Ersatznacherbe überträgt sein Anwartschaftsrecht?

  • Folgender abgedrehter Fall:
    Im Grundbuch steht A als Vorerbe und ein Nacherbenvermerk (aufgrund Erbschein):
    "Nacherben sind bei Tod des Vorerben dessen zukünftige Kinder; Ersatznacherbin ist B. Der Vorerbe ist berfreit.".

    Nun bekomme ich einen Vertrag zwischen dem Vorerben A und der Ersatznacherbin B, in dem die B ihr Anwartschaftsrecht auf A überträgt und die Löschung des Ersatznacherbenvermerks wird beantragt. :gruebel:

    Nach meine Recherchen ist die Übertragung des Anwartschaftsrechtes eines Nacherben auf einen Dritten oder den Vorerben möglich.
    Aber ein Ersatznacherbe hat laut OLG Hamm, Beschluss vom 3.4.1970, 15 W 496/69 kein Anwartschaftsrecht. Daher kann er auch nix übertragen und der Ersatznacherbenvermerk ist nicht löschbar. ?????

    Seht ihr das genauso? (Die B ist die Mutter von A und Ehefrau des Verstorbenen.) Warum macht man so ein Käse? Nacherben haben nicht mitgewirkt.

  • Kössinger führt in Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 4. Auflage 2011, RN 76 aus:

    „..Der Ersatznacherbe hat nach dem Erbfall ein nur schwaches, aber, falls der Erblasser dies nicht ausgeschlossen hat, vererbliches und übertragbares Anwartschaftsrecht.149

    149 Kanzleiter DNotZ 1970, 693, 695 Fn. 16, 17.


    dgl. Litzenburger im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Hrsg: Bamberger/Roth, Stand: 01.11.2014, § 2102 RN 9:

    „..Der Ersatznacherbe hat bis zum Nacherbfall ein vererbliches und übertragbares Anwartschaftsrecht (MK/Leipold Rn 11; aA Schmidt BWNotZ 1966, 142; Becher NJW 1969, 1463), das jedoch im Vergleich zu dem des zunächst berufenen Nacherben schwächer ausgestaltet ist, weil der Ersatz-Nacherbe bis zum Ersatznacherbfall keine eigenständigen und unmittelbaren Rechte gegenüber dem Vorerben bezüglich des Nachlasses hat…“

    und Hoeren in Schulze u.a., Bürgerliches Gesetzbuch, 8. Auflage 2014, § 2102 RN 9, 10:

    „9 1. Hins der Rechtsstellung des Ersatznacherben zwischen Erbfall und Ersatz(nach)erbfall ist zu differenzieren.

    10 a) Mit dem Erbfall erwirbt auch der Ersatznacherbe ein vererbliches und übertragbares Anwartschaftsrecht an der Erbschaft (BayObLG FamRZ 92, 729; MK/Grunsky § 2102 Rn 9). Dieses erstarkt mit dem Ersatznacherbfall zum Vollrecht. Fällt der ursprüngliche Nacherbe nicht weg, erlischt das Anwartschaftsrecht.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Keine Ahnung, zu den Nacherben wurde nichts gesagt.
    Ist die Übertragung überhaupt möglich?


    Wenn -wie Du schreibst - die zukünftigen Kinder Nacherben sind, hast Du in solchen Fällen immer unbekannte Nacherben.
    Allerdings ist das hier wirklich egal, da es ja nur um die Übertragung des Anwartschaftsrechte des Ersatznacherben geht und da interessiert der Nacherbe nicht.

  • Danke "Prinz". Ich denke, ich werde dem Notar die obigen Fundstellen erstmal schreiben und meine Bedenken daher gegen die Löschung mitteilen mit der Bitte um Fundstelle, dass eine Übertragung möglich ist. Dann ist er am "Drücker" ;)

  • ... Ich denke, ich werde dem Notar die obigen Fundstellen erstmal schreiben und meine Bedenken daher gegen die Löschung mitteilen mit der Bitte um Fundstelle, dass eine Übertragung möglich ist.

    Verstehe ich nicht so recht. Aus den Fundstellen ergibt sich doch gerade, dass das Anwartschaftsrecht des Ersatznacherben übertragbar ist.

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  • Ich hab es so interpretiert, dass er nur ein schwaches hat und es außerdem erst eine Rolle beim Eintritt der ersatznacherbfolge erstarkt. Hatte noch 2 Fundstellen aus 2012 und 2014 gefunden,wo steht, dass es sich nur um ein bedingtes Anwartschaftsrecht handelt und daraus noch keine rechte hergeleitet werden können. Mein Nachlasskollege hat auch noch nie davon gehört. Zumal man auch noch Weiterdenken müsste : im Erbschein steht die ersatznacherbfolge mit Namen der B drin. Dann müsste ja auch der Erbschein berichtigt werden....

  • Welche Rechte ein Ersatznacherbe bis zum Eintritt der Ersatznacherbfolge wahrnehmen könnte und ob der Erbschein zu berichtigen ist oder nicht, ist eine andere Frage. Das BayObLG führt bzgl. des Erbscheins im B. vom 11.07.2001, 1Z BR 17/01, aus:

    „..Die zwischen Erbfall und Nacherbfall erfolgte Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts vom Bet. zu 1 auf die Bet. zu 4 hat auf den Inhalt des zu erteilenden Erbscheins keinen Einfluss (BayObLG, Rpfleger 1985, 183, und Rpfleger 1992, 11; OLG Düsseldorf, OLGZ 1991, 134). Der Erbschein soll nämlich nur die anlässlich des Todes des Erblassers eingetretene Rechtsunsicherheit mit ihren Beweisschwierigkeiten überbrücken. Würde der Erbschein auf den Anwartschaftserwerber erteilt, so müssten sich die Vermutung des § 2365 BGB und der öffentliche Glaube des Erbscheins nach § 2366 BGB nicht nur auf die Rechtsstellung des Nacherben, sondern auch auf die von ihm über das Anwartschaftsrecht getroffene Verfügung unter Lebenden erstrecken. Dies würde das NachlG nötigen, seine Ermittlungen nach § 2358 BGB über den Rahmen der §§ 2354 ff. BGB hinaus auf andere als erbrechtliche Erwerbsvorgänge zu erstrecken, was nicht seine Aufgabe ist (OLG Düsseldorf, a.a.O.)….“.

    Davon unabhängig ist die Frage zu beurteilen, ob das Anwartschaftsrecht des Ersatznacherben übertragbar ist. Dazu führt das BayObLG im B. v. 29.11.1991, BReg 1 Z 12/91, Randnummern 29, 30 aus:

    „..h) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht den Vertrag vom 16.4.1959 inhaltlich dahingehend ausgelegt, dass der Beteiligte zu 1 damit seine Anwartschaft aus der Ersatznacherbenstellung formwirksam (§ 2033 Abs.1 Satz 2 BGB; vgl. MünchKomm/Grunsky BGB 2.Aufl. § 2100 Rn.28) auf seinen Bruder übertragen hat.

    30
    aa) Eine derartige Vereinbarung ist rechtlich möglich. Vor Eintritt des Nacherbfalls ist der Nacherbe zwar noch nicht Erbe geworden, doch hat er bereits eine so sichere Aussicht auf die Erbschaft, dass die ganz herrschende Meinung (vgl. MünchKomm/Grunsky § 2100 Rn.27 m.w.Nachw.) ihm ein Anwartschaftsrecht zubilligt, über das schon vor dem Nacherbfall verfügt werden kann. Dies gilt auch für die Rechtsstellung des Ersatznacherben (MünchKomm/Grunsky § 2102 Rn.9)…“

    Nichts anderes ergibt sich aus den oben wiedergegebenen Kommentarstellen.

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  • Mhh... Klingt auch irgendwie überzeugend. Ich hab ihm alle Fundstellen erstmal mitgeteilt (sowohl dafür wie auch dagegen) inklusive meiner zweifel und warte jetzt erstmal ab, was er dazu sagt.wir arbeiten gott sei dank mit vielen Notaren auf diesem Weg gut zusammen und helfen uns gegenseitig. Aber danke für deine ausführliche Antwort. Meld mich, wenn er geantwortet hat.
    LG

  • So, nun hab ich es vollzogen.
    Der Notar hat mir im aktuellen Palandt noch die Fundstelle zu § 2100 BGB gegeben und da ist auch die Rede davon, dass der Ersatznacherbe sein Anwartschaftsrecht auf den Vorerben übertragen kann wie ein Nacherbe.
    Hätten wir das also geklärt ;).

    Die Eintragung hab ich dann in der Veränderungsspalte in Abt. II vollzogen: "Ersatznacherbenvermerk gemäß Bewilligung vom ... URNr. .... Notar... gelöscht am... ".
    Ersatznacherbe wurde vorne gerötet.

  • Hoffentlich war der Nacherbenvermerk (und der Erbschein) im Hinblick auf die Ersatznacherbenstellung der B (ohne weitere Ersatznacherben) auch richtig. Den nunmehr gibt es lt. Grundbuch überhaupt keine Ersatznacherbfolge mehr.

    Im Übrigen: Die Übertragung des Ersatznacherbenanwartschaftsrechts müsste dem Nachlassgericht angezeigt worden sein (§§ 2384, 2385 BGB) und dies hätte das Nachlassgericht zum Anlass nehmen müssen, den insoweit unrichtig gewordenen Erbschein einzuziehen. Ich würde dem Nachlassgericht jedenfalls eine Kopie des Vertrags mit der Anregung auf Erbscheinseinziehung übermitteln.

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