Insolvenzverfahren gegen Vollstreckungsschuldner

  • Hallo zusammen,

    über die Suche bin ich leider nicht fündig geworden...und ich war mir auch nicht sicher, ob das Thema zur InsO oder zur Zwangsvollstreckung gehört (eher nicht zur Strafvollstreckung, auch wenn das Ganze durch die StA vollstreckt wird).

    Aufgrund eines rechtskräftigen Strafurteils in dem der Verfall von Wertersatz in Höhe von 90.000 EUR angeordnet wurde, vollstrecke ich (= RPfl bei der StA) diese Forderung gegen den VU. Dieser befindet sich in der JVA. In Vollstreckung des Wertersatzverfalls habe ich das Eigengeld in der JVA gepfändet (VU arbeitet dort). Nach BGH-Rechtsprechung gelten hier keine Pfändungsbeschränkungen.

    Bereits im Jahre 2010 wurde der PfÜB erlassen. 2014 wurde der Antrag auf Eröffnung des Inso-Verfahrens gestellt; Insolvenz wurde auch eröffnet (IK-Verfahren).

    Die JVA hat der hiesigen Staatsanwaltschaft bisher - aufgrund der Eigengeldpfändung - monatlich ca. 120 EUR überwiesen. Mit einem Schriftsatz von Mitte Juli 2014 wandte sich der Inso-Verwalter an die JVA und verlangte die künftige Auskehrung des Geldes an sich (für die Masse) aufgrund von § 114 Abs. 3 InsO.
    Nun ist es doch so, dass § 114 InsO zum 1.7.2014 weggefallen ist! Dass ich nach § 89 InsO keine neuen ZV-Maßnahmen durchführen darf, ist klar. Aber nach § 50 Abs. 1 InsO habe ich doch aufgrund der durchgeführten Pfändung ein Absonderungsrecht. § 50 I InsO verweist auf die §§ 166 bis 173 InsO. Und die Kommentierungen hierzu wiederum dann auf § 114 InsO :confused:, obwohl dieser ja weggefallen ist.

    Müsste die JVA nicht weiterhin den pfändbaren Betrag an die StA überweisen? Darf der Inso-Vewalter diese Beträge wirklich zur Masse ziehen?

    Ich habe sicherlich einen Denkfehler in meinen Überlegungen :oops: finde ihn aber nicht :(
    Hilfe bitte!!!:)

  • § 89 Abs. 1 InsO verbietet die Vollstreckung allgemein und nicht nur neue Vollstreckungsmaßnahmen.

  • Der § 114 InsO ist nur für Verfahren, die ab dem 01.07.2014 eröffnet wurden, weggefallen (Art. 103 H EGInsO), daher ist wichtig, wann genau in 2014 der Antrag gestellt wurde.

    Nach dem reinen Wortlaut des § 114 I InsO hat dieser nur für rechtsgeschäftliche Verpfändungen und Abtretungen des Arbeitseinkommens Wirkung entfaltet. Nach Abs. III fielen Pfändungen nach dem Eröffnungsmonat, bzw. falls die Eröffnung nach dem 15. des Monats erfolgte, nach dem darauffolgenden Monat weg.

    Der § 50 hilft dir bei der Forderungspfändung nicht weiter, da das Pfandrecht jeden Monat neu entsteht, greift hier für Neuverfahren bereits § 89 InsO.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Da der Anspruch auf Eigengeld jeden Monat neu entsteht, kann aufgrund § 91 InsO an Ansprüchen nach IE daran kein Pfandrecht entstehen. Fraglich ist allerdings, ob die Verstrickung beseitigt werden muss.

    Falls es ein Neuverfahren ist, kannst Du Dich gedanklich schon einmal darauf einstellen, dass Du auch noch für die letzten Monate vor IE die gepfändeten Beträge wieder herausrücken darfst, dass ist ein klassischer § 131 InsO.

    Bei einem Altverfahren müsste der TH sich allerdings zuvor die Beauftragung der Gläubigerversammlung einholen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ... Aber nach § 50 Abs. 1 InsO habe ich doch aufgrund der durchgeführten Pfändung ein Absonderungsrecht. § 50 I InsO verweist auf die §§ 166 bis 173 InsO. ...


    Um Dir über die zutreffende Antwort von Ecosse, La Flor de Cano u.a. hinaus noch etwas von einem herumliegenden Schlauch zu helfen (;)):

    Das Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 50 InsO entsteht durch die Verstrickung des Kontobestandes des Häftlings. Dabei ist trennen, wann der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt wurde, und welche Beträge von ihm umfasst sind. Alles was zum Zeitpunkt der Zustellung des PfÜB vorhanden war, ist wegen dessen weitem zeitlichen Abstand zum späteren Insolvenzverfahren und der dadurch bewirkten Überweisung an die Staatskasse in unkritischer Zeit, "Deins".

    Aber die Beträge, die erst dann auf dem Konto eingehen, nachdem der PfÜB zugestellt war, können erst zum Zeitpunkt ihres Eingangs dieser Verstrickung unterfallen, denn vorher gab es die Beträge auf dem gepfändeten Konto ja noch nicht. Für die Zwecke des Insolvenzverfahrens wird jetzt auf diese monatlich neu entstehende Verstrickung abgestellt - so dass die nach Insolvenzverfahrenseröffnung eingegangenen letzten dieser Beträge dann unter § 89 InsO fallen, da sie quasi als neue Vollstreckungsmaßnahme gelten. Deswegen können sie von der Staatskasse nicht mehr beansprucht werden, denn diese Vollstreckungsmaßnahme ist dann nach § 89 InsO unwirksam. Eine unwirksame Verstrickung führt aber auch nicht zur Überweisung und damit kommt es auch nicht zum Recht auf abgesonderte Befriedigung.U

    nd deswegen wird die Staatskasse auf entsprechende Anfechtung hin diese Beträge auch wieder herauszugeben haben.

    Und im Übrigen dürfte die Verfallsforderung (Grundlage, wenn ich das recht verstehe, § 73a StGB, weil der Verfallsgegenstand, § 73 StGB, nicht mehr vorhanden ist) eine Insolvenzforderung darstellen, so dass nach § 87 InsO nur noch die Rechtsverfolgung nach dem Insolvenzrecht möglich ist. Und das wäre nur die Anmeldung zur Tabelle, nicht aber die Einzelzwangsvollstreckung. Es dürfte sich um eine Forderung handeln, die aus einer unerlaubten Handlung stammt, denn immerhin geht es um das aus einer Straftat Erlangte. Dann muss die Anmeldung zur Insolvenztabelle dies entsprechend ausweisen. Nach ihrer Feststellung widersteht sie dann der Restschuldbefreiung.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • In Ergänzung zu AndreasH:

    Du wirst die Forderung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich nicht zur Tabelle anmelden können, außer das Insolvenzgericht fordert gesondert dazu auf. Dein Anspruch ist nachrangig im Sinne des §39 InsO, IX ZR 138/09. Andererseits, siehe Entscheidung, ist der Anspruch von der RSB ausgenommen, Du kannst die Sache jetzt für Jahre verfristen und den Schuldner später, nach Erteilung noch weiter zur Kasse bitten.

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