§ 1812 BGB - Genehmigung Kündigung Geschäftsanteile

  • Hallo, ich glaube ich bin heute mit dem falschen Fuß aufgestanden und stehe zudem auf dem Schlauch...

    Ein Betreuer gibt an, dass er die Geschäftsanteile der örtlichen Volksbank in Höhe von 300,00 EUR gekündigt hat. Ist dies nicht ein Fall einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1812 BGB? Da diese nicht erteilt wurde, müsste die Kündigung unwirksam sein. Oder hängt da noch § 1813 I Nr. 2 BGB mit drin.

    Danke.

  • Erklärst Du mir das bitte genauer?

    Ich nehme mal an, Du meinst mich?

    Naja, Volksbanken haben normalerweise die Rechtsform eingetragene Genossenschaft. Wenn also ein Geschäftsanteil zu veräußern ist, oder, wie hier, bereits veräußert wurde, dann liegt m.E. ein Fall von § 1822 Nr. 3 BGB vor. Wobei ich allerdings keine Fundstelle zur Anwendbarkeit auf Genossenschaftsanteile nennen kann:confused:

    Ein Geschäftsanteil ist aber auf keinen Fall mit einem Konto oder einer Anlage gleichzusetzen!

  • Guten Morgen,

    kann man sicher auch anders sehen. Ehrlich gesagt kann ich das so gar nicht herauslesen. § 1812 greift hier jedoch nicht, weil diesbezüglich die Voraussetzungen einer Ausnahme gem. § 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben sind (Anspruch unter 3.000 €).

    LG
    ruki

    Einmal editiert, zuletzt von ruki (6. November 2014 um 10:36) aus folgendem Grund: Maßgeblich ist natürlich Nr. 2 nicht Nr. 3 § 1813 BGB

  • Guten Morgen, kann man sicher auch anders sehen. Ehrlich gesagt kann ich das so gar nicht herauslesen. § 1812 greift hier jedoch nicht, weil diesbezüglich die Voraussetzungen einer Ausnahme gem. § 1813 Abs. 1 Nr. 3 BGB gegeben sind (Anspruch unter 3.000 €). LG ruki

    Wie gesagt ich habe bezüglich Genossenschaftsanteilen keine spezielle Fundstelle - das mit dem anders sehen können ist hier m.E. relativ, da § 1822 BGB über § 1908i BGB direkt anwendbar ist!

  • Zunächst bitte ich die Fragestellerin aufzuklären, ob Geschäftsanteile oder Genossenschaftsanteile gemeint sind.

    Dann verweise ich auf das hier.

    Und zu guter letzt: schließe ich mich der obigen Meinung an. :)

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Zunächst bitte ich die Fragestellerin aufzuklären, ob Geschäftsanteile oder Genossenschaftsanteile gemeint sind.

    Dann verweise ich auf das hier.

    Und zu guter letzt: schließe ich mich der obigen Meinung an. :)


    das Gesetz spricht von "Geschäftsanteil"

    "das hier" liefewrt keine Begründung

    Ansonsten bin ich dankbar, dass wir Meinungsfreiheit haben.

  • Volksbanken sind genossenschaftlich organisiert! Deshalb wäre m.E. eine Genehmigungspflicht nach § 1822 Nr. 3 BGB zu prüfen.

    Nein, wirklich nicht.


    § 1822 Nr. 3 BGB:
    "zu einem Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird,"

    MüKo hierzu Rn 11:

    Erwerbsgeschäft ist der Inbegriff von Rechten und Rechtspositionen, welcher der selbständigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit dient und dadurch eine Sinneinheit bildet.

    Das ist bei der Genossenschaft ja grade nicht der Fall.

  • Ok Leute,

    zugegeben: Das Thema Genehmigungspflichten im Gesellschaftsrecht ist nicht ganz einfach, das fand ich im Studium auch schon. Ohne die Hilfe eines Kommentars kann man die Frage tatsächlich nicht so leicht beantworten wie ich zunächst dachte (wahrscheinlich von mir instinktiv richtig gedacht). Tatsächlich fällt zunächst auch die Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft unter die Vorschrift. (MünchKomm Rn 15) Allerdings nicht hingegen bloße Kapitalbeteiligungen, die keine Partizipation an Verlust, Betrieb oder Betriebsführung mit sich bringen (Rn 12). Überhaupt kann die Anwendung je nach Rechtsform unterschiedlich sein: bei einer KG oder OHG kommt man schneller zu einer Genehmigungspflicht, bei einer GmbH nur im Ausnahmefall.

  • Nein da muss ich widersprechen.
    Es geht um die Frage ob es um das Erwerbsgeschäft des Betreuten geht aus welchem er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Bei einem abhägig Beschäftigtem, der ein paar Gen.Bank-Anteile hält oder ein kleines oder auch großes Depot hat stellt sich diese Frage nicht.
    Diese Frage ist unabhängig von den Gesellschaftlichen Verstrickungen zu beurteilen soweit der Betreute nicht davon lebt.
    Die Problemfragen dazu stellen sich erst wenn der Betreute Handwerker oder Unternehmer oder sonst irgendwie selbständig ist und das ganze noch ein wenig kompliziert gemacht hat mit GmbH's, UG's, stillen Teilhaberschaften, etc. p.p.

  • Ich sehe Nr. 3 nicht als einschlägig an, da die (reine) Kündigung keine Veräußerung darstellt, vgl. Lafontaine in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 1822 Rdn. 66. § 1812 könnte schon einschlägig sein, MüKo, § 1822 Rdn. 19.

    (Der Erwerb der Gen.anteile dürfte unter Nr. 3 fallen, der BGH, II ZB 6/63 hat zwar die Gen.bedürftigkeit verneint, aber nur Nr. 10 geprüft, sodass es als Baugenoss. wahrscheinl. nicht auf eine Erwerbstätigkeit gerichtet war, viele Wohnungsgenoss. sind gemeinnützig und nicht auf Gewinn ausgerichtet, Banken aber schon.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Nein da muss ich widersprechen.
    Es geht um die Frage ob es um das Erwerbsgeschäft des Betreuten geht aus welchem er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Bei einem abhägig Beschäftigtem, der ein paar Gen.Bank-Anteile hält oder ein kleines oder auch großes Depot hat stellt sich diese Frage nicht.
    Diese Frage ist unabhängig von den Gesellschaftlichen Verstrickungen zu beurteilen soweit der Betreute nicht davon lebt.
    Die Problemfragen dazu stellen sich erst wenn der Betreute Handwerker oder Unternehmer oder sonst irgendwie selbständig ist und das ganze noch ein wenig kompliziert gemacht hat mit GmbH's, UG's, stillen Teilhaberschaften, etc. p.p.


    Dem schließe ich mich an.

    Ansonsten müsste man wohl auch Anteile des Betreuten an einer Wohnungsgenossenschaft unter den § 1822 Nr. 3 BGB fassen.

    Allerdings sehe ich im Hinblick auf die Kündigung ein Genehmigungsbedürfnis nach § 1812 BGB. Die Ausnahmen des § 1813 BGB treffen hingegen nicht zu, zumindest nicht für die Kündigung des Genossenschaftsvertrages = Verfügung, sondern nur für die Annahme des nach Kündigung ausgezahlten Betrages (da unter 3.000,- €).

  • Da muss ich widersprechen :D. § 1813 gilt ferner für die Kündigung einer Forderung oder eines sonstigen auf Leistung gerichteten Rechts, sofern die Annahme der Leistung selbst gemäß § 1813 Abs. 1 genehmigungsfrei und die Kündigung nötig ist, um das Recht geltend zu machen (MünchKomm Rn 4, m.w.N.).

  • Leute,

    Volksbanken sind Genossenschaften im Sinne des Genossenschaftsgesetzes. Und Genossenschaften haben Genossen. Und Genossen Genossenschaftsanteile. Es gibt bei Volksbanken keine zweierlei Anteile. Geschäftsanteile sind Genossenschaftsanteile und nix anderes.

    Auch Wohnungsbaugenossenschaften sind Genossenschaften. Nichts anderes.

    Es besteht eine Genehmigungspflicht nach 1812 BGB, sofern nicht 1813 BGB greift.

  • Nachdem ich jetzt Zeit hatte mich noch mal in Ruhe mit dem Thema zu befassen:

    1. § 1812 BGB +
    2. aber: § 1813 Abs.1 Nr.2 BGB hier +
    3. § 1822 Nr. 3 BGB hier wohl - (wenn die Genosin nicht wesentlich von dem Anteil lebt und dazu einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung hat)


    => insgesamt hierwohl keine Genehmigungspflicht!!!

    2 Mal editiert, zuletzt von BWL'er (5. November 2014 um 22:41)

  • Wie gut, dass Meinungsfreiheit besteht.

    Allen Beteiligten Dank fürs "Licht ins Dunkel bringen".

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