Vorschuss Insolvenzverwalter

  • Hallo liebe Kollegen,

    ich stehe grad total auf der Leitung! Ihr könnt mir mit Sicherheit helfen:

    Ich habe einen Antrag auf Zustimmung der Entnahme eines Vorschusses auf dem Tisch i. H. v. 50.000,00 EUR netto. Soweit so gut. Der IV war bereits vorläufiger Insolvenzverwalter, hat seine Tätigkeit insoweit aber noch nicht abgerechnet. Auch OK. Nun hat er als Berechnungsgrundlage für den Vorschuss 500.000,00 EUR genommen. Ich bin damit einverstanden, dass Berechnungsgrundlage der Wert ist, auf den sich die Schlussrechnung bezieht. Das bedeutet die Summe aller Einnahmen aus der Verwertung und dem Zuerwerb während der Dauer des Insolvenzverfahrens. 200.000,00 EUR hat er in der vorläufigen Insolvenz eingenommen, 300.000,00 EUR ab IÖ. Ist es denn richtig, dass er das jetzt addiert und 500.000,00 EUR als Berechnungsgrundlage nimmt? Wenn er irgendwann mal seine vorläufige abrechnet, ist die Berechnungsgrundlage 200.000,00 EUR. Ich hätte jetzt gedacht, dass Berechnungsgrundlage für seine Tätigkeit im eröffneten Verfahren 300.000,00 EUR ist, weil er das ja ab Eröffnung eingenommen hat. Wenn tatsächlich 500.000,00 EUR Berechnungsgrundlage für die Vergütung im Insolvenzverfahren und damit für den Vorschuss ist, wird er ja doppelt vergütet?! Seh ich das falsch?

    Vielen Dank für Eure Antworten

  • Wenn er die 200.000 EUR als Übernahme Guthaben von der vIV mit in die IV genommen hat, ist dies korrekt, also die Einnahmen abzgl. der Ausgaben. Denn das ist dann im Insolvenzverfahren angekommen.

    (Wobei die Berechnungsgrundlage für die vIV (mit einigen Abstrichen) das verwaltete Vermögen ist und nicht das, was man im Zeitraum der vIV bereits realisiert hat).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich stimme mit La Flor de Cano bei der Berechnungsgrundlage überein. Das von Dir gesehene Problem der Doppelvergütung wird über einen Abschlag nach § 3 InsVV wegen Ausführung der vorläufigen Insolvenzverwaltung geregelt.

    Mir erscheinen 50.000,- Euro netto bei einer Grundlage von 500.000,- Euro gleichwohl ein bischen viel:

    § 2 InsVV:
    40% der ersten 25.000 Euro = 10.000,- Euro
    25% der zweiten 25.000 Euro = 6.250,- Euro
    7% der nächsten 200.000,- Euro =14.000,- Euro
    3% der letzten 250.000,- Euro = 7.500,- Euro

    = Summe: 37.750,- Euro, davon geht ein Abschlag für die vorläufige Insolvenzverwaltung runter (früher mal rund 25%, würden hier noch verbleiben 28.312,50 Euro, bis 50.000,- Euro ist da noch ein ganzes Stück Luft)

    Nun kommen Auslagen in unbekannter Höhe dazu. Zuschläge ohne aussagekräftige Zwischenrechnung bereiten mir ein wenig Bauchschmerzen, aber möglicherweise hat er ja was dazu geschrieben.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Der BGH geht davon, dass der Abschlag von 5 - 20% bei einer vIV gerechtfertigt sein kann.

    Zur genaueren Bestimmung des Vorschusses:

    Aus der geschätzten Berechnungsverfahren zum Ende des Verfahrens der Regelsatz. Hierzu Zu- und Abschläge.
    Abschätzung des bereits erledigten Anteils der Tätigkeiten zu den noch zu besorgenden Arbeiten in%. BGH- Beschluss liefere ich nach.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Auch mir erscheint die Höhe des Vorschusses etwas (zu) hoch. Woher stammen denn die 300k ab Eröffnung? Wenn diese zumindest teilweise im Zusammenhang mit einer Betriebsfortführung stehen, dürfte nur der Überschuss in die Berechnungsgrundlage eingehen. Dann käme man wohl gar nicht hin. Der Antrag auf den Vorschuss sollte das schon nachvollziehbar begründen können.

  • Vielen Dank für Eure tollen Antworten!!

    Ja, er hat das Bankguthaben übernommen aus der vorläufigen also Einnahmen abzgl. Ausgaben.
    Er hat eine Auffanggesellschaft gegründet und extrem viel geregelt, es sind viele Arbeitnehmer in dem Betrieb, Ratenzahlungen laufen bis zum Jahr 2019. Es handelt sich um seinen sehr guten Insolvenzverwalter und um ein relativ großes Verfahren. Ich bin grundsätzlich auch etwas knauseriger mit Zuschlägen, trotzdem habe ich mit der Höhe des Vorschusses kein Problem, wobei ich stark davon ausgehe, dass er zum einen die Berechnungsgrundlage noch deutlich erhöht und ich auch Zuschläge in nicht unbeträchtlicher Höhe zusprechen werde. Ich weiß nicht, was er letzten Endes in vier Jahren an Zuschlägen beantragen wird aber ich würde jetzt schon aus dem Bauch heraus sagen, dass für mich 100 % OK wären. Der IV hat in diesem Verfahren ja auch noch überhaupt nichts bekommen. Der Vorschuss ist schon kalkuliert und überlegt seitens des IV, er war auch persönlich hier und hat den Antrag abgegeben (natürlich :D) und mir gesagt, dass ihm bewusst ist, dass der Vorschuss höher ist als die Regelvergütung und das vielleicht etwas doof aussieht, aber er ja die Zuschläge noch nicht berücksichtigt hat usw.
    Also wie gesagt mit der Höhe des Vorschusses habe ich überhaupt kein Problem und wenn das mit der Berechnungsgrundlage OK ist, dann habt ihr mir schon sehr geholfen, vielen Dank!!

  • Ach so: Und die Berechnungsgrundlage ist bis jetzt ganz genau 572.400,00 EUR, also noch etwas höher als von mir genannt. Ich hatte die Beträge nur vereinfacht dargestellt.

  • Ach so: Und die Berechnungsgrundlage ist bis jetzt ganz genau 572.400,00 EUR, also noch etwas höher als von mir genannt. Ich hatte die Beträge nur vereinfacht dargestellt.

    Bei der Berechnungsgrundlage kommen 39.198 EUR Regelvergütung heraus. Wenn man jetzt schon absehen kann, dass es mindestens 100% Zuschlag geben wird, ok.

    Ich sehe leider einige Verfahren, bei denen es bereits reichlich Zuschüsse gab und irgendwie zum Ende dann die Motivation des Verwalters - gerade zum recht aufwendigen Abschluss hin - gelitten hat. Daher wäre ich, wenn ich es denn zu entscheiden hätte, wahrscheinlich noch zurückhaltender mit Vorschüssen als Du.

  • Ja, ich finde auch man sollte immer vorsichtig sein. Aber bei unserem AG sind Vorschüsse grundsätzlich Ausnahmen, die IV wissen das. Ich weiß nicht genau warum, liegt wahrscheinlich an meinem Vorgänger ... Bin noch nicht einmal ein Jahr hier. Aber ich finde das natürlich gut, weil ich auch kein Bock hab, ständig Vorschüsse festzusetzen. Das ist jetzt in meiner kompletten Zeit der zweite Vorschuss und der erste von dem IV. Das Verfahren ist sein "Baby", das merkt man, deshalb glaub ich nicht, dass die Motivation nachlässt. Der IV ist auch von der Person einer, der sich immer anstrengt und das beste versucht herauszuholen, weil er auch einfach vom Charakter her den Anspruch an sich selbst hat. Mein Gewissen ist in diesem Verfahren "rein" :)

  • Zur Bestimmung des Vorschusses: BGH IX ZB 53/02, LG Göttingen 10 T 40/01


    Ich will nicht bösartig sein, aber im Zeitalter der Babyklappe ist alles möglich. Dann hoffen wir mal, dass es nicht zur Situation kommt, die hier zum Problem wurde: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…g%FCtungsantrag


    Das ist zwar ein Problem, jedoch kann auch die Nichtgewährung eines Vorschusses zum Problem werden: IX ZR 190/13

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Hallo, ich hänge mich hier mal ran...

    Mir geht es vor allem um die Höhe des zu gewährenden Vorschusses... Der IV teilt mit, dass Verfahren sei weitestgehend abgeschlossen und er hält einen Vorschuss von 100 % der Regelvergütung für angemessen!? Das sehe ich anders - ich möchte ihm eigentlich auf gar keinen Fall 100 % festsetzen!!! Ich denke mal, wenn man Graeber/Graeber InsVV Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung - Kommentar - liest, ist das auch gerechtfertigt, denn dort steht sinngemäß, dass 100% dann zu gewähren wären, wenn die Schlussrechnung dem Gericht bereits vorliegt und es in dessen (zeitlichen) Ermessen liegt, wann die Prüfung und somit die endgültige Festsetzung der Vergütung erfolgen. Das ist bei mir ja nicht der Fall, daher scheue ich mich, dem IV bereits jetzt 100% der Regelvergütung (bzw. die Differenz dazu, denn der IV hat bereits einen Vorschuss erhalten) als Vorschuss zu gewähren... Ist jemand anderer Meinung oder kann ich meine so vertreten (ggf. tendiere ich dazu, sie dem IV telefonisch darzulegen - aber ich habe eben keine wirkliche Begründung)!?

  • 100% der Regelvergütung bedeutet ja nicht, dass er 100% der Vergütung haben will, kann ja durchaus sein, dass hier ein 125% Regelsatz angemessen ist.


    Möge der Verwalter doch begründen:

    Ein zu bewilligender Vergütungsvorschuß soll die bis dahin erbrachte Tätigkeit des Insolvenzverwalters abgelten. Die Höhe ist jedenfalls bei ausreichender Liquidität der Insolvenzmasse regelmäßig unter Berücksichtigung der Berechnungsmerkmale der §§ 1 bis 3 InsVV zu bestimmen, BGH vom 01.10.2002, IX ZB 53/02.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Das kommt auf das Verfahren an und auf die Berechnungsgrundlage, die der Verwalter ansetzt. Wenn in dem Verfahren erhebliche Zuschläge im Raum stehen und/oder der Verwalter als Berechnungsgrundlage nicht die voraussichtliche Masse bei Verfahrensende sondern die bisher erzielten Einnahmen oder den aktuellen Kontostand(*) nimmt, dann gebe ich auch schon mal 100%, weil für mich dann klar ist, dass die Vergütung bei Schlussrechnungslegung auf jeden Fall höher sein wird.

    Ist es aber ein "08/15"-Verfahren würde ich auch nicht auf 100% gehen. Als Begründung kannst Du ruhig angeben, dass der Vorschuss nicht höher als die voraussichtliche Vergütung sein soll und auch nur die bisher geleistete Arbeit abdecken soll.

    (*)aber Vorsicht, wenn da auf dem Konto noch Gelder schlummern, die an Aussonderungsberechtigte auszukehren sind...

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Mir geht es vor allem um die Höhe des zu gewährenden Vorschusses... Der IV teilt mit, dass Verfahren sei weitestgehend abgeschlossen und er hält einen Vorschuss von 100 % der Regelvergütung für angemessen!? Das sehe ich anders - ich möchte ihm eigentlich auf gar keinen Fall 100 % festsetzen!!!

    Ich verstehe das Problem nicht, vor allem, wenn es objektiv zutrifft, dass das Verfahren weitestgehend abgeschlossen ist. Hier geht es um Geld, das er früher oder später sowieso bekommen würde. Warum dann jetzt die Differenz z.B. zu 80 % bewilligen und den Rest, falls der Schlussbericht länger liegt?

    den aktuellen Kontostand(*) nimmt,

    (*)aber Vorsicht, wenn da auf dem Konto noch Gelder schlummern, die an Aussonderungsberechtigte auszukehren sind...

    Wir haben den Verwaltern schon vor längerer Zeit von uns aus kommuniziert, dass Vorschussanträge nach dem aktuellen Kontostand, soweit freie Masse (worüber sich zu erklären ist), gestellt werden sollten. Damit haben sich sowohl Anfragen, ob es genehm wäre, wenn ein Vorschuss beantragt wird, als auch seitenlange Vorschussanträge erledigt.

  • stimme zu

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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