Arbeitszeit in NRW

  • Ich habe mich heute erstmals mit der Arbeitszeitverordnung NRW beschäftigen müssen.
    Eine Schwerbehinderte Kollegin fragte mich, ob Sie ab 55 Jahren eine weitere Reduzierung der Arbeitszeit bekommt. Nach den ich einen Blick ins Gesetz geworfen habe, habe ich das so verstanden, dass die schwerbehinderten Kollegen ab 55 Jahren auch 40 Stunden arbeiten müssen (also 10 Minuten mehr - womit ich kein Problem habe) und dann ab 60 Jahren nur noch 39 Stunden.

    Nun meint die Kollegin aber, auch ab 55 Jahren wäre die Arbeitszeit für Schwerbehinderte 39 Stunden 50 Minuten.
    Das hieße für mich im Umkehrschluss, das die schwerbehinderten Kollegen auch ab 60 Jahren die 39 Stunden 50 MInuten arbeiten müssen und nicht 39 Stunden, und das geht mir schon gegen den Strich.

    Oder ist das so gewollt? Die Zeit, die vorher nicht gearbeitet wurde, soll dann quasi nachgeholt werden?

    § 2 (Fn 6)
    Regelmäßige Arbeitszeit

    (1) Die regelmäßigewöchentliche Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten beträgt, sofern indieser Verordnung nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist, durchschnittlich 41 Stunden.Sie verringert sich mit Ablaufdes Tages der Vollendung des 55. Lebensjahres auf 40 Stunden und des 60.Lebensjahres auf 39 Stunden.
    Abweichend von Satz 1 beträgtdie regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für schwerbehinderte Beamtinnen undBeamte im Sinne des § 2 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) in der jeweils geltenden Fassungdurchschnittlich
    1. 39 Stunden und 50 Minuten ab dem Grad der Behinderung von mindestens50,
    2. 39 Stunden ab dem Grad der Behinderung von mindestens 80.


  • Verstehe nicht so wirklich, was Du meinst. Das steht doch ganz klar drin. Wenn ein Grad der Behinderung von mindestens 50 erreicht wird, sind 39 Stunden 50 Minuten zu leisten, unabhängig vom Alter.

    Satz 1 greift doch gar nicht. "schwerbehinderten Kollegen ab 55 Jahren auch 40 Stunden arbeiten müssen (also 10 Minuten mehr.." Das passt schon nicht, weil sich in diesem Falle die Arbeitszeit nicht "verringert".

    "Das hieße für mich im Umkehrschluss, das die schwerbehinderten Kollegen auch ab 60 Jahren die 39 Stunden 50 MInuten arbeiten müssen und nicht 39 Stunden"
    Auch das kann ich nicht nachvollziehen, nach Satz 2 verringert sich doch die wöchentliche Arbeitszeit auf 39 Stunden.

    Lösung des Falles m.E.: Sie bekommt erst ab 60 Jahren eine weitere Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit.

  • ... habe ich das so verstanden, dass die schwerbehinderten Kollegen ab 55 Jahren auch 40 Stunden arbeiten müssen (also 10 Minuten mehr - womit ich kein Problem habe) und dann ab 60 Jahren nur noch 39 Stunden.

    Nun meint ...

    § 2 (Fn 6)
    Regelmäßige Arbeitszeit

    (1) Satz 1 Die regelmäßigewöchentliche Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten beträgt, sofern indieser Verordnung nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist, durchschnittlich 41 Stunden.Satz 2 Sie verringert sich mit Ablaufdes Tages der Vollendung des 55. Lebensjahres auf 40 Stunden und des 60.Lebensjahres auf 39 Stunden.
    Abweichend von Satz 1 beträgtdie regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für schwerbehinderte Beamtinnen undBeamte im Sinne des § 2 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) in der jeweils geltenden Fassungdurchschnittlich
    1. 39 Stunden und 50 Minuten ab dem Grad der Behinderung von mindestens50,
    2. 39 Stunden ab dem Grad der Behinderung von mindestens 80.

    Dem Wortlaut nach hast du Recht. Warum man mit 55 J. dann 10min mehr arbeiten muss, verstehe ich nicht.
    :gruebel:
    PS: Bin jetzt auch der Meinung, dass ab 55 J. weiterhin nur 39h 55 min zu leisten sind, weil es sonst keinen Sinn macht.

    (Aber der Wortlaut passt trotzdem nicht, eben weil sich die Arbeitszeit beim Schwerbehinderten nicht verringert.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

    2 Mal editiert, zuletzt von Wobder (21. Oktober 2014 um 14:19) aus folgendem Grund: PS:...

  • Entscheidend ist der Beginn von Satz 3: „Abweichend von Satz 1 …“. Daraus folgt, dass Schwerbehinderte zunächst nur von den Grundsätzen des Satzes 1 (41 Stunden) ausgenommen sind und stattdessen 39.50 bzw. 39.00 Stunden zu leisten haben.
    Satz 2 beginnt dagegen mit „Sie (die Arbeitszeit) verringert sich …“ und kann im Sinne von § 1 SGB IX nur bedeuten, dass die schwerbehinderte Kollegin auch weiterhin 39 Stunden und 50 Minuten zu leisten hat. Ab Vollendetem 60. Lebensjahr verringert sich die Arbeitszeit dann auf 39 Stunden.

  • Also ich lese das so:
    Grundsatz ist eine regelmäßige Zeit von 41 h, für Schwerbehinderte reduziert diese sich entsprechend 1. bzw. 2.. Ab 55 reduziert sich die 41 auf 40, es sei denn, es greift ohnehin die Ermäßigung aus 1. oder 2., für 60jährige entsprechend dann von 40 auf 39.
    Also auch ab 55 beträgt die Zeit bei entsprechendem GdB 39h 50min bzw. eben sogar nur 39h. Ab 60 Jahren beträgt sie dann regulär 39h für alle.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Also ich lese das so:
    Grundsatz ist eine regelmäßige Zeit von 41 h, für Schwerbehinderte reduziert diese sich entsprechend 1. bzw. 2.. Ab 55 reduziert sich die 41 auf 40, es sei denn, es greift ohnehin die Ermäßigung aus 1. oder 2., für 60jährige entsprechend dann von 40 auf 39.
    Also auch ab 55 beträgt die Zeit bei entsprechendem GdB 39h 50min bzw. eben sogar nur 39h. Ab 60 Jahren beträgt sie dann regulär 39h für alle.

    Das ist offensichtlich die einzig richtige Lösung:daumenrau

    Hat eigentlich gegen diese Regelung noch niemand wegen Altersdiskriminierung geklagt?

    Was soll daran diskriminierend sein?
    Dass man mit höherem Alter stärker erholungsbedürftig wird und deswegen auchin zeitlicher Hinsicht nicht mehr so belastbar ist, ist m.E. medizinisch belegbar. Wer selbst schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, dürfte aus eigener Anschauung bestätigen können, dass die Spannkraft nicht mehr mit der eines 20Jährigen vergleichbar ist. Alle 10 Jahre mehr merkt man m.E. selbst deutlich.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Was soll daran diskriminierend sein?
    Dass man mit höherem Alter stärker erholungsbedürftig wird und deswegen auchin zeitlicher Hinsicht nicht mehr so belastbar ist, ist m.E. medizinisch belegbar. Wer selbst schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, dürfte aus eigener Anschauung bestätigen können, dass die Spannkraft nicht mehr mit der eines 20Jährigen vergleichbar ist. Alle 10 Jahre mehr merkt man m.E. selbst deutlich.
    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH


    (Kann ja schon deswegen nicht sein, weil die alten Kollegen ja die besten Leistungsnoten bekommen, also per se viel mehr und besser vom Tisch schaffen als die Jungen.)
    In der Sache will ich da aber gar nicht widersprechen, jedoch eine gewisse Analogie zu alterabhängiger Bemessung der Zahl von Tagen für Erholungsurlaub drängt sich dem Laien schon auf, oder?


  • In der Sache will ich da aber gar nicht widersprechen, jedoch eine gewisse Analogie zu alterabhängiger Bemessung der Zahl von Tagen für Erholungsurlaub drängt sich dem Laien schon auf, oder?

    Dem Laien schon :teufel:. Wenn man sich die damalige Begründung aber näher anschaut, dann wurde die Altersstaffelung von 26 Tagen bis 30 Jahre, 29 Tagen bis 40 Jahre und 30 Tagen ab Vollendung des 40. Lebensjahres für altersdiskriminierend (da willkürlich weil empirisch/physiologisch nicht begründet) gehalten.
    In den Urteilsgründen steht auch schon so etwas in der Richtung drin, dass 30 bzw. 40 Jahre zu jung für einen pauschalierten Mehrbedarf an Erholung seien.

    "Ich bin ja wirklich nicht tolerant, aber alles hat seine Grenzen!"
    (Heinz Becker)

  • (...) Dass man mit höherem Alter stärker erholungsbedürftig wird und deswegen auchin zeitlicher Hinsicht nicht mehr so belastbar ist, ist m.E. medizinisch belegbar. Wer selbst schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, dürfte aus eigener Anschauung bestätigen können, dass die Spannkraft nicht mehr mit der eines 20Jährigen vergleichbar ist. Alle 10 Jahre mehr merkt man m.E. selbst deutlich. (...)

    Ich finde das auch nachvollziehbar. Allerdings dürfte durch die reine Reduzierung der Wochenarbeitszeit kein Erholungseffekt zu erzielen sein, wenn andererseits das Dezernat vom Umfang unverändert bleibt. Habe das - in Hessen - bei einer Kollegin mitbekommen, die in den "Genuss" reduzierter Wochenarbeitszeit kam, letztlich aber mit einer Stunde weniger Arbeitszeit dasselbe wegschaffen musste wie vorher. Ist in meinen Augen irgendwie widersinnig... Natürlich hat sie dann von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, weiterhin 42 Std. zu arbeiten (und die 1 Std. auf ihr Lebensarbeitszeitkonto anzusparen). Wie ist das in NRW?

  • In den Urteilsgründen steht auch schon so etwas in der Richtung drin, dass 30 bzw. 40 Jahre zu jung für einen pauschalierten Mehrbedarf an Erholung seien.


    Das ist natürlich nur ein Sachargument.
    Aber wie gesagt, innerhab des gesamten Besoldungssystems ist das in sich widersprüchlich. Man kann bei klarem Verstand ja nicht einerseits den Jungspunden in individuellen Beurteilungen in der Allgemeinheit unterstellen, diese seien nicht so leistungsfähig wie die alten Säcken, welche wegen ihrer hohen Leistungsfähigkeit viel mehr Schotter bei teilweise identischen Pensen nach Hause tragen dürfen und andererseits bei der Arbeitszeit pauschaliert unterstellen, dass dies gerade nicht so sei. Leistung ist Arbeit geteilt durch Zeit. Wer mehr Pausen benötigt, leistet also weniger, weil er pro Zeiteinheit weniger arbeitet.
    Das ist ein gedankliches Springen zwischen abstrakten Pauschalierungen und konkret widersprechender Beurteilungssystematik, das in der Gesamtschau die stark divergierenden Dienstbedingungen nicht angemessen würdigt und deswegen natürlich altersdiskrimierend und sozial ungerecht ist.

  • Als "alter Sack" muss ich natürlich dagegen halten:
    Richtig ist: Leistung = Arbeit/Zeiteinheit, aber natürlich nur pro Zeiteinheit, die gearbeitet wird, nicht Arbeit/(gearbeitete Zeit + Pausenzeit).
    Daher geht das mit der angeblichen höheren Leistungsfähigkeit im Alter rechnerisch eben doch auf ;) - zumindest in der Theorie. In der Praxis ist es dann m.E. so, dass die höhere Erfahrung einen gerade so dazu befähigt, mit den körperlich durchstehbaren geringeren Arbeitszeiten das Pensum zu schaffen, das ein jüngerer Nicht-Mehr-Dienstanfänger auch bewältigt - nur dieser eben mit mehr Arbeitszeit, weil er sich vieles erst erarbeiten muss. Das mit dem Alter steigende Gehalt muss man dann eben als ersessenen Bonus begreifen, auf den man sich als Jüngerer noch freuen kann ;). Irgendwelche Ziele braucht man ja:D

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ein frommer Wunsch, so ähnlich wie "Die Rente ist sicher"...
    Ob es in NRW noch viele gibt, die in Fragen der Besoldung so viel Vertrauen in die zukünftige Fürsorge der Dienstherren haben?

  • Ein frommer Wunsch, so ähnlich wie "Die Rente ist sicher"...
    Ob es in NRW noch viele gibt, die in Fragen der Besoldung so viel Vertrauen in die zukünftige Fürsorge der Dienstherren haben?

    Nachdem der Verfassungsgerichtshof die Regierung zu einer amtsangemessenen Besoldung zwingen musste?

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

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