Ausschlagung "erforderlich"?

  • Ich stelle mir in einem Betreuungsverfahren die Frage, ob ich etwas zu veranlassen habe. Und zwar wird von einem Berufsbetreuer (RA) seit vielen Jahren ein altes Ehepaar betreut. Der Ehemann war lange erfolglos selbstständig, der gemeinsame Grundbesitz wurde vor ein paar Jahren zwangsversteigert. Aus den Rechnungslegungen weiß ich, dass beide nur geringe Renten und ergänzende Sozialhilfe beziehen, Schulden bestehen bei beiden etwa in Höhe von knapp 2.000 €.
    Nun ist letzte Woche der Ehemann verstorben, die Ehefrau ist (wäre) Alleinerbin. Da sie alleine nicht in der Wohnung verbleiben kann, wird sie in ein Pflegeheim ziehen.
    Der Betreuer teilt mir nun mit, dass er für die Ehefrau die ihr angefallene Erbschaft nicht ausschlagen will. Er begründet dies damit, dass er - wie in der Vergangenheit - sämtlichen Gläubigern mitteilen wird, dass kein Vermögen vorhanden ist. Nachteile sein damit für die Ehefrau nicht zu befürchten. Außerdem sei davon auszugehen, dass inzwischen sämtliche potentielle Gläubiger über den Sachverhalt Bescheid wissen.

    Grundsätzlich ist ja die Annahme einer Erbschaft, anders als deren Ausschlagung, nicht durch das Betreuungsgericht zu genehmigen. Dennoch müssen wir ja einschreiten, wenn wir sehen, dass etwas falsch läuft. Würdet ihr hier auf eine Ausschlagung bestehen oder den Betreuer, der ja nun als Rechtsanwalt durchaus Sachkenntnis hat und seine Entscheidung begründet hat, gewähren lassen?

  • Naja, wenn man bedenkt, dass die Frau hoch dement ist und man den mutmaßlichen Willen zu Grunde legt, würde man doch wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen, dass sie objektiv betrachtet keine Schulden erben möchte.
    Daher weiß ich nicht, ob das Betreuungsgericht nicht "eingreifen" müsste.

  • Ich halte die Vorgehensweise des Betreuers durchaus für naheliegend. Ein Schaden für die Ehefrau ist - bei normalem Gang der Dinge - erstmal nicht zu befürchten. Ob sie "keine Schulden erben möchte", wäre weiter zu ergründen - gerade bei älteren Leutchen gibt es manchmal sowas wie eine Selbstverständlichkeit, eine Ehre oder eine Pflicht, für Familienangehörige einzustehen. Das wäre hier nicht ganz auszuschließen. Schade, dass Du sie nicht anhören kannst.

    Beim erwähnten normalen Gang der Dinge ist hier nach menschlichem Ermessen keine Folgen für die Ehefrau hat, da könnte man der Meinung des RA folgen. Anders sieht es aus, wenn die Ehefrau an Geld kommen würde, z.B. aus einer Erbschaft (auch sowas kommt manchmal unverhofft vor). Für diesen Fall wäre der Willen der Ehefrau, ob sie für die Schulden des Ehemannes gerade stehen will, schon interessant.

    Falls gar keine Anhaltspunkte bestehen, notfalls Verfahrenspfleger.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Ich würde nichts veranlassen. Der Betreuer weiß um die Folgen der Annahme der Erbschaft und die Möglichkeit der Ausschlagung (Frist und Form). Die Entscheidung, was für den Betroffenen das Beste ist, trifft allein der Betreuer. Das Betreuungsgericht darf in Betreuerhandlungen nicht eingreifen und sie nicht ersetzen.

    Deshalb würde ich nichts tun.

  • Das Gericht führt die Aufsicht über die Betreuer, daher sind die Fragen von Pullmoll gerechtfertigt. Falls eine Pflichtwidrigkeit vorliegt, muss das Gericht einschreiten. Ob diese vorliegt, wäre zu ermitteln. Eine Ermittlung könnte z.B. darin bestehen, den Fall mit dem Betreuer zu besprechen, oder darin, die Betroffene anzuhören und sich nach ihren Wünschen zu erkundigen.

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • "Aus den Rechnungslegungen weiß ich, dass beide nur geringe Renten und ergänzende Sozialhilfe beziehen, Schulden bestehen bei beiden etwa in Höhe von knapp 2.000 €."

    Also echt?
    Nein irgdendwo iss dann auch übertrieben mit der Aufsicht.

    Da ist nichts zu holen für die Gläubiger, war nicht und ist nicht und wird nach menschlichem Ermessen auch nie sein.
    Die Überlebende kommt ins Heim, Renten werden übergeleitet, Rest geht auf Bezirkskosten, etc..., ist ja der übliche Gang der Dinge.


    Der Betreuer hat brav berichtet und sogar noch schön begründet, seine Betreuung seine Entscheidung.

    Amtsverfahren ja, aber kein Antrag - keine Genehmigung, wozu auch, wenn's nicht benutzt wird.
    Weisung erteilen?

  • zu Beitrag 10:

    Da stimme ich zu, insbesondere da auch der Sachverhalt wohl noch aufklärungsbedürftig ist.

    In Beitrag 1 werden zwar die Verbindlichkeiten genannt, interessant wäre jedoch auch das Aktivvermögen. Nur dann weiß man, ob eine Überschuldung vorliegt.

    Da es sich um Ehegatten handelt, könnte es sich auch jeweils um gemeinsame (gesamtschuldnerische) Verbindlichkeiten handeln. Dann würde eine Ausschlagung natürlich nicht viel bringen, außer den Verlust des (wohl geringen) Aktivvermögens des verstorbenen Ehegatten. Zudem muss der Ehegatte ohnehin die Bestattung bezahlen.

    Sollte jedoch eine Überschuldung vorliegen und es sich hierbei um Verbindlichkeiten handeln, die nur den Verstorbenen betrafen, hätte ich große Bedenken hinsichtlich der unterlassenen Ausschlagung der Erbschaft. Auch wenn beim überlebenden Ehegatten nichts zu holen ist, entstehen dennoch weitere Kosten und es kommt ggf. zu unnützen Vollstreckungsversuchen.

    Das große Problem tritt dann ggf. auf, wenn der überlebende Ehegatte später Erbe einer anderen Person werden sollte. Dann freuen sich bei unterlassener Ausschlagung nach dem Ehegatten nicht nur seine Gläubiger, sondern auch die des Ehegatten.

  • "...der gemeinsame Grundbesitz wurde vor ein paar Jahren zwangsversteigert. Aus den Rechnungslegungen weiß ich, dass beide nur geringe Renten und ergänzende Sozialhilfe beziehen, Schulden bestehen bei beiden etwa in Höhe von knapp 2.000 €."

    Was ist denn da bitte aufklärungsbedürftig:confused:

  • Aktivvermögen gibt es auch nicht.

    Ich glaube eigentlich nicht, dass man einem RA ein Pflichtwidrigkeit vorwerfen kann, wenn er sich einer Angelegenheit angenommen hat und diese sogar begründet. Er hat damit eine Entscheidung getroffen, die zumindest plausibel klingt. Sprich, er hat sich Gedanken gemacht und ist für sich zu einer Lösung gekommen.
    Das als Pflichtwidrigkeit zu bezeichnen, geht wohl zu weit. Sonst bräuchte ich ja keine Betreuer und könnte mich gleich selbst um alle Betreuten kümmern;)

  • "...der gemeinsame Grundbesitz wurde vor ein paar Jahren zwangsversteigert. Aus den Rechnungslegungen weiß ich, dass beide nur geringe Renten und ergänzende Sozialhilfe beziehen, Schulden bestehen bei beiden etwa in Höhe von knapp 2.000 €." Was ist denn da bitte aufklärungsbedürftig:confused:


    eben, wie gesagt die Höhe des Aktivvermögens (gibt durchaus Betreute mit Verbindlichkeiten, aber Aktivvermögen) und die Frage, ob gemeinsame Verbindlichkeiten (beide haften) oder Schulden, für die die Ehegatten jeweils nur allein haften

    Bei gemeinsamer Haftung für alle Verbindlichkeiten würde die Ausschlagung natürlich nichts bringen.


    Aber du hast schon recht, ein Problem könnte hier eigentlich nur auftreten, wenn der überlebende Ehegatte noch zu Hause wohnen würde, von jemanden erbt und dann mangels Ausschlagung sich auch die Gläubiger des vorverstorbenen Ehegatten "freuen". Aber bei einer solchen (möglichen) Konstallation schlägt der Betreuer hoffentlich auch die Erbschaft nach dem Ehegatten aus.

  • Lt. SV wird hier Sozialhilfe gezahlt, die Voraussetzungen hierfür sind eben genau das Fehlen von Vermögen.
    Da die Betroffen aktuell noch nicht im Heim sind wird ist hier lt. SV § 41 SGB XII die einschlägige Hilfe.
    Mit Verweisung auf §§ 82 bis 84 und 90 und 91 SGB XII, die haben nichts mehr und wenn doch hat der Leistungsträger die Hand drauf.

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