Anfechtung für Anfänger im IK Verfahren

  • Der Arbeitgeber hat im Zeitraum bis zu 3 Monaten vor Antragstellung pfändbare Beträge an den Pfändungsgläubiger abgeführt. Nach meiner Auffassung anfechtbar nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

    Wie belege ich die Zahlungsunfähigkeit bis zu drei Monate vor Antragstellung? Schreiben des Schuldnerberaters? Die Schuldnerin hatte sonst nix mehr als pfändbares Einkommen.

  • Der Arbeitgeber hat im Zeitraum bis zu 3 Monaten vor Antragstellung pfändbare Beträge an den Pfändungsgläubiger abgeführt. Nach meiner Auffassung anfechtbar nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

    Wie belege ich die Zahlungsunfähigkeit bis zu drei Monate vor Antragstellung? Schreiben des Schuldnerberaters? Die Schuldnerin hatte sonst nix mehr als pfändbares Einkommen.

    Lass die Sachge einfach liegen und vergiss das mit der Anfechtung. Nach den aktuellen Eckpunkten des BMJ ist ohnehin demnächst praktisch gar nichts mehr anfechtbar. :mad:

    Nach derzeitigem Recht kein Problem: Du hast sicher Forderungen in der Tabelle, die zu dem Zeitpunkt fällig und ernsthaft eingefordert waren. BGH, Urteil vom 12. 10. 2006 - IX ZR 228/03:

    "Im Anfechtungsprozess lässt sich auch auf andere Weise feststellen, ob und was der Schuldner zahlen konnte. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt auszugehen."

  • Naja sind wir doch mal ehrlich, welcher Insolvenzverwalter macht ohne Bauchschmerzen Anfechtungsansprüche gegenüber Arbeitnehmern geltend.

    Ansonsten bin ich mir gerade nicht sicher, ob hier nicht das Thema des Koalitionsvertrags, Insolvenzanfechtung gegenüber Lieferanten, angegangen werden soll. Damit käme ich klar; denn das Thema ist für mich in der Praxis nicht schön. Darüber kann man aber geteilter Meinung sein. Interessant wäre wie es sich mit Krankenkassen und Finanzämtern verhält. Auf den ersten Blick sehe ich da nichts. NOCH NICHT.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Beides, es ist ein Positionspapier, aber es kommt aus dem BMJV.

    Kann man das irgendwo ersehen, dass es aus dem BMJV kommt (auf der homepage des VID etc.)?

    Ja, das ist auch beim VID gehostet, dort habe ich es nicht gleich gefunden, deshalb hab ich den anderen Link genommen:

    http://vid.de/images/stories…unktepapier.pdf

    Einmal editiert, zuletzt von RGSilberer (22. September 2014 um 11:17) aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Ich möchte nur pfändbare Einkommensteile drei Monate vor Antragstellung anfechten, die eine Bank bekommen hat nach zunächst wirksamer Pfändung des Arbeitseinkommens. Da halten sich meine Bauchschmerzen in Grenzen.

  • Es geht hier wohl eher um die Zahlungen, welche durch den / die Insolvenzschuldner (in) an die Arbeitnehmer geleistet wurden.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Naja sind wir doch mal ehrlich, welcher Insolvenzverwalter macht ohne Bauchschmerzen Anfechtungsansprüche gegenüber Arbeitnehmern geltend. Ansonsten bin ich mir gerade nicht sicher, ob hier nicht das Thema des Koalitionsvertrags, Insolvenzanfechtung gegenüber Lieferanten, angegangen werden soll. Damit käme ich klar; denn das Thema ist für mich in der Praxis nicht schön. Darüber kann man aber geteilter Meinung sein. Interessant wäre wie es sich mit Krankenkassen und Finanzämtern verhält. Auf den ersten Blick sehe ich da nichts. NOCH NICHT.

    Dass die Anfechtung von Löhnen und Gehältern, von einigen Ausnahmefällen abgesehen, nicht besonders spassig ist, darin sind sich wohl alle einig. Die weiteren Pläne, die Herr Maas da aber wohl offensichtlich verfolgt, dürften jedoch dazu führen, dass sich die Eröffnungsquote ähnlich entwickelt, wie zu KO-Zeiten. In der Praxis würde dieses Vorhaben nämlich zur fast vollständigen Abschaffung der inkongruenten Deckung im Dreimonatszeitraum und gleichzeitig der Absichtsanfechtung (positive Kenntnis des fehlenden ernsthaften Sanierungskonzeptes; also mal im Ernst!) und damit zu einer völligen Unterwanderung der par conditio creditorum führen. Es würde keine oder kaum noch Ordnungsverfahren geben, da bei "vernünftiger" vorinsolvenzlicher Beratung der Unternehmen künftig nur noch ein wertloser Geschäftsführerhaftungsanspruch vorhanden wäre. Solche Unwichtigkeiten wie Steuererklärungen, Insolvenzgeldbescheinigungen, Arbeitszeugnisse etc. wird also bald niemand mehr erstellen.:daumenrun

  • Danke, schneider, für Deine Ausführungen! Die gleichen Gefahren sehe ich auch. Wie viele Verfahren nur aufgrund der Anfechtungserlöse eröffnet werden können, hatten wir ja schon ausgiebig erörtert. Und allein mit Geschäftsführerhaftung macht keiner ein Verfahren auf.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Danke - ich habe mich eher auf den Satz "in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit" festgebissen.

    Wenn Eure Befürchtungen wahr werden, dann ist das tatsächlich das Ende von vielen Dingen, die man mit der Insolvenzordnung erreichen wollte.


    p.s. Auch das Thema "Inkongruenz" und § 131 InsO halte ich gar nicht für so relevant. Der Anteil dieser Ansprüche ist, wahrscheinlich weil wir § 133 InsO sehr intensiv betrachten, bei uns prozentual gesehen gar nicht sehr hoch.

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  • p.s. Auch das Thema "Inkongruenz" und § 131 InsO halte ich gar nicht für so relevant. Der Anteil dieser Ansprüche ist, wahrscheinlich weil wir § 133 InsO sehr intensiv betrachten, bei uns prozentual gesehen gar nicht sehr hoch.

    Als Prozessanwalt bekomme ich die 131er-Ansprüche ja fast nie zu sehen. Trotzdem kommen dadurch häufig die ersten paar Tausend Euro Masse rein, die die intensive Betrachtung der Ansprüche nach § 133 InsO überhaupt erst ermöglicht.

  • Bei uns ist die Ermittlung und Durchsetzung der Ansprüche aus Insolvenzanfechtung "in einer Hand".

    In letzter Zeit haben wir eine ganze Reihe von Insolvenzverfahren nur deshalb eröffnet, weil uns eine Prognose zu § 133 InsO günstig erschien.
    (Notfalls treiben wir die entsprechenden Ermittlungen eben schon im Insolvenzantragsverfahren voran.)

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Bei uns ist die Ermittlung und Durchsetzung der Ansprüche aus Insolvenzanfechtung "in einer Hand".

    In letzter Zeit haben wir eine ganze Reihe von Insolvenzverfahren nur deshalb eröffnet, weil uns eine Prognose zu § 133 InsO günstig erschien.
    (Notfalls treiben wir die entsprechenden Ermittlungen eben schon im Insolvenzantragsverfahren voran.)

    Ich denke, es ginge nicht nur um die Verfahren, die man bereits jetzt weitgehend oder nur auf Basis der 133er-Ansprüche eröffnet.

    Vielmehr kann ich mir vorstellen, dass sich - sollte es zu einer Umsetzung der Ideen kommen - vor der Insolvenz ein Wild-West-Szenario abspielen würde und die Gläubiger im Rahmen dessen zusehen, was sie bekommen können. Im Vorteil wären insoweit sicher diejenigen Gläubiger, die über Titel verfügen oder sich selbst welche schnitzen können. Alles was die Gläubiger sich dann nicht sichern, wird im Zweifel der Schuldner oder bei juristischen Personen deren Organe versickern lassen. Auch die Verfahren, die nach derzeitigem Stand nicht allein aufgrund von Sonderaktiva, sondern mit tatsächlich vorhandener Masse eröffnet werden, würden also abnehmen.

    Eine strafrechtliche Verfolgung aufgrund verspäteter Insolvenzantragstellung oder gar wegen Bankrotts hat man doch bereits jetzt in der Praxis nur in recht geringem Maße zu befürchten.

  • Eine strafrechtliche Verfolgung aufgrund verspäteter Insolvenzantragstellung oder gar wegen Bankrotts hat man doch bereits jetzt in der Praxis nur in recht geringem Maße zu befürchten.

    Dann dürfte sich da (fast) gar nichts mehr tun. Denn die Staatsanwaltschaft - so zumindest in unserem Bundesland - ermittelt doch in der Regel nur, wenn ihr die Akten durch das Insolvenzgericht zugehen.

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