BRH für außergerichtliche Schuldenregulierung

  • Hallo,

    ich habe einen Schuldner, der ehemals selbständig ist. Ich bin beim ersten Durchsehen seiner Unterlagen schon auf 17 Gläubiger gekommen und könnte mir vorstellen, dass da noch der eine oder andere, also über 19, dazukommt. Ich werde jetzt Beratungshilfe beantragen. Meine Frage:

    Was ist, wenn sich mehr Gläubiger finden und wir einen Regel-Inso-Antrag stellen müssen. Bleibt es dann bei der Beratungshilfe obwohl das außergerichtliche Verfahren nicht vorgeschrieben ist?

    Danke vorab.

    Liane

  • Wenn Beratungshilfe einmal bewilligt wurde, wird sie wegen späterer Änderungen tatsächlicher Verhältnisse nicht wieder aufgehoben.

  • Ich bin beim ersten Durchsehen seiner Unterlagen schon auf 17 Gläubiger gekommen und könnte mir vorstellen, dass da noch der eine oder andere, also über 19, dazukommt.

    Keine Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen bei den bereits bekannten Gläubigern (§ 304 Abs. 1 S. 2 InsO)?

    Bekäme man denn BRH für einen Regel-Inso-Kandidaten, wenn er zunächst die außergerichtliche Einigung versuchen will?

    Das Problem wird sein: er muss das für die Regelinso nicht. Selbst wenn es ein substantielles Angebot gibt (zweckgebundene Zahlung von dritter Seite für den Fall der außergerichtlichen Einigung o.ä.), sind ehemalige Selbständige, die in die Regelinso fallen, faktisch außen vor, da BerH ausfallen dürfte und meines Wissens nur sehr wenige Schuldnerberatungen sich auch dieser Klientel annehmen.

    Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist das irgendwo schon absurd, eine masselose Regelinso mit Stundung kostet dann bei 16-20 Gläubigern für eröffnetes Verfahren und sechs angefangene Jahre WVP ca. € 2.500,00 Vergütung des IV/TH aus öffentlichen Kassen. Außergerichtliche Einigung beim Verbraucher kostet natürlich auch Geld: wenn sie erzielt wird, schön - wenn sie nicht erzielt wird, eigentlich auch egal, da es dann Sowieso-Kosten wegen des notwendigen Einigungsversuchs sind.

    Schwer verständlich wird das dann auch vor dem Hintergrund, dass immer mehr Schuldner in der Regelinso eigentlich "verkappte" Verbraucher sind, da manchmal nur Klein(st)beträge den Unterschied zwischen Regel- und Verbraucherinso ausmachen.

    Platter Vergleich:

    A hatte in den Jahren 2005-2006 erfolglos eine Kneipe betrieben und stellt 2015 einen Inso-Antrag. Verbindlichkeiten aus Brauereidarlehen, Krediten und allem, was sonst noch so in Betracht kommt, € 50.000,00. Da er in den letzten Monaten vor Betriebsaufgabe die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für eine Teilzeitkraft nicht abgeführt hatte, sind darin insoweit € 1.000,00 Krankenkassenforderung enthalten. Ergebnis: Regelinsolvenz.

    B hat seit vielen Jahren über seine finanziellen Verhältnisse gelebt (ist und war aber nie selbständig tätig) und stellt 2015 einen Inso-Antrag. Verbindlichkeiten aus Bankkrediten, Kreditkartenschulden, Versandhausschulden € 50.000,00.

    Wenn es nun einen wohlmeinenden Bekannten/Freund/Verwandten gibt, der A oder B € 5.000,00 zweckgebunden für einen außergerichtlichen Vergleich mit den Gläubigern zur Verfügung stellt (Annahme: A und B sind dauerhaft nicht liquide, mit anderen Worten: kein pfändbares Einkommen zu erwarten), kann A sehen, wie er das hinbekommt, während B mittels BerH oder auch Schuldnerberatung entsprechende Unterstützung mittels Finanzierung aus öffentlichen Kassen in Anspruch nehmen kann.

    Ist jetzt etwas von der Fragestellung abgerückt, wollte ich aber mal sagen. ;)

  • Bekäme man denn BRH für einen Regel-Inso-Kandidaten, wenn er zunächst die außergerichtliche Einigung versuchen will?

    Nein, siehe BREamter. Ich würde das unter "Keine Wahrnehmung von Rechten" subsumieren, da es eben zum einen keinen gesetzlich normierten Anspruch auf die außergerichtliche Einigung bei de facto bestehenden, zugestandenen Verbindlichkeiten gibt und es zum anderen für die Regel-Inso kein Zulässigkeitserfordernis darstellt. Beim Verbraucher ergäbe sich der Anspruch ja unmittelbar aus § 305 InsO.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ich muss sagen, dass die Behandlung der "Regel-Inso"-Kandidaten m. E. rechtlich nicht durchdacht ist. Ich mache gerade ein Praktikum in einer öffentlich anerkannten Stelle. Dort erhält dieser Personenkreis keine Beratung, man erklärt den Schuldnern nur, dass sie selbst den Antrag stellen können und gibt ein abgespecktes Formular mit. Die Beratung, wie sich die Schuldner im Verfahren verhalten müssen, welche Pflichten und Obliegenheiten sie haben usw. erfolgt nicht. Wenn der Schuldnerberater einen guten Tag oder Zeit hat, dann wird mal der Ablauf kurz erklärt, aber das war es dann auch. Wenn diese Schuldner auch keine BRH erhalten, dann sieht es für viele doch schlecht aus. Danke für Eure Beiträge.

  • Im Insolvenz(antrags)verfahren eines Regelinsolvenzverfahrens erfolgen durch das Gericht und den Gutachter / vorl. Insolvenzverwalter / Insolvenzverwalter derart viele Erklärungen und Belehrungen, dass bei ein bisschen guten Willen des Insolvenzschuldners fast nix mehr schief gehen kann.

    Eine Regelungslücke besteht wirklich, wenn ein Unternehmer eine außergerichtliche Schuldenbereinigung durchführen will. Aber mal ehrlich. Wenn ein wohlmeinender Dritter einen Geldbetrag zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stellt, wird er wohl auch eine moderate Anwaltsrechnung bezahlen.

    Im Übrigen gibt es bei mir eine kurze Beratung, "wie gelange ich als Unternehmer ins Insolvenzverfahren" aus Gewissensgründen und wegen meines Karmas zum Nulltarif.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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