Unterhaltspfändung und Insolvenz

  • Liebe Kollegen,

    am 25.06. wurde ein Pfüb wegen Unterhaltsrückstand erlassen, gepfändet wurde das Arbeitseinkommen, der pfandfreie Betrag wurde auf 850,00 Euro zzgl. 1/2 des Nettomehrbetrags festgelegt.
    Der Schuldner hat sodann einen Antrag auf Erhöhung des pfandfreien Betrages nach § 850 f ZPO gestellt.
    Dieser wurde noch nicht entschieden, es ist bisher nur einstweilen eingestellt worden.
    Sodann teilte der Schuldnervertreter mit, dass am 12.08.2014 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 305 Inso) gestellt wurde. Die Zwangvollstreckung sei unwirksam, da die Gläubigerin als erstes mit ihrer Forderung im Schuldenbereinigungsplan aufgeführt sei.
    Dieses Schreiben wurde als Vollstreckungserinnerung ausgelegt und die Akte dem Insolvenzgericht übersandt. Dieses schickte die Akte zurück, es sei unklar, ob überhaupt ein Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung mit Blick auf die Insolvenzeröffnung gem. § 89 Abs. 3 InsO gestellt worden ist. Zudem wäre im Fall der Vollstreckungserinnerung zunächst vom Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts eine Abhilfeentscheidung zu treffen.
    Der Schuldnervertreter wurde daraufhin um Klarstellung gebeten. Er schickte dem Vollstreckungsgericht eine Abschrift des Schreibens an das Insolvenzgericht, worin an den Erlass eines Einstellungsbeschlusses nach § 775 ZPO erinnert wird. Aus der Abschrift ist ersichtlich, dass das Insolvenzverfahren auf den am 14.08.2014 eingegangenen Antrag am 25.08.2014 eröffnet wurde. Die öffentliche Bekanntmachung habe ich heute online gefunden.

    Muss ich den PFÜb jetzt aufheben? Erlassen wurde er wie gesagt am 25.06.14 (gepfändet wurde nur wegen Unterhaltsrückstand, nicht wegen laufendem Unterhalt). Benötige ich dazu einen expliziten Antrag?
    Wenn ich den Pfüb aufgrund der am 25.08.2014 eröffneten Insolvenz aufheben könnte, müsste ich mich mit dem Antrag nach § 850 f ZPO ja nicht mehr befassen.
    Ich habe von Insolvenz und deren Auswirkungen auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sehr wenig Ahnung, daher bin ich für jeden Tipp dankbar...

  • Der Schuldnervertreter hat doch vorgetragen, dass die Zwangsvollstreckung unwirksam sei. Reicht das nicht aus?

    Wenn Du die Pfändung aufhebst, solltest Du darauf hinweisen, was mit den aufgrund der einstweiligen Einstellung verwahrten Beträge zu geschehen hat. Die pfändbaren Beträge nach § 850c ZPO müssten an den IV zu zahlen sein, die zusätzlichen pfändbaren Beträge nach § 850d ZPO an den Schuldner.

  • Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz?

    Welchen Unterschied sollte das machen?

    Ich wollte auf § 88 InsO raus - dachte ich. :gruebel: Dann wäre die Pfändung im IK-Verfahren unzulässig und durch Erinnerung zu beseitigen.

    Im IN-Verfahren wäre sie wirksam und müsste daher auch nicht aufgehoben werden. Obgleich Rückstände eh anzumelden wären und durch die Pfändung nicht mehr zu bedienen.

    Hm.. vielleicht hab ich die Frage nur gestellt, um mir Zeit zu verschaffen zum Brainstorming. :D

  • Es handelt sich um eine Verbraucherinsolvenz. Insofern dachte ich auch an die Rückschlagsperre von 3 Monate.
    Also müsste Erinnerung eingelegt werden? Der Schuldnervertreter hat sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr an das Vollstreckungsgericht gewandt, sondern wohl nur das Insolvenzgericht angeschrieben. Soll ich ihn anschreiben, ob er aufgrund der Insolvenzeröffnung nunmehr Erinnerung einlegt und damit die Aufhebung des Pfübs beantragt?
    Der Gläubigervertreter wurde bislang nur zum Antrag nach § 850 f ZPO angehört, das Anschreibens wegen des Antrags auf Insolvenzeröffnung ist ihm nicht zur Kenntnis gegeben worden. Muss ich ihn vor einer Aufhebung über die Insolvenzeröffnung informieren?
    Das mit der Auskehr der im Rahmen der einstweiligen Einstellung hinterlegten Beträge verstehe ich leider nicht.
    Der Kollege, der die einstweilige Einstellung gemacht hat, hat folgendes geschrieben: Es wird angeordnet, dass der an die Gläubigerin auszuzahlende pfändbare Betrag bis zur endgültigen Entscheidung zur Hälfte an die Gläubigerin ausgezahlt werden kann und zur anderen Hälfte zunächst vom Drittschuldner einzubehalten ist.
    Wenn ich den Pfüb aufhebe, ist damit nicht alles an den Schuldner auszuzahlen?

  • In unseren Verfahren legt der Treuhänder/Insolvenzverwalter die Erinnerung ein (Begründung: Höchst vorsorglich zur Aufhebung der öff.-rechtl. Pfandverstrickung zur Vermeidung von was-auch-immer-für-welchen-Rechtsfolgen). :gruebel:

  • In unseren Verfahren legt der Treuhänder/Insolvenzverwalter die Erinnerung ein (Begründung: Höchst vorsorglich zur Aufhebung der öff.-rechtl. Pfandverstrickung zur Vermeidung von was-auch-immer-für-welchen-Rechtsfolgen). :gruebel:

    Verstrickungsbruch § 136 StGB:cool:

  • Es handelt sich um eine Verbraucherinsolvenz. Insofern dachte ich auch an die Rückschlagsperre von 3 Monate.
    Also müsste Erinnerung eingelegt werden? Der Schuldnervertreter hat sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr an das Vollstreckungsgericht gewandt, sondern wohl nur das Insolvenzgericht angeschrieben. Soll ich ihn anschreiben, ob er aufgrund der Insolvenzeröffnung nunmehr Erinnerung einlegt und damit die Aufhebung des Pfübs beantragt?
    Der Gläubigervertreter wurde bislang nur zum Antrag nach § 850 f ZPO angehört, das Anschreibens wegen des Antrags auf Insolvenzeröffnung ist ihm nicht zur Kenntnis gegeben worden. Muss ich ihn vor einer Aufhebung über die Insolvenzeröffnung informieren?
    Das mit der Auskehr der im Rahmen der einstweiligen Einstellung hinterlegten Beträge verstehe ich leider nicht.
    Der Kollege, der die einstweilige Einstellung gemacht hat, hat folgendes geschrieben: Es wird angeordnet, dass der an die Gläubigerin auszuzahlende pfändbare Betrag bis zur endgültigen Entscheidung zur Hälfte an die Gläubigerin ausgezahlt werden kann und zur anderen Hälfte zunächst vom Drittschuldner einzubehalten ist.
    Wenn ich den Pfüb aufhebe, ist damit nicht alles an den Schuldner auszuzahlen?

    Wie wurde denn der Antrag nach § 850f Abs. 1 ZPO begründet?

    Das mit der Auszahlung der Hälfte ist schon etwas eigenartig, aber vielleicht gibt es dafür eine gute Begründung, die aber hier nicht zu erkennten ist :gruebel:

    Das Problem ist, dass der Teil, der bei dem Arbeitgeber noch verwahrt wird, nachzuzahlendes Arbeitseinkommen ist und damit durchaus in den Insolvenzbeschlag fallen kann. Weil der unpfändbare Betrag nach § 850d ZPO festgesetzt wurde, teilt sich der pfändbare Betrag in zwei Teile (sofern bei der Anwendung der Pfändungstabelle etwas pfändbar wäre) und zwar in den Teil, der nach der Tabelle pfändbar ist und somit an den IV zu zahlen wäre und den Teil, der nach § 850d ZPO aus dem bevorrechtigten Teil des Arbeitseinkommens entnommen wurde.

    Dann stellt sich die Frage, welcher Teil (als Hälfte) an den Gläubiger überwiesen wurde. Weil der Gläubiger nach § 850d ZPO pfändet, sich zunächst aus dem erweiterten Pfandbereich bedienen muss (s. Stöber, Rdn. 1275), würde ich dazu tendieren, dass dies auch hier zugundezulegen ist.

    Also muss man prüfen, wie hoch der pfändbare Betrag insgesamt war, was nach § 850c ZPO pfändbar war und was nach § 850d ZPO zusätzlich, was an den Gläubiger überwiesen und was bei dem Arbeitgeber verwahrt wurde und das für welche Monate.

  • Der Antrag auf Erhöhung des pfandfreien Betrages wurde damit begründet, dass mit dem Einkommen des Schuldners auch der Lebensunterhalt weiterer Personen sichergestellt werden muss. Es gibt zwei leibliche Kinder, für das eine wird der laufende Unterhalt gezahlt, das andere lebt mit im Haushalt des Schuldners. (Der festgelegte Pfändungsfreibetrag von 850,00 Euro zzgl. 1/2 des Nettomehrbetrages war damit falsch, da nur ein Kind berücksichtigt wurde).
    Daneben leben noch die neue Ehefrau des Schuldners und deren Kinder von seinem Einkommen. Daher der Antrag auf § 850 f ZPO.
    In den Gründen des Einstellungsbeschlusses hat der Kollege geschrieben, dass zur Vermeidung von Nachteilen für beide Parteien die Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung mit der Maßgabe einzustellen war, dass ein Teil des an die Gläubigerin zur Auszahlung kommenden Betrages einstweilen vom Drittschuldner einzubehalten ist.
    Der Schuldner hat Lohnabrechnungen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass eine Vorpfändung vorliegt.

  • Hallo Tanja,

    so, wie der SV geschildert ist, bin ich der Meinung, dass die Sache noch nicht entscheidungsreif ist, da der Gläubigerseite zunächst rechtliches Gehör zu gewähren ist, und zwar im Hinblick auf die Aufhebung des PfÜBs.

    Würde also das Schreiben des Schuldnervertreters, das als Erinnerung ausgelegt wurde, zusammen mit dem entsprechenden Aktenvermerk hierüber dem Gl.Vertr. zur Stellungnahme übersenden, und darauf hinweisen, dass Deiner Ansicht nach der PfÜB aufgrund der Rückschlagsperre unwirksam ist und Du den PfÜB aufzuheben gedenkst. Da die Daten hier eindeutig sind, dürfte da nicht groß was kommen. Mit Aufhebung des PfÜBs hat sich dann auch der 850-f-Antrag erledigt.

  • @Jamie

    Sorry, wer lesen kann ist klar im Vorteil :eek:. Hatte nur noch die Überschrift und den § im Kopf. Gilt natürlich nicht für Forderungen.

  • Die Zwangsvollstreckung ist doch komplett unzulässig, weil in der Zeit des § 88 InsO zugestellt wurde. Und außerdem geht´s um Rückstände, die nicht mehr vollstreckt werden dürfen.

    Falls ein Betrag nach 850cI pfändbar ist, gehört der in die Insolvenzmasse, falls dann noch laufender Unterhalt zu zahlen ist, kann der bevorrechtigte Teil ab Eröffnung (ohne die Spitze aus 850c) fließen - vielleicht.

    Außerdem gibt´s da noch § 240 ZPO.

    Kann mich mal einer von meiner langen Leitung schubsen, warum hier noch großartig diskutiert wird? Was übersehe ich?

  • Liegt eine Vorpfändung zugunsten des Unterhaltsgläubigers vor oder eine vorrangige Pfändung?

    Wenn es sich um eine vorrangige Pfändung geht, dann ist der pfändbare Betrag nach § 850c ZPO für den vorrangigen Gläubiger vergriffen mit der Folge, dass der Einbehaltungsbetrag, der noch beim Arbeitgeber verwahrt wird, nicht zur Insolvenzmasse gehört. Ich denke mir, dass § 88 Abs. 1 und 2 InsO deswegen nicht ziehen (kann).

    Außerdem tritt die Unwirksamkeit der Pfändung nach dem Wortlaut des § 88 Abs. 1 InsO mit der Eröffnung des Verfahrens ein (im Gegensatz zu der alten Regelung des § 114 Abs. 3 InsO). Es gibt unterschiedliche Meinungen dazu, ob für die Aufhebung ein Antrag erforderlich ist oder das Vollstreckungsgericht die Pfändung von Amtswegen aufzuheben hat (so Nerlich/Römermann in einer älteren Kommentierung zu § 88 InsO).

    Wenn die Pfändung aber erst mit Eröffnung des Verfahrens aufgehoben werden kann, weil die Insolvenzmasse nicht betroffen ist, stellt sich die Frage nach der Entscheidung über den Antrag nach § 850f Abs. 1 ZPO zumindest für die Zeit bis zur Eröffnung des Verfahrens.

    Ob es sich hier um eine normale Erinnerung (weil die zweite Unterhaltspflicht nicht berücksichtigt wurde) oder um einen Antrag nach § 850f Abs. 1 ZPO (oder beides) handelt muss wohl dem Antrag entnommen werden.

    Weil mich der § 88 InsO als Arbeitgeber in der Regel nicht interessiert, bin ich mir nicht ganz so sicher, ob das alles so richtig ist, daher nur als Denkanstoß.

  • Na wenn sie doch wegen der Eröffnung gar nicht zulässig war, muss sie eigentlich gar nicht offiziell aufgehoben werden, weil sie ja kraft Gesetzes gar nicht da ist. Eigentlich. Dann reicht doch wohl ein Beschluss darüber, dass die öffentlich.-rechtliche Dingsda aufgehoben ist.

  • Guten Morgen!

    Schon mal vielen Dank für die Beteiligung bisher.
    Was würdet ihr denn im vorliegenden Fall konkret tun? Gläubigervertreter anhören und mitteilen, dass beabsichtigt ist, den Pfüb aufzuheben?
    Das mit den einbehaltenen Teilbeträgen aufgrund der einstweiligen Einstellung ist mir immer noch nicht klar. Es gibt wie gesagt vorrangige Pfändungen. Muss ich jetzt noch beim DS anfragen, wie hoch das Einkommen war, welche Beträge einbehalten wurden und was an den Schuldner ausgezahlt wurde?
    Die Eröffnung der Verbraucherinsolvenz ist mir wie gesagt nur durch die Recherche im Internet bekannt. Muss der Eröffnungsbeschluss eigentlich rechtskräftig sein, bevor ich irgendwas aufhebe?
    Wie könnte so ein Aufhebungsbeschluss denn aussehen (Der Pfüb vom ... wird aufgehoben, da auf Antrag vom ... am ... die Verbraucherinsolvenz eröffnet wurde)?
    Fragen über Fragen, aber bei allem, was mit Insolvenz zu tun hat, schwimme ich leider total!

    Allen einen schönen Tag!

  • Was würdet ihr denn im vorliegenden Fall konkret tun? Gläubigervertreter anhören und mitteilen, dass beabsichtigt ist, den Pfüb aufzuheben?

    :daumenrau Würde so verfahren (s. #12) Es hängt halt davon ab, ob das Schreiben der Schuldnerseite als Erinnerung gegen den Pfüb ausgelegt werden kann. Nach Deiner SV-Darstellung ist dem so.

    Das mit den einbehaltenen Teilbeträgen aufgrund der einstweiligen Einstellung ist mir immer noch nicht klar. Es gibt wie gesagt vorrangige Pfändungen. Muss ich jetzt noch beim DS anfragen, wie hoch das Einkommen war, welche Beträge einbehalten wurden und was an den Schuldner ausgezahlt wurde?

    Nein. Das lief ja auch im Rahmen des § 850-f-Verfahrens. Wenn der PfüB aufgehoben ist, besteht für eine Entscheidung über den 850 f kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Würde also dann oder gleich den Schuldner noch anschreiben und anfragen, ob sich aufgrund der (erfolgten/beabsichtigten) Aufhebung des PfüB sein 850-f-Antrag erledigt hat. Wenn feststeht, dass dem so ist, kann die einstweilige Einstellung aufgehoben werden.

    Muss der Eröffnungsbeschluss eigentlich rechtskräftig sein, bevor ich irgendwas aufhebe?
    Wie könnte so ein Aufhebungsbeschluss denn aussehen (Der Pfüb vom ... wird aufgehoben, da auf Antrag vom ... am ... die Verbraucherinsolvenz eröffnet wurde)?

    Nachweis der RK ist m. E. nicht erforderlich; ein Muster für so eine Aufhebung gibt's bei Eureka (entspricht ungefähr Deinem Vorschlag).

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!