Niederwertige Tätigkeit

  • Hallo in die Runde,

    eine Angestellte im mittleren Dienst ist ausschließlich als Kostenbeamtin tätig und damit in E 9 eingruppiert. Nun herrscht in der Abteilung im Geschäftsstellenbereich Notstand und sie soll dort aushelfen. Da hat sie keine Lust drauf und meint, dass müsse sie nicht tun, weil dies niederwertige Arbeit sei. Freiwillig macht sie es nicht, nur wenn ich es anweise. Nun habe ich schon ein bißchen rumgelesen und erfahren, dass ich niederwertige Tätigkeit nicht anweisen kann. Gilt das auch, wenn es sich nur um einen kurzen Zeitraum (2 Wochen) handelt? Und ist normale Geschäftsstellentätigkeit immer niederwertig zu E 9? Hat einer von Euch da Erfahrungs- oder Erlebnisberichte?

    Schönen Tag für alle.

  • Soweit ich das weiß, muss für eine bestimmte Eingruppierung nur ein gewisser Teil der Tätigkeit höherwertig sein.

    In der Regel ist klar definiert, welche Tätigkeiten als höherwertig angesehen werden. Man muss dann darauf achten, dass genügend höherwertige Tätigkeiten verbleiben um die Eingruppierung weiterhin zu rechtfertigen.

    Kurzfristig ist es aber zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs immer möglich auch andere Tätigkeiten verrichten zu lassen. Wie lange dies möglich ist, müsstest du noch einmal gesondert prüfen. Sämtliche Regelungen müssten sich aus dem Tarifvertrag entnehmen lassen.

  • Mittlerer Dienst und E 9? :gruebel: In hiesigen Breiten erfolgte die Einstufung der Serviceeinheiten bis maximal E 8.


    Geht !

    Entspricht A9 mD; für überwiegende Tätigkeit z.B. in der Ausbildung, Wahrnehmung von Aufgaben gD in der Verwaltung oder halt eben auch Kosten und Anweisungen ( Sachverst. ect. ).

  • Hallo,

    es gibt im Beamtenbereich Entscheidungen, nach denen man auch über einen gewissen Zeitraum hinweg eine nicht amtsangemessene Beschäftigung erdulden muss. Es darf halt nicht auf Dauer sein (BVerwG 2 C 26.05). Daher sollte über 2 Wochen eigentlich nicht diskutieren :cool:.

    Gruß Grottenolm

    Don't turn your back, don't look away and don't blink! Dr. Who

  • Abgesehen davon, dass Dinge für die Beamte gelten, nicht zwangsläufig auch für Angestellte gelten müssen, steht in der vorgenannten Entscheidung des BVerwG auch nicht wirklich das Angegebene drin.

  • Ich habe bei uns mitgekommen, dass Angestellte höher gruppiert worden sind, wenn über 50 % schwierige Tätigkeiten machen.

    Vielleicht könntest du einen Kompromiss hinbekommen, dass die Angestellte 5 Stunden Kostensachen macht und die restlichen drei Stunden in der Serviceabteilung hilft?
    Ich denke, dazu müsste die Angestellte auf jeden Fall verpflichtet werden können.

  • Wenn es sich um eine Angestellte handelt, ist dies eine Frage des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Hierzu habe ich gerade im Internet gefunden:

    "Angestellten im öffentlichen Dienst können in der Regel durch Arbeitgeberweisung alle Tätigkeiten übertragen werden, die die Merkmale der für sie maßgebenden Entgeltgruppe erfüllen. In Ausführung des Direktionsrechts kann der Arbeitgeber in den arbeitsvertraglichen Grenzen die vom Beschäftigten geschuldete, also die von ihm "auszuübende Tätigkeit", konkretisieren. Im Umkehrschluss ist es daher unzulässig, im Rahmen des Direktionsrechts Aufgaben zuzuweisen, die den Tätigkeitsmerkmalen einer niedrigeren Entgeltgruppe entsprechen" (http://Haufe.de/Öffentlicher Dienst).

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Das betrifft doch hoffentlich nur die dauerhafte Übertragung - da ist es ja klar, dass das nicht erlaubt ist. Aber eine für 2 Wochen befristete Übertragung in einem Vertretungsfall? Da kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass das so gilt. Das oberste Gebot ist doch immer, dass der Dienstbetrieb aufrecht erhalten bleiben muss und wenn das bedeutet, dass eine Angestellte mal ein wenig in einem anderen Bereich aushelfen soll/muss, muss das doch möglich sein!


    Davon mal abgesehen scheint es ja bei euch am Gericht richtig kollegial zuzugehen, wenn man sich da wegen 2 Wochen Unterstützung in einem anderen Bereich so anstellt...

  • Man könnte es auch unter dem Aspekt: "Wehret den Anfängen" sehen.
    Wenn die Mitarbeiterin heute zwei Wochen hilft, hat sie schlechte Karten, sich bei dem nächsten Hilfeeinsatz "zu drücken".

    Ich denke aber, wenn man mit den Leuten redet und nur eine teilweise Hilfe bei einer "niederen" Tätigkeit einfordert, müsste es auf jeden Fall mit dem Direktionsrecht vereinbar sein.
    Aus dem Tarifvertrag muss sich doch genau ergeben, wieviel Tätigkeiten im "schwierigen" Bereich gemacht werden muss, um die Kriterien zu erfüllen. Das würde ich als Verwaltung auch beachten.

  • Ich mache kein Tarifrecht, aber müsste die Eingruppierung nicht nur für die eigene Tätigkeit gelten? Die Vertretungstätigkeit müsste da doch gar nicht reinzählen und kann daher auch nicht die der Angestellten eigentlich zugewiesene Arbeit "drücken" können.:gruebel:

    Wir taumeln durch die Straßen, so als wären wir jung und schön.

  • Ich sehe das wie Sonnenkind. Über das Direktionsrecht wird die gemäß Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung näher konkretisiert. Das Direktionsrecht kann nicht dazu herangezogen werden, eine gemäß Arbeitsvertrag nicht geschuldete Arbeitsleistung (vorübergehend) zu erbringen.

  • Im Grundsatz sehe ich es wie gegs. In den Arbeitsverträgen ist die Entgeltgruppe enthalten, dementsprechende muss die Person "artgerecht" mit den dieser Entgeltgruppe entsprechenden Tätigkeiten zu mindestens 50% beschäftigt werden.

    Sollen vorübergehend Tätigkeiten einer niedrigeren Entgeltgruppe wahrgenommen werden, kann man sich bezüglich der Fristen eventuell mit § 18 TVÜ-L behelfen, der Aussagen zur vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten trifft.
    Danach ist nach spätestens sechs Monaten eine Umgruppierung in die passende Entgeltgruppe fällig (der, wenn es um weniger Geld geht, die Angestellte verständlicherweise nie zustimmen würde) Aus eine Fortbildung weis ich noch, dass bei höherwertiger Tätigkeit bereits ab dem zweiten Monat die Differenz zwischen der alten und der neue Entgeltgruppe als persönliche Zulage zu zahlen ist.

    Daher kann man im Umkehrschluss meines Erachtens für maximal eine Monat geringer bewertete Tätigkeiten mit einem Anteil über 50 % anordnen.

  • Tja, wie schon geschrieben: Solange die ihre mehr als 50 % schwierige Tätigkeit behält, kannst du auch andere Tätigkeiten via Direktionsrecht ausüben lassen.

  • Ein Tarifbeschäftigter unterliegt auf jedem Fall dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers. Insofern darf der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer alle Aufgaben übertragen, die vom Arbeitsvertrag gedeckt werden. Das gilt sogar unabhängig von der im Arbeitsvertrag festgehaltenen Entgeltgruppe, denn diese ist lediglich deklaratorisch, da sich die Eingruppierung gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 TV-L allein danach bemisst, welche Tätigkeit der Beschäftigte überwiegend und nicht nur vorübergehend auszuüben hat.
    Daraus ist ersichtlich, dass Vertretertätigkeiten, ob höher- oder niederwertig, das Entgelt ersteinmal nicht beeinflussen.
    Bei dauerhaft zu übertragender Tätigkeit wird es brenzlich. Sind die Tätigkeiten höherwertiger als bisher, folgt ein einklagbarer Anspruch auf höheres Entgelt. Aber auch niederwertige Tätigkeiten bergen Gefahr. Denn der Beschäftigte hat dann folgerichtig nur noch Anspruch auf ein niedrigeres Gehalt.
    In beiden Fällen wäre übrigens die Personalvertretung noch vor der dauerhaften Aufgabenübertragung zu beteiligen.

    Im Ausgangsfall sehe ich daher keine Probleme, der Mitarbeiterin die Geschäftstellentätigkeiten vertretungsweise zu übertragen. Für eine Dauerlösung wäre noch zu schauen, ob es sich um eine kleine oder große E9 handelt.

  • Das Problem hat sich erstmal gelöst, da die Betroffene jetzt krank ist und daher nicht vertreten kann. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. :)

    Aus der Vielzahl der hiesigen Antworten und verschiedenen Gesprächen und Hinweisen von anderen Leuten nehme ich für mich mit, dass eine vorübergehende Übertragung von niederwertiger Tätigkeit möglich ist. Man sollte darauf achten, den Bogen nicht zu überspannen, aber zwei Wochen sind kein Problem.

    Beste Grüße an alle und herzlichen Dank an alle, die sich Gedanken gemacht und im besten Falle auch noch geantwortet haben! :daumenrau

  • Ich hole das Thema mal hoch:
    Können Rechtspfleger vom Geschäftsleiter angewiesen werden, für einen begrenzten Zeitraum eine Tätigkeit der Geschäftsstelle/mD mit zu übernehmen?


    Kommt aus meiner Sicht auf das Beamtengesetz des entsprechenden Bundeslandes an. Grundsätzlich ist es schon möglich, aber wohl durch den Direktor als Dienstvorgesetzten die Weisung nötig.

  • In BRB müßte im Landesbeamtengesetz einschlägig sein:

    [h=4]§ 28
    Umsetzung[/h]

    Dem Beamten kann aus dienstlichen oder persönlichen Gründen innerhalb derselben Dienststelle ein anderer Dienstposten dauernd oder zeitweilig übertragen werden (Umsetzung). Der neue Dienstposten kann nur innerhalb der Laufbahn und unter Beibehaltung des Amtes zugewiesen werden; § 29 Abs. 2 gilt entsprechend. Vor der Umsetzung soll der Beamte gehört werden.

    [h=4]§ 29
    Abordnung[/h]

    ...(2) Aus dienstlichen Gründen kann der Beamte vorübergehend ganz oder teilweise auch zu einer nicht seinem Amt entsprechenden Tätigkeit abgeordnet werden, wenn ihm die Wahrnehmung der neuen Tätigkeit aufgrund seiner Vorbildung oder Ausbildung zuzumuten ist. Dabei ist auch die Abordnung zu einer Tätigkeit, die nicht einem Amt mit demselben Endgrundgehalt entspricht, zulässig. Die Abordnung nach den Sätzen 1 und 2 bedarf der Zustimmung des Beamten, wenn sie die Dauer von drei Jahren übersteigt.
    ...


    Gibt es in Hessen keine ähnliche Regelung? Würde mich überraschen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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