gearbeitet, so dass der Vergleichsmaßstab wegbricht, IX ZB 178/10.

    Könnte gut sein. In der Akte ist aber nichts dergleichen zu finden und der Richter hat über die Versagung zu entscheiden.

  • maßgeblich sind die örtlichen Gegebenheiten, dann wird man wohl ein wenig spielen können und müssen. Es macht mE keinen Sinn auf einen Tarifvertrag der Nasenhaarzupfer herumzureiten, wenn in einem Bundesland lediglich 10% der Arbeitnehmer unter einen Tarifvertrag fallen. Auch TVöD kann auch passen, falls der Schuldner eine Ausbildung als Rechtspfleger abgeschlossen hat, :teufel:. Im Internet gibt es auch ein paar Vergleichszahlen.

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  • Für viele Berufe gibt es Tarifverträge, da könnte man entsprechend googeln. Wobei das im Fall eines Versagungsantrages ja erst mal entsprechend vorgetragen werden muss.
    Ich hab mich neulich mit einer Insolvenzverwalterin unterhalten, da lag ein Versagungsantrag vor, weil der Schuldner angeblich pfändbare Beträge abzuführen gehabt hätte. Schuldner ist ungelernt, hat sich dann als Landschaftsgärtner selbstständig gemacht. 2 UH-Pflichten. Da wäre selbst mit Meisterprüfung und tollem Tarifvertrag nix bei rumgekommen oder nur sehr wenig. Als Ungelernter ist´s dann ganz vorbei.
    Ich bleibe aber dabei, dass ich als Gericht da nichts aufzufordern oder zu prüfen habe. Natürlich sollte der Verwalter ein Wörtchen darüber verlieren, ob beim selbstständig tätigen Schuldner was zu holen ist. Würde ich dazu keine Aussage finden, würde ich nachfragen. Ich habe im Einzelfall auch schon mal auf die oben angesprochene BGH-Entscheidung hingewiesen. Das war´s dann aber auch.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Ob man sich als IG im Rahmen der SR-Prüfung allein auf den § 60 InsO für den IV / TH "zurückziehen" kann ... (?)

    Finde das handling von Maus daher gut.

    (...)

    Natürlich sollte der Verwalter ein Wörtchen darüber verlieren, ob beim selbstständig tätigen Schuldner was zu holen ist. Würde ich dazu keine Aussage finden, würde ich nachfragen. Ich habe im Einzelfall auch schon mal auf die oben angesprochene BGH-Entscheidung hingewiesen. Das war´s dann aber auch.

    "Das war's dann auch" : ... allerdings könnte es danach auch erst richtig losgehen, wenn der selbständige Schuldner ggf. nötig in der Folge aber nicht mitmacht > §§ 97, 98 InsO.

  • Anscheinend machen es gerade nicht alle Insolvenzverwalter eigenständig, sonst hätten die Richter uns ja nicht angsprochen. Es war nicht mein Fall, aber in der Sache wurde der selbständig tätige Schuldner nicht vom IV zur jährlichen Zahlung der pfändbaren Beträge aufgrund der fiktiven Einkommensberechnung aufgefordert...


    Man könnte doch so argumentieren, dass die fiktiv errechneten pfändbaren Beträge Masse darstellen und das Insolvenzgericht zu prüfen hat, ob der IV die Masse vollständig eingezogen hat. Oder:gruebel:?

    Hat er ja vielleicht gemacht, sich dann aber herausgestellt, dass unter Berücksichtigung der manningfaltigen Entscheidungung des BGH, dann vielleicht dann doch nix bei rauskommt. Neben den bekannten Sachen, gibt es da auch noch die Exoten, Berufsausbildung schon ewig her und nie in diesem Beruf gearbeitet, so dass der Vergleichsmaßstab wegbricht, IX ZB 178/10.


    ... finde ich auch für den TH / IV angesichts der fortschreitenden Entscheidungsschwemme des BGH zur Selbständigkeit / 295 schwierig.

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