Nachzahlung Sozialleistung - Freigabeverfahren durch VG oder Leistungsbescheid

  • Hallo,

    ich stehe etwas auf dem Schlauch. Ich war letztens auf einem Seminar für Zwangsvollstreckungsrecht. Dort wurde u.A. über das P-Konto und der Bescheingiung nach 850k Abs. 5 S. 2 ZPO geredet.

    Uner Anderem wurde uns gesagt, dass im Falle einer Nachzahlung von z.B. Hatz IV-Leistungen für mehere Leistungsmonate der Leistungsbeschied des Jobcenters eine Bescheinigung im Sinne des Abs. 5 S. 2 sei und die Bank den Sockelbetrag bei Vorlage des Leistungsbescheid durch den Schuldner bei Verechnung der Einzelbeträge auf die entsprechenden Leistungsmonate und deren Einnahmen entsprechend freigeben muss.

    Ich ließ mich zunächst davon überzeugen und habe den Banken mit denen ich regelmäßig zu tun habe darüber ein Schreiben zukommen lassen.

    Nun erhielt ich eine Antwort, die mich an dieser Vorgehensweise zweifeln lässt. Eine Erhöhung des Freibetrages aufgrund einer Bescheinigung ist nur dann möglich, wenn ein Fall des Abs. 2 vorliegt. Die Nachzahlung ist kein Fall des Abs. 2...

    Da hat die Bank wohl eindeutig Recht. Aber kann man nicht schon aus Abs. 1 S. 1 die Leistungspflicht der Bank ableiten?
    Und die Bank muss den Nachzahlungsbetrag so sehen als sei er pünktlich gezahlt worden ?

    Im Falle der Monatsanfangsproblematik wird ja auch das Guthaben dem Monat zugerechnet für den er gezahlt wurde, kann man das nicht auch rückwirkend für vergangene Monate anwenden?

    Oder hat man im Fall einer Nachzahlung tatsächlich nur die Möglichkeit dies per Beschluss freizugeben?

    Oder ist es einfach vom Gesetzgeber mal wieder übersehen worden, dass es diese Problematik (wie die Monatsanfangsproblematik) gibt?

    Der Gesetzgeber wollte ja mit dem P-Konto erreichen, dass die Vollstreckunsggerichte weitestegehend entlastet werden und die Erhöhung des Sockelbetrages in die Hände der Kreditinsitute gelegt, um eben eine Kontenblockade nicht entstehen zu lassen. Das Freigeabeverfahren dauert mind. 4 Wochen, die Freigabe durch die Bank wahrscheinlich weniger als 30 Minuten. Ist ja schon ein deutlicher Unterschied und für den Schuldner, der auf die Nachzahlung dringend angewiesen ist, ein wesentlich schnellerer Weg zu seinem Geld zu kommen.

    Mich würde mal eure Meinung dazu interessieren. Ich bin ja noch sehr unerfahrenin Zwangsvollsrteckunsgssachen.


    Lieben Dank schon mal

  • Die Bank als Drittschuldner soll und kann ja gerade nicht festsetzen, ob in den einzelnen Monaten pfändbare
    Beträge entstanden wäre.

    BVerfG 1 BvL 9/01 vom 17.06.2002

    Die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen schreibt dazu treffend:

    Werden laufende Sozialleistungen für vergangene Zeiträume nachgezahlt (z.B. bei Erstbewilligung von Altersrente), lässt sich der überschießende Betrag nicht über die Bescheinigung schützen, sondern es ist ein individueller Nachzahlungs-Freigabeantrag nach § 850k Abs. 4 ZPO an Vollstre-ckungsgericht bzw. Vollstreckungsstelle erforderlich. Die Freigabeentscheidung (bzw. die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung) muss dem Drittschuldner vor Ablauf des Folgemonats zugehen.


  • Der Gesetzgeber wollte ja mit dem P-Konto erreichen, dass die Vollstreckunsggerichte weitestegehend entlastet werden und die Erhöhung des Sockelbetrages in die Hände der Kreditinsitute gelegt, um eben eine Kontenblockade nicht entstehen zu lassen. Das Freigeabeverfahren dauert mind. 4 Wochen, die Freigabe durch die Bank wahrscheinlich weniger als 30 Minuten. Ist ja schon ein deutlicher Unterschied und für den Schuldner, der auf die Nachzahlung dringend angewiesen ist, ein wesentlich schnellerer Weg zu seinem Geld zu kommen.

    Vgl. Gegenmeinung des LG Berlin, das für Gläubiger einen gewissen Charme hat:

    http://www.vzbv.de/13329.htm
    auch: http://zvi-online.de/03f016c3a0f52a080a108596225d7ac1


    Beschluss des LG Berlin vom 14.10.2013 (51 T 656/13)
    Das auf ein Pfändungsschutzkonto gezahlte Kranken- oder Übergangsgeld ist pfändbar, wenn es sich um eine Nachzahlung handelt.
    Ein Pfändungsschuldner hatte sich gegen eine Pfändung auf seinem Pfändungsschutzkonto („P-Konto“) gerichtlich zur Wehr gesetzt.

    Das Gericht wies die sofortige Beschwerde des Pfändungsschuldners zurück. Der pfändungsfreie Betrag auf seinem P-Konto sei korrekt ermittelt worden. Übergangs- und Krankengelder sind sogenannte Entgeltersatzleistungen und als solche pfändbar. Eine (rechnerische) Verteilung der nachträglich gezahlten Gelder auf die jeweiligen Monate, für die sie eigentlich gedacht gewesen wären, sei nicht vorgesehen. Auch sei der Fall der sogenannten „Monatsproblematik“, bei der die Sozialträger häufig die Gelder noch in den letzten Tagen des Vormonats für den Folgemonat überwiesen, damit sie rechtzeitig beim Empfänger ankämen, nicht mit einer Nachzahlung vergleichbar. Im ersteren Fall würden die Gelder noch für die Zukunft benötigt, im letzteren seien sie nachträglich gezahlt.

    (Anmerkung: ...und werden daher für die künftige Lebenshaltung auch nicht benötigt, da i.d.R. lfd. Leistungen bezogen werden...)


    Üblicherweise jedoch: BGH, Beschluss vom 25. 10. 2012 - VII ZB 31/12; LG Kassel (http://lexetius.com/2012,4947
    ...
    Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass der sozialhilfebedürftige Schuldner in besonders gelagerten Einzelfällen Geldleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch erhält, deren Betrag über den nach § 850c ZPO zu berücksichtigenden Pfändungsfreigrenzen liegt. Ergibt sich diese Konstellation allerdings nur deshalb, weil solche Leistungen für mehrere Monate in einem Zahlbetrag zusammengefasst werden, sind die Einzelbeträge ebenso wie bei den vergleichbaren Fällen der Nachzahlung rückständiger Lohnbeträge für die Berechnung des pfandfreien Betrages dem Leistungszeitraum zuzurechnen, für den sie gezahlt werden (vgl.: Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 850c Rn. 3).
    ...


    Für Kindergeldnachzahlungen reicht uns hingegen der Bescheid (über § 850 k ZPO Abs. 2 Satz 3).
    Für den Rest benötigen wir, trotz weitestgehender Enlastung der VGe, einen Beschluss.

  • Ich muss jetzt dieses Thema nochmal hoch hohlen.

    Es gibt immer wieder mal Probleme mit Banken, dass diese einen Freigabebeschluss oder eine 850k-Bescheinigung verlangen für Zahlungen die vom Gesetz her unpfändbar sind und der Schuldner dies auch durch Vorlage des Bescheides bei der Bank nachweist (z.B. Wohngeld).

    Für gesetzlich unpfändbare Beträge ist jedoch m. M. n. gerade keine § 850k Bescheinigung oder gar ein gerichtlicher Beschluss notwendig, wenn es eindeutig gesetzlich unpfändbar ist oder der Schuldner den Nachweis der Unpfändbarkeit durch Vorlage des Bescheides der Leistungsbehörde führt. Der Bescheid der Wohngeldstelle, Jobcenter, usw. ist ja bereits eine behördliche Entscheidung.

    Auch sehe ich nicht, dass eine Nachzahlung des Jobcenters oder der Wohngeldstelle, eine rechtliche andere Wertung hat, als wenn diese Stelle den monatlichen Betrag für die Zukunft festlegt.
    Das ist dann m. M. n. weder als Sonderzahlung noch als Einmalzahlung wert bar.

    Durch Vorlage des entsprechenden Bescheides bei der Bank kann der Schuldner nachweisen, dass der nun am Konto eingegangen Betrag eine Nachzahlung darstellt und auf die im Bescheid angegebenen Monate in der dort ebenfalls angegebenen Höhe nachträglich zu verteilen ist.

    Ich keine gesetzliche Grundlage Freigabebeschlüsse für bereits im Gesetz ausgewiesenes Unpfändbares zu erlassen, oder für Beträge für welche der Schuldner den Nachweis durch Vorlage der Bescheide führen kann.

    Gerichtliche Freigabebeschlüsse sind doch nur dann erlassbar, wenn der Schuldner den Nachweis nicht führen kann und weil die Bank keine Lust hat (Sorry, für die pers. Ebene hier).

    Ich habe deshalb eine "rechtliche Wertung" gefertigt, welche ich den bei mir vorsprechenden Schuldnern aushändige.
    Diese wird auch von den Banken grundsätzlich akzeptiert, bis auf Eine.

    Ich würde gerne Eure rechtliche Meinung dazu hören, deshalb nachfolgend eingefügt, meine gefertigte rechtliche Wertung:

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    Durch einen Bescheid des Jobcenters/Wohngeldstelle/usw. wird durch eine Behörde (hier: Sozialleistungsträger) festgelegt, dass der Leistungsbezieher nach SGB monatlich für einen bestimmten Zeitraum Leistungen (Art der Leistung wird angegeben) erhält.
    Mit diesem Bescheid weist der Leistungsbezieher nach, dass die erfolgte Gesamtzahlung des Jobcenters bezüglich der dem Bescheid vorgehenden, aber mitentschiedenen Monaten, entsprechend des Bescheides auf die genannten Monate in der genannten Höhe durch den Drittschuldner aufzuteilen ist.
    Es gibt keinen rechtlichen Unterschied zwischen einer Entscheidung über Gewährung von Sozialleistung für die Zukunft und einer Entscheidung über zurückliegende Zeiträume, da in den gesetzlichen Bestimmungen nicht unterschieden wird zwischen zukünftiger oder rückwirkender Leistungsgewährung. Es ist alleine die Leistungsart entscheidend hinsichtlich einer Pfändbarkeit oder eines Pfändungsschutzes.
    Diese nachträglichen Leistungsgewährungen stellen weder eine Einmalzahlung, noch einen Sonderbedarf dar.
    Damit sind die Leistungen aufgrund eines nachträglichen Beschlusses des Sozialleistungsträgers denen einer für zukünftige Zeiträume rechtlich gleichwertig. Eine zusätzliche gerichtliche Wiederholung der Entscheidung des Sozialleistungsträgers ist in diesen Fällen nicht begründet.
    Selbst wenn man eine solche Nachzahlung unter § 850k ZPO einordnen würde, könnte eine gerichtliche Entscheidung nach § 850k Abs. 5 S. 4 ZPO nur erfolgen, wenn ein Schuldner keinen Nachweis führen kann.
    Der Nachweis liegt hier jedoch bereits durch Beschluss des Sozialleistungsträgers vor. An der Art der Entscheidung ändert es auch nichts, dass Beschlüsse von Sozialleistungsträgern mit „Bescheid“ bezeichnet werden.

    ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    Danke vorab schon mal ;)

  • Würde ich nicht so versenden.

    Natürlich ist es etwas ganz anderes, wenn der Schuldner - ggf. erst nach erfolgreichem Widerspruchsverfahren - für sechs Monate im letzten Jahr eine Nachzahlung am Stücke erhält als der laufende Bezug der Sozialleistung für den laufenden Monat.

    M. E. kann die Bank darauf bestehen, dass sich der Schuldner von einer geeigneten Stelle die Nachzahlung als zusätzlich pfändungsfrei bescheinigen lässt.

  • Es gibt immer wieder mal Probleme mit Banken, dass diese einen Freigabebeschluss oder eine 850k-Bescheinigung verlangen für Zahlungen die vom Gesetz her unpfändbar sind und der Schuldner dies auch durch Vorlage des Bescheides bei der Bank nachweist (z.B. Wohngeld).

    Für gesetzlich unpfändbare Beträge ist jedoch m. M. n. gerade keine § 850k Bescheinigung oder gar ein gerichtlicher Beschluss notwendig, wenn es eindeutig gesetzlich unpfändbar ist oder der Schuldner den Nachweis der Unpfändbarkeit durch Vorlage des Bescheides der Leistungsbehörde führt.

    Der ganz wesentliche Gedankenfehler ist folgender:
    Die vom Jobcenter oder Wohngeldamt ausgezahlten Sozialleistungen sind (an der Quelle) zwar unpfändbar - mit Gutschrift auf dem Konto handelt es sich dann aber nur noch um Kontoguthaben und nicht mehr um Sozialleistungen.

    Ausnahmen sind in § 850k ZPO ausdrücklich geregelt (z.B. einmalige Leistungen, Kindergeld etc.). Laufende Leistungen des Jobcenters (darunter fallen auch Nachzahlungen für vergangene Zeiträume) oder Wohngeld sind dort nirgends genannt.

    Lediglich in Abs. 6 gibt es für Sozialleistungen ein 14-tägiges Aufrechnungsverbot der kontoführenden Bank, das sich aber nicht auf die Freibeträge vorliegender Pfändungen auswirkt.

  • M. E. kann die Bank darauf bestehen, dass sich der Schuldner von einer geeigneten Stelle die Nachzahlung als zusätzlich pfändungsfrei bescheinigen lässt.

    Nein! Weder wir noch das Jobcenter dürfen Nachzahlungen "bescheinigen"!


    Dann scheinen entweder die hiesigen i. S. d. § 850k ZPO geeigneten Stellen doch zu bescheinigen oder die Banken zahlen auch so aus.

    Jedenfalls sind Freigabeanträge wegen Nachzahlung von Sozialleistungen bei uns sehr, sehr selten. Kommen meist von Schuldnern, die dort ihr Konto führen, wo man auch Pakete abholen kann.

  • Zitat von Olaf

    Der ganz wesentliche Gedankenfehler ist folgender:
    Die vom Jobcenter oder Wohngeldamt ausgezahlten Sozialleistungen sind (an der Quelle) zwar unpfändbar - mit Gutschrift auf dem Konto handelt es sich dann aber nur noch um Kontoguthaben und nicht mehr um Sozialleistungen.

    Das spricht das Thema der Vermengung/Vermischung an, welches gerade beim Konto immer noch hochstrittig ist (e.M: Vermischung mit gesamten Bankbestand sofort bei Einzahlung oder (weitere M.) nur mit dem Kontobestand obwohl bei der Bank ja nicht getrennt verwahrt wird, bzw. weitere M.:solange keine Vermischung bis eine Abbuchung erfolgt; usw.) wobei zu beachten ist, dass bei einer Auszahlung/Freigabe ja formal nicht "die Sozialleistung" ausgezahlt/freigegeben wird, sondern ein Wert der der Sozialleistung entspricht.


    M. E. kann die Bank darauf bestehen, dass sich der Schuldner von einer geeigneten Stelle die Nachzahlung als zusätzlich pfändungsfrei bescheinigen lässt.

    Nein! Weder wir noch das Jobcenter dürfen Nachzahlungen "bescheinigen"!

    Darum geht es ja, da meiner Meinung ja die "Bescheinigung" ja bereits im Bescheid der Leistungsbehörde enthalten ist.
    Es würde bei den von mir angesprochen Nachzahlungen, zu einer reinen Wiederholung des Bescheides des Leistungsträgers durch das Gericht kommen.
    Das ist aber nicht Sinn und Zweck.
    Neben dem dass Wohngeld gerade im § 850k nicht aufgeführt wird.
    Ist ja auch nicht notwendig es ist unpfändbar.

    Anhand der Buchungsvermerke ist für die Bank sehr wohl eine Prüfung bei Vorlage des Leistungsbescheides möglich und n. m. M. auch zumutbar.

    Gebe zu Problem besteht mit dem Postversender ;)


  • Darum geht es ja, da meiner Meinung ja die "Bescheinigung" ja bereits im Bescheid der Leistungsbehörde enthalten ist.

    Klar: "Bescheinigung" im Sinne des § 850k Abs. 5 wäre auch der Leistungsbescheid. Das Grundproblem bleibt jedoch, dass per "Bescheinigung" nur die in § 850k Abs. 2 aufgeführten pfandfreien Beträge nachgewiesen werden können. Und da sind Nachzahlungen nun mal nicht dabei...

    Einmal editiert, zuletzt von Olaf K (28. September 2017 um 08:06) aus folgendem Grund: falschen Abs. korrigiert


  • Darum geht es ja, da meiner Meinung ja die "Bescheinigung" ja bereits im Bescheid der Leistungsbehörde enthalten ist.

    Klar: "Bescheinigung" im Sinne des § 850k Abs. 4 wäre auch der Leistungsbescheid. Das Grundproblem bleibt jedoch, dass per "Bescheinigung" nur die in § 850k Abs. 2 aufgeführten pfandfreien Beträge nachgewiesen werden können. Und da sind Nachzahlungen nun mal nicht dabei...


    Du meinst Abs. 5 und hast im übrigen natürlich völlig Recht, Olaf K.

    Bei Nachzahlungen muss in der Regel das VG nach Abs. 4 ran, es sei denn, die NZ resultiert aus Pflege- oder Kindergeld.

    Es geht in diesen Fällen also um einen Beschluss des VG nach k4 und keine - auch beschlussmäßige - "Bescheinigung" des VG nach Abs. 5 Satz 4.

    Die Frage der "Umlegung" auf die Monate des NZ-Zeitraums ist dabei gar höchst streitig, sofern die Art der Sozialleistung nicht per se unpfändbar ist wie z.B. SGB XII oder ALG II, also z.B. ALG I oder Rente (siehe letzten Beitrag, die LG-Berlin-Entscheidung im RS-Thread, Stichwort "Zuflussprinzip").


    Um das klar zu machen, trance: imo bist du hier komplett auf dem Holzweg.

    2 Mal editiert, zuletzt von zsesar (27. September 2017 um 20:08)

  • M. E. kann die Bank darauf bestehen, dass sich der Schuldner von einer geeigneten Stelle die Nachzahlung als zusätzlich pfändungsfrei bescheinigen lässt.

    Nein! Weder wir noch das Jobcenter dürfen Nachzahlungen "bescheinigen"!


    Dann scheinen entweder die hiesigen i. S. d. § 850k ZPO geeigneten Stellen doch zu bescheinigen oder die Banken zahlen auch so aus.

    Jedenfalls sind Freigabeanträge wegen Nachzahlung von Sozialleistungen bei uns sehr, sehr selten. Kommen meist von Schuldnern, die dort ihr Konto führen, wo man auch Pakete abholen kann.

    Da hast du Glück, die sind hier recht häufig.


  • Es gibt immer wieder mal Probleme mit Banken, dass diese einen Freigabebeschluss oder eine 850k-Bescheinigung verlangen für Zahlungen die vom Gesetz her unpfändbar sind und der Schuldner dies auch durch Vorlage des Bescheides bei der Bank nachweist (z.B. Wohngeld).

    Für gesetzlich unpfändbare Beträge ist jedoch m. M. n. gerade keine § 850k Bescheinigung oder gar ein gerichtlicher Beschluss notwendig, wenn es eindeutig gesetzlich unpfändbar ist oder der Schuldner den Nachweis der Unpfändbarkeit durch Vorlage des Bescheides der Leistungsbehörde führt. Der Bescheid der Wohngeldstelle, Jobcenter, usw. ist ja bereits eine behördliche Entscheidung.

    Auch sehe ich nicht, dass eine Nachzahlung des Jobcenters oder der Wohngeldstelle, eine rechtliche andere Wertung hat, als wenn diese Stelle den monatlichen Betrag für die Zukunft festlegt.
    Das ist dann m. M. n. weder als Sonderzahlung noch als Einmalzahlung wert bar.

    Durch Vorlage des entsprechenden Bescheides bei der Bank kann der Schuldner nachweisen, dass der nun am Konto eingegangen Betrag eine Nachzahlung darstellt und auf die im Bescheid angegebenen Monate in der dort ebenfalls angegebenen Höhe nachträglich zu verteilen ist.

    Die Literatur ist hier doch mittlerweile eindeutig, vgl. bspw. Sudergat, RdNr. 893.


  • Es gibt immer wieder mal Probleme mit Banken, dass diese einen Freigabebeschluss oder eine 850k-Bescheinigung verlangen für Zahlungen die vom Gesetz her unpfändbar sind und der Schuldner dies auch durch Vorlage des Bescheides bei der Bank nachweist (z.B. Wohngeld).

    Für gesetzlich unpfändbare Beträge ist jedoch m. M. n. gerade keine § 850k Bescheinigung oder gar ein gerichtlicher Beschluss notwendig, wenn es eindeutig gesetzlich unpfändbar ist oder der Schuldner den Nachweis der Unpfändbarkeit durch Vorlage des Bescheides der Leistungsbehörde führt. Der Bescheid der Wohngeldstelle, Jobcenter, usw. ist ja bereits eine behördliche Entscheidung.

    Auch sehe ich nicht, dass eine Nachzahlung des Jobcenters oder der Wohngeldstelle, eine rechtliche andere Wertung hat, als wenn diese Stelle den monatlichen Betrag für die Zukunft festlegt.
    Das ist dann m. M. n. weder als Sonderzahlung noch als Einmalzahlung wert bar.

    Durch Vorlage des entsprechenden Bescheides bei der Bank kann der Schuldner nachweisen, dass der nun am Konto eingegangen Betrag eine Nachzahlung darstellt und auf die im Bescheid angegebenen Monate in der dort ebenfalls angegebenen Höhe nachträglich zu verteilen ist.

    Die Literatur ist hier doch mittlerweile eindeutig, vgl. bspw. Sudergat, RdNr. 893.


    Was ist das für ein Kommentar? :gruebel: Habe ich noch nie gehört.

    Steht zu dem Problem ggf. auch etwas in gängigeren Kommentaren? :gruebel: Bin noch nicht ausgestattet und muss überlegen, welche Werke für die Praxis gut verwendbar sind.


  • Was ist das für ein Kommentar? :gruebel: Habe ich noch nie gehört.

    Steht zu dem Problem ggf. auch etwas in gängigeren Kommentaren? :gruebel: Bin noch nicht ausgestattet und muss überlegen, welche Werke für die Praxis gut verwendbar sind.

    :guckstduh

    http://www.beck-shop.de/Sudergat-Konto…roduct=10940519


    Der Kommentar stammt aus 2013.

    Und eindeutig ist die Literatur m. M. gerade nicht.

    Ich habe selbst diesen Kommentar nicht, aber bei Beck Online über die Suche kam die Entscheidung: BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 – IX ZR 115/14 -

    Zu welcher in Juris Anmerkungen, Aufsätze, Entscheidungsbesprechungen von Lutz G. Sundergat, Sylvia Wipperfürth, Carsten Homann und Stefan Saager, die zum Teil zustimmen und zum Teil widersprechen.

    Und dann gibt es noch Entscheidungen aus 2015, 2016, 2017 zu finden welche eben auch unterschiedliche Ansichten vertreten (Freigabe über § 850k direkt bzw. analog bzw verneinend wenn dann § 765a). Also Einigkeit besteht nicht.

    In meinem Fall geht es zusätzlich noch um unzweifelhaft unpfändbares Wohngeld (§ 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I)!

  • In meinem Fall geht es zusätzlich noch um unzweifelhaft unpfändbares Wohngeld (§ 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I)!


    Und wo ist da in § 850k Abs. 2 ZPO das Wohngeld geregelt ?

    Gut, das Wohngeld ist auch nicht in Abs. 4 geregelt, aber zumindest dort wird man dies als "Redaktionsversehen" betrachten und diesen Absatz analog anwenden dürfen.

    ;)

    Eine analoge Anwendung aufgrund Redaktionsversehen scheitert daran, dass es kein Versehen darstellen kann, wenn § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I seit 01.08.2013 besteht und § 850k ZPO in der jetzigen Form seit 26.11.2016 gültig ist, sowie gerade in den einzelnen Absätzen Teile des § 54 SGB I ausdrücklich genannt und andere nicht genannt werden.

    Nach der h.M. ist für eine analoge Anwendung Voraussetzung, dass eine vergleichbare Interessenslage und eine planwidrige Regelungslücke sowie kein Gesetzesverbot vorliegen.

    Nachdem zum Zeitpunkt des Regelung/Änderung/Ergänzung des § 850k ZPO die Fassung des § 54 SGB I bereits seit über 3 Jahren bestand, sowie der § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I mit Änderung des § 54 SGB I am 01.01.2009 eingefügt worden war, ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber klar war, dass es den § 54 Abs. 3 Nr. 2a SGB I gibt und es ist somit von einem bewussten Willen bei der Nennung von Teilen des § 54 SGB I bzw. der Nichtnennung auszugehen.

    Eine analoge Anwendung des § 850k ZPO scheitert damit.

  • Das teile ich - zum Abs. 4 - nicht,
    aber dein post #4 - zu Abs. 2 und 5 - kannst du damit doch erst recht und insofern zutreffend: in die Tonne treten. :D

  • Das teile ich - zum Abs. 4 - nicht,
    aber dein post #4 - zu Abs. 2 und 5 - kannst du damit doch erst recht und insofern zutreffend: in die Tonne treten. :D


    Mh, ich gebe zu, dass ich in meinem Post #18 Absätze nennen hätte sollen.

    Aber ich weiß jetzt nicht weshalb ich meinen Post #4 wegen #18 in die Tonne treten kann verstehe ich jetzt ehrlich nicht.

    Da in § 850k Abs. 2 und 4 ZPO ausdrücklich Wohngeld nicht genannt ist, wäre überlegbar, ob für Nachzahlungen eine entsprechende Anwendung des § 850k Abs. 6 ZPO möglich wäre.

    Dort lautet es:

    "(6) Wird einem Pfändungsschutzkonto eine Geldleistung nach dem Sozialgesetzbuch oder Kindergeld gutgeschrieben, darf das Kreditinstitut die Forderung, die durch die Gutschrift entsteht, für die Dauer von 14 Tagen seit der Gutschrift nur mit solchen Forderungen verrechnen und hiergegen nur mit solchen Forderungen aufrechnen, die ihm als Entgelt für die Kontoführung oder aufgrund von Kontoverfügungen des Berechtigten innerhalb dieses Zeitraums zustehen. Bis zur Höhe des danach verbleibenden Betrages der Gutschrift ist das Kreditinstitut innerhalb von 14 Tagen seit der Gutschrift nicht berechtigt, die Ausführung von Zahlungsvorgängen wegen fehlender Deckung abzulehnen, wenn der Berechtigte nachweist oder dem Kreditinstitut sonst bekannt ist, dass es sich um die Gutschrift einer Geldleistung nach dem Sozialgesetzbuch oder von Kindergeld handelt. Das Entgelt des Kreditinstituts für die Kontoführung kann auch mit Beträgen nach den Absätzen 1 bis 4 verrechnet werden."

    Berechtigte kann Nachweisen durch den Leistungsbescheid der Sozialbehörde bzw. dem Kreditinstitut ist das durch den Betreff der Überweisung - dort wird die Leistungsart ja auch bezeichnet - auch sonst bekannt.
    Wobei hier gerade bei Nachzahlungen eine Vorlage des Leistungsbescheides notwendig sein dürfte.
    Zu Unterscheiden ist auf jeden Fall zwischen "der Berechtigte den Nachweis führen kann" und "die Bank akzeptiert den Nachweis nicht"
    Aus diesem Absatz geht auch hervor, dass Kreditinstitute die Art der Eingänge auf einem Konto prüfen müssen.

    Hinsichtlich der Anwendung für Nachzahlungen wäre bei der Anwendung von Abs. 6 auch die gerichtlichen Entscheidungen berücksichtigt, die erklären, dass bei Nachzahlungen von Sozialleistungen diese auch bei grds. Unpfändbarkeit pfändbar seien, wenn sie für den gedachten Zeitraum nicht gebraucht/verbraucht werden, da der Empfänger innerhalb von 14 Tagen, eben seine Rückstände an Vermieter bzw. unterstüzende Vereine, Freunde, welche im Zeitraum des fehlens der Sozialleistung eingesprungen sind, ausgleichen kann; somit zweckentsprechend die Nachzahlung verwendet.


    Worum es mir bei der rechtlichen Diskussion hier geht, ist einfach gesagt: Unserer Rechsprechung liegt grds. das Gesetz zu Grunde und nicht -wie z.B. in Amerika- bilden gerichtliche Entscheidungen die Rechtsprechung.
    Wenn also in einem Gesetz ausdrücklich die Unpfändbarkeit festgeschrieben ist, dann ist eine Wiederholung durch gerichtliche Entscheidungen oder die Ausstellung einer Bescheinigung nicht notwendig bzw. man könnte auch sagen nicht angezeigt.
    Überspitzt ausgedrück: Der nächste beantragt eine gerichtliche Feststellung, dass die Definition von "unverzüglich" eben "ohne schuldhaftes Zögern" lautet (§ 121 BGB).

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