Anwendung § 19 Nr. 9 RVG?

  • Hallo liebe Kostengemeinde,

    jetzt hätt ich doch auch gern mal ein Kostenproblem - wobei es für die Meisten wahrscheinlich schon längst kein Problem (mehr) ist.
    Aber ich zerfaser mir gerade ein bisschen das Hirn.

    Inwieweit findet bei Euch noch der § 19 Nr. 9 RVG Anwendung (Empfangnahme Rechtsmittelschrift zur I. Instanz gehörend; Neben-/Abwicklungstätigkeiten)?
    Ich hab mich jetzt mal quer durch die Rechtsprechung und die Kommentierung gelesen und bin zu dem Schluss gekommen, dass es eigentlich kaum bis gar keine Anwendungsmöglichkeit für den § 19 Nr. 9 (mehr) geben dürfte, weil im Prinzip alles mindestens unter die geminderte Verfahrensgebühr (Nr. 3201) fallen müsste ...?
    Quintessenz: Voraussetzung für die Entstehung einer Verfahrensgebühr ist der Auftrag, es muss nicht mal zwingend eine Legitimierung zur Akte erfolgen, eine Tätigkeit in Form einer Beratung/Besprechung/Erörterung - auch ohne Vorliegen einer Rechtmittelbegründung! - reicht für die Entstehung aus.
    Aber wenn es noch keine Begründung gibt, läuft doch nahezu jede Erörterung über die weitere Vorgehensweise ins Leere, oder?
    Aus meiner Sicht hebeln diese Ansichten den § 19 Nr. 9 im Prinzip aus. Oder stehe ich auf dem Schlauch?

    Wie handhabt Ihr das?

    Für mögliche Antworten bedanke ich mich im Voraus! :)

    Der Weg ist das Ziel.

    Da wird auch Zweifel sein

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    (Das Ich, "Destillat")

  • Ich weiß nicht ob die Frage darauf abzielt, aber bei mir wird § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG regelmäßig in eine Zwischenverfügung aufgenommen. Wenn sich der RA des Berufungsbeklagten im Berufungsverfahren nichteinmal zur Akte gemeldet hat, und dann im Kostenfestsetzungsverfahren eine Verfahrensgebühr Nr. 3201 VV RVG (oder gar Nr. 3200 VV RVG) geltend macht, bitte ich um Mitteilung, wodurch eine Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV RVG angefallen ist, da aus der Akte nicht ersichtlich ist, ob und ggf. welche über die in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG genannten und noch zur ersten Instanz gehörenden Tätigkeiten hinausgehende Tätigkeit er ausgeübt hat.

    Daraufhin wird der Antrag in ca. der Hälfte der Fälle zurückgenommen. Wenn keine Antwort kommt weise ich den Antrag zurück, wenn vorgetragen wird, dass d. Berufungsbeklagte beraten wurde, ob nach Einlegung der Berufung etwas und ggf. was weiter zu veranlassen ist, setze ich nach Anhörung der Gegenseite fest.

  • wenn vorgetragen wird, dass d. Berufungsbeklagte beraten wurde, ob nach Einlegung der Berufung etwas und ggf. was weiter zu veranlassen ist


    Ist das nicht regelmäßig der Fall? Oder anders ausgedrückt. Gibt es Fälle, in denen der RA die Berufungsschrift entgegennimmt und kommentarlos und ohne sie selbst gelesen zu haben an seinen Mandanten weitergibt? Wohl kaum. Daher frage ich diesbezüglich nicht nach - auch wenn sich der RA nicht zur Akte gemeldet hat. Und bislang hat sich auch keiner beschwert.

  • Das sehe ich wie P.. In einem Antragsverfahren, wie das nach § 103 ZPO muss schon der Antrag schlüssig vorgetragen sein. Das ist ja kein Amtsermittlungsverfahren. Was nicht vorgetragen oder aktenkundig ist, wird auch nicht durch ein Frage-Antwort-Spiel erforscht.

  • Danke für die Antworten!
    Das trifft in etwa den Kern meines "Problems": Wenn bei einem Antrag, in dem ein 1,1 Verf.Geb. beantragt wird, davon ausgegangen werden kann, dass irgendetwas stattgefunden hat, kann ich den § 19 Nr. 9 doch im Prinzip glatt vergessen, oder?
    Konkreter:
    Ein Rechtsmittel wird vor Rechtsmittelbegründung zurückgenommen. Der Gegner-PB will dafür eine 1,1 Verf.Geb. nebst Auslagen haben. Wenn jetzt der Gegner sich dagegen wehrt und der antragstellende RA seine Gebühr damit begründet, dass Besprechungen aufgrund des Rechtsmittels - z. B. über Erfolgsaussichten und/oder weiteres Vorgehen (wohlgemerkt ohne Begründung, d. h. ohne Sachvortrag der Gegenseite!) - stattgefunden haben, rechtfertigt das schon die Gebühr? Dann bräuchte es den § 19 Nr. 9 doch gar nicht. Der ist dann doch Makulatur, denn dann können ja immer Besprechungen stattfinden - und werden es wohl auch.

    Daher die Frage: Kann danach der § 19 Nr. 9 überhaupt noch Anwendung finden?

    (Zwischenverfügungen mit Nachfragen mache ich übrigens ggf. auch. Mache ich doch aber bei anderen Sachen, die mir so auffallen, auch. Wenn ich z. B. der Meinung bin, dass eine Erledigungsgebühr nicht entstanden bzw. aus der Akte nicht ersichtlich ist, oder so.)

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  • zu #4:

    Ich weiß nicht ob das regelmäßig der Fall ist. Ich glaube aber nicht, da in ca. der Hälfte der Fälle nach meiner Zwischenverfügung nicht vorgetragen wird, dass zumindest geprüft wurde, ob etwas zu veranlassen ist etc., sondern der Antrag zurückgenommen wird.

    Wenn keinerlei Vortrag erfolgt, weise ich den Festsetzungsantrag zurück. Dagegen hat sich bislang auch noch niemand beschwert.

    Bei uns wird allgemein so vorgegangen, und wenn man mal keine entsprechende Zwischenverfügung gemacht hat (z. B. in Vertretung Antrag zunächst ungeprüft zur Stellungnahme geschickt), kommt teilweise auch eine entsprechende Beanstandung der Gegenseite.

    Ich denke daher weiterhin, dass ich ohne Anhaltspunkte und ohne Sachvortrag nicht einfach unterstellen kann, dass von dem Anwalt des Berufungsbeklagten eine zum Anfall der Gebühr Nr. 3201 VV RVG führende Tätigkeit ausgeübt wurde. So auch BGH, Beschluss vom 25.10.2012, IX ZB 62/10, juris.

    zu #6:

    Bei mir (und auch meinen Kollegen im Hause) muss der Antrag auf Erstattung einer Verfahrensgebühr also begründet werden, soweit der Rechtsanwalt sich nicht irgendwie im Berufungsverfahren zur Akte gemeldet hat.

  • zu #4:

    Ich weiß nicht ob das regelmäßig der Fall ist. Ich glaube aber nicht, da in ca. der Hälfte der Fälle nach meiner Zwischenverfügung nicht vorgetragen wird, dass zumindest geprüft wurde, ob etwas zu veranlassen ist etc., sondern der Antrag zurückgenommen wird.

    Interessant. Na gut, dann vermute ich mal, dass es hier beim LG etwas anders ist, da es hier um ganz andere Beträge geht. WEnn Berufung mit einem SW von 20.000 EUR eingelegt wird, kann ich mir es einfach nicht vorstellen, dass die RM-Schrift kommentarlos weitergereicht wird. Aber bislang bin ich noch nicht aufgehoben worden. Sollte das mal der Fall sein, werde ich wohl auch anders handeln.

  • Bei mir muss die 3201 nicht begründet werden.


    Bei mir regelmäßig auch nicht. :abklatsch

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