Unzuständigkeit

  • Hallo,
    ein Erbscheinsantrag wird schriftlich ohne Urkunden und ohne eidesstattliche Versicherung eingereicht.
    Sterbeurkunde wurde versucht von Amts wegen zu beschaffen, aber scheitert an der Angabe des Sterbe- und Wohnortes der Erblasserin. Antragsteller wird auf fehlende Urkunden und fehlende e.V. hingewiesen und trotz Erinnerung mit der Androhung der Zurückweisung geht nichts ein. Daraufhin wird der Antrag zurückgewiesen.
    Es geht fristgerecht Beschwerde vom Notar ein mit beurkundeten Erbscheinsantrag und fehlenden Urkunden.
    Aufgrund der Sterbeurkunde stelle ich fest, dass ich örtlich gar nicht zuständig war und höre die Beteiligten zur Verweisung an. Daraufhin erlasse ich Verweisungsbeschluss und gebe die Akte ab.
    Nun bekomme ich die Akte vom zuständigen Gericht zurück mit der Bitte noch über die Beschwerde zu entscheiden.
    Aber was soll ich da entscheiden ?

    Abhilfe geht doch nicht, da ich den Erbschein nicht erteilen kann (dieser kann ohnehin noch nicht erteilt werden, da ursprünglich beantragt war, dass der Erblasser vom Antragsteller zu 1/2 beerbt wurde und nunmehr beantragt wird 1/2 + 1/2 für die Schwester, deren Anschrift unbekannt ist und deren Geburtsurkunde auch fehlt) ?
    Nichtabhilfe und zum OLG wäre meines Erachtens auch nicht richtig ?

  • Ich würde den Zurückweisungsbeschluss wegen des eingetretenen Zuständigkeitswechsels durch Beschluss aufheben und in der Begründung ausführen, dass die Zuständigkeit des den Beschluss erlassenen angerufenen Gerichtes zur Entscheidung (im Sinne des § 2359 BGB) über den Erbscheinsantrag nicht mehr gegeben ist und nun das nach § 343 FamFG zuständige tatsächliche Nachlassgericht über den Erbscheinsantrag zu entscheiden hat. Punkt aus und fertig.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Ich würde den Zurückweisungsbeschluss wegen des eingetretenen Zuständigkeitswechsels durch Beschluss aufheben und in der Begründung ausführen, dass die Zuständigkeit des den Beschluss erlassenen angerufenen Gerichtes zur Entscheidung (im Sinne des § 2359 BGB) über den Erbscheinsantrag nicht mehr gegeben ist und nun das nach § 343 FamFG zuständige tatsächliche Nachlassgericht über den Erbscheinsantrag zu entscheiden hat. Punkt aus und fertig.

    Geht das?

    Ich ändere als unzuständiges Gericht aufgrund eingetretener Unzuständigkeit einen Beschluss ab und begründe die Abänderung mit meiner Unzuständigkeit?

    M.E. ist das "zuständige" Gericht an meine Verweisung gebunden (§ 3 Absatz 3 FamFG). "Rückgabe" ist m.E. nicht möglich (§ 3 Absatz 3 FamFG). Rechtsmittel sind nicht möglich (§ 3 Absatz 3 FamFG).

    Die Zuständigkeit wäre m.E. durch das OLG nach § 5 FamFG zu bestimmen.

    M.E. muss das jetzt zuständige Nachlassgericht über das Rechtsmittel entscheiden und bei Nichtabhilfe dem OLG zur Entscheidung vorlegen. Eine Abhilfe der Beschwerde erscheint mir nicht möglich. Schließlich hat der Notar die eidesstattliche Versicherung und die erforderlichen Urkunden ja erst nach Zurückweisung vorgelegt. Wie soll man diesem Versäumnis abhelfen können?

  • Ich habe mir ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht, ob das rechtlich richtig ist. Die schnellste und einfachste Lösung ist es jedenfalls...
    Achtung: Nicht der (zweite) Verweisungsbeschluss sondern der erste Beschluss über die Mängel am ESA soll aufgehoben werden.

    Was ist die Folge? Das tatsächlich zuständige Nachlassgericht hat jetzt einen ESA in den dortigen Akten und kann darüber entscheiden bzw. ggf. im Rahmen einer Zwischenverfügung evtl. noch zu behebende Punkte bemängeln.

    Wie gesagt: Punkt und fertig....Mund abputzen und weitermachen...man muss nicht immer alles bis ins letzte Detail perfekt machen. Das ist m.E. unnötig.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Ich habe mir ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht, ob das rechtlich richtig ist. Die schnellste und einfachste Lösung ist es jedenfalls...
    Achtung: Nicht der (zweite) Verweisungsbeschluss sondern der erste Beschluss über die Mängel am ESA soll aufgehoben werden.

    Was ist die Folge? Das tatsächlich zuständige Nachlassgericht hat jetzt einen ESA in den dortigen Akten und kann darüber entscheiden bzw. ggf. im Rahmen einer Zwischenverfügung evtl. noch zu behebende Punkte bemängeln.

    Wie gesagt: Punkt und fertig....Mund abputzen und weitermachen...man muss nicht immer alles bis ins letzte Detail perfekt machen. Das ist m.E. unnötig.

    :bigoops:

  • @Polarlys: Es geht um die Zurückweisung wegen Mängeln am ESA und nicht um den nach Rechtsmittel und teilweiser Behebung der Mängel erlassenen Verweisungsbeschluss. Dein Beitrag war da m.E. aufgrund eines Missverständnisses in Bezug auf die Verweisung geschrieben worden. Oder habe ich den SV falsch verstanden????

    Und: Ja in dem Fall bin ich mal so richtig pragmatisch...von mir aus dann auch mit "oops".

    ...dennoch bin ich der Meinung, dass man den (ersten Zurückweisungs-)Beschluss, den man einmal wegen der Mängel am Erbscheinsantrag erlassen hat, deswegen aufheben kann, weil man nun nicht mehr zuständig ist und die Prüfung des Antrags nun einem anderen Nachlassgericht obliegt. Ich bin mir nämlich auch nicht sicher, ob das nun wirklich zuständige Nachlassgericht den Beschluss des alten Gerichts aufheben kann. Es ist ja nicht übergeordnet sondern nur tatsächlich zuständig und anscheinend drückt sich der Kollege dort auch davor, den Beschluss einfach selbst aufzuheben. Am Besten hätte man das m.E. gleich zusammen mit der Verweisung an das neue Gericht gemacht.

    Also: Wenn du weißt, wie es zu 100 % richtig ist, dann würde ich mich natürlich sehr freuen, wenn man mir es unter Nennung der entsprechenden §§ darlegt. Liege ich falsch, hätte ich einen falschen Beschluss gefasst...und sowas soll in Justizkreisen ja schonmal vorgekommen sein...schlimm wird es in dem Fall wohl nicht werden und ein Schaden ist nicht in Sicht....aber du hast Recht....man kann das so salopp vielleicht nicht machen....vielleicht hätte ich mich als Gericht auch erst 2 Tage im Büro eingeschlossen und Kommentare und Entscheidungen gewälzt...


    Ja....so bin ich manchmal....was nicht heißt, dass ich unkorrekt bin....ich will da mal zitieren, was ich soeben in einem anderen Unterforum gelesen habe:

    Als Jurist und langjähriger Dozent kann ich nur folgendes sagen: Es ist immer ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Der beste Theoretiker kann der mieseste Praktiker sein, da er vor lauter Wissen gar nicht das wahre Leben erkennt.

    In diesem Sinne: :nixweiss::tschuldig

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (31. Oktober 2014 um 17:15)

  • M.E. lieg das Problem in der Handhabung ganz am Anfang, als aus dem Beschwerdeverfahren plötzlich ein Verweisungsverfahren wurde. Es hätte hier wohl folgende "saubere" Möglichkeiten gegeben:

    a) Ich erkenne aufgrund der vorgelegten Unterlagen jetzt, dass meine örtliche Zustänndigkeit von Anfang an nicht gegeben war. Also hebe ich den Zurückweisungsbeschluss auf, höre dann zur Verweisung an und verweise dann.

    b) ähnlich wie a), nur ist Aufhebung und Verweisung einheitlich.

    c) Ich lege dem OLG unter Verweis auf die fehlende örtliche Zuständigkeit vor. Dann hebt das OLG die Zurückweisung auf und verweist an das richtige Amtsgericht.

    Durch den "wilden" Übergang vom Beschwerdeverfahren in das Verweisungsverfahren ist jetzt eben noch der Zurückweisungsbeschluss in der Akte. Dogmatisch richtig ist hier m.E. der Ansatz von Polarlys, dass ich als entmachtetes (wegen der Verweisung) Gericht gar nichts mehr tun dürfte. Das Verfahren ist ab sofort beim neuen AG anhängig. Die haben dort die einzige (und volle) Kompetenz, auch den Zurückweisungsbeschluss im Wege der Abhilfe aufzuheben - oder die Sache ihrem OLG nach Nichtabhilfe vorzulegen.

    Die Rücksendung der Akte mit der Bitte um Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses ist allerdings m.E, noch keine Rückverweisung (sie wollen ja nicht die ganze Sachbearbeitung zurückgeben, sondern nur diesen Zurücjweisungsbeschluss beseitigen lassen), sondern nur der dortige (etwas hilflose) Versuch, aus der ganzen Sache rauszukommen ohne eine förmliche Abhilfe- oder Vorlageentscheidung treffen zu müssen.

    Es gibt m.E. zwei Wege, um hier hier rauszukommen:

    1. Den pragmatischen von TL: Zurüchweisung - auch ohne Zuständigkeit - aufheben. Ist falsch, aber auch nicht falscher als die vorherige Verweisung ohne Aufhebung der Zurückverweisung/OLG-Vorlage.

    2. Den sauberen, ähnlich wie Polarlys: Die Akte mit einem Vermerk darüber, dass es sich hier um keine Rückverweisung handelt und die alleinige Zuständigkeit nun beim neuen Gericht liegt, zurücksenden an das neue Gericht. Ev. verbunden mit einer kleinen Bitte um Entschuldigung, dass man hier selbst das Chaos begonnen hat, aber wegen der fehlenden Zuständigkeit nach Verweisung es leider nicht mehr beseitigen kann.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Und Nachtrag zur Ausgangsfrage: Abhilfe in Form der Erteilung wäre nicht gegangen, das stimmt, aber Teilabhilfe in Form der Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und dann Verweisung m.E. schon.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (31. Oktober 2014 um 22:49) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • TL

    Das 'oops' was deshalb, weil ich solche Ausführungen von TL bisher nicht gekannt habe. War nicht bös gemeint. Sorry.

    Ich bleibe aber bei meiner Auffassung: habe ich ein Verfahren verwiesen (oder auch abgegeben), wurschtle ich nicht mehr in diesen Verfahren herum. Das Problem ist, dass das verwiesene Gericht nicht will. Dennoch ist verwiesen verwiesen und in anderen Fällen abgegeben abgegeben und übernommen.

    Dass das neue Gericht über Beschlüsse des bisherigen Gerichts entscheiden muss, haben wir in jeden Verfahren, das abgegeben werden muss.

    Auch bei einem Nachlasspflegschaftsverfahren, das jahrelang geführt wird und bei dem man dann feststellt, dass man unzuständig ist (und in der Folge das Verfahren verweist), wird das neue Gericht entscheiden müssen, z.B. Die Nachlasspflegschaft irgendwann aufheben. Ich glaube, das 'können' ist nicht das Problem, eher das 'wollen'.

    Und ich bin eben der Meinung, dass man das 'Nichtwollen' nicht auch noch unterstützen soll.

    Und zum Sachverhalt: der Erbscheinsantrag ist wohl auch jetzt noch nicht vollzugsfähig. Es fehlen noch Unterlagen. Auch das nunmehr zuständige Gericht wird zurückweisen.

  • TL
    Und zum Sachverhalt: der Erbscheinsantrag ist wohl auch jetzt noch nicht vollzugsfähig. Es fehlen noch Unterlagen. Auch das nunmehr zuständige Gericht wird zurückweisen.

    Zweckmäßiger und vor allem sachgerecht düfte eine Beanstandungsverfügung durch das zuständige Gericht sein.
    Warum einen Antrag wegen Mängeln zurückweisen, die durch Einreichung entsprechender Unterlagen beseitigt werden können?

  • @Polarlys: Ich hab mich nicht angegriffen gefühlt sondern bin wohl eher selbst etwas über meine saloppe Art überrascht gewesen....von daher eher ein Sorry zurück...du hast ja Recht... ich habe mir jetzt nochmals alles durchgelesen: so wie ich das machen wollte, ist es nicht richtig.

    Besser wäre es tatsächlich, wenn man den Kollegen beim zuständigen Gericht darauf hinweist, dass er nun für das gesamte Verfahren zuständig ist und damit auch den von dem damals unzuständigen Gericht erlassenen Beschluss aufheben kann.

    Hier braucht es nämlich keine pragmatische Lösung, wenn man schlicht und einfach davon ausgeht, dass das jetzt zuständige Gericht für sämtliche bereits laufende offene Verfahren in dieser Akte nun zuständig ist und damit auch in eigener Zuständigkeit abschließend entscheiden kann. Meine Antwort war damit nicht pragmatisch sondern schlicht falsch. Sorry, dass ich auf "Krawall gebürstet war"...ist sonst nicht so meine Art...

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    5 Mal editiert, zuletzt von TL (3. November 2014 um 07:15)

  • Vielen Dank für die Antworten

    So "wild" fand ich mein Vorgehen aber gar nicht, denn gem. § 2 Abs. 3 FamFG sind gerichtliche Handlungen (auch Beschlüsse) nicht deswegen unwirksam, weil sie von einem örtlich unzuständigen Gericht vorgenommen worden sind.
    Eine teilweise Abhilfemöglichkeit sehe ich deshalb nicht gegeben und vollständige Abhilfe erst recht nicht, deshalb der Verweisungsbeschluss ohne Entscheidung über die Beschwerde.

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