Ausschlagung und ungeborenes Kind

  • Mahlzeit!

    In einer Ausschlagungsakte stellte sich heraus, dass die seinerzeit Ausschlagende im 8. Monat schwanger war und dies nicht angegeben hat. Die Frage hinsichtlich Kinder wurde verneint, ebenso wurde angegeben, dass sie auch keins erwartet.

    (OT: Ich habe keine Kinder und ich erwarte auch keins.)

    Nun sagte mir heute die Mutter der Ausschlagenden, dass die Ausschlagende nur wenige Wochen später ein Kind geboren hatte und selbstverständlich im Ausschlagungstermin wusste, dass sie im 8. Monat ist.

    Tja und nun? Ausschlagung dürfte ja verfristet sein. Seht ihr einen Anfechtungsgrund?

    Abwandlung:
    Wie ist es, wenn der oder die Ausschlagende im Ausschlagungstermin noch nichts über ihre bestehende Schwangerschaft oder der Kindsvater um die zu erwartenden Vaterfreuden weiß?

    Grüße
    Döner

  • Der Nascituris ist insofern nach § 1923 II BGB bereits vor der Geburt als erbfähig angesehen. Er muss aber mindestens eine Sekunde nach der Geburt gelebt haben um das Erbrecht zu verwirklichen.

    Insofern kann aber auch für einen Nasciturus bereits der Anfall der Erbschaft ausgeschlagen werden. Die Frist läuft aber erst mit der Geburt.

    Fraglich ist daher, ob die Frist tatsächlich lief (ab wann hatten die Erziehungsberechtigten Kenntnis von dem Erbrecht des Kindes?). Hierzu bedarf es wohl einer Sachverhaltsergänzung.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Die Eltern des n.c. haben bisher keine Kenntnis, dass die Erbschaft ihrem inzwischen 2 Jahre altem Kind angefallen ist. Sofern die Belehrung der Eltern, als Vertreter des Kindes zur Erbausschlagung noch erfolgen kann, wäre ja die Kuh vom Eis. :)

    Wie verhält es sich in dem abgewandelten Fall? Direkt nach der Zeugung zur Erbausschlagung? Genauso? Wo zieht man da die Grenze? Gleiche Berechnung wie "in der Ehe" empfangene Kinder? Da gibt's doch auch so eine Berechnungsformel Geburtstag minus X-Tage = Empfängnis?

  • Man braucht keine Grenze, denn die Frist beginnt nicht vor der Geburt und die ist nunmal ein eindeutig feststellbarer Zeitpunkt. Wenn jemand davor für das ungeborene Kind ausschlägt und das Kind kommt nie auf die Welt (z.B. weil unbemerkte Fehlgeburt in den Anfangswochen), dann ist der Erbe nie geboren und demnach ein Erbrecht auch nicht entstanden. Die Ausschlagung ist dann unschädlich, genauso wie wenn ich als vermeintlicher Testamentserbe ausschlagen würde und sich nachher herausstellt, dass das Testament ohnehin unwirksam gewesen wäre.

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  • Ich denke, die Frage in #4 bezieht sich darauf, dass der genaue Zeugungstermin (kurz vor oder kurz nach dem Erbfall) nicht unbedingt bekannt ist.

    Und genau darauf kommt es (wie ich in #5 geschrieben habe) bei der Ausschlagung auch nicht an. Denn wenn ich in der irrigen Annahme, ich hätte ein Baby im Bauch, ausschlage und das Baby ist entweder nicht gezeugt oder kommt nicht lebend zur Welt, dann ist die Ausschlagung völlig unschädlich.

    Anders der Fall, dass z.B. der Erbfall am 01.01.2014 eingetreten wäre und die Schwester des Erblassers die Erbschaft ausgeschlagen hatte, dann aber am 01.12.2014 ein Kind bekommt. Hier wäre es tatsächlich die Frage, ob dieses Kind überhaupt als Erbe nach seinem Onkel in Betracht kommen kann und hier muss dann tatsächlich über eine analoge Anwendung des § 1593 BGB geklärt werden, ob das Kind zum Zeitpunkt des Erbfalles bereits gezeugt war und deswegen über § 1923 II BGB ein Erbrecht nach dem Onkel haben kann.

    Für die Ausschlagung sind diese Überlegungen jedoch unnötig, denn die Ausschlagungsfrist beginnt -wie gesagt- frühestens mit der Geburt.

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  • Da ich die Ausschlagung selbst nicht entgegen genommen habe, kann ich zum "Ansehen" der Schwangerschaft nix sagen. Also entweder war sie von kräftiger Statur, dass man es nicht gesehen hat oder sie hat den Bauch mittels Winterjacke/Mantel so kaschiert, dass man es eben nicht gesehen hat. Die Ausschlagung erfolgte im Winter.

    Aber wenn Einigkeit darüber besteht durch Anschreiben der Sorgeberechtigten die Ausschlagungsfrist für das Kind in Gang zu setzen, dann ist ja gut und nix verloren.

  • Aber wenn Einigkeit darüber besteht durch Anschreiben der Sorgeberechtigten die Ausschlagungsfrist für das Kind in Gang zu setzen, dann ist ja gut und nix verloren.

    Nicht das Anschreiben setzt die Frist in Gang, sondern die Kenntnis der Inhaber der elterlichen Sorge, wobei die Kenntnis eines der Inhaber ausreicht. Und wenn bei der Aufnahme der Ausschlagung der Hinweis erfolgt ist, dass durch die Ausschlagung der Erbteil auf Abkömmlinge (ggf. auch bereits gezeugte aber noch nicht geborene) weitergereicht wird, dann beginnt mit dem Hinweis die Frist. "Einigkeit" hin oder her.

  • Aber wenn Einigkeit darüber besteht durch Anschreiben der Sorgeberechtigten die Ausschlagungsfrist für das Kind in Gang zu setzen, dann ist ja gut und nix verloren.

    Nicht das Anschreiben setzt die Frist in Gang, sondern die Kenntnis der Inhaber der elterlichen Sorge, wobei die Kenntnis eines der Inhaber ausreicht. Und wenn bei der Aufnahme der Ausschlagung der Hinweis erfolgt ist, dass durch die Ausschlagung der Erbteil auf Abkömmlinge (ggf. auch bereits gezeugte aber noch nicht geborene) weitergereicht wird, dann beginnt mit dem Hinweis die Frist.


    nein, frühestens mit der Geburt des Kindes

  • Nicht das Anschreiben setzt die Frist in Gang, sondern die Kenntnis der Inhaber der elterlichen Sorge, wobei die Kenntnis eines der Inhaber ausreicht. Und wenn bei der Aufnahme der Ausschlagung der Hinweis erfolgt ist, dass durch die Ausschlagung der Erbteil auf Abkömmlinge (ggf. auch bereits gezeugte aber noch nicht geborene) weitergereicht wird, dann beginnt mit dem Hinweis die Frist. "Einigkeit" hin oder her.

    Nein!
    Die in § 1944 BGB vorgesehene Frist zur Ausschlagung der Erbschaft beginnt für den minderjährigen Erben erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der letzte von den gemeinsam Erziehungsberechtigten erstmals Kenntnis von dem Anfall und dem Grunde der Berufung erlangt hat.

    OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 3. 7. 2012 - 21 W 22/12

  • Wir dürften uns einig sein, dass die Frist frühestens mit der Geburt des Kindes läuft.

    Unterschiedliche Ansichten gibt es zur Frage, ob für den Fristlauf im Übrigen die Kenntnis nur eines sorgeberechtigten Elternteils oder beider sorgeberechtigter Elternteile erforderlich ist. Bei in Wohngemeinschaft lebenden Elternteilen tendiere ich dazu, dass für den Fristbeginn die Kenntnis eines Elternteils genügt, bei getrenntlebenden Elternteilen stelle ich (es gibt hier mal wieder eine andere Ansicht) aufgrund des Gesamtvertretungsgrundsatzes ebenfalls auf die Kenntnis eines Elternteils ab, informiere aber den anderen Elternteil schriftlich.

    Zum Fall:

    Wenn im Ausschlagungstermin erklärt wurde, dass die Ausschlagende nicht schwanger ist und kein Kind erwartet, aber im 8. Monat schwanger war, sehe ich keinen Anfechtungsgrund. Es spielt keine Rolle, ob der beurkundende Rechtspfleger die Schwangerschaft erkennen konnte oder nicht. Die Belehrung über das Erbrecht des nicht geborenen Kindes genügt.

    Wenn nach der Geburt nicht fristgerecht für das Kind ausgeschlagen wurde, würde ich das Familiengericht informieren und den Vorgang (sofern nichts weiter zu veranlassen ist) weglegen.

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