Betreuungsgerichtliche Stellungnahme zu Anlageproblemen

  • Hallo,
    das Betreuungsgericht wurde um eine Stellungnahme ersucht zu folgendem Hintergrund:
    Die Betreute hat VOR Betreuungseinrichtung hoch risikobehaftete geschlossene Immobilienfonds mit Wirkungsstätte in Holland und Frankreich erworben. Diese wurden seinerzeit von der Hausbank der Betroffenen empfohlen. Nunmehr ist aufgrund betrügerischer Handlungen in den beiden Immobilienfonds eine wirtschaftliche Schieflage eingetreten, die den einen Fonds bereits in die vorläufige Insolvenz getrieben hat und der andere hat schon deutlich erkennbare Liquiditätsprobleme. Es geht konkret um die Summe von 40.000 EUR.
    Die Bank hat nun eine Kulanzsumme von 3.000 EUR angeboten. Dem gegenüber steht nach Meinung des Betreuers (Rechtsanwalt) aber anteilsmäßige weitere Beteiligungen an den Zahlungsverpflichtungen der maroden Gesellschaft (Steuern, Provisionen, Rückerstattungen etc.). Diese könnten die mickrige Zahlung der Bank bei weitem überschreiten.
    Nun ist von dem Betreuer ein Güteantrag vor dem Bundesverband der betroffenen Banken eingereicht worden. Dieser verfolgt das Ziel die kompletten Einlagen sowie eine Haftungsfreistellung wegen Falschberatung zu erreichen.
    Der Betreuer läßt durchblicken, dass die Angebotssumme ausgeschlagen werden sollte. Soll ich das als Betreuungsgericht gutheißen und das Güteverfahren durchwinken und befeuern?
    Was würdet Ihr tun? Inwieweit muss ich mich dazu aus dem Fenster lehnen?

  • M.E. musst du momentan (noch) gar nicht tätig werden, da der Betreuer selbst noch keine Entscheidung getroffen hat und somit eine evtl. Genehmigungspflicht noch gar nicht feststeht.

  • Hallo,
    der Betreuer möchte jetzt wissen, zu was das Betreuungsgericht tendiert - den Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach... Da der Betreuer ja auch noch eine Haftungsfreistellung für die Betroffene erreichen will und das mit dieser kleinen "Anerkennung" der Bank i. H. v. 3000 € nicht verbunden wäre, tendiere ich eigentlich dazu durchblicken zulassen, dass das Güteverfahren weiter verfolgt werden soll.
    Wie seht ihr das???

  • Du weist doch zum jetzigen Zeitpunkt die Konditionen des Vergleichs -um einen handelt es sich ja vermutlich- noch gar nicht oder liegt der Vergleichswortlaut etwa schon vor? Wie kannst Du Dich da bereits festlegen? Einfach so? Weil Du der Meinung bist, der Dir noch nicht inhaltlich bekannte Vergleich tauge nichts? Du greifst hier ganz eindeutig in die Entscheidungsbefugnis des Betreuers ein. Und dieses Recht steht Dir -außerhalb eines evtl. Genehmigungsverfahrens- eindeutig nicht zu.

    Dasselbe gilt hinsichtlich Deines evtl. Ansinnens bereits jetzt den evtl. Vergleich ins Nirvana zu katapultieren. Du kannst -außerhalb eines Genehmigungsverfahrens- m.E. den Betreuer nicht anweisen, eine bestimmte Entscheidung nicht zu treffen bzw. in eine bestimmte Richtung zu entscheiden. Auch nicht in Richtung Güteverfahren.

    Der Betreuer ist doch der Betreuer. Er muss entscheiden, ob er den Vergleich sucht oder die harte Kante fährt. Ansonsten bräuchtest Du ja den Betreuer nicht.

    Fährt er die harte Kante braucht er Dich nicht.
    Zu einem Vergleich schon. Ob Du den dann aber genehmigen kannst, hängt doch vom Inhalt ab, der Dir jetzt noch nicht bekannt ist-.

    Klar kannst Du dem Betreuer aber signalisieren, dass Du einem Vergleich eher skeptisch gegenüberstehst oder diesen -je nach Inhalt- genehmigen würdest. Wie gesagt: wenn er die harte Kante fährt braucht er m.E. Dich gar nicht zu fragen.

  • Hallo,
    problematisch ist hier nicht meine Auffassung. Ich kenne den Vergleich natürlich nicht. Ob der formulierte Wunsch des Betreuers vor der Gütestelle durchkommt steht ja auch in den Sternen. Die Kulanzregelung der Bank scheint mir jedenfalls nicht der richtige Weg zu sein. Äußern würde ich das natürlich direkt nicht. Es stellt sich mir jedoch immer noch die Frage, was ich dann für eine Stellung dazu nehmen soll.
    Ich denke, dass ich den Betreuer entsprechend informieren werde, sich die Alternativen noch einmal genau zu überlegen. Ferner werde ich darauf hinweisen, dass nur für einen Vergleichsabschluss hier eine Genehmigung erforderlich ist und abwarten.

  • Es ist auch noch zu prüfen, ob die Hausbank, die die Schrottpapiere vermittelt hat, ihre Beratungspflichten verletzt hat. Hier sind laufend entsprechende Klagen anhängig. Manchmal haben sich auch Geschädigtenvereinigungen gebildet.
    Anhand der Fondsbezeichnung kann im Internet nach entsprechenden Entscheidungen suchen.

  • Du weist doch zum jetzigen Zeitpunkt die Konditionen des Vergleichs -um einen handelt es sich ja vermutlich- noch gar nicht oder liegt der Vergleichswortlaut etwa schon vor? Wie kannst Du Dich da bereits festlegen? Einfach so? Weil Du der Meinung bist, der Dir noch nicht inhaltlich bekannte Vergleich tauge nichts? Du greifst hier ganz eindeutig in die Entscheidungsbefugnis des Betreuers ein. Und dieses Recht steht Dir -außerhalb eines evtl. Genehmigungsverfahrens- eindeutig nicht zu.

    Dasselbe gilt hinsichtlich Deines evtl. Ansinnens bereits jetzt den evtl. Vergleich ins Nirvana zu katapultieren. Du kannst -außerhalb eines Genehmigungsverfahrens- m.E. den Betreuer nicht anweisen, eine bestimmte Entscheidung nicht zu treffen bzw. in eine bestimmte Richtung zu entscheiden. Auch nicht in Richtung Güteverfahren.

    Der Betreuer ist doch der Betreuer. Er muss entscheiden, ob er den Vergleich sucht oder die harte Kante fährt. Ansonsten bräuchtest Du ja den Betreuer nicht.

    Fährt er die harte Kante braucht er Dich nicht.
    Zu einem Vergleich schon. Ob Du den dann aber genehmigen kannst, hängt doch vom Inhalt ab, der Dir jetzt noch nicht bekannt ist-.

    Klar kannst Du dem Betreuer aber signalisieren, dass Du einem Vergleich eher skeptisch gegenüberstehst oder diesen -je nach Inhalt- genehmigen würdest. Wie gesagt: wenn er die harte Kante fährt braucht er m.E. Dich gar nicht zu fragen.


    Das ist schon alles richtig.

    Allerdings kommt es aber eben nicht selten vor, dass sich in problematischen Fällen auch die Berufsbetreuer an das Gericht wenden und die Meinung des Rechtspflegers dazu wissen wollen. Deshalb hat MeinMasterplan sicher auch die Frage gestellt.

  • Es ist auch noch zu prüfen, ob die Hausbank, die die Schrottpapiere vermittelt hat, ihre Beratungspflichten verletzt hat. Hier sind laufend entsprechende Klagen anhängig. Manchmal haben sich auch Geschädigtenvereinigungen gebildet.
    Anhand der Fondsbezeichnung kann im Internet nach entsprechenden Entscheidungen suchen.

    Hallo,
    vielen Dank für den Beitrag zu meinem Hilfegesuch! Genau das verfolgt der rechtsanwaltliche Betreuer mit seinem Antrag vor der Bundesvereinigung der betroffenen Kreditanstalt. Er will genau über den Pfad versuchen eine entsprechende Wiedergutmachung bzw. Schadenersatz zu erlangen (der weit über dem Mickerbetrag liegt, den die betroffene Filiale selber angeboten hat) und natürlich eine Haftungsfreistellung von weiteren Ansprüchen aus den Fondsbeteiligungen gegen die Betroffene. Wie schon geschrieben, tendiere ich persönlich zu dieser Lösung und nicht zur Annahme des "Trostpreises" im Vergleichswege - zumal der Betreuer aufgezeigt hat, dass noch Kostenfallen für die Betroffene in Hinterhand lauern könnten (mal abgesehen von dem Verlust des Nennwertes der Beteiligungen).


  • Das ist schon alles richtig.

    Allerdings kommt es aber eben nicht selten vor, dass sich in problematischen Fällen auch die Berufsbetreuer an das Gericht wenden und die Meinung des Rechtspflegers dazu wissen wollen. Deshalb hat MeinMasterplan sicher auch die Frage gestellt.

    GENAU! Dieses ist exakt mein Problem! Ich habe mich jetzt da etwas herausgewunden und den Betreuer darauf hingewiesen, das ich nur bei Pflichtverletzung - die hier nicht vorliegt einschreite. Bei Auswahlentscheidungen hingegen nicht helfen kann. Diese stehen voll in seinem Dunstkreis. Hier handelt er autonom. Hat er sich für einen Weg entschieden, kann er mir gerne den beabsichtigten Vergleich zur Genehmigung vorlegen.

  • So wie du schreibst, ist doch aber die Tendenz des Betreuers eindeutig - kein Vergleich. Was er jetzt will, ist Absolution durch das Gericht. Die kannst du ihm auch nicht geben.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

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    So wie du schreibst, ist doch aber die Tendenz des Betreuers eindeutig - kein Vergleich. Was er jetzt will, ist Absolution durch das Gericht. Die kannst du ihm auch nicht geben.


    Aber man kann ihm zumindest mitteilen, dass man das beabsichtigte Vorgehen anhand der vorliegenden Informationen nicht als Pflichtverstoß ansieht. Das wäre nicht zu viel verlangt.

  • So wie du schreibst, ist doch aber die Tendenz des Betreuers eindeutig - kein Vergleich. Was er jetzt will, ist Absolution durch das Gericht. Die kannst du ihm auch nicht geben.


    Aber man kann ihm zumindest mitteilen, dass man das beabsichtigte Vorgehen anhand der vorliegenden Informationen nicht als Pflichtverstoß ansieht. Das wäre nicht zu viel verlangt.


    Diese Aussage irritiert mich. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass sein Verhalten einen Pflichtverstoß beinhalten könnte :gruebel: Immerhin reden wir hier auch nicht von einem Ehrenamtler, sondern einem Rechtsanwalt. Es geht um eine Abwägungsentscheidung, für die (derzeit) wohl nur dem Betreuer ausreichend Informationen vorliegen. Grundsätzlich bin ich Fan von guter Kommunikation zwischen Gericht und Betreuer, aber allzu oft drängt sich der Eindruck auf, dass Betreuer ihre eigenen Entscheidungen auf das Gericht abwälzen oder abgesegnet haben wollen. Das geht halt nur im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Klar kann man den Fall besprechen und sich austauschen, aber Entscheidungen abnehmen geht nicht. Und wenn, wie hier, der Betreuer fragt, wozu das Gericht tendiert, wird eine Aussage erwartet, auf die sich der Betreuer später berufen kann. Da geht es ihm nicht darum, ob er pflichtwidrig handelt. Wie der Themenstarter dem Betreuer geantwortet hat, finde ich gut, wobei ich den Satz mit der Pflichtverletzung weggelassen hätte.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Generell würde ich, wenn ich nicht erhebliche Erfahrungen in Kapitalanlagesachen habe, mich mit einer Prognose, ob bei einem Fonds Schadensersatzansprüche bestehen können oder nicht, sehr zurückhalten. Und - ohne dass das jetzt abwertend klingen soll - ich wüsste derzeit nicht, woher ein Rechtspfleger solche Erfahrungen gewinnen sollte, außer
    a) er hat selbst genügend Geld zum ständigen Anlegen (dann aber nicht von seinem Gehalt, das ist dafür zu niedrig) und führt deswegen immer wieder entsprechende Prozesse
    b) oder er verfolgt die Rechtsprechung zu den Kapitalanlagesachen sehr aufmerksam mit; aufmerksam genug, um aus den anonymisiert veröffentlichten Entscheidungen zumindest bei vielen Fällen auch den zugrundeliegenden Fonds erkennen zu können.

    Die Lektüre von Gutachten bei der Frage der Genehmigung von Betreuerhandeln reicht jedenfalls nicht aus, denn die (vorherige) Frage, ob eine Geldanlagen in einen Fonds sinnvoll ist und die (nachherige) Frage, ob man bei einer wirtschaftlich schief gegangenen Geldanlage Ersatzansprüche hat, entscheidet sich nach völlig unterschiedlichen Regeln.

    Wenn Euch noch andere Möglichkeiten einfallen, dann bin ich daran durchaus interessiert.

    Dementsprechend könnte, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, die 3.000,- Euro der Bank durchaus ein "Abfindungsbetrag" sein, mit dem die Bank eine lästige Auseinandersetzung vermeiden will, obwohl sie sehr gute Chancen hätte, den Rechtsstreit zu gewinnen, also fast schon ein Geschenk. Umgekehrt könnte es der Versuch sein, sich einen sicheren Schadensersatzanspruch durch einen Billigst-Vergleich vom Hals zu schaffen. Um das beurteilen zu können, müsste wesentlich mehr von dem Fonds bekannt sein.

    Wenn ich mir meine tägliche Praxis ansehe, dann ist auch die anwaltliche Einschätzung, ob ein Schadensersatzanspruch besteht oder nicht, öfters von eher fragwürdiger Verlässlichkeit, ohne dass man so weit gehen muss wie der Anwalt, den das LG Neuruppin im Urteil vom 12.06.2014 - 5 O 127/13 skizziert. Ich würde mich daher auch bei der Frage einer "Tendenzbekanntgabe" lieber zurückhalten und nur im Rahmen der echten Genehmigungsprüfung auf Vertretbarkeit abstellen.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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