Pfändung an der Quelle

  • Guten Morgen!

    Ich habe hier eine eigenartige Akte bzw. Antrag liegen.

    Durch vorliegenden Pfüb wurde das Konto der Schuldnerin gepfändet. Der gleiche Gläubiger hat bereits das Arbeitseinkommen gepfändet, also liegt ja hier eine Pfändung an der Quelle vor. Seit Dezember 2013 zahlt der DS, also die Bank, den den unpfändbaren Betrag übersteigenden Teil des Arbeitseinkommens weder an die Schuldnerin noch an den Gläubiger aus, sondern behält das einfach ein (warum weiß keiner so genau). Die Schuldnerin konnte immer nur über die 1.045,04 € verfügen, der Rest liegt halt einfach auf dem Konto.

    Nun kam der Antrag des Schuldnervertreters, den mittlerweile auf diese Weise aufgelaufenen Betrag freizugeben, da es sich ja um unpfändbares Arbeitseinkommen handelt.

    Ich bin nun leicht überfordert. Klar ist der Betrag insgesamt unpfändbares Arbeitseinkommen, aber kann ich das alles jetzt noch freigeben?! Ich frage mich, warum dieser Antrag nicht schon eher gestellt wurde und nicht jetzt erst, nach über einem Jahr. Kann ich hier § 850 k Abs. 1 S. 3 ZPO anwenden und sagen, dass eine Freigabe des kompletten Betrages nicht mehr möglich ist?

    Ich hab einen Knoten im Kopf. :D Bitte steinigt mich nicht, wenn ich den Wald vor lauter Bäumen nicht sehe.

    Vielen Dank im Voraus!

    Einmal editiert, zuletzt von verrückte Katzenfrau (4. Februar 2016 um 13:30)

  • Also, ich würde mich da nicht so verrückt machen. Dass Gelder, die eindeutig nicht vom Freibetrag gedeckt sind, nicht an den Gläubiger ausgekehrt werden, sondern wochen- und monatelang aus (vollstreckungsgerichtlicher Sicht) nicht nachvollziehbaren Gründen einfach einbehalten werden von Banken, ist mir schon häufiger untergekommen. Das weckt natürlich (leider) Begehrlichkeiten seitens der Schuldner.

    M. E. kann keine rückwirkende Freigabe erfolgen. Ich würde den Antrag hier ganz normal behandeln, die ZV einstellen und dann freigeben, was vom Arbeitgeber XY aufs Konto geht (ohne Angabe eines konkreten Betrages).

  • Vielen Dank für deine Antwort!

    Es geht hier allerdings leider nur noch um den bisher einbehaltenen Betrag. Die Schuldnerin arbeitet nicht mehr, sodass auch die Pfändung an der Quelle ins Leere läuft. (Sorry, hab ich oben vergessen, anzugeben.) :(

  • Ich kann nur sagen, dass mir eine Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Freigabe nicht bekannt ist. Das Gesetz sagt dazu nichts, weil ein solcher Fall eigentlich nicht eintreten dürfte. Käme also max. § 765 a ZPO in Frage. Auch hierfür liegen die Voraussetzungen m. E. nicht vor. Der Kontopfändungsschutz hat doch das Ziel, den regelmäßigen Lebensunterhalt des Schuldners sicherzustellen. Wenn der Schuldner über 1 Jahr das Geld für seinen Lebensunterhalt offensichtlich nicht gebraucht hat, weiß ich nicht, was gegen eine Pfändung spricht. Jedenfalls kann es nicht dem Gläuber zum Nachteil gereichen, wenn der Drittschuldner seiner Verpflichtung auf Auszahlung der gepfändeten Beträge nicht nachkommt. Ich würde den Antrag zurückweisen. (Was sagt denn der Gläubiger dazu?)

  • Der Antrag des Schuldnervertreters bzw. dessen Begründung ist schon falsch: Es handelt sich NICHT um unpfändbares Arbeitseinkommen. Wenn es nämlich auf dem Konto ist, ist es Kontoguthaben. In diesem Falle pfändbar, weil eben nur ein Freibetrag in Höhe des Sockelbetrages besteht und die Schuldnerin schlicht zu spät den Hintern hoch bekommen hat.

  • Nur wenn man bereits bei der Antragstellung die einstweilige Einstellung beantragt, kann der unpfändbare Restbeitrag (zwischen Grundfreibetrag und dem was vom Arbeitgeber kommt) festgehalten werden. Es handelt sich mit dem Eingang um Kontoguthaben. Ohne die einstweilige Einstellung gilt die Änderung des Freibatrages erst ab der Entscheidung. Ansonsten ab damit an den Gl (da kann die ZwaVo auch mal Spass machen). Für die Ungeschicktheit des Schuldnervertreters kann der Gl nichts.

  • Für die Ungeschicktheit des Schuldnervertreters kann der Gl nichts.

    Ich denken nicht, dass es sich hier nur um eine Ungeschicktheit handelt. Ich gehe eher davon aus, dass hier nicht beachtet wurde, dass aus dem Arbeitseinkommen eben ein Kontoguthaben wird. Und dass es dann für für Pfändungen von Kontoguthaben andere Vorschriften gibt, als bei Pfändung von Arbeitseinkommen. Es handelt sich ja eben nicht mehr um "unpfändbares Arbeitseinkommen", wenn der Betrag auf dem Konto eingeht.

    Der Gläubiger sollte mal flott zusehen, dass er den Drittschuldner auf Auszahlung verklagt und gut. Einfach zurückbehalten geht ja nun mal nicht.

  • Super, ich danke euch!

    Den Gedankengang hatte ich eben auch. Grundsätzlich würde es sich um unpfändbares Arbeitseinkommen handeln, wenn die Schuldnerin den Antrag rechtzeitig gestellt hätte. Da sie das aber nicht getan hat, hat sie Pech. Der Antrag bezieht sich nur noch auf diesen einbehaltenen Betrag; als er gestellt wurde, hat die Schuldnerin schon nicht mehr gearbeitet.

    Der Gl. wurde schon angehört; er hat natürlich die Zurückweisung des Antrages beantragt.

    Ich werde jetzt nochmal dem Schuldnervertreter schreiben und ihn darauf hinweisen, dass eine Freigabe wohl nicht in Betracht kommt. Mal schauen, was er dazu sagt.

  • ... deswegen ja noch das WENN dahinter. ;) Aber du hast schon Recht. ;) Aber wir meinen ja das gleiche. Mal schauen, was da kommt.

  • Hallo,
    ich habe eine kurze Frage hierzu, die ganze Sache ist mir noch nicht ganz klar.
    Die den Sockelbetrag übersteigenden Gutschriften aus bereits gepfändetem Arbeitseinkommen sind pfändbar, das sehe ich ein. Diese pfändbaren Beträge zahlt die Bank jedoch nicht aus, weil der Schuldner über diese Beträge im Folgemonat verfügen kann. Im darauffolgenden Monat kommt es zur gleichen Problematik, aber wieder kann der Schuldner im darauffolgenden Monat über den im Vormonat pfändbaren Betrag verfügen. Das Ganze kann sich über Monate hinweg wiederholen, sodass sich gewisse Beträge auf dem Konto des Schuldners aus den Gutschriften resultierend aus den unpfändbaren Einkommensanteilen ansammeln können. Wenn der Schuldner irgendwann über eben diese angesammelten und für die Bank derzeit nicht an den Gläubiger (und Schuldner) auszahlbaren Beträge verfügen möchte und daher einen Antrag auf Freigabe stellt, warum scheidet dann eine Freigabe aus? Der angesammelte Betrag resultiert doch aus Gutschriften aus bereits gepfändetem Arbeitseinkommen und ist tatsächlich auch noch zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhanden. Kann nicht eine einmalige Freigabe in Höhe des zurückbehaltenen Betrages auch jetzt noch erfolgen und zudem eine Freigabe der von dem Arbeitgeber überwiesenen Beträge für die Zukunft?

    LG

  • Über die den Sockelbetrag übersteigenden Beträge kann er nicht verfügen im Folgemonat, die wären von der Bank immer auszukehren.

    Übertragbar sind nur die innerhalb des Sockelbetrages nicht verbrauchten Beträge.

  • Über die den Sockelbetrag übersteigenden Beträge kann er nicht verfügen im Folgemonat, die wären von der Bank immer auszukehren.

    Übertragbar sind nur die innerhalb des Sockelbetrages nicht verbrauchten Beträge.

    Vielleicht habe ich mich ungenau ausgedrückt. Ich meine das Guthaben gemäß §§ 850 k Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 835 Abs 4 ZPO. Übersteigt eine Gutschrift den Sockelfreibetrag, kann der Schuldner dieses übersteigende Guthaben im darauffolgenden Monat abheben (natürlich unter Anrechnung auf den Freibetrag dieses Monats und nicht zusätzlich zu seinem Freibetrag in diesem Monat).

  • Was sind denn das für Beträge, die den Freibetrag nach §850k Absatz 1 ZPO übersteigen, aber gemäß § 835 Absatz 4 ZPO nicht gepfändet werden dürften?
    Muss doch ein Spezialfall sein? :gruebel:

    Und wenn sie eh nicht der Pfändung unterliegen, dann brauchts doch eigentlich auch keinen förmlichen Beschluss.

    Also: Her mit dem Sachverhalt, dann hagelts auch Antworten.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Was sind denn das für Beträge, die den Freibetrag nach §850k Absatz 1 ZPO übersteigen, aber gemäß § 835 Absatz 4 ZPO nicht gepfändet werden dürften?
    Muss doch ein Spezialfall sein? :gruebel:

    Und wenn sie eh nicht der Pfändung unterliegen, dann brauchts doch eigentlich auch keinen förmlichen Beschluss.

    Also: Her mit dem Sachverhalt, dann hagelts auch Antworten.

    Okay dann versuche ich es mal anhand eines Beispiels deutlicher zu machen. Vielleicht habe ich ja auch einen Gedankenfehler, der sich anhand meines Beispiels offenbart :)
    Angenommen (um es einfacher zu machen) wir haben einen monatlichen Sockelfreibetrag nach §§ 850k Abs. 1 Satz 1, 835 Abs. 4 ZPO in Höhe von 1.000,00 € monatlich.
    Der Schuldner bezieht unpfändbares Arbeitseinkommen in Höhe von 1.200,00 € netto monatlich. Es erfolgte eine Pfändung an der Quelle und eine Pfändung des P-Kontos.

    Januar 2016
    Auf das Konto des Schuldners gehen im Januar 2016 diese 1.200,00 € ein.
    Der Schuldner hebt im Januar 2016 den maximalen Betrag in Höhe von 1.000,00 € ab.
    Somit verbleiben am Ende des Monats auf dem Konto 200,00 €. Diesen Betrag zahlt die Bank aber am nicht an den Gläubiger aus (§ 835 Abs. 4 ZPO).

    Februar 2016
    Im Februar 2016 befindet sich daher noch ein Guthaben in Höhe von 200,00 € dem Konto des Schuldners. Über dieses Guthaben darf der Schuldner ebenfalls verfügen (§ 850 k Abs. 1 Satz 2 ZPO).
    Auf das Konto des Schuldners geht im Februar 2016 wieder sein Arbeitseinkommen in Höhe von 1.200,00 € ein.
    Der Schuldner hebt im Februar 2016 1.000,00 € ab, und zwar zunächst die 200,00 € aus dem Vormonat und sodann 800,00 € aus dem Arbeitseinkommen für den Monat Februar.
    Somit verbleiben am Ende des Monats 400,00 € auf dem Konto des Schuldners. Diese 400,00 € darf die Bank wieder nicht an den Gläubiger auszahlen wegen § 835 Abs. 4 ZPO.

    März 2016
    Im Monat März 2016 hat der Schuldner daher Guthaben in Höhe von 400,00 € die er abheben darf. Zudem geht sein Arbeitseinkommen im März 2016 auf dem Konto ein in Höhe von 1.200,00 €.
    Schuldner hebt im März 2016 1.000,00 € ab.
    Somit würde am Ende des Monats März 2016 ein Guthaben in Höhe von 600,00 € auf dem Konto verbleiben, die die Bank wiederum nicht an den Gläubiger auszahlt (§ 835 Abs. 4 ZPO).

    April 2016

    Im Monat April 2016 kommt der Schuldner und beantragt eine Freigabe des von dem Arbeitgeber überwiesenen Einkommens und zudem eine einmalige Freigabe der 600,00 € aus dem Vormonat, damit er im April 2016 Guthaben in Höhe von 600,00 € + 1.200,00 € = 1.800,00 € abheben kann.

  • Das Ding löst man nicht über einen Freigabebeschluss, sondern über die (vom BGH bestätigte) Kopplung eines dynamischen P-Konto-Freibetrages.
    Auf Antrag setzt das VG fest, dass die vom Arbeitgeber bei Quellenpfändung als unpfändbar angesehenen Beträge gleichzeitig als voll auszuschöpfender Betrag auf dem Schuldnerkonto eingehen und von diesem verwendet werden dürfen. (siehe auch hier). Die Einschränkung des § 835 Absatz 4 ZPO ist hier nicht einschlägig.

    Denn bisher interessiert das P-Konto nicht, woher welche Beträge kommen - das muss es im Ergebnis auch nicht. Die Bank sieht: es kommt mehr rein als der Freibetrag - der Rest wird abgeführt.

    Lässt aber wie bei Dir, die Bank (ohne Rechtsgrund) Gelder auf dem Konto in der Schwebe, auf die weder Schuldner noch Gläubiger zugreifen können, ist das ein Problem der Bank. Ich weigerte mich in gleichgelagerten Fällen, die falsche Rechtsanwendung der Bank durch einen Beschluss zu legitimieren. Entweder sie überweist an den Gl oder lässt es dem Schuldner.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Solange das Vollstreckungsgericht aber keine Freigabebeschluss erteilt, geht der Mindesbetrag übersteigende Betrag an den Gl - ohne abzuwarten. Der Betrag zwischen 1000 und dem Mindestbetrag aus der Tabelle kann auf den nächsten Monat übertragen werden. Zunächst verbraucht der Sch diesen Übertrag. Und bis zur Entscheidung des Gerichts geht es so weiter. Angespart wird dabei nichts.

  • Solange das Vollstreckungsgericht aber keine Freigabebeschluss erteilt, geht der Mindesbetrag übersteigende Betrag an den Gl - ohne abzuwarten. Der Betrag zwischen 1000 und dem Mindestbetrag aus der Tabelle kann auf den nächsten Monat übertragen werden. Zunächst verbraucht der Sch diesen Übertrag. Und bis zur Entscheidung des Gerichts geht es so weiter. Angespart wird dabei nichts.

    Jetzt bin ich etwas verwirrt, insbesondere in Bezug auf den Beitrag von felgentreu. Was genau ist an der von mir dargestellten Beispiel denn falsch? In meinem Beispiel sind 600,00 auf dem Konto, die weder an den Schuldner noch an den Gläubiger ausgezahlt werden können, solange der Schuldner monatlich mindestens 600,00 € abhebt. Warum ist § 835 Abs. 4 ZPO nicht einschlägig? Wenn ich jetzt die Freigabe des vom Arbeitgeber überwiesenen Arbeitseinkommens anordne, dann darf der Schuldner ab Beschlussfassung monatlich (laut meinem Beispiel) 1.200,00 € abheben. Was aber passiert mit den 600,00 €, die noch auf dem Konto sind? Damit der Schuldner zusätzlich auch diese 600,00 € abheben kann, müsste doch ein extra Beschluss her, oder? Und da wären wir bei meiner Ausgangsfrage: Warum sollte ein solcher Beschluss nicht gehen wenn feststeht, dass diese (derzeit nicht auszahlbaren) Überhänge von dem Arbeitgeber kommen, der nur die unpfändbaren Einkommensteile auf das Konto des Schuldners überweist.

  • An Deiner Betrachtungsweise ist falsch, dass Du offenbar davon ausgehst, dass das der Schuldner wegen des P-Kontos ein niedrigeres unpfändbares Einkommen hat. Das ist falsch. Der Sockelfreibetrag besagt nur, dass für Einkünfte bis zu einer nach § 850c ZPO sowieso unpfändbaren Höhe kein besonderer Beschluss mehr erforderlich ist. Wenn der Schuldner ein unpfändbares Einkommen über dem Freibetrag hat, ist auf Antrag nach § 850k Abs. 4 S. 1 ZPO dieses freizugeben. Der Schuldner muss sich diesbezüglich nicht darauf verweisen lassen, mit Überträgen in Folgemonate, Freigabeanträgen jeden Monat aufs Neue etc. Rechenspiele zu veranstalten.

    Was aufgelaufen ist und abgeführt werden muss, ist weg, hätte der Schuldner sich eher darum kümmern müssen. Das ist eine böse Falle beim P-Konto, gerade beim Schuldner ohne Unterhaltspflichten und mit Nettoeinkommen > Grundfreibetrag: der denkt nach der Einrichtung/Umwandlung, dass alles super ist, erlebt dann aber eine böse Überraschung.

    Der Umstand, dass die Bank pflichtwidrig noch nicht an den Gläubiger abgeführt hat, kann nicht dazu führen, dass das Geld noch an den Schuldner freigegeben werden kann.

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