Belehrung nach § 184 Abs. 2 InsO

  • Hallo,

    ich bin neu in der Insolvenzabteilung und habe ein Problem. Meine Kollegen hier sind sich leider auch unsicher, wie man das in diesem Fall handhaben sollte.

    Der Schuldner hat Widerspruch gegen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erhoben. Es handelt sich um ein Altverfahren und der Titel ist eine Urkunde zur Unterhaltsverpflichtung vom Jugendamt.

    Zunächst meinten meine Kollegen, dass eine Belehrung gem. § 184 Abs. 2 zu erfolgen hat. Nach einiger Überlegung sind sie nun der Meinung, dass die Belehrung auch unterbleiben könnte, da sich aus dem Titel nicht ergibt, dass sich der Schuldner vorsätzlich seiner Unterhaltspflicht entzogen hat (so wäre das nach altem Recht auch gewesen). Richtig sicher sind sie sich aber nicht.


    Wie würdet ihr das sehen?

    Liebe Grüße
    Ani

  • Die vbuH muss sich ja auch nicht aus dem Titel ergeben, der Gläubiger macht sie aber geltend, entsprechend steht es mit auf dem Tabellenblatt, folglich wäre zu belehren.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Also, der Prüfungstermin ist vorbei. Der Gläubiger hatte eine Forderung aus vbuH angemeldet. Die Belehrung über die Möglichkeit des Widerspruches nach § 175 II InsO ist erfolgt und unproblematisch, oder? Im Termin hat der Schuldner ausschließlich gegen den Deliktcharakter der Forderung Widerspruch erhoben.

    Es geht jetzt um die Belehrung über die ein-Monats-Frist nach § 184 II InsO, richtig? Ich meine, dass nicht nach § 184 II InsO zu belehren ist. Der Deliktcharakter ist durch die JA-Urkunde nicht tituliert (geht wahrscheinlich auch gar nicht). Hinsichtlich des Deliktcharakters liegt daher kein Fall des § 184 Abs. 2 InsO vor, denn der Schuldner hat nur dem nicht titulierten Deliktsattribut widersprochen.

    Ich stimme für: keine Belehrung.

  • sorry, nicht richtig gelesen. Ich hatte nur § 175 II InsO vor Augen nicht § 184 InsO.

    Entsprechend läuft in diesem Fall keine Frist. Der Gläubiger wird nach Erteilung der RSB gegen den Schuldner vollstrecken und die können sich dann außerhalb des Verfahrens die Köpfe heiß reden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Vielen Dank für eure Antworten. Das hilft mir sehr weiter.

    Ich hätte dann nochmal eine allgemeine Frage. Wenn man einen Fall hat, in dem nach § 184 Abs. 2 zu belehren ist, erfolgt die Belehrung dann nach Eingang des Widerspruchs oder nach/im Prüfungstermin?

  • Uhlenbruck:

    Die Belehrung muss spätestens im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren vor Ablauf der Ausschlussfrist erfolgen, damit dem Schuldner zur Widerspruchsverfolgung die volle Monatsfrist zur Verfügung steht.

  • Hallo,

    dazu eine kleine Frage.

    Altverfahren --> vor dem 01.12.2001 eröffnet. Restschuldbefreiung wurde im lfd. Verfahren bereits erteilt.

    Gemäß EG-InsO sind auf dieses Verfahren, die bis zum 30.11.2001 geltenden Vorschriften anzuwenden (demnach die bis dahin geltende Fassung des § 174 InsO).

    Nunmehr zum Abschluss des Verfahrens werden die nachträglichen Forderungsanmeldungen zur Akte gereicht. Darunter eine Forderung (natürlich eine Krankenkasse) mit dem Attribut einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Im Forderungsgrund ist dies auch wortwörtlich so festgehalten.

    Dass solche Forderungen in Altverfahren gerne auch mal als Deliktforderung in der Tabelle aufgenommen worden sind, habe ich bereits in Erfahrung gebracht.

    Die Belehrungspflicht gemäß § 175 Abs. 2 InsO wurde erst für Verfahren geregelt, die nach dem 30.11.2001 eröffnet worden sind.

    Deswegen meine Frage nun:

    a) Die angemeldete Forderung mit Rechtsgrund der unerlaubten Handlung wird als solche zur Tabelle aufgenommen und auch so in der Tabelle mit der

    Delikteigenschaft aufgenommen?

    und

    b) eine Belehrung erfolgt durch das Insolvenzgericht nicht, da eine solche nicht vorgesehen ist und der Schuldner muss sich sodann im Zweifel im

    Rahmen der sich anschließenden Vollstreckung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wehren?

    Danke für die Hilfe

  • RSB-Erteilung 2014

    Forderungsanmeldung 2003.

    Forderungsanmeldung also zeitlich noch vor der Erteilung der RSB --> Hinweis auf BGH-Entscheidung, dass die Aufnahme/Prüfung der Delikteigenschaft infolge Anmeldung nach RSB -Erteilung nicht mehr möglich ist, kann also nicht erfolgen

  • Demnach stelle ich mir die Frage, ob ich wie unter #8 beschrieben, vorgehen kann/muss, da eine gerichtliche Belehrung einfach nicht vorgesehen war/ist in Altverfahren, die vor dem 01.12.2001 eröffnet worden sind.

    Dies ist ja auch nur konsequent, da diesbezüglich ja auch der § 174 Abs. 2 InsO einen anderen Wortlaut hatte und der Hinweis auf die Delikthaftung (Forderungsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung) auch erst für Verfahren gilt, die nach dem 30.11.2001 eröffnet worden sind.

  • und Gesamtsozialversicherungsbeiträge ohne Aufteilung nach Arbeitnehmer, Monat und monatlich entstandenem Beitrag als Sammelanmeldung oder Saldo-Forderung - mit gesondertem Zusatz der Gläubigerin ... vbuH etc.??

    oder Beitrag x sowie Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe - in Anspruchskonkurrenz??

    Da kann doch auch ohne Pflicht "freiwillig" eine Belehrung erfolgen?? Hinweis gem. 139 ZPO, wir belehren Sie nicht über Ihre Möglichkeit, Widerspruch (wegen ...) zu erheben??

    oder war ein SE-Anspruch 2003 schon verjährt, weil bis 31.1.21999 der SE-Anspruch entstanden ist - dann könnte ...

    Ist das denn die einzige Forderung mit vbuH??

  • Darum geht es mir nicht.

    Die Forderungsprüfung selbst obliegt dem Verwalter. Ob verjährt oder nicht.

    Für mich erstmal egal. Mir geht es um den formellen Ablauf der Forderungsprüfung selbst.

    Die Forderung wurde mit dem Forderungsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung angemeldet.

    Die bisherigen Forderungsanmeldungen erfolgten allesamt ohne Delikteigenschaft, obwohl darunter auch Anmeldungen von Krankenkassen sind.

    Aber dies ist meiner Meinung nach dem geschuldet, dass der damals geltende § 174 InsO eine solche Spezifizierung nicht vorgesehen hat.

    Im Protokoll wurde - wie jetzt meist üblich - auch nicht der Hinweis aufgenommen, dass keine Deliktforderungen vorliegen.

    Ich gehe - wie oben beschrieben - davon aus, dass es eben daran lag, dass eine Spezifizierung der Forderung in damals geltenden Verfahren einfach nicht vorgesehen/geregelt war.

    Das spricht grundsätzlich erstmal für einen Ablauf wie unter #8 formuliert.

    Aber ich bin mir nicht sicher.

    "Zieh`n längs Rudi" :teufel:

    Einmal editiert, zuletzt von lumpi (7. Februar 2023 um 16:39)

  • Um Gottes Willen, was für ein alter Schinken... Und um Gottes Willen, da habe ich auch schon InsO bearbeitet =O;):) . Ich weiß es tatsächlich nicht mehr genau, wie wir das damals gehandhabt haben. Aber ich habe mal kurz einen Blick in das alte Frege/Keller/Riedel geworfen. Da ist es genau so gesagt: Anmelden als Favbuh und eintragen in die Tabelle und basta/finito ;)

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Danke für den Blick in den "alten" Kommentar.

    Ich finde es für den Schuldner eigentlich bescheiden.

    Die Forderung wird mit dem Forderungsgrund einer vbuH aufgenommen und als solche geprüft.

    Eine Belehrung des Schuldners indes erfolgt nicht.

    Böse Zungen mögen jetzt behaupten "ja, aber er könnte sich die Forderungsanmeldungen ja anschauen, schließlich liegen diese ja bis zum Prüfungsstichtag aus".

    Aber im Zweifel erfährt er erst nach Aufhebung des Verfahrens, dann im Rahmen der Vollstreckung durch den Gläubiger aus dem Tabellenblatt, von seinem "Glück" und muss sich, mit welchem Rechtsmittel, dann auch immer gg die Vollstreckung wehren.

    Aber eine Belehrung durch das Insolvenzgericht sieht das Gesetz in Altverfahren einfach nicht vor.

    :/

    Irgendwie nicht befriedigend......

  • Naja, musst Du wohl so sehen: Das war ja der Grund für die Änderung des Gesetzes

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  • mhh und er kann sich ohne Widerspruch dann noch wehren?? mit § 826 BGB, weil dem Gläubiger die "vbuH" nicht zur Seite stand ... und er von der Forderungsanmeldung aus 2002 bei der Prüfung der Forderung in 2023 nichts wusste

    wie ging man denn "damals" mit diesem Dilemma um?

  • ich weiß noch, dass es damals garnicht soooo viele Anmeldungen dieser Art gab. Aber im Grunde war es wie bei einer Klage; der Gläubiger hat es angemeldet, der Schuldner hätte im Termin kommen können und Widerspruch erheben können. Hat er's nicht gemacht: Pechsache

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  • jetzt nochmal abschließend:

    Aufnahme Delikteigenschaft in die Tabelle +

    Prüfung als Forderung mit dem Forderungsgrund einer vbuH +

    Belehrung des Schuldners -

    --> verlagert das ganze Prozedere (Problem) in den Bereich der sich anschließenden Vollstreckung nach Aufhebung des Verfahrens

    --> Gesetzgeber reagiert und ändert die entsprechenden §§ 174, 175 InsO.

    Besteht in Kenntnis dessen nicht die Möglichkeit (wie imker unter #12 dargestellt hat), den Schuldner insoweit darauf hinzuweisen, dass die Forderung mit dem Forderungsgrund einer vbuH angemeldet wurde, diese deshalb gemäß § 302 InsO von der bereits erteilten Restschuldbefreiung nicht erfasst ist und die Möglichkeit besteht zumindest dem angemeldeten Forderungsgrund zu widersprechen?

    Das Schreiben könnte man ja weiter damit ausschmücken, dass es sich um ein Altverfahren handelt, eine gesetzliche Regelung damals noch nicht vorhanden war und eine entsprechende Änderung in Kenntnis des Problems erst für spätere Verfahren vorgenommen wurde, die aber grundsätzlich nicht auf Altverfahren anzuwenden ist. Das Insolvenzgericht aber in Kenntnis des Problems ein Hinweisschreiben gemäß § 139 ZPO für erforderlich erachtet?

    Der Wortlaut des § 139 ZPO passt da eigentlich wie die Faust aufs Auge :-).

    Oder lehnt man sich damit zu weit aus dem Fenster?

  • Oder lehnt man sich damit zu weit aus dem Fenster?

    Normalerweise informiert der Verwalter den Schuldner über die angemeldeten Forderungen und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Kann ja sein, dass der liebe Schwager eine Forderung angemeldet hat, die längst beglichen ist, was der Schuldner belegen kann, so dass der Verwalter dann die Forderung bestreitet. :unschuldi

    Hat der IV hier dies auch getan :gruebel: ?

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