Freigabe Nebenkostenzahlung Jobcenter

  • Guten Morgen,

    ein Schuldner hat vom Jobcenter eine "Nachzahlung" für Nebenkosten auf das gepfändete P-Konto erhalten, die die Nachzahlung deckt,
    welche sich aus der Nebenkostenabrechnung des Vermieters ergibt (also quasi zur Weiterleitung an den Vermieter gedacht ist).

    Handelt es sich hierbei um eine einmalige Sozialleistung oder vielmehr eine echte Nachzahlung für mehrere Monate
    (wäre die Nebenkostenvorauszahlung höher gewesen, hätte das Jobcenter vorher einen monatlich höheren Abschlag gezahlt) ?
    Ich finde beides lässt sich schlüssig begründen und stehe gerade etwas "auf dem Schlauch".
    Letztlich ist die Frage offen, ob ein Antrag nach § 850 K Abs. IV ZPO hier notwendig ist, oder ob das Jobcenter oder eine andere geeignete Stelle eine Bescheinigung nach § 850 k Abs. V wegen § 850 Abs. II Ziffer 2 ZPO erteilen könnte? Im SGB Kommentar bin ich leider nicht fündig geworden.

    Vielen Dank für Eure Anregung!

  • Kann von Jobcenter oder geeigneter Stelle bescheinigt werden.

    Hierzu aus den Ausfüllhinweisen der AG SBV:

    Zitat

    Zu den einmaligen Sozialleistungen zählen insbesondere:

    Kosten von Klassenfahrten; Erstausstattungen bei Schwangerschaft, Geburt und nach Haftentlassung; Darlehen/Beihilfen nach SGB II und SGB XII; Erstattung der Heizungs-/Nebenkosten-Differenz für das zurückliegende Abrechnungsjahr; Rentenabfindung; Bestattungsgeld nach § 36 BVG; Sterbegeld nach § 64 SGB VII und § 37 BVG; Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI; Kraftfahrzeughilfe für die Anschaffung bzw. den behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeuges.

  • zu dem Thema habe ich mal eine allgemeine Frage. Seht ihr Rechtspfleger am Vollstreckungsgericht euch als geeignete Stelle an, die den Schuldnern die Bescheinigung nach § 850 k ZPO ausfüllt und damit auch einmalige Sozialleistungen bescheinigt?

    Ich habe öfters Schuldner bei mir, die eine Nachzahlung vom Jobcenter erhalten haben. Ich bin mir immer nicht so sicher, ob es in diesem Fall ausreicht, dass ich die Bescheinigung ausfülle; deshalb führe ich ein richtiges Verfahren (mit Anhörung Gläubiger) durch und beschließe am Ende. Das nervt allerdings die Schuldner, weil sie dann ewig auf das Geld warten müssen.


    Mich würde sehr die Verfahrensweise von anderen Kollegen interessieren.

  • Wir sind keine in § 850k Absatz 5 ZPO aufgeführte Stelle. Wir sind weder Arbeitgeber, Familinekasse, Sozialleistunsgträger noch eine geeignete Stelle gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO , also Schuldnerberatungsstellen und Rechtsanwälte die zur Schuldnerberatung "zugelassen" sind

    In § 305 I Nr. 1 InsO steht aber auch, dass die Länder bestimmen können, welche Personen oder Stellen geeignet sind.
    In dem Ausführungsgesetz für Niedersachsen sind auch die Personen aus dem gehobenen Justizdienst aufgelistet.
    In dem Ausführungsgesetz von Sachsen-Anhalt steht dies nicht so....ich glaube man kann nicht pauschal "Nein" sagen.


  • In dem Ausführungsgesetz für Niedersachsen sind auch die Personen aus dem gehobenen Justizdienst aufgelistet.

    Das möchte ich eigentlich bezweifeln, oder meinst du etwa§ 3 Abs 1 Nr 3:

    Zitat

    Stellen in Niedersachsen, die Schuldnerberatung durchführen, sind von der zuständigen Behörde auf schriftlichen Antrag ihres Trägers als geeignet anzuerkennen, wenn .... mindestens eine in der Schuldnerberatung tätige Person über eine Ausbildung, die zur Ausübung der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 genannten Berufe befähigt, über eine abgeschlossene Ausbildung... im gehobenen Verwaltungs- oder Justizdienst ... verfügt


  • In dem Ausführungsgesetz für Niedersachsen sind auch die Personen aus dem gehobenen Justizdienst aufgelistet.

    Das möchte ich eigentlich bezweifeln, oder meinst du etwa§ 3 Abs 1 Nr 3:

    Zitat

    Stellen in Niedersachsen, die Schuldnerberatung durchführen, sind von der zuständigen Behörde auf schriftlichen Antrag ihres Trägers als geeignet anzuerkennen, wenn .... mindestens eine in der Schuldnerberatung tätige Person über eine Ausbildung, die zur Ausübung der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 genannten Berufe befähigt, über eine abgeschlossene Ausbildung... im gehobenen Verwaltungs- oder Justizdienst ... verfügt

    Da kann ich dir auch nur zustimmen. Ich wage es arg zu bezweifeln des ein im aktiven Dienst tätiger Rechtspfleger als Rechtspfleger im Gericht eine Schuldnerberatung ausüben darf...
    (Ich hoffe man versteht was ich meine :) )


  • In dem Ausführungsgesetz für Niedersachsen sind auch die Personen aus dem gehobenen Justizdienst aufgelistet.

    Das möchte ich eigentlich bezweifeln, oder meinst du etwa§ 3 Abs 1 Nr 3:

    Zitat

    Stellen in Niedersachsen, die Schuldnerberatung durchführen, sind von der zuständigen Behörde auf schriftlichen Antrag ihres Trägers als geeignet anzuerkennen, wenn .... mindestens eine in der Schuldnerberatung tätige Person über eine Ausbildung, die zur Ausübung der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 genannten Berufe befähigt, über eine abgeschlossene Ausbildung... im gehobenen Verwaltungs- oder Justizdienst ... verfügt

    Da kann ich dir auch nur zustimmen. Ich wage es arg zu bezweifeln des ein im aktiven Dienst tätiger Rechtspfleger als Rechtspfleger im Gericht eine Schuldnerberatung ausüben darf...
    (Ich hoffe man versteht was ich meine :) )


    Oh ja, da habe ich wohl den Anfang von § 3 I Nr. 3 überlesen, sorry. Dann ist es richtig, dass ich die Bescheinigungen nicht ausfülle und ein richtiges Verfahren durchführe. Danke für die Erkenntnis ;)

  • Habe gerade Ärger mit d. C..Bank.

    Schuldner hat auf P-Konto eine Nachzahlung der Heizkosten i.H. von ca. 1800,00 € gutgeschrieben bekommen.
    Bank zahlt trotz der Bescheinigung d. Jobcenters an d. Schuldner nicht aus, weil es sich um eine Nachzahlung handeln würde. Sie begründet es weiterhin damit, dass die Nachzahlung sich aus verschiedenen Bescheiden (alle am 13.11.14 ergangen) hervorgeht und es sich damit eben nicht um eine einmalige Sozialleistung handeln würde.

    Sie lehnt die Auszahlung konsequent ab. Ist es wirklich so, dass man Unterschiede zwischen Einmalzahlung und Nachzahlung machen kann? Die Schuldner werden gleich wieder bei mir auflaufen.
    Ich bin der Meinung, dass die Bank auf Grund der vorgelegten Bescheinigung des Jobcenters auszahlen muss.

    Was meint Ihr dazu?

  • Ist es wirklich so, dass man Unterschiede zwischen Einmalzahlung und Nachzahlung machen kann?

    Grundsätzlich kann man es nicht nur, die Bank muss das sogar. Bescheinigt werden können ja nur einmalige Leistungen.

    Ausnahmsweise möchte ich der Bank hier mal zugutehalten dass das Unterscheiden zwischen einer -bescheinigungsfähigen- einmaligen Leistung und einer -nicht bescheinigungsfähigen- Nachzahlung laufender Leistungen hier nicht ganz so einfach ist.
    Im Zweifel also den Antrag aufnehmen und Freibetrag durch Beschluss erhöhen.

  • :2danke für die schnelle Antwort. Bin heute erst wieder im Dienst. Dann werde ich mal einen entsprechenden Beschluss machen. Trotzdem unnötig viel Arbeit.

  • Ist es wirklich so, dass man Unterschiede zwischen Einmalzahlung und Nachzahlung machen kann?

    Grundsätzlich kann man es nicht nur, die Bank muss das sogar. Bescheinigt werden können ja nur einmalige Leistungen.

    Ausnahmsweise möchte ich der Bank hier mal zugutehalten dass das Unterscheiden zwischen einer -bescheinigungsfähigen- einmaligen Leistung und einer -nicht bescheinigungsfähigen- Nachzahlung laufender Leistungen hier nicht ganz so einfach ist.
    Im Zweifel also den Antrag aufnehmen und Freibetrag durch Beschluss erhöhen.

    Das ist in der Tat nicht immer so einfach. Leider ist es so, dass gerade die JobCenter das Feld einmalige Sozialleistung oft Zweck entfremden und hierüber echte Nachzahlungen freigeben wollen. das führt zu einer Art Ablehnungsautomatismus. Leider scheint auch im vorliegenden Fall das Wort Nachzahlung verwandt worden zu sein, besser wäre Erstattung....Nebenkosten gewesen.....

  • Ich möchte das Thema mit der geeigneten Stelle nochmal aufgreifen:

    In der täglichen Praxis kommt es immer wieder vor, dass ein Amtsgericht auf dem Vordruck der sog.
    "Musterbescheinigung" einen Freibetrag festsetzt.

    Wir haben uns dann bisher immer wieder gefragt: was will uns das Gericht damit sagen?

    Normale Beschlüsse werden ja nach § 850 k Abs. 4 gefasst und wir benötigen für jede vorliegende
    Pfändung einen eigenen Beschluss mit dem Aktenzeichen der Vollstreckungsmaßnahme.

    Im § 850 k Abs. 5 ist aber ja noch die Möglichkeit vorgesehen, das das Gericht den Freibetrag bestimmt, wenn
    der Schuldner den Nachweis mittels Bescheinigung nicht führen konnte. Im Gesetz ist von "Festsetzung" die Rede
    (Kein beschluss??)

    Wenn uns also ein Gericht eine Musterbescheinigung ausfüllt und damit nach § 850k Abs. 5 bescheinigt, wie hoch der Freibetrag ist, gehen wir davon aus, dass der Schuldner bei Gericht vorgesprochen hat und vom Gericht nach Abs. 5
    der Freibetrag festgesetzt wird. Hierbei gilt dann die Bescheinigung für alle vorliegenden Pfändungen.

    Machen wir da was falsch, oder anders herum gefragt: Wie würdet ihr nach Abs. 5 den Freibetrag festsetzen? Einen eigenen Beschluss für jede Vollstreckungsmaßnahme? Wie gesagt, in der Praxis kommt das häufiger vor, dass Amtsgerichte die Musterbescheinigung ausfüllen...

  • Wie würdet ihr nach Abs. 5 den Freibetrag festsetzen?

    Wie schon gesagt, keinesfalls durch ausfüllen einer Bescheinigung.
    Wenn das Gericht entscheidet, dann durch Beschluss - und zwar nach Gläubigeranhörung in und für das jeweilige Verfahren.

    Darum kann ich auch nicht abschließend sagen wie etwas zu werten ist das gesetzlich so eigentlich nicht vorgesehen ist.

  • Wie würdet ihr nach Abs. 5 den Freibetrag festsetzen?

    Wie schon gesagt, keinesfalls durch ausfüllen einer Bescheinigung. Wenn das Gericht entscheidet, dann durch Beschluss - und zwar nach Gläubigeranhörung in und für das jeweilige Verfahren. Darum kann ich auch nicht abschließend sagen wie etwas zu werten ist das gesetzlich so eigentlich nicht vorgesehen ist.


    Würden das denn alle Rechtspfleger hier so sehen?

    Das würde bedeuten , dass es für uns als Bank gar keinen Unterschied macht, ob das Amtsgericht den Freibetrag nach Abs. 4 oder 5 festgesetzt hat, außer das wir bei einem Beschluss nach Abs. 5 wissen, das der Schuldner vorher
    vergeblich versucht hat , eine Bescheinigung zu erhalten.

    Wird in der Fachliteratur, welche in Banken verwendet ist, aber auch anders gesehen:


    Da heisst es zum Beispiel bei Sudergat "Kontopfändung und P-Konto":

    Der Gläubiger muss im übrigen vor einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes nicht gehört werden. § 850 k Abs. 5 Satz 4 ersetzt lediglich eine Bescheinigung nach § 850 k Abs. 5 Satz 2. Da auch die dort genannten Stellen nicht verpflichtet sind, Gläubiber anzuhören, gilt das gleiche für das Vollstreckungsgericht, wenn es ersatzweise den pfändungsfreien Betrag bestimmt.

    LG Stade, Beschl. v. 09.09.2011 - 9T94/11, n.v.

  • Vorgehensweise bei uns:

    Beschluss nach Abs. 4 : -> Beschluss für alle vorliegenden Pfändungen nötig. Geht eine neue Pfändung ein, ist ein neuer Beschluss nötig, sofern der erhöhte Freibetrag auch dort gelten soll.

    Beschluss nach Abs. 5: -> Beschluss wirkt - analog der Musterbescheinigung (er ersetzt ja diese) - für alle Pfändungen. Geht eine neue Pfändung ein, wirkt der Beschluss auch dort.

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