Überzahlung durch zweiten DS, Aufrechnung?

  • Wir haben PfuÜB wegen derselben Forderung bei zwei Banken laufen. Bank A kehrt sofort den vollen Forderungsbetrag aus. Kurz darauf kehrt Bank B ebenfalls aus, so dass eine Überzahlung eintritt. Der Forderungsinhaber hat gegen den Schuldner eine weitere - allerdings noch nicht titulierte - Forderung und möchte aufrechnen, so dass an B nicht zurückgezahlt wird. Ich bin mir garnicht sicher, ob B oder der Schuldner Inhaber des Rückforderungsanspruchs ist und ob (demzufolge?) eine Aufrechnungslage vorliegt. Wie seht Ihr das?

  • Der DS hat mit Rechtsgrund an den Gläubiger gezahlt. Daher steht (nur) dem VS ein Anspruch nach § 816 II BGB zu. Sehe da kein Problem mit der Aufrechnung.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Der DS hat mit Rechtsgrund an den Gläubiger gezahlt. Daher steht (nur) dem VS ein Anspruch nach § 816 II BGB zu. Sehe da kein Problem mit der Aufrechnung.

    Meiner Meinung nach müsste an die Bank zurückgezahlt werden, weil die bei einer nachfolgenden Pfändung an den weiteren Gläubiger zahlen müsste. Der Gläubiger darf das Geld, dass er aufgrund einer Pfändung erhalten hat nicht an den Schuldner auszahlen, sondern muss es an den Drittschuldner zurücküberweisen, wenn seine Forderung nicht (mehr) bestanden hat. Somit sehe ich auch keine Aufrechnungslage.

  • Warum? Der DS ist durch die Zahlung aufgrund des PfÜB von seiner Schuld gegenüber dem VS frei geworden. Warum sollte jetzt die Rückabwicklung über ihn erfolgen?

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • ...Bank A kehrt sofort den vollen Forderungsbetrag aus. Kurz darauf kehrt Bank B ebenfalls ...

    Ich gehe mal davon aus, dass dein Schuldner keine natürliche Person ist, denn ansonsten würde § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO deiner Schilderung entgegenstehen oder du bist, trotz der Zahlung durch A nicht deiner Pflicht nachgekommen und hast diese unverzüglich der B angezeigt.:gruebel:


    Soweit es bei der B weitere Gläubiger gibt, dürften diese sicherlich einen einklagbaren Anspruch auf Rückzahlung haben, da die Vollstreckung nach Zahlung von A nicht mehr zulässig war und durch Befriedigung einer nicht mehr bestehenden Forderung ihr Recht vereitelt wird.

    Nur mal am Rande: Darf ich mit Geldern, die ich zu Unrecht erhalten habe, aufrechnen???
    Mein Bauchgefühl sagt NEIN. Außerdem wäre ansonsten Gläubigervertretern wie dem "RA am Kleidungsrinnsal" Tür und Tor geöffnet.

  • Ein Aufrechnungsverbot besteht nur mit Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung (§ 393 BGB) und nicht mit Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Erst einmal herzlichen Dank für die tollen Antworten und Gedanken zu dem Thema!

    Zitat

    Ich gehe mal davon aus, dass dein Schuldner keine natürliche Person ist, denn ansonsten würde § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO deiner Schilderung entgegenstehen oder du bist, trotz der Zahlung durch A nicht deiner Pflicht nachgekommen und hast diese unverzüglich der B angezeigt.

    Der Schuldner ist tatsächlich eine natürliche Person. Kurioserweise haben beide Banken im Abstand weniger Tage ohne Wartezeit sofort gezahlt.
    Woraus ergibt sich eigentlich die Pflicht zur unverzüglichen (binnen weniger Tage??) Anzeige der Befriedigung? Ich kann mir notfalls etwas aus allgemeinem Recht saugen, aber gibt es da auch eine einschlägige vollstreckungsrechtliche Vorschrift?

  • Ein Aufrechnungsverbot besteht nur mit Forderungen aus vorsätzlich unerlaubter Handlung (§ 393 BGB) und nicht mit Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung.

    Klar, der DS ist eigentlich aus der Nummer erstmal raus, weil er durch § 836 Abs. 2 ZPO geschützt ist.

    Aber der Gläubiger hat Geld erhalten, das ihm (aufgrund der Pfändung) nicht mehr zugestanden hat. Also ohne Rechtsgrund und deswegen bin ich der Meinung, dass er das überzahlte Geld an den DS zurücküberweisen muss, weil es ja auch noch andere Gläubiger geben könnte, die Anspruch auf dieses Geld hätten.

    Wenn der Gläubiger von einem Dritten Geld erhält, das ihm nicht zugestanden hat, dann ist der DS sein Gläubiger und nicht der Schuldner, was eine Aufrechnung meiner Meinung nach ausschließt.

    § 812 BGB hast Du ja schon angeführt und danach ist der Gläubiger dem DS zur Herausgabe verpflichtet.

    Ich hatte bisher oft den Fall, dass ein Gläubiger befriedigt war und um unnötige Umwege zu sparen, habe ich ihm gesagt, dass er das Geld an den Schuldner auszahlen kann. Damit haben sich die Gläubiger oft schwer getan und bestanden darauf, dass das Geld an den DS zurücküberwiesen werden müsste.

    Ich habe mir ehrlich gesagt, noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, weil die Sache für mich eigentlich nie zweifelhaft war :gruebel:

  • Zitat

    Woraus ergibt sich eigentlich die Pflicht zur unverzüglichen (binnen weniger Tage??) Anzeige der Befriedigung? Ich kann mir notfalls etwas aus allgemeinem Recht saugen, aber gibt es da auch eine einschlägige vollstreckungsrechtliche Vorschrift?

    aus dem Überpfändungsverbot - § 803 ZPO, Abs.1 Satz 2

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

  • Erst einmal herzlichen Dank für die tollen Antworten und Gedanken zu dem Thema!

    Zitat

    Ich gehe mal davon aus, dass dein Schuldner keine natürliche Person ist, denn ansonsten würde § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO deiner Schilderung entgegenstehen oder du bist, trotz der Zahlung durch A nicht deiner Pflicht nachgekommen und hast diese unverzüglich der B angezeigt.

    Der Schuldner ist tatsächlich eine natürliche Person. Kurioserweise haben beide Banken im Abstand weniger Tage ohne Wartezeit sofort gezahlt.
    Woraus ergibt sich eigentlich die Pflicht zur unverzüglichen (binnen weniger Tage??) Anzeige der Befriedigung? Ich kann mir notfalls etwas aus allgemeinem Recht saugen, aber gibt es da auch eine einschlägige vollstreckungsrechtliche Vorschrift?

    Eine solche Verpflichtung bzw. eine solche Garantenpflicht des Gläubigers gegenüber dem VS wäre mir unbekannt und wäre m. E. für das formalisierte Vollstreckungsverfahren auch untypisch. Auch aus dem Überpfändungsverbot ergibt sich auch kein solcher Anspruch, da es für die Frage, ob eine Überpfändung vorliegt, nicht auf die dem Vollstreckungstitel zugrunde liegende materielle Forderung, sondern auf die durch ihn ausgewiesene Forderung ankommt (BGH v. 24.01.1956 - VI ZR 275/54).

    Hier wäre wohl schon der Schuldner gefordert. Die Vollstreckung ist nach § 775 ZPO einzustellen, wenn der Schuldner die Befriedigung nachweist, ggf. kann der Schuldner Vollstreckungserinnerung einlegen. Wg. des Erlöschen der Vollstreckungsforderung kann der Schuldner auch Vollstreckungsgegenklage erheben.

    Und zu Coverna: Der DS wird nicht Gläubiger des Vollstreckungsgläubigers! Der Vollstreckungsgläubiger hat nichts vom DS auf "dessen Kosten" (§ 812 BGB) erlangt, sondern auf Kosten des VS. Der DS zahlt ja schuldbefreiend (§ 836 Abs. 2 ZPO). Der DS hat auch kein Interesse an einer Gläubigerstellung.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Die Sache interessiert mich jetzt auch unter dem akademischen Gesichtspunkt:)

    Zitat

    Eine solche Verpflichtung bzw. eine solche Garantenpflicht des Gläubigers gegenüber dem VS wäre mir unbekannt und wäre m. E. für das formalisierte Vollstreckungsverfahren auch untypisch.

    Treiben wir es auf die Spitze: VS hat zehn Konten mit je 1.000 € Guthaben. Er schuldet 1.000 €. GL pfändet alle zehn Konten. Darf er jetzt abwarten, bis sich 10.000 € auf seinem Konto eingefunden haben und der VS Vollstreckungsgegenklage erhoben oder ein anderes Rechtsmittel eingelegt hat? Was dauern dürfte......

    GL und VS verbindet ja ein Schuldverhältnis. Verpflichtet nicht das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, § 241 Abs 2 BGB, dazu, die Pfändung bei Befriedigung einzustellen bzw. den überpfändeten Betrag flugs zurückzuzahlen?

  • ....

    Eine solche Verpflichtung bzw. eine solche Garantenpflicht des Gläubigers gegenüber dem VS wäre mir unbekannt und wäre m. E. für das formalisierte Vollstreckungsverfahren auch untypisch....

    Hier wäre wohl schon der Schuldner gefordert. Die Vollstreckung ist nach § 775 ZPO einzustellen, wenn der Schuldner die Befriedigung nachweist, ggf. kann der Schuldner Vollstreckungserinnerung einlegen. Wg. des Erlöschen der Vollstreckungsforderung kann der Schuldner auch Vollstreckungsgegenklage erheben.
    ...


    Ich finde es ziemlich sinnfrei und risikobelastet, den Schuldner wegen jetzt unnötig gewordener Vollstreckungsmaßnahmen auf den Rechtmittelweg zu schicken, zumal es ja auch den § 843 ZPO gibt...


    (..und wenn wir uns im öffentlichen Recht bewegen würden, hätte der Vollstreckungssachbearbeiter möglichweise 'ne Beschwerde des Schuldners an der Backe)

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

    Einmal editiert, zuletzt von lupo (7. Mai 2015 um 12:28) aus folgendem Grund: "Nachschlag"

  • Die Sache interessiert mich jetzt auch unter dem akademischen Gesichtspunkt:)

    Zitat

    Eine solche Verpflichtung bzw. eine solche Garantenpflicht des Gläubigers gegenüber dem VS wäre mir unbekannt und wäre m. E. für das formalisierte Vollstreckungsverfahren auch untypisch.

    Treiben wir es auf die Spitze: VS hat zehn Konten mit je 1.000 € Guthaben. Er schuldet 1.000 €. GL pfändet alle zehn Konten. Darf er jetzt abwarten, bis sich 10.000 € auf seinem Konto eingefunden haben und der VS Vollstreckungsgegenklage erhoben oder ein anderes Rechtsmittel eingelegt hat? Was dauern dürfte......

    GL und VS verbindet ja ein Schuldverhältnis. Verpflichtet nicht das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, § 241 Abs 2 BGB, dazu, die Pfändung bei Befriedigung einzustellen bzw. den überpfändeten Betrag flugs zurückzuzahlen?

    Zunächst einmal hat der Schuldner ja den Vollstreckungsgläubiger nicht bezahlt und diesen gezwungen, das Vollstreckungsverfahren anzuleiern und die Kosten vorzustrecken. Das Tischtuch mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ist daher bereits vom Schuldner zerschnitten. Der Vollstreckungsgläubiger darf so heftig zuschlagen, wie es zur Beitreibung erforderlich ist. Daher kann er auch 10 Konten pfänden, weil er ja nicht ahnen kann, wieviel dabei rumkommt (wenn er keine anderen Erkenntnisse hat). Es ist auch nicht die Bringschuld des Vollstreckungsgläubigers, jetzt taggenau immer alle Zahlungseingänge zu überwachen, um dann hektisch zu werden, sobald die Kohle ausreicht. Zumal die Kosten, alle DS über das Erlöschen der Forderung zu informieren, keine auf den Schuldner abwälzbaren notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung sind. Er kann auch erstmal in Ruhe auf Wiedervorlage gehen und dann schauen was passiert ist. Zuviel Geld zu erhalten, ist nämlich regelmäßig nicht das Problem von Gläubigern. Aller Erfahrung nach melden sich die Schuldner rechtzeitig, wenn die Kohle kommt. Ist es doch mal zuviel gewesen, ist der Vollstreckungsgläubiger natürlich gehalten, den Bereicherungsanspruch schnell zu erfüllen.

    lupo: Guckst du jeden Tag, ob alle Forderung, wegen denen du gepfändet hast, vielleicht inzwischen doch schon bezahlt wurden? Ich glaube nicht.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Zitat

    Das Tischtuch mit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ist daher bereits vom Schuldner zerschnitten. Der Vollstreckungsgläubiger darf so heftig zuschlagen, wie es zur Beitreibung erforderlich ist. Daher kann er auch 10 Konten pfänden, weil er ja nicht ahnen kann, wieviel dabei rumkommt (wenn er keine anderen Erkenntnisse hat). Es ist auch nicht die Bringschuld des Vollstreckungsgläubigers, jetzt taggenau immer alle Zahlungseingänge zu überwachen, um dann hektisch zu werden, sobald die Kohle ausreicht.

    Klingt plausibel, finde ich. Merci!

  • Kann man überhaupt mit der Zahlung der Bank B, die man aufgrund einer Pfändung erhalten hat, mit einer Forderung, die nicht Grundlage der Pfändung war, aufrechnen?

    Ich frage mal zurück: Ist es sinnvoll, dass der Gläubiger das Geld an den Schuldner auszahlen muss und sich zeitgleich um die Titulierung der neuen Forderung bemühen muss? Dolo agit! Schließlich schont man bei einer Aufrechnung auch den Schuldner kostenmäßig.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!