Einsetzung Gläubigerausschuss

  • Hallo zusammen,

    ich bin seit 01.12. gleich nach Ablauf eines Jahres seit Prüfung in die Insolvenzabteilung gekommen.

    Gleich zu Beginn habe ich folgenden "Problemfall", bei dem mir meine einzige Kollegin auch nicht weiterhelfen kann:

    Ich habe ein IN-Verfahren, bei dem nach § 5 Abs. 2 InsO das schriftliche Verfahren angeordnet wurde. Nun beantragt ein Gläubiger die Aufhebung des schriftlichen Verfahrens, eine Gläubigerversammlung zur Entscheidung über die Abwahl des Insolvenzverwalters sowie Einsetzung eines Gläubigerausschusses.

    Es wird behauptet, der IV hätte den Gläubigern wichtige Informationen vorenthalten und Vermögenswerte viel zu gering bewertet.

    Ich habe nun schon mündliches Verfahren angeordnet und Berichts- und Prüftermin bestimmt.

    Bisher sind nach der Tabelle nur vier Gläubiger vorhanden. Der Antragsteller ist mir Abstand derjenige, mit der größten Forderung (ca. 1,5 Mio), welche jedoch bestritten ist.
    Ich habe nun schon mal einen mündlichen Berichts- und Prüftermin bestimmt.
    Leider habe ich keine Ahnung, was ich bei der Einsetzung eines Gläubigerausschusses bzw. bei der Beschlussfassung hierüber im Termin beachten muss. Es sollten meiner Ansicht nach schon 3 Mitglieder gewählt werden. Ich halte mal für dahingestellt, ob sich so viele überhaupt finden lassen.
    Muss über die Einsetzung eines Gläubigerausschusses rein die Gläubigerversammlung bestimmen oder habe ich da auch ein Wörtchen mitzureden? Reicht es wenn ein Gläubiger anwesen ist, der dafür stimmt? Muss derjenige, der die EInsetzung beantragt, auch die Mitglieder benennen? Wenn sich nicht genügend Mitglieder finden?

    Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr bei mir ein bisschen Licht ins Dunkel bringen könntet :)

  • 1. Ich persönlich würde das schriftliche Verfahren aufheben und einen mündlichen Termin bestimmen, weil meiner Meinung nach nicht geregelt ist, wie eine Abstimmung im schriftlichen Verfahren laufen soll (z.B. wie werte ich Enthaltungen?)

    2. Ein mündlicher Termin könnte auch dazu beitragen, dass der Insoverwalter dort auf die Vorwürfe des einen Gläubigers eingeht, eventuell ändert der Gläubiger dann seine Meinung zum Thema Gläubigerausschuss. Du solltest im Termin dann auch darauf hinweisen, dass die Mitglieder des Ausschusses Anspruch auf Vergütung haben und dass sie andererseits eine Pflicht zur regelmäßigen Kassenprüfung haben.

    3. Wenn die Gläubiger im BT einen Ausschuss wählen möchten, kannst Du nur darauf hinweisen, dass es möglichst 3 Gläubiger sein sollen, auch die Kriterien über die Zusammensetzung des Ausschusses (§ 67 II InsO) muss die Gläubigerversammlung nicht berücksichtigen. Wenn sie nur einen Gläubiger in den Ausschuss wählen wollen und die entsprechende Mehrheit haben, ist das dann eben der Wille der Gläubiger. Und für eine Beschlussfähige Gläubigerversammlung ist es ausreichend, wenn ein Gläubiger mit Stimmrecht anwesend ist.

    4. Vor der Abstimmung müsstest Du natürlich Stimmrechte festsetzen, bzw. den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, sich zu einigen. Auch eine voll bestrittene Forderung kann ein Stimmrecht bekommen. Wenn z.B. nur wegen fehlender Vollmacht bestritten wird, kann man bis zum vollen Betrag gehen, wenn die Forderung der Höhe nach strittig ist, bietet es sich an, die Hälfte vorzuschlagen.

    5. Alle Mitglieder, die in den Ausschuss gewählt werden sollen, müssen die Wahl auch annehmen, also am Besten im Termin anwesend sein, oder wenigstens vorher schriftlich ihr Einverständnis mitteilen (OK, für Vereinsrechtler ist das keine richtige Annahme der Wahl)

    Ich hoffe, das hilft Dir schon mal weiter...

    Ansonsten: Willkommen in der Insolvenzabteilung - ich mache das inzwischen seit 12 Jahren und immer noch sehr gerne.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Das Gericht entscheidet über die Zusammensetzung und die Anzahl der GA-Mitglieder, HeiKo § 68, Rn. 8f.

    Gerade wenn ein Gläubiger in Größenordnung, dessen Ansprüche vom Verwalter bestritten worden sind in dieser Art und Weise versucht Einfluss zu nehmen, evtl. stehen da sogar noch Anfechtungsansprüche im Raum, wäre dieser für evtl. erhebliche Entscheidungen nicht stimmberechtigt, vergl. Uhlenbruck, 13. Auflage, § 76, Rn. 30 mwN.

    Eine ungerade Anzahl ist praktikabel, jedoch müssen es mind. zwei sein. IX ZB 148/08.

    Prüfe doch mal, ob das Verfahren besonders kompliziert zu sein scheint. Falls nicht, kann man mal laut darüber nachdenken, eine gesonderte Haftpflicht für den GA mit Entnahme aus der Masse nicht zuzustimmen. Das kühlt die Gemüter meistens ab.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • hm, da ist mir der Sachverhalt nicht so ganz klar !

    Du schriebst: "Ich habe nun schon mal einen mündlichen Berichts- und Prüftermin bestimmt.".

    War der Stichtag schon abgelaufen oder nicht ?

    War er noch nicht abgelaufen, und wurde die Anordnung des schriftlichen Verfahrens aufgehoben oder war der Stichtag bereits abgelaufen und erst dann in das "Terminsverfahren" übergeführt ?

    Nur mal zur Erbauung: schriftliche "Gläubigerversammlungen" gibt es nicht !. Alles andere ist ein weit verbreiteter Irrtum (den manche Vordrucke glaubend machen wollen) .

    Zunächst mal richtig: Termin anberaumen, die Frage ist nur: wozu (ist Prüfungsstichtag abgelaufen, dann nur noch Berichtstermin mit den üblichen TOP; die sollten dann aber in der Terminsbestimmung drinstehen, sonst Einberufungsmangel).

    Im Berichtsermin geht es nicht mehr um die Einsetzung eines GLA durch das Gericht, sondern um die Beschlussfassung der Gläuibgerversammlung über die Einsetzung eines GLA.

    Hier wird jedoch wieder relevant, ob bereits der Stichtag für die Forderungsprüfung vor Aufhebung der Anordnung des schriftlichen Verfahrens abgelaufen ist, oder nicht, da dies im Hinblick auf das Stimmrecht relevant ist. Ist der Stichtag schon vorbei und die Forderung bestritten, dann muss im BT wohl hier ne Stimmrechtsentscheidung her (nimm den Richter gleich mit in die Sitzung !)

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Die Frist für die Forderungsprüfung war noch nicht abgelaufen. Deshalb habe ich Berichtstermin sowie Termin zur Beschlussfassung über die eventuelle Wahl eines anderen IV, Einsetzung Gläubigerausschuss... sowie gleichzeitig Prüftermin auf 12.01.2015 bestimmt. Zugegebenermaßen habe ich mich da an der Formulierung, wie sie bei uns regelmäßig bei mündlichen IN-Verfahren verwendet wird, orientiert.

    Ich befürchte also auch, dass man notfalls erst mal über das Stimmrecht entscheiden muss. Und mir ist nicht klar, ob der Gläubiger dann ein Stimmrecht erhalten muss (mit Abstand größte Forderung, aber bestritten), wenn er dann ggf. als einziger erschienener Gläubiger für die EInsetzung eines Gläubigerausschusses stimmt, ich die ANzahl der Gläubiger im Ausschuss festlegen kann/muss und was ist, wenn sich nicht genügend Gläubiger hierzu bereiterklären....

    Ich hoffe immer noch, dass sich im Termin die Gemüter vll etwas beruhigen...

    Vielen lieben Dank schon mal an euch alle! Ich bin für jede Hilfe dankbar :)

  • Hallo schnelle schnecke,

    die Überführung des schriftlichen Verfahrens in das Terminsverfahrens mit den von Dir genannten TOP's war das Beste was Du tun konntest !

    Desweiteren mal Klasse, dass Du Dich dem - wie ich finde - sehr spannenden Pensums "Insolvenzrecht" widmest, auch wenn schon gleich was "Übles" auftaucht. Auch Klasse, dass Du hier postest.

    Aber nun genug der -vermeintlich charmanten -Vorrede: in medias res:

    Es gilt 2-erlei Dinge zu trennen:

    1.die Verhandlungsführung und das Herausrinden worum es geht
    2. das Rechtliche

    Selbstverständlich korrespondiert beides miteinander.

    Zu verweisen ist auf die Ausführungen von Ecosse.

    Folgende Verfahrensweis schlage ich vor:

    Der Verwaltter erstattet seinen Bericht, sodann die Fage ob Anträge gestellt werden

    - da ist dann die Einflugschneise für den betr. Gläubiger
    - sich dies erstmal anhören, Aussprache ermöglichen, ggfls. eigene Einschätzung verlautbaren
    -- wenn es doof wird, unterbrechen (ist keine Schande, im gegenteil, ich brauch dann immer espresso und nicotin)
    -- sollte wirklich eine Kampfabstimmung angesagt sein, dann ncht hektisch werden, da dürfte ja dann die Stimmrechtsfestsetzung im Vordergrund stehen

    bloß nicht vorschnell vertragen !

    Persönliche Empfehlung:
    setz Dich in der Vorbereitung des Termins mit der Forderungsanmeldung auseinander, solltest Du bei einem Gericht tätig sein bei dem es eine Zusammenarbeit zwischen Richtern und Rechtspflegern geben, hol den Richter mit "in's Boot". Wir machen das so.

    Hey alles ist cool, geh das mal gechillt an, Vorbereitung ist Alles :D

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