schon wieder nachträgl. Beratungshilfe

  • Hab eine Erinnerung auf dem Tisch liegen.

    Meine Kollegin hat BerH zurückgewiesen wg. § 6 Abs. 2 BerHG.

    Anwalt legt Erinnerung ein, Begründung:
    Antrag erfolgte nicht außerhalb der Frist. Gericht darf sich im vorl. Fall nicht auf die Frist berufen.

    Beratungstätigkeit erfolgte zwar schon im Okt. , aber Ast. hat sich 3 Tage nach Beginn der Beratungshilfe auf der Rast des Gerichts gemeldet und mündl. Beratungshilfe beantragt.
    Kollegin hat Antrag mündl. abgelehnt mit der Begründung, dass Ast. hätte vorab Eigeninitiative zeigen müssen.

    Weiter habe die Rpflin keinen ablehnenden Beschluss gefertigt.

    Für den Zeitpunkt der Antragstellung komme es einzig und allein auf den Tag an, an dem sich die Ast. zur RAST des AG begibt.

    Einmal editiert, zuletzt von utz (18. Dezember 2014 um 11:46)

  • Tja, die Richtigkeit der Angaben unterstellt, würde ich mal sagen: Der Anwalt hat Recht (zumindest, was die Frist angeht).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Interessanter Fall, den hatte ich noch nicht...

    Es ist kein formwirksamer Antrag innerhalb der Frist bei Gericht eingegangen, aus diesem formellen Gesichtspunkt heraus wäre die Erinnerung unbegründet.

    Entgegen Noatalba denke ich auch nicht, dass der weitere Vortrag zur Aufhebung der Zurückweisung führt. Zwar hätte bei der persönlichen Vorsprache des Antragstellers ein Antrag aufgenommen werden können - nachdem dies aber nicht erfolgte, war immer noch genug Zeit vorhanden, um einen schriftlichen Antrag zu stellen.

    Ich denke, dass diese Argumentation nur dann ziehen kann, wenn der Antragsteller am letzten Tag der Frist bei Gericht aufschlägt und dort dann kein Antrag aufgenommen wird. Ich sehe keine Hindernisse für eine schriftliche fristgerechte Antragstellung.

    Erinnerung nicht abhelfen, Richtervorlage, fertig.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Es ist kein formwirksamer Antrag innerhalb der Frist bei Gericht eingegangen, aus diesem formellen Gesichtspunkt heraus wäre die Erinnerung unbegründet.

    Sehe ich anders. M. E. liegt ein formwirksamer Antrag vor, § 4 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BerHG. Die nachträgliche Antragstellung bei Direktzugang zum Anwalt gem. § 6 Abs. 2 BerHG verlangt auch keine Schriftform (wäre zwar praktisch, steht da aber nicht).

    Ob nun die Rechtspflegerin "mündlich zurückgewiesen" oder lediglich zunächst zur Eigeninitiative "aufgefordert" hatte, ist für die Frist nicht ausschlaggebend. Im Endeffekt mag die Zurückweisung sogar gerechtfertigt sein, aber sie kann sich nicht auf die Vier-Wochen-Frist stützen.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Was sagt denn die Kollegin von der Rechtsantragstelle dazu?
    Hat der Antragsteller Beratungshilfe beantragt oder wollte er nur eine Auskunft?

  • Interessanter Hinweis von Noatalba, daher leichte Abänderung meiner These:
    Es liegt kein dokumentierter formwirksamer Antrag vor. Bei reinem Aktenstudium würde nur der nachträgliche, verspätet gestellte Antrag ersichtlich sein. Inwieweit da die Kollegin auf der RAST ggf. falsch gehandelt haben könnte, ist eine Frage, die auf anderem Wege (im schlimmsten Falle: Bei einer Regressprüfung in Höhe der nun entstandenen Wahlanwaltsvergütung) zu klären ist.

    Und hinzu kommt, dass der Antragsteller und/oder die Beratungsperson dafür hätte sorgen können, dass der Antrag fristgerecht eingeht (notfalls eben schriftlich auf amtlichem Formular), mithin nicht alle Bemühungen unternommen wurden, um die Frist auch einzuhalten.

    Daher weiterhin meine Auffassung: Nichtabhilfe im Hinblick auf § 6 II 2 BerHG, ggf. noch Ausführungen dazu, dass selbst bei gewahrter Frist die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BerHG nicht vorlägen (keine ausreichende Eigeninitiative) und daher selbst bei Annahme einer Fristwahrung durch die nicht dokumentierte mündliche Antragstellung der Antrag zurückzuweisen wäre.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Interessanter Hinweis von Noatalba, daher leichte Abänderung meiner These:
    Es liegt kein dokumentierter formwirksamer Antrag vor. Bei reinem Aktenstudium würde nur der nachträgliche, verspätet gestellte Antrag ersichtlich sein. Inwieweit da die Kollegin auf der RAST ggf. falsch gehandelt haben könnte, ist eine Frage, die auf anderem Wege (im schlimmsten Falle: Bei einer Regressprüfung in Höhe der nun entstandenen Wahlanwaltsvergütung) zu klären ist.

    [...]

    Daher weiterhin meine Auffassung: Nichtabhilfe im Hinblick auf § 6 II 2 BerHG, ggf. noch Ausführungen dazu, dass selbst bei gewahrter Frist die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BerHG nicht vorlägen (keine ausreichende Eigeninitiative) und daher selbst bei Annahme einer Fristwahrung durch die nicht dokumentierte mündliche Antragstellung der Antrag zurückzuweisen wäre.

    Kann man so vertreten. Ich würde aber auf jeden Fall mit der Kollegin von der RAST Rücksprache nehmen, denn die vom Anwalt vorgetragene Variante ist nun mal ALLES ANDERE ALS UNREALISTISCH (das sollten wir unter uns Pastorentöchtern auch mal eingestehen). Hat der Antragsteller drei Tage nach der anwaltlichen Beratung vorgesprochen und Beratungshilfe beantragt (was mir ebenfalls realistischer erscheint, als dass er "nur eine Auskunft" wollte), würde ich abhelfen. Dann aber ggf. Zurückweisung wegen mangelnder Eigeninitiative, sprich Mutwilligkeit.

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • DAS allerdings

    Und hinzu kommt, dass der Antragsteller und/oder die Beratungsperson dafür hätte sorgen können, dass der Antrag fristgerecht eingeht (notfalls eben schriftlich auf amtlichem Formular), mithin nicht alle Bemühungen unternommen wurden, um die Frist auch einzuhalten.

    ist - sofern der Antragsteller tatsächlich innerhalb der Frist Beratungshilfe mündlich beantragt hatte - nicht haltbar, finde ich. Ich kann keine Bemühungen verlangen, dass eine Frist eingehalten wird, die eigentlich eingehalten wurde, und ich denke, weder der Antragsteller noch die Beratungsperson müssen sich darauf verweisen lassen.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • DAS allerdings

    Und hinzu kommt, dass der Antragsteller und/oder die Beratungsperson dafür hätte sorgen können, dass der Antrag fristgerecht eingeht (notfalls eben schriftlich auf amtlichem Formular), mithin nicht alle Bemühungen unternommen wurden, um die Frist auch einzuhalten.

    ist - sofern der Antragsteller tatsächlich innerhalb der Frist Beratungshilfe mündlich beantragt hatte - nicht haltbar, finde ich. Ich kann keine Bemühungen verlangen, dass eine Frist eingehalten wird, die eigentlich eingehalten wurde, und ich denke, weder der Antragsteller noch die Beratungsperson müssen sich darauf verweisen lassen.

    Wir beide dürfen ja auch mal unterschiedlicher Auffassung sein ;)

    Ich denke eben, dass der Antragsteller sich nicht darauf zurückziehen kann, dass der Antrag hätte fristgerecht gestellt werden sollte. Er hatte die Möglichkeit (worauf die Kollegin in der RAST möglicherweise nicht hingewiesen hat), den Antrag protokollieren zu lassen. Er hatte auch die Möglichkeit, den Antrag fristgerecht schriftlich zu stellen. Sich dann darauf zurückzuziehen, dass die Kollegin ihn weggeschickt hat, reicht m.E. nicht aus - zumindest nicht dafür, dass Beratungshilfe nicht wegen Fristablaufs versagt werden kann! Es liegt schließlich in der Hand des Antragstellers, wann und wie der Antrag gestellt wird. Gerade, wenn die Beratungsperson schon tätig wurde - wie es hier ja der Fall war -, kann diese auch den Rat geben "Bestehen Sie auf Protokollierung" oder "Stellen Sie den Antrag schriftlich".

    Rücksprache mit der Kollegin in der RAST wäre definitiv sinnvoll - ich kann mir nämlich auch vorstellen, dass der Antragsteller dort gerade nicht vortrug, dass er bereits beraten wurde. Alle Konstellationen sind möglich - und wie es wirklich war, weiß die Kollegin hoffentlich am besten.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich denke eben, dass der Antragsteller sich nicht darauf zurückziehen kann, dass der Antrag hätte fristgerecht gestellt werden sollte. Er hatte die Möglichkeit (worauf die Kollegin in der RAST möglicherweise nicht hingewiesen hat), den Antrag protokollieren zu lassen. Er hatte auch die Möglichkeit, den Antrag fristgerecht schriftlich zu stellen. Sich dann darauf zurückzuziehen, dass die Kollegin ihn weggeschickt hat, reicht m.E. nicht aus - zumindest nicht dafür, dass Beratungshilfe nicht wegen Fristablaufs versagt werden kann! Es liegt schließlich in der Hand des Antragstellers, wann und wie der Antrag gestellt wird. Gerade, wenn die Beratungsperson schon tätig wurde - wie es hier ja der Fall war -, kann diese auch den Rat geben "Bestehen Sie auf Protokollierung" oder "Stellen Sie den Antrag schriftlich".

    Hätte, hätte, Fahrradkette - kann für mich nicht ausschlaggebend sein. :strecker;)

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Standardfrage bei mir ist, ob bereits ein Rechtsanwalt aufgesucht wurde und was dieser "gemacht" hat. Sofern die Beratung bereits begonnen hat, dann entsprechende Antragsaufnahme und in einem solchen Fall schriftliche Zurückweisung.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Standardfrage bei mir ist, ob bereits ein Rechtsanwalt aufgesucht wurde und was dieser "gemacht" hat. Sofern die Beratung bereits begonnen hat, dann entsprechende Antragsaufnahme und in einem solchen Fall schriftliche Zurückweisung.

    Gruß Grottenolm

    Mit welcher Begründung, wenn der Antragsteller innerhalb der 4-Wochen-Frist den Antrag bei Dir stellt?

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Ich hatte "in einem solchen Fall" als "wegen nicht vorhandener zumutbarer Eigentätigkeit und somit Mutwilligkeit" verstanden...

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich hatte "in einem solchen Fall" als "wegen nicht vorhandener zumutbarer Eigentätigkeit und somit Mutwilligkeit" verstanden...

    Im Sachverhalt steht, dass die Kollegin in der Rast wegen fehlender Eigeninitiative zurückgewiesen hat.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Ich hatte "in einem solchen Fall" als "wegen nicht vorhandener zumutbarer Eigentätigkeit und somit Mutwilligkeit" verstanden...

    Im Sachverhalt steht, dass die Kollegin in der Rast wegen fehlender Eigeninitiative zurückgewiesen hat.

    Gruß Grottenolm

    Alles klar.

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • DAS allerdings

    Und hinzu kommt, dass der Antragsteller und/oder die Beratungsperson dafür hätte sorgen können, dass der Antrag fristgerecht eingeht (notfalls eben schriftlich auf amtlichem Formular), mithin nicht alle Bemühungen unternommen wurden, um die Frist auch einzuhalten.

    ist - sofern der Antragsteller tatsächlich innerhalb der Frist Beratungshilfe mündlich beantragt hatte - nicht haltbar, finde ich. Ich kann keine Bemühungen verlangen, dass eine Frist eingehalten wird, die eigentlich eingehalten wurde, und ich denke, weder der Antragsteller noch die Beratungsperson müssen sich darauf verweisen lassen.


    :daumenrau

  • Was haltet ihr denn von folgender Vorgehensweise:
    Antragsteller sucht Rechtsanwalt auf. Danach begibt er sich innerhalb der Frist zur RAST. Dort stellt er mündlich den Antrag auf Bewilligung von BerH. Nach momentanem Sachstand muss ich ablehnen. Ich vermerke jedoch das Datum der mündlichen Vorsprache und evtl. eine kurze Bezeichnung der Angelegenheit um evtl. Verwechslungen zu vermeiden auf einem Antragsformular, das ich dem Antragsteller mitgebe.
    Geht der Antrag dann scheinbar zu spät ein, kann immerhin die Frist nicht zum Problem werden, weil das Datum der ersten, wenn auch mündlichen, Antragstellung beim zuständigen Gericht ja auf dem Antrag festgehalten ist.
    Sollte der Antragsteller den von mir datierten und gestempelten Antrag verlieren, seh ich das nicht als mein Problem.

  • Halte ich auch für sehr ungünstig.

    Was spricht denn dagegen, direkt einen Antrag aufzunehmen? Wie soll die Sache überhaupt noch geheilt werden, wenn dem Antrag wegen mangelnder Eigentätigkeit nicht entsprochen wird, der Antragsteller sich aber schon in anwaltliche Beratung begab? M.E. ist der einzig richtige Weg: Antrag aufnehmen und schriftlich wegen Nichtvorliegens von § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG zurückweisen.

    Die Frage, die sich mir natürlich immer noch stellt, ist die, ob der Antragsteller bei Vorsprache auf der RAST auch wahrheitsgemäß mitteilte, bereits anwaltlich beraten worden zu sein...

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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