• Hallo, guten Abend!

    Ich bin als Anwältin auf Fälle mit Bezug zu Spanien und Südamerika spezialisiert und vertrete eine deutsche, aber im Ausland wohnende Mandantin in einem nun schon lange andauernden Erbfall. Für meine Auftraggeberin und ihre südamerikanischen Verwandten wurde noch vor Beginn meines Mandats eine Nachlasspflegschaft angeordnet.

    Neben ihnen gibt es noch deutsche Miterben, die sehr präsent sind, und eine Miterbin, deren Aufenthaltsort unbekannt ist.

    Einziger Nachlassgegenstand ist ein hier belegenes Grundstück mit 8000 m2.

    Ich habe mich bei Mandatsübernahme im Anfang 2013 beim Nachlassgericht und bei dem Nachlasspfleger als anwaltliche Vertreterin für meine Mandantin gemeldet und mit dem Nachlasspfleger auch telefoniert und mich nach dem Stand der Sache erkundigt. Seitdem erhielt ich - ebenso wie meine Mandantin und deren Verwandte in Südamerika - für 2013 und 2014 jeweils Aufforderungen zur Stellungnahme zur Vergütung des Nachlasspflegers. Auch habe ich dreimal Akteneinsicht beantragt (nicht nur in die Nachlassakte, um die es geht, sondern auch in die der Eltern unseres Erblassers). Man hatte mich also auch bei Gericht "auf dem Schirm".

    Die deutschen Miterben hatten bereits 2012 ein Teilungsversteigerungsverfahren beantragt. Das hat mir der Nachlasspfleger aber weder bei meinem Anruf bei Beginn des Mandats (trotz meiner Nachfrage, ob noch weitere Verfahren anhängig seien) noch später jemals mitgeteilt. Als ich jetzt vor 1 Woche wegen seiner Abrechnung beim Nachlassgericht anrief, sagte mir der Rechtspfleger beiläufig, naja, die Nachlasspflegschaft habe sich ja jetzt bald erledigt, nachdem das Grundstück versteigert sei. Das sei schon am 28. Mai gewesen, ersteigert hätten es - na wer? - die deutschen Miterben. Ich fiel natürlich aus allen Wolken, meine Mandantin auch, sie will auf keinen Fall akzeptieren, dass die deutschen Miterben das riesige Grundstück (wohl Bauland) für'n Appel und ein Ei bekommen haben sollen.

    Nach dem auf den Nachlass anzuwendenden ausländischen Recht hätte vor allem auch gar keine Versteigerung stattfinden dürfen. Aber das kam dem Vollstreckungsgericht gar nicht in den Sinn, da der Erblasser einen deutschen Namen hatte.

    Ich habe mittlerweile schon sehr viel nachgelesen, was wir machen könnten: Störner, Nr. 9.8 zu 180 ZVG sagt, das Mittel der Wahl bei materiellrechtlichen Einwendungen sei auch bei Teilungsversteigerungen die Drittwiderspruchsklage, und die verdränge in ihrem Anwendungsbereich alle anderen Rechtsfragen. Die 771er-Klage ist nach allg. Meinung zulässig bis zum Ende des ZV-Verfahrens. Lt. Zöller, ZPO, RZ 7 zu 771 ZPO, ist Beendigung noch nicht eingetreten mit Einleitung des Verteilungsverfahrens (allerdings steht das genau so in keinem der Urteile, die dort zitiert werden).

    Mein Problem ist: der Zuschlag ist ja schon erteilt. Die deutschen Miterben sind Eigentümer geworden. Muss ich ggf. parallel zur Drittwiderspruchsklage vielleicht noch vor dem ZV-Gericht gegen den Zuschlagsbeschluss vom 28.05. Beschwerde einlegen mit vorherigem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil wir nicht informiert wurden? Das ZV-Gericht behauptet aber, meine Mandantin sei gar nicht beteiligt, schließlich würden sie und ihre Verwandten vom Nachlasspfleger vertreten. Deshalb könne man mir auch keine Auskunft geben.
    Den Nachlasspfleger habe ich informiert, aber der ist seltsamerweise nie zu sprechen, wenn ich anrufe...

    Kann eine Zuschlagsbeschwerde bei Erfolg nachträglich die Wirksamkeit des Zuschlags beseitigen? Und hätte die - laut Störner vorrangige - Drittwiderspruchsklage diese Wirkung auch?

    Vielleicht habe ich Glück und es kann mir jemand helfen.

    Vielen Dank im voraus!
    CS

  • Ich hätte ganz gerne noch ein paar Informationen zum Sachverhalt. Du sprichst zwar von Miterben, aber der Fall schwebe noch. Ich schließe daraus, dass von der Nachlassabteilung bisher kein Erbschein erteilt wurde.

    Der Nachlassverwalter wäre dann für die noch unbekannten Erben bestellt worden. Dem widerspricht dann wieder die Teilungsversteigerung auf Grund eines Antrages eines Miterben (es sei denn es sind mehrere Erbengemeinschaften für verschiedene Erbgänge).

    Was stand also genau im Grundbuch hinsichtlich der Eigentümer? Und wofür genau mit welchem Aufgabengebiet ist die Nachlassverwaltung angeordnet worden?

    Sollte der Nachlassverwalter zu Recht auch für Deine Mandantin bestellt worden sein, so ist er tatsächlich Partei kraft Amtes (Stöber § 15 Rn. 30.7; so wie Insolvenzverwalter für die Schuldner). Das Recht der Zuschlagsbeschwerde nimmt dann der Nachlassverwalter für den Nachlass im Rahmen seiner Bestellung wahr. Sofern dann die zweiwöchige Beschwerdefrist ab Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an diesen abgelaufen ist, und bei einem Zuschlagsbeschluss von Ende Mai 2014 liegt dies nahe, dann kommt auch § 771 ZPO zu spät.

    "Alle Einwendungen gegen die Zulässigkeit des Zuschlages sind mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses abgeschnitten, vollkommen gleichgültig, ob sie sich darauf stützten, dass die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Versteigerung (Titel) nicht vorgelegen haben, oder ob sie verfahrensrechtlicher Art sind. Die materiellrechtlichen Einwendungen gegen den Titel hätten im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO und zwar vor dem Zuschlag geltend gemacht werden müssen und verfahrensrechtliche Mängel wären spätestens durch eine Zuschlagsbeschwerde geltend zu machen gewesen( BGH WM 1960, 25).

    Nach einem rechtskräftigen Zuschlagsbeschluss sind Verfahrensfehler, gleich welcher Art, nicht mehr zu beseitigen. Die Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses heilt alle Mängel, weil der Zuschlag als öffentlich-rechtlicher Akt von seinen Voraussetzungen unabhängig ist. Der Zuschlag gilt daher selbst dann, wenn er fehlerhaft ist.

    Er kann nach Ausschöpfung des ZVG-Rechtsmittelweges und der Anrufung des BVerfG binnen einer Monatsfrist nach der letzten verbindlichen ZVG-Rechtsmittelentscheidung und einer Entscheidung des BVerfG, durch eine Klage weder geändert, noch beseitigt werden (RG Band 67, 380; sowie Stöber "Zwangsversteigerungsgesetz", 20. Auflage 2012, § 81 Rn. 9.1 bis 9.6).

    Die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage nach §§ 578 ff. ZPO sind grundsätzlich nicht, auch nicht analog, auf den Zuschlagsbeschluss anzuwenden (Stöber "Zwangsversteigerungsgesetz", 20. Auflage 2012, § 96 Rn 3.1 und § 81 Rn 9; RG Bd. 73, 194 [196]; OLG Bremen JurBüro 1980, 452; OLG Hamm JMBlNW 1952, 229; OLG Köln Rpfleger 1975, 406; OLG Stuttgart NJW 1976, 1324). Die ZVG Vorschriften, als Sondervorschriften gegenüber der ZPO gehen hier vor."

    Die in Anführungsstriche gesetzte Passage habe ich so mal einem Schuldner zukommen lassen. Einzige Ausnahme hierzu die ich vom BGH hierzu kenne ist der unerkannt gebliebene geisteskranke Bieter oder Schuldner. Der Fall ist hier im Forum aber auch schon diskutiert worden.

    Dein Fall dürfte daher damit stehen und fallen, inwieweit der Nachlassverwalter auch Deine Mandantin vertreten durfte. Das vermag ich aber anhand des bisherigen Sachverhalts nicht zu beurteilen.

    LG

    Groo

  • Hallo Groo,

    Du bist ganz offensichtlich tatsächlich ein Fortgeschrittener - vielen Dank für die Meldung!

    Ja, du hast Recht, ich habe versucht, den Fall zu vereinfachen bzw. erstmal "Details" auszulassen: Es sind mehrere Erbgänge und Erbengemeinschaften. Das Grundstück gehörte dem ersten Erblasser, nennen wir ihn HC, der vier Kinder hatte und mit HG verheiratet war. Laut (ausländischem) Testament des HC wurden Erben seine Frau zu 6/10 und seine 4 Kinder zu je 4/10. Es gibt dazu einen deutschen Erbschein und eine in Deutschland beurkundete "Erbteilungsurkunde", mit der wahrscheinlich dem auf den Nachlass anzuwendenden ausländischen Recht Genüge getan werden sollte.
    "Unser" Erblasser, für dessen ausländische Nachkommen der Nachlasspfleger bestellt wurde, ist einer der Söhne, nennen wir ihn WH. Er ging nach dem Tod des Vaters zurück in die Neue Welt (bis in die Nähe des Südpols, das linke Ländchen, nix Tango) und hatte dort auch jede Menge Nachkommen. Meine Mandantin ist eine davon.

    Der Nachlasspfleger wurde bestellt "zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses", bestehend in den 10% am Nachlass des Vaters, wobei im Moment wohl Einigkeit darüber besteht, dass das versteigerte Grundstück der einzige noch auffindbare Nachlassgegenstand ist.
    Der Pfleger war schon bestellt, als ich zu dem Fall kam, wir waren aber eigentlich ganz froh, dass er da war, weil die deutsche Miterbin früher das Grundstück verwaltet hatte und da nach Gutdünken schaltete und waltete.

    Nach meiner Bevollmächtigung und Meldung mit Vollmacht rief ich den NP an und fragte ihn nach dem Stand des Verfahrens. Aus meinen Aufzeichnungen während des Gesprächs ist zu ersehen, dass ich ihm die Frage gestellt habe, ob noch weitere Verfahren anhängig seien, die Antwort war "Nein".

    Lt. Zöller, ZPO, RZ 5-7 zu 771 ZPO ist die Drittwiderspruchsklage zulässig zwischen Beginn und Beendigung der ZV, in RNr. 7 steht wörtlich: Beendigung der ZV ist nicht schon gegeben ..... (dann kommen einige Beispiele aus der Zwangsvollstreckung) .... mit Einleitung des Verteilungsverfahrens, ...... Und genau da, zwischen Versteigerung und Erlösverteilung sind wir jetzt. Der Nachlasspfleger hat nach 1822 beim Nachlassgericht Genehmigung zur Zustimmung beantragt, der Richter hat mir heute den Antrag des Nachlasspflegers zur Stellungnahme geschickt. Vorher werde er nicht entscheiden, sagte er mir am Telefon, außerdem sei seiner Meinung nach die Frage der Quoten vorrangig zu klären.

    Dazu sei erwähnt, dass ich Verfahren über den Nachlass der Mutter HG gerade vor 2 Wochen einen Antrag auf Einziehung des Erbscheins gestellt habe, weil auf ihr Testament das deutsche und nicht das ihrer Staatsangehörigkeit entsprechende ausländische Erbrecht angewendet wurde, nach dem den enterbten Kindern Pflichtteile zustanden, die nicht wie bei uns in einem Geldanspruch, sondern in einer tatsächlichen Beteiligung am Nachlass bestehen. Hat also dieser Antrag Erfolg, dann ist - über die Beteiligung an den 60% der Mutter - die Quote von WH am Grundstück größer.

    Wenn ich mich an die oben zitierter Zöller-Stelle halte, dann habe ich jetzt alle Zeit der Welt für eine Drittwiderspruchsklage. Aber ich frage mich, ob die den Zuschlag aufheben würde. Deshalb die Überlegung, Zuschlagsbeschwerde nach Wiedereinsetzungsantrag einzulegen.
    Hintergrund ist: das Grundstück ist wahrscheinlich viel mehr wert als die Ersteher nach dem Zuschlagsbeschluss zahlen müssen, und das wurmt meine Mandantin natürlich. Auch nach meiner Ansicht sind wir "verladen" worden, und es ist nur in Ordnung, dagegen aufzubegehren. Außerdem muss ich, wenn ich mich an den Nachlasspfleger halten will, alles getan haben, um den Schaden zu verhindern, also alles einlegen, was halbwegs Sinn macht.

    So, jetzt isses für meine Begriffe schon kompliziert - im voraus danke für jede weitere Hilfe!

    CS

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