Beweiserhebung nach Suizidandrohung

  • Schuldner stellt einen Räumungsschutzantrag und begründet diesen mit einer Suizidgefahr im Falle der Räumung.

    Sollte ich ich aufgrund der Begründetheit des Antrages zu einer einstweiligen Einstellung kommen, müsste dann Beweis erhoben werden. Zu welchen Fragen genau muss denn eigentlich Beweis erhoben werden und welchen Einfluss haben die Angaben auf die gerichtliche Entscheidung?

  • Oder anders gefragt:

    Kann mir mal jemand den Verfahrensablauf rechtssprechungskonform schildern beginnend mit

    1. Schuldner stellt einen Räumungsschutzantrag und begründet diesen mit einer Gefahr für Leben und Gesundheit im Falle der Räumung.

  • Bevor du einen Beschluss erlässt, muss der Schuldner seinen Antrag doch erstmal begründen. Was hat er alles getan, seit er weiß, dass er raus muss (was spätestens mit Zugang der Kündigung der Fall ist)? Was hat er getan, um seinen Zustand selbst zu verbessern? Und Belege vorlegen! Je nachdem was vorgelegt wird, benötigst du uU weitere Unterlagen, zB vom Facharzt, weil nur vom Hausarzt attestiert wurde.

    Nicht vergessen, die Führerscheinstelle zu informieren. Bei Suizidgefährdung kann man idR von einer Fahruntüchtigkeit ausgehen, zumal das Auto auch als Mittel zum Zweck (auf der BAB an den Brückenpfeiler, Geisterfahrer (dann sogar noch mit Fremdgefährdung)) genutzt werden kann.
    Und die Betreuungsabteilung informieren. Ev kann sich der Schuldner nicht mehr selbst um seinen Selbstschutz kümmern und/oder gehört in eine stationäre Einrichtung.
    Die Polizei kann man zur Abwendung einer akuten Gefahr auch informieren.

    Das muss alles geklärt werden.

    Teilweise führen entsprechende Ankündigungen im Schreiben an den Schuldner zu Antragsrücknahmen. Aber nicht jeder Antrag ist nur vorgeschoben!!

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Nicht vergessen, die Führerscheinstelle zu informieren. Bei Suizidgefährdung kann man idR von einer Fahruntüchtigkeit ausgehen, zumal das Auto auch als Mittel zum Zweck (auf der BAB an den Brückenpfeiler, Geisterfahrer (dann sogar noch mit Fremdgefährdung)) genutzt werden kann.
    Und die Betreuungsabteilung informieren.

    Daran habe ich bis ja noch gar nicht gedacht. Guter Tipp! Schuldner wird nicht schlecht schauen, wenn ich ihm das sage.

  • Nicht vergessen, die Führerscheinstelle zu informieren. Bei Suizidgefährdung kann man idR von einer Fahruntüchtigkeit ausgehen, zumal das Auto auch als Mittel zum Zweck (auf der BAB an den Brückenpfeiler, Geisterfahrer (dann sogar noch mit Fremdgefährdung)) genutzt werden kann. Und die Betreuungsabteilung informieren.

    Daran habe ich bis ja noch gar nicht gedacht. Guter Tipp! Schuldner wird nicht schlecht schauen, wenn ich ihm das sage.

    Ich halte das für überaus fragwürdig. Lässt sich ein Selbstmörder davon beeindrucken, dass er keinen Lappen hat, wenn er gegen den Brückepfeiler fahren will? :gruebel:

    Das Vorgehen unterstellt nach meinem Empfinden dem Antragsteller, dass die Suizidgefahr vorgeschoben und rechtsmissbräuchlich ist. Das mag in vielleicht 80% der Anträge sogar der Fall sein, wäre jedoch eine unzulässige Verallgemeinerung. Man stelle sich einen tatsächlich suizidalen Antragsteller vor: Wie reagiert der, wenn ihm der Entzug der Fahrerlaubnis oder gar der Geschäftsfähigkeit (Betreuung) angedroht wird, wenn er seinen Antrag aufrecht erhält...? Vielleicht greift der dann gerade zum Strick. Herrliches Futter für die B..D-Zeitung!

    Nachtrag: Die ursprüngliche Frage war

    Kann mir mal jemand den Verfahrensablauf rechtssprechungskonform schildern...

    Einmal editiert, zuletzt von Olaf K (6. Mai 2015 um 14:41) aus folgendem Grund: Nachtrag

  • Wer sich tatsächlich umbringen will, benötigt auch keinen Führerschein, muss ihn also auch nie gemacht haben. Aber die zitierte Zeitung würde auch schreiben, wenn es tatsächlich dazu kommt, wir es wussten aber nichts gemacht haben. Dann lieber so.

    Ich unterstelle keinem etwas. Aber wer suizidal ist, gehört von der Führerscheinstelle untersucht. Wer es nicht ist...kein Problem soweit.

    Wer sich wirklich umbringen will, lässt sich sowieso nicht abhalten, dh aber nicht, dass wir tatenlos zusehen müssen. Ich tue, was ich kann, um es zu verhindern oder zumindest zu erschweren.

    Und es geht auch nicht um eine Drohung "wenn du nicht den Antrag zurücknimmst, DANN werde ich...", sondern um das Aufzeigen der Folgen. Veranlasst wird es natürlich gleich, gerade für den Fall, dass es nicht vorgeschoben war.

    und PS: Auch die BLÖD druckt schon lange nicht mehr alles!

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Diese Diskussion wurde hier bereits an anderer Stelle geführt!

    Mich interessiert eher der Verfahrensablauf, der mir nicht ganz klar ist!

    Beispielsweise spricht das BVerfG (2 BvR 2457/13) von Schutzpflichten des Vollstreckungsgerichts. Was bedeutet dies? Sind danach Amtsermittlungen zulässig? Was ist mit der Unparteilichkeit des Gerichts?

    Der BGH spricht von einem formellen ZPO-Verfahren (V ZB 124/10). Hiernach könne nicht einmal ein amtsärztliches Attest zur Glaubhaftmachung des Antrages verlangt werden, weil dies eben in 765a nicht vorgesehen ist.

    Danach müsste eigentlich immer nach 732 eingestellt werden, sobald der Begriff "Suizid" auftaucht. Gespräche mit Kollegen ergeben aber, dass dies in der Praxis kaum der Fall ist.

  • Diese Diskussion wurde hier bereits an anderer Stelle geführt!

    ...
    Danach müsste eigentlich immer nach 732 eingestellt werden, sobald der Begriff "Suizid" auftaucht. Gespräche mit Kollegen ergeben aber, dass dies in der Praxis kaum der Fall ist.

    (Sorry.)

    Das wäre ja sehr einfach für Schuldner.
    Wie ich oben ausgeführt habe, gehört mE etwas mehr dazu, was vom Schuldner dar- und vorzulegen ist. Das ist vor der Entscheidung zu ermitteln. Was alles benötigt wird, hängt auch vom Vortrag des Schuldners ab. Und nicht zu vergessen, den Gläubiger anzuhören. Langt das als Verfahrenslauf? ;)

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  • Muss das Thema leider aufwärmen. Ich habe nach 13 Jahren zum ersten mal eine Suiziddrohung vor der Durchführung des Zwangsversteigerungstermins am 28.09. Hausärztliches Attest liegt vor (etwas nichtssagend, nur das im Fall der Versteigerung mit einer hochgradigen suizidalen Gefahr zu rechnen sei). Betreuungsgericht, Ordnungsbehörden und Sozialpsychatrischer Dienst sind informiert.

    Beim Sozialpsychatrischen Dienst hat er auch entsprechend geantwortet, so dass er zur Zeit für 6 Wochen in der geschlossenen Abteilung ist. Unterbringung nach PsychKG. Das Betreuungsgericht selbst lehnt eine Betreuung ab. Das habe man schon versucht. Die Person sei nicht betreubar, wolle keine Hilfe annehmen und tue alles, um eine Betreuung zu verhindern. Ich glaube, nachdem ich den Schuldner mehrfach persönlich erleben durfte, dass der Schuldner auch nicht mehr geschäftsfähig ist und in einer Traumwelt lebt. Rechtliche Erklärungen in Beschlüssen von mir, dem Abteilungsrichter und dem Landgericht nimmt er grundsätzlich nicht zur Kenntnis oder ist dazu nicht in der Lage und fängt immer wieder mit denselben materiellen angeblichen Gegenrechten von ihm an und versteht die Welt nicht, wenn man ihn auf die zurückliegenden rechtskräftigen Beschlüsse verweist.

    Soweit ich die hierzu gelesen Rechtsprechung verstehe, insbesondere des BVerfG, zuletzt 2 BvR 548/16 vom 06.07.2016, habe ich trotz der derzeitigen Unterbringung Aufklärungspflichten hinsichtlich des Sachverhaltes und auch Vorsorge zu treffen, dass es zu keiner Grundrechtsverletzung (Lebensschutz) kommt. Auf das Betreuungsgericht etc. dürfe ich mich nicht verlassen. Ich denke ich habe daher einen Gutachter / Psychologen hierfür zu beauftragen.

    Nun meine Frage: Habt ihr für diese Fälle eine Art Fragenkatalog entwickelt, welche Fragen stellt ihr üblicherweise dem Gutachter, die ihr im Rahmen des Gutachtens beantwortet haben wollt?

    Ich kann dem Thread und auch ähnlichen nichts dergleichen entnehmen.

    Danke schon mal für die Hilfe.

    Lieben Gruß

    Groo

  • Erachtet das Vormundschaftsgericht Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners nicht für geboten, solange die Zwangsvollstreckung nicht durchgeführt wird, so setzt die Fortsetzung der Vollstreckung gegen den suizidgefährdeten Schuldner voraus, dass das Vollstreckungsgericht flankierende Maßnahmen ergreift, die ein rechtzeitiges Tätigwerden des Vormundschaftsgerichts zur Abwendung der Suizidgefahr ermöglichen.
    BGH, Beschluss vom 15.07.2010 - V ZB 1/10


    Ein amtsärztliches Gutachten zur Beurteilung einer Suizidgefahr bei Zwangsräumung muss eine spezielle Sachkunde des Amtsarztes aufweisen. Reicht das amtsärztliche Gutachten nicht aus, kommt eine freiwillige stationäre Unterbringung oder eine betreuungsrechtliche Unterbringung in Frage, bei der ein weiteres Gutachten eingeholt werden kann.
    BGH, Beschluss vom 28.01.2016 - V ZB 115/15 -


  • Nichtssagend finde ich das hausärztliche Attest nicht, wenn man dabei berücksichtigt, dass der Schuldner aktuell offenbar zur Vermeidung der Suizidumsetzung sogar zwangsuntergebracht ist.

    Die aktuell ernsthafte Suizidgefahr bereits kurz vor dem Versteigerungstermin kann damit eigentlich bereits als nachgewiesen betrachtet werden, aber ein Gutachtenauftrag sollte einleitend die Frage des Zusammenhangs zwischen Versteigerungsverfahren als Vollstreckungsmaßnahme und Suizidgefahr und deren Prognosewahrscheinlichkeit schon noch einmal stellen:

    Wann droht die Suizidgefahr konkret: Offenbar bereits jetzt akut vor dem Versteigerungstermin (siehe aktuelle Unterbringung) / bei Durchführung des Termins und Zuschlagserteilung / auch noch bei Wohnungsräumung und Wohnungsverlust ?

    Da die Intervention und Unterbringung für sechs Wochen bereits erfolgt ist, mag ggf. auch unterstellt werden, dass bereits ein vorüber gehendes ärztlich stationär behandelndes "Aus-Dem-Spiel-Nehmen" des Schuldners, also aus dem offenbar aktuell auslösenden Krisengeschehen des (kurz bevorstehenden) Versteigerungstermins, das erfolgversprechende Mittel der Wahl ist ... (?)

    An dieser Stelle mag der Antrag daher ggf. zurückzuweisen sein ?

    Ggf. mag es vorliegend aber auch gerade vielmehr zunächst weiter aufzuklären sein, inwiefern mit der bereits eingeleiteten Krisenintervention in Form des härtesten Mittels der stationären Zwangsunterbringung weiterführend in welchem Zeitraum mit welchen therapeutischen Maßnahmen überhaupt noch eine Gesundheitsstabilisierung erfolgversprechend in Frage kommen kann, dass der Schuldner nach entsprechender, auch ggf. längerfristiger Durchführung welcher konkreten therapeutischen und ggf. anderer flankierender Maßnahmen wieder in ein selbst bestimmtes, suizidungefährdetes Leben entlassen werden kann.

    Ein Wegsperren auf Dauer "nur" aufgrund der Versteigerung ohne jegliche Aussicht auf gesundheitliche Besserung, nachdem die Versteigerung durchgeführt werden und der Wohnungsverlust feststehen würde, kommt grundsätzlich nicht als "rettendes Mittel" in Betracht.

    Dies alles gilt es ggf. fachärztlich-gutachterlich abstufend aufzuklären.

    Und die danach erfolgten Feststellungen gilt es sodann, mit den Gläubiger-Interessen abzuwägen und eine entsprechende Entscheidung zu treffen:

    Einstellung:
    a) nein,
    b) ja,
    ba) kurzfristige,
    bb) mittelfristige,
    bc) längerfristige,
    bd) dauerhafte ?

    zu ba), bb) und bc) dürfte parallel mit gerichtlichen Auflagen pp. zu arbeiten sein.

    2 Mal editiert, zuletzt von zsesar (19. September 2016 um 21:00) aus folgendem Grund: Habe noch 2 Absätze eingefügt und ein paar ggf. und Fragezeichen

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