Erbvertrag bindend?

  • Der Erblasser schließt mit seinem Vater einen Erbvertrag in den fünfiziger Jahren.Nur der Erblasser verfügt: meine Verlobte soll für den Fall unserer Eheschließung befreite Vorerbin sein.Nacherben sollen meine Eltern sein.
    Es bleibt mir vorbehalten, zugunsten etwaiger ehelicher Abkömmlinge anderweitig zu testieren.

    Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers sind die Eltern längst verstorben.

    Die Ehe ist geschlossen und hat Bestand bis zum Tod des Erblassers.
    Es gibt einen Sohn.

    In der Folgezeit hat der Erblasser insgesamt 23 weitere notarielle Testamente errichtet; unter Widerruf aller bisheriger Verfügungen setzt er nun als Erben eine von ihm gegründete Stiftung ein, die den Zweck der Unterhaltung seiner Familie hat.
    Er ordnet Testamentsvollstreckung an und setzt Vermächtnisse für die Ehefrau , den Sohn und weitere Personen aus.Der Erblasser ist Inhaber verschiedener Firmen; der Wert beläuft sich auf über 10000000 EUR.
    Meine Zweifel: Konnte er überhaupt in dieser Form neu verfügen?

  • Ist wirklich nichts zur Bindung gesagt? Das ist sehr ungewöhnlich.
    Die Eltern sind beide verstorben, sie sollten "nur" Nacherben sein. Wenn also keine Ersatznacherben bestimmt sind, konnte der Erblasser nun nach deren Ableben frei verfügen.

  • Ich habe die Bestimmungen beinah wörtlich eingerückt:
    meine Ehefrau soll einfache Vorerbin sein. Nacherben sollen meine Eltern zu gleichen Teilen sein, der Überlebende von Ihnen allein.
    Ich( der Erblasser) bin nicht gehindert, zugunsten etwaiger Abkömmlinge anderweitig zu testieren.
    Der Notar hat die Erschienenen über die bindende Wirkung dieses Erbvertrages belehrt.

    Kann man nicht sagen, dass die Ehefrau aufgrund der Bedingungen des Vertrages nunmehr alleinige Vollerbin geworden ist?

  • Ich sehe nicht, dass sich durch das Vorversterben der Eltern etwas an der Bindung bezüglich der Erbeinsetzung der Verlobten (Ehefrau) des Erblassers geändert hätte. Da die Nacherbfolge nicht mehr eintreten kann (keine Ersatznacherben, auch nicht der - künftige - Sohn, zu dessen Gunsten bewusst nicht testiert wurde), sollte die Ehefrau nunmehr Vollerbin sein.

  • Ich sehe nicht, dass sich durch das Vorversterben der Eltern etwas an der Bindung bezüglich der Erbeinsetzung der Verlobten (Ehefrau) des Erblassers geändert hätte. Da die Nacherbfolge nicht mehr eintreten kann (keine Ersatznacherben, auch nicht der - künftige - Sohn, zu dessen Gunsten bewusst nicht testiert wurde), sollte die Ehefrau nunmehr Vollerbin sein.

    Das passt aber überhaupt nicht zur Ausgangslage. Hier sollte offensichtlich das Vermögen, das mit Sicherheit von den Eltern kam, in der Familie bleiben und keinesfalls bindend die Ehefrau bedacht sein nun sogar mit der Folge, dass sie unbeschränkte Alleinerbin wäre.
    Ich bleibe dabei, nach Ableben der Eltern konnte der Erblasser frei verfügen und hat das offensichtlich auch reichlich getan.

  • Deine Überlegungen hätten alle schon im Erbvertrag (bei der Bindungsfrage oder bei Erörterungen für den wahrscheinlichen Fall des Vorversterbens der Eltern) zum Ausdruck kommen müssen, anstatt einen solchen Murks zu beurkunden.

    Wie dem auch sei:
    Viel Spaß schon mal beim Erbscheinsverfahren, denn dass das Grundbuchbuchamt einen Erbschein verlangen wird, erscheint mir so sicher wie das Amen in der Kirche.

  • Deine Überlegungen hätten alle schon im Erbvertrag (bei der Bindungsfrage oder bei Erörterungen für den wahrscheinlichen Fall des Vorversterbens der Eltern) zum Ausdruck kommen müssen, anstatt einen solchen Murks zu beurkunden.
    Das sehe ich grundsätzlich auch so, deshalb habe ich ja auch nachgefragt, ob wirklich nichts dazu angegeben ist. Wenn aber nicht dazu drin steht, dann muss das Wahrscheinlichste eben im Wege der Auslegung ermittelt werden und da bin ich halt anderer Ansicht.

    Wie dem auch sei:
    Viel Spaß schon mal beim Erbscheinsverfahren, denn dass das Grundbuchbuchamt einen Erbschein verlangen wird, erscheint mir so sicher wie das Amen in der Kirche.

    Dem kann ich auch zustimmen.

    PS: Herzlichen Glückwunsch zum 15.000 Beitrag und danke.

  • Die Eröffnungsunterlagen haben erschlagenden Umfang und allein die anlässlich einer erneuten Testamentserrichtung erfolgte Ausarbeitungen zur Stiftung und der abzuschließenden Gesellschaftsverträge der als Vermächtnis ausgesetzten Firmen beeindrucken ,sodass der klitzkleine Erbvertrag möglicherweise nicht die richtige Beachtung findet.
    Von daher sind zunächst die Testamentsvollstrecker auf die zu prüfende Wirksamkeit der Einsetzung aufmerksam gemacht worden.

    Vielen Dank an Uschi und Cromwell

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!