Pfändung eines Anteils an einer Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht

  • Ich benötige mal den Rat von erfahrenen Kollegen :)

    Im Grundbuch sind Eheleute in Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht eingetragen.
    Ein Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zugunsten eines FA wurde bereits zurückgenommen, nachdem beanstandet wurde, dass ein Titel gegen beide Ehegatten erforderlich ist. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.06.2010 - 3 Wx 79/10

    Nun legt das FA eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung (Vollstreckungsschuldner nur Ehemann) nebst Zustellungsurkunde an die Ehefrau vor, die wörtlich
    "den Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Aufhebung Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht, die hinsichtlich des Eigentums an dem im Grundbuch von ... eingetragenen Grundstück besteht, Zustimmung zu einer den Miteigentumsanteil entsprechenden Teilung des Erlöses, Auszahlung der außerhalb des Zwangsversteigerungsverfahrens zu verteilenden Erlöses"
    pfändet.

    Es fehlt die Zustellungsurkunde an den Schuldner (Ehemann).
    Ist diese Pfändung eintragungsfähig oder ist auch bei der Pfändung ein Titel gegen beide Ehegatten gem. § 740 Abs. 2 ZPO erforderlich? :confused:
    Nach § 860 Abs.1 ZPO ist ja der Anteil eines Ehegatten an dem Gesamtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht der Pfändung unterworfen.

    Das GBA geht ja in der Regel von der gemeinsamen Verwaltung des Gesamtgutes aus.

    Vielen Dank für die Hilfe!!!

  • Wenn ich davon ausgehe, dass nach deutschem Recht allein die Ehegatten über die Beendigung oder den Fortbestand der Gütergemeinschaft zu entscheiden haben und damit im Fall einer bestehenden Gütergemeinschaft keine Pfändung des künftigen Anteils eines Ehegatten am Gesamtgut möglich ist, weil ein Eindringen fremder Personen in das Gemeinschaftsverhältnis verhindert werden muss und dies auch keine Benachteiligung des Gläubigers darstellt, weil er einen Titel gegen den weiteren Ehegatten erwirken und damit in das Gesamtgut insgesamt vollstrecken kann (so OLG München im B. v. 3. 1. 2013, 34 Wx 481/12 = NJW-RR 2013, 527), dann muss dies eigentlich in gleicher Weise bei einer ausländischen Errungenschaftsgemeinschaft gelten (zur Zwangssicherungshypothek bei bestehender Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Eherecht von Bosnien-Herzegowina s. B. des OLG München vom 20.11.2012, 34 Wx 404/12 = BeckRS 2013, 01177)

    Wie das OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat, in Rz. 5 des Beschlusses vom 18.06.2010, I-3 Wx 79/10, 3 Wx 79/10, ausführt, ist die Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht mit der Gütergemeinschaft nach deutschem Recht, insbesondere bezüglich der Behandlung des Gesamtguts vergleichbar (Zitat von: OLG Zweibrücken, NJW-RR 2007, 1316; Zöller/Stöber, ZPO, 27. Aufl., § 740 Rdnr. 12; LG Heilbronn, RPfleger 1996, 521; BGH Rpfleger 1998, 351 für die Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht).

    Das OLG Zweibrücken führt in Rz. 6 aus:
    „Da die Zivilprozessordnung keine Bestimmungen enthält, die auf die Vollstreckung in ein italienisches Gesamtgut zugeschnitten sind, gibt das deutsche Vollstreckungsrecht keine ausdrückliche Antwort auf die Frage nach dem erforderlichen Titel. Das Landgericht hat dennoch die Vorschrift des § 740 ZPO zu Recht angewandt. Denn die Errungenschaftsgemeinschaft nach italienischem Recht (vgl. hierzu Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stichwort "Italien III.A. 2 f. sowie Art. 159, 177 ff) ist mit der Gütergemeinschaft nach deutschem Recht, insbesondere bezüglich der Behandlung des Gesamtgutes vergleichbar (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 740 Rdnr. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 740 Rdnr. 12; LG Heilbronn Rpfleger 1996, 521; BGH Rpfleger 1998, 351 für die Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht; Rauscher Rpfleger 1988, 93, 94)“

    Und nach § 860 II ZPO ist der der Anteil am Gesamtgut erst dann pfändbar, wenn die Gütergemeinschaft beendet, aber noch nicht auseinandergesetzt ist.

    Wie Riedel im Beck'schen Online-Kommentar ZPO, Hrsg: Vorwerk/Wolf, Stand: 15.09.2014, in § 860 RN 4 ausführt, ist Sinn und Zweck dieser Regelung, zu verhindern, dass der Gläubiger eines Ehegatten in die vermögensrechtliche Ehegemeinschaft eindringt und deren Auseinandersetzung betreibt, ohne dass die eheliche Gemeinschaft aufgehoben ist.

    Diesen Sinn und Zweck würde ich auch bei der italienischen Errungenschaftsgemeinschaft sehen wollen, wenngleich Art. 189 code civile* auch eine (bedingte) Haftung des Gesamtguts für die von Ehegatten getrennt eingegangenen Verpflichtungen vorsieht. Art. 189 CC lautet in der deutschen Übersetzung:

    http://www.provinz.bz.it/anwaltschaft/d…_11_2010_de.pdf
    (Von den Ehegatten getrennt eingegangene Verpflichtungen)
    „Die Sachen der Gütergemeinschaft haften bis zum Wert, der dem Anteil des verpflichteten Ehegatten entspricht, für die nach der Eheschließung von einem der Ehegatten eingegangenen Verpflichtungen zur Durchführung von über die ordentliche Verwaltung hinausgehenden und ohne die notwendige Einwilligung des anderen vorgenommenen Handlungen, wenn sich die Gläubiger nicht aus den persönlichen Sachen befriedigen können. Die Einzelgläubiger eines der Ehegatten können sich, auch wenn die Forderung vor der Eheschließung entstanden ist, subsidiär aus den Sachen der Gütergemeinschaft bis zu dem Wert, der dem Anteil des verpflichteten Ehegatten entspricht, befriedigen. Sind sie nicht bevorrechtigt, so gehen ihnen die Gläubiger der Gütergemeinschaft vor“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (9. Januar 2015 um 09:52) aus folgendem Grund: *richtig: Codice Civile

  • Mich auch. Die beeindruckende Basis für eine Zurückweisung.;)

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Meine Frage ist jetzt noch, ob das Grundbuchamt überhaupt so tief in die inhaltliche Prüfung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung einsteigen darf:gruebel:.

    Schließlich wird es ja nur als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig und die Zwangsvollstreckung ist bereits außerhalb des Grundbuchs wirksam geworden.
    Demnach würde ja die Vorlage der Pfändungs- und Einziehungsverfügung nebst Zustellungsurkunden an den Drittschuldner (Ehefrau) genügen?!

    :confused:

  • Meine Frage ist jetzt noch, ob das Grundbuchamt überhaupt so tief in die inhaltliche Prüfung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung einsteigen darf:gruebel:.

    Schließlich wird es ja nur als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätig und die Zwangsvollstreckung ist bereits außerhalb des Grundbuchs wirksam geworden.
    Demnach würde ja die Vorlage der Pfändungs- und Einziehungsverfügung nebst Zustellungsurkunden an den Drittschuldner (Ehefrau) genügen?!

    :confused:

    In diese Prüfung muss es schon einsteigen, weil es um die Frage geht, ob die Pfändung derzeit überhaupt eintragbar ist. Ist sie es - wie dargestellt - nicht, fehlt der Eintragung die Grundlage. Und ob etwas im grundbuch eintragbar ist, hat das Grundbuchamt nun einmal selbst zu prüfen.

    Eine Erbanteilsübertragung prüfst Du ja auch selbstständig durch, obwohl bereits der Notar die Wirksamkeit des Vertrags gewährleisten sollte und die Übertragung auch außerhalb des Grundbuchs wirksam wird (bzw. werden sollte).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

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