Zustellung einer Erbausschlagungserklärung an das Nachlassgericht

  • Als polnischer Notar beurkunde ich eine Erbausschlagungserklärung nach einer deutsch-polnischen Erblasserin mit letztem Wohnsitz in Deutschland. Da in Deutschland lediglich Nachlassschulden vorhanden sind, haben Erben der ersten Ordnung in Deutschland ausgeschlagen. Nun ist die in Polen wohnhafte Familie berufen und will in Polen ausschlagen.
    Falls es zu einem Erbscheinsverfahren kommt, wird das Verfahren wegen Nachlassschulden in Deutschland durchgeführt. Daher müsste man (müssten die Erben) die Erbausschlagungserklärung (nebst Übersetzung) vorsorglich auch dem deutschen Nachlassgericht zustellen. Was ist dabei zu beachten? Was erwartet das Nachlassgericht, wenn die Erbausschlagung in Deutschland erfolgt?
    Soll auch eine Sterbeurkunde beigefügt werden, oder reicht es, dass mehrere Erbausschlagungen bereits erfolgt sind bzw. dass ich als Notar in der Urkunde schreibe, dass mir die Sterbeurkunde vorgelegt wurde? Welche Gerichtsgebühren entstehen bei einem überschuldeten Nachlass (neben Notargebühren)? Wird der Erbe aufgefordert die Gebühren zu überweisen oder der Notar, falls er die Erklärung zustellt.

  • Wenn bereits andere Erben ausgeschlagen haben würde ich keine Sterbeurkunde mitschicken, die sollte bereits vorliegen. Für die Form der Erklärung reicht die Ortsform (Palandt, 72 Auflage Rn. 3 zu 1945 BGB). Im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Köln vom 12.02.2014 - 2 Wx 25/14 (Eine Ausschlagungserklärung, die in einer fremden Sprache ohne Übersetzung in die deutsche Sprache bei dem Nachlassgericht eingereicht wird, ist nicht geeignet, die Ausschlagungsfrist zu wahren) sollte, egal wie man zu der Entscheidung steht, einfach um evtl. Probleme zu vermeiden, die Erklärung in deutsch erfolgen. Für die reine Entgegennahme der Ausschlagungserklärung durch das Nachlassgericht entsteht keine Gebühr mehr.

  • Vielen Dank, Juergen. Ich habe telefonisch bestätigt, dass die Sterbeurkunde beim deutschen Nachlassgericht vorhanden ist.
    Ja, die Entscheidung kenne ich und sie ist auch der Hintergrund meiner Frage. Eine kritische Anmerkung dazu habe ich schon an eine der deutschen Notarzeitschriften geschickt. Das OLG Köln hat die Rechtslage in Polen völlig missverstanden. Denn wenn ich als Notar eine Erbausschlagungserklärung beurkunde, nehme ich (anders als ein deutscher Notar nach deutschem Recht) nachlassgerichtliche Funktionen wahr. Die Erklärung wird mit Vollendung der Beurkundung abgegeben und braucht nicht zugestellt werden. Hätte ein Erbe in einer deutschen Nachlasssache die Erbschaft bei einem polnischen Nachlassgericht ausgeschlagen, so müsste man in Deutschland die Frage der Substitution prüfen. Genauso ist es bei einem polnischen Notar, der bei der Entgegennahme der Erklärung nachlassgerichtliche Funktionen übernimmt. Man hätte auch hier die Subsumption prüfen müssen, da die Erklärung bereits abgegeben wurde. Auf den Zugang beim deutschen Nachlassgericht (in der Amtssprache) kommt es nicht an.
    Ich werde im Interessen der Erben dafür sorgen, dass „meine“ Erklärung an das deutsche Nachlassgericht nebst Übersetzung übersandt wird. In 99,9% der deutsch-polnischen Fällen wird es jedoch bei in Polen abgegeben Erklärungen nicht erfolgen.

  • In meinem erbrechtlichen Übersichtsaufsatz (Heft 12/2014 des Rpfleger) werde ich zur Entscheidung des OLG Köln ebenfalls ablehnend Stellung nehmen. Der vom Senat gezogene Vergleich zu Klageerhebungen und Rechtsmitteleinreichungen ist verfehlt, weil diese Erklärungen keine materiellen Außenwirkungen zum Gegenstand haben, während die Erbausschlagung ausschließlich eine solche materielle Wirkung bezweckt und das Nachlassgericht nur deshalb Erklärungsempfänger ist, weil in der Sache kein anderer Empfänger zur Verfügung steht.

  • Ich unterstütze diese (Cromwells) Ansicht - wie ich das in dem betreffenden Thread beteits getan habe.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielen Dank, Juergen. Ich habe telefonisch bestätigt, dass die Sterbeurkunde beim deutschen Nachlassgericht vorhanden ist.
    Ja, die Entscheidung kenne ich und sie ist auch der Hintergrund meiner Frage. Eine kritische Anmerkung dazu habe ich schon an eine der deutschen Notarzeitschriften geschickt. Das OLG Köln hat die Rechtslage in Polen völlig missverstanden. Denn wenn ich als Notar eine Erbausschlagungserklärung beurkunde, nehme ich (anders als ein deutscher Notar nach deutschem Recht) nachlassgerichtliche Funktionen wahr. Die Erklärung wird mit Vollendung der Beurkundung abgegeben und braucht nicht zugestellt werden. Hätte ein Erbe in einer deutschen Nachlasssache die Erbschaft bei einem polnischen Nachlassgericht ausgeschlagen, so müsste man in Deutschland die Frage der Substitution prüfen. Genauso ist es bei einem polnischen Notar, der bei der Entgegennahme der Erklärung nachlassgerichtliche Funktionen übernimmt. Man hätte auch hier die Subsumption prüfen müssen, da die Erklärung bereits abgegeben wurde. Auf den Zugang beim deutschen Nachlassgericht (in der Amtssprache) kommt es nicht an.
    Ich werde im Interessen der Erben dafür sorgen, dass „meine“ Erklärung an das deutsche Nachlassgericht nebst Übersetzung übersandt wird. In 99,9% der deutsch-polnischen Fällen wird es jedoch bei in Polen abgegeben Erklärungen nicht erfolgen.

    Ich hab das jetzt erst gelesen.

    Zitat

    Denn wenn ich als Notar eine Erbausschlagungserklärung beurkunde, nehme ich (anders als ein deutscher Notar nach deutschem Recht) nachlassgerichtliche Funktionen wahr. Die Erklärung wird mit Vollendung der Beurkundung abgegeben und braucht nicht zugestellt werden.

    Vielleicht sehe ich das ja falsch, aber das ist doch eine Frage des materiellen Rechts und die, anders als die Formfrage, richtet sich doch hier nach deutschem Recht (für Deutschland ist der deutsch-polnische Doppelstaatler deutscher), so dass es trotzdem auf den Zugang beim deutschen Gericht ankommt.

  • Vielleicht sehe ich das ja falsch, aber das ist doch eine Frage des materiellen Rechts und die, anders als die Formfrage, richtet sich doch hier nach deutschem Recht

    Ja, so sieht das die im deutschen Schrifttum herrschende Meinung. (meiner Ansischt nach ist die Frage des Adressaten der Erbausschlagungserklärung durch Art 11 EGBGB gedeckt, weil es sich um eine materiellrechtliche Erklärung handelt)

    Wenn man die Erklärung ausschließlich nach § 1945 BGB prüft, muss man sich jedoch mit der Frage der Substitution auseinandersetzen. Hätte der Erbe die Ausschlagungserklärung vor einem polnischen Nachlassgericht abgegeben, so hätte sich zwangsläufig die Frage gestellt, ob damit das in § 1945 Abs. 1, 1. HS BGB enthaltene Merkmal „Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht“ auch dadurch erfüllt wird, dass die Erklärung gegenüber einem ausländischen Nachlassgericht abgegeben wird (Problem der Substitution). Dieses Problem stellt sich auch bei einem polnischen Notar, denn dieser ist bei der Entgegennahme der Erklärung einem polnischen Nachlassgericht gleichzustellen.

  • Wenn das deutsche Gericht zuständig ist, kommt es immer auf den Zugang beim deutschen Gericht an, denn aus der Sicht des BGB und FamFG ist "das Nachlassgericht" immer das in Deutschland zuständige Nachlassgericht und niemals ein ausländisches Gericht....meine ich.

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  • Die Zuständigkeit wird aber immer national gesehen, da auch wir uns eine Zuständigkeit für ausländische Nachlassverfahren geben.

    So kann z.B. auch ein Erbe eines im Ausland lebenden Ausländers hier in Deutschland -aus unserer Sicht- rechtswirksam einen Nachlass ausschlagen.

  • Der Standesbeamte im Sinne von § 1310 Abs. 1 BGB ist ein deutscher Standesbeamte. In § 129 BGB ist die Beglaubigung durch einen deutschen Notar gemeint. Alle diese Normen wurden für den rein inländischen Rechtsverkehr geschrieben. Bei materiellrechtlichen Rechtsgeschäften, und dazu gehört auch die Erbausschlagung, ist es im internationalen Rechtsverkehr unverzichtbar, bei der Anwendung des eigenen Rechts die Gleichwertigkeit der im Ausland vorgenommen Handlungen zu berücksichtigen. Kollisionsrechtlich handelt sich um die sogenannte Substitution. Denn der Kerngedanke des IPRs ist nicht die Abschottung nach außen sondern die Vermeidung von hinkenden Rechtsverhältnissen.

    Die von TL vorgeschlagene Sichtweise führt in gerader Linie dazu, dass der Erbe nach einem deutsch-polnischen Doppelstaater beim polnischen Notar die Erbschaft annehmen kann und 20 Minuten später beim deutschen Nachlassgericht dieselbe Erbschaft ausschlagen kann, wenn in Deutschland nur Nachlassshulden vorhanden sind, in Polen aber eine Nachlassimmobilie hinterlassen wurde. Die Erbannahme- bzw. -ausschlagungserklärung wird auch in grenzüberschreitenden Nachlasssachen nur einmal abgegeben. Aus meiner Sicht ergibt sich die Beachtung der im Ausland abgegebenen Erklärung aus Art. 11 EGBGB. Wenn man dies, wie die in Deutschland herrschende Meinung, anders sieht, ist man bei einer im Ausland abgegeben Erklärung in der Pflicht, die Frage der Substitution zu prüfen.

  • So, es hat etwas länger gedauert. Mein Aufsatz zu der Entscheidung des OLG Köln und Frage der Beurkundung einer Erbausschlagung durch einen polnischen Notar ist aber in ZEV 2015, 141 ff. erschienen.

  • Das OLG Schleswig vertritt im Anschluss an das OLG Köln nun ebenfalls die Ansicht, dass eine "ausländische" Erbausschlagung dem Nachlassgericht in deutscher Sprache zugehen müsse, um im Rechtssinne zugegangen zu sein (OLG Schleswig FGPrax 2015, 131). Heinemann widerspricht dieser Ansicht in seiner Entscheidungsanmerkung (S. 132). Er liegt damit auf der von mir vertretenen Linie (#12), während in dem in #11 zitierten Aufsatz die Aussage des OLG Köln zur Sprachproblematik nicht angezweifelt, sondern die Entscheidung lediglich aus anderen Gründen kritisiert wird.

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