Beratungshilfe für außergerichtliche Schuldenbereinigung

  • Hallo,

    wir sind eine RA-Kanzlei und betreuen Schuldner im außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren und bei der Antragstellung Inso. Ich habe deshalb extra Schuldnerberatung studiert und einen FH-Abschluss. Wir beraten also tatsächlich.

    Meine Frage: Gibt es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen bezüglich der Bewilligung von Beratungshilfe? Wir haben bisher immer Beratungshilfescheine erhalten, da auch unsere Stelle vor Ort völlig überlaufen ist und Wartezeiten von einem Jahr oder länger normal sind. In anderen Bundesländern gibt es wohl keine BRH-Scheine. Woher kommt diese Regelung?

    Danke vorab.

    Liane

  • Du wirst wahrscheinlich unterschiedliche Handhaben von Amtsgericht zu Amtsgericht erleben ;)

    Die örtliche Schuldnerberatung in meinem "Beritt" vergibt z.B. aktuell Termine innerhalb von 3 Monaten. Da besteht auch ein regelmäßiger Kontakt zwischen Gericht und Schuldnerberatung, so dass du von mir aus diesem Grunde wahrscheinlich nicht allzu häufig eine entsprechende Bewilligung sehen wirst.

    Auch ein Zeitraum von 15 Monaten kann sogar hinzunehmen sein.

    Letzten Endes ist es immer eine Frage dessen, wer da gerade als sachlich unabhängiger Rechtspfleger entscheidet und wo derjenige "die Grenze zieht".
    Ursache des Ganzen sind also § 9 RPflG und - nicht zu vergessen - die Entscheidung des BVerfG vom 04.09.2006, 1 BvR 1911/06.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Hier gibt es schon sehr lange keine Scheine mehr. Falls es die mal irgendwann gab, hab ich das nicht mehr erlebt und ich arbeite seit 1995 in örtlichen Kanzleien. Es wird immer an die kostenlose Schuldnerberatungsstelle verwiesen. Wartezeiten sind unerheblich.

    Ich hab zwar immer mal wieder auch Akten auf dem Tisch, in denen die InsO-Anträge von Anwälten gestellt wurden. Aber da haben die Mandanten immer selbst bezahlt. Weil sie von kostenloser Beratung bei den Schuldnerberatern nichts wussten. Und die Anwälte haben wohl nix verlautbaren lassen. Oder es sollte super schnell gehen. Oder.. oder ... oder....

  • Ich hatte folgenden Fall:

    Ein Schuldner kam aus der öffentlichen Beratungsstelle. Er hat ein Grundstück (Doppelhaushälfte). Im Grundbuch waren 7 Zwangssicherungshypotheken eingetragen. Die Schuldnerberatungsstelle hat ihm zwei Tipps gegeben:

    1. Er soll zur Bank gehen und sich einen Kredit geben lassen, damit er die Schulden bezahlen kann. Im Grundbuch stand an 1. Stelle noch eine Eigentümergrundschuld. Das hat er getan und natürlich keinen Kredit erhalten.

    Der 2. Rat war, verkaufen sie ihr Grundstück, dann können Sie auch ihre Schulden bezahlen (O-Ton des Mdt!).

    Der Mdt. wollte aber zum einen seine Schulden bezahlen und zum anderen sein Haus behalten. Wir haben dies im übrigen mit vernünftigen Vergleichen auch geschafft. Der Schuldner zahlt jetzt jeden Monat eine Rate, die sogar unter dem liegt, was pfändbar wäre.

    Wenn also ein Schuldner mit der Betreuung in der öffentlichen Stelle nicht zufrieden ist, kann er dann einen Beratungshilfeschein erhalten?

  • das wird ja gerade unterschiedlich gesehen. Die Leute erzählen manchmal bei mir auch viel. Ich gebe einen B-Schein idR erst raus, wenn die SChuldnerberatungsstelle bescheinigt hat, dass die ihm nicht helfen können oder wollen. Anderenfalls erteile ich nur einen B-Schein, wenn ich anhand des Falles merke, dass der rechtlich so kompliziert ist, dass eine rechtliche Beratung im Vordergrund steht und die Schuldnerberatung damit wohl nicht mehr zurecht kommt. Kannst bei dir probieren, ich würde aber so wie du den Fall schilderst den Fall ablehnen

  • warum?

    Übersteigt es nicht die rechtlichen Kenntnisse der öffentlichen Beratungsstelle, wenn es um derartige Problemstellungen geht? Kann man von der Beratungsstelle erwarten, dass sie den Mdt. rechtlich zur bevorstehenden Zwangsversteigerung, die ja aufgrund der Eintragungen im Grundbuch droht, berät? Verstößt dies nicht gegen die Regeln des RDG?

  • Übersteigt es die rechtlichen Kenntnisse der Beratungsstelle in Zusammenarbeit mit dem Mandanten ebenfalls Einigung mit den Gläubigern zu erzielen ? Bzw "Vergleiche" zu schließen?
    (ohne hierbei einen gerichtlichen Vergleich zu meinen)

    So dumm wie es kommt, kannste gar nicht denken!

  • Ich sehe die Überprüfung eines von einer zumutbaren Hilfemöglichkeit erteilten Rates als mutwillig im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG an.
    Anders sieht es aus, wenn ich weiß, dass die Stelle tatsächlich falsch berät. Der Rat der Beratungsstelle ist als solcher ja nicht "falsch" im Sinne von "rechtlich unzulässig", man könnte es allenfalls (!) als "ungeschickt" werten.

    Selbstverständlich kann man jederzeit anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen - allerdings in der von dir vorgetragenen Konstellation nicht im Rahmen der Beratungshilfe.

    Hätte ich in deinem Fall z.B. einen nachträglichen Antrag deiner Kanzlei, würde ich zunächst bei der Schuldnerberatung nachfragen, welcher konkrete Rat dort erteilt wurde. Manches kommt auch beim Mandanten anders an bzw. leidet unter dem "Stille Post"-Effekt, so dass der Vortrag des Mandanten bei dir oder uns ganz anders klingen kann als das, was die Schuldnerberatung tatsächlich gesagt hat.

    Und würde die Beratung durch die Schuldnerberatung gegen das RDG verstoßen, wäre sie im Rahmen der außergerichtlichen Schuldenbereinigung nie eine zumutbare anderweitige Hilfemöglichkeit, sie dürfte es dann de facto gar nicht geben.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Aber zumindest entnehme ich Euren Beiträgen, dass es grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, für den einen oder anderen Fall Beratungshilfe zu erhalten. Danke

    Aber nahezu ausgeschlossen. Es gibt sehr, sehr wenige Ausnahmen.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Aber zumindest entnehme ich Euren Beiträgen, dass es grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, für den einen oder anderen Fall Beratungshilfe zu erhalten. Danke

    Aber nahezu ausgeschlossen. Es gibt sehr, sehr wenige Ausnahmen.

    :daumenrau

    In meinem alten Beritt gab es 2 Schuldnerberatungsstellen, weil 1. großer und 2. ziemlich doof eingeteilter Bezirk. Die eine Schuldnerberatungsstelle hat immer relativ fix Termine vergeben und es gab keine Beratungshilfe. Die anderen jedoch war vollkommen überlastet, man konnte es dem Antragssteller nicht zumuten, ob der Wartezeiten dort hinzugehen. Daher habe ich dann immer sogar darauf geachtet, von wo die Leute genau herkamen, um zu sehen, welche Schuldnerberatungsstelle zuständig ist. Also es gibt diese Ausnahmen definitiv!

  • die Frage ist doch, ob die Wartezeit zumutbar ist oder nicht
    ist sie zumutbar, gibts auch keine Beratungshilfe, ist sie es nicht, gibt es Beratungshilfe

    also gilt zu klären ob zumutbar oder nicht, jedenfalls reicht eine Gefälligkeitserklärung der Schuldnerberatungstelle in der Art "Wartefrist 2 Jahre" allein nicht aus, um den Beratungshilfeschein zu erteilen

    wer in diesen 2 Jahren Wartezeit keine Nachteile hat (ok es laufen Zinsen auf), der muss eben warten wie alle anderen auch, ODER eben einen Anwalt selbst bezahlen


    Eure Meinungen?

    es wird übrigens regelmäßig über diese Problematik diskutiert, mir wurde dazu AG Konstanz UR II 89/08 vorgelegt

  • In diesem Falle war es ja nicht die lange Wartezeit, sondern die offensichtliche Inkompetenz der Schuldnerberatung. Und wenn man auf eine Rückmeldung der Schuldnerberatung wartet, wird da in der Antwort kaum drinstehen, welche beiden unzumutbaren Ratschläge erteilt wurden, oder?

    In diesem Falle wäre ein BerH-Schein gerechtfertigt gewesen, wäre aber sicherlich dennoch nicht ausgestellt worden, weil der Berater seine seltsamen Ratschläge gegenüber dem Amtsgericht ganz sicher nicht offen gelegt hätte.

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