Pflichtteilsklausel ohne Schlusserbeneinsetzung

  • Bin noch neu in Nachlasssachen, ich bitte also um Verständnis, falls das Folgende eine Anfängerfrage sein sollte:
    Habe ein gemeinschaftliches notarielles Testament zur Eröffnung vorliegen, nach dem Tod des erstverstorbenen Ehemannes. Inhalt des Testaments ist zunächst die gegenseitige Erbeinsetzung (keinerlei Hinweise zu Vor- und Nacherbschaft). Desweiteren findet sich die übliche Pflichtteilsstrafklausel (Das Kind, das den Pflichtteil nach dem ersten Erbfall verlangt, erhält auch nach dem zweiten Erbfall nur den Pflichtteil, zusätzlich erhalten die weiteren Kinder Vermächtnisse in entsprechender Höhe). Eine Schlusserbensetzung ist nicht erfolgt. Ich habe mich mit der Rechtsprechung zu diesem Thema befasst, unter anderem OLG Düsseldorf, I-3 Wx 64/13, vom 14.1.2014, wonach eine Pflichtteilsklausel allein nicht zwingend eine stillschweigende Schlusserbeneinsetzung der Kinder enthält. Um von einer Schlusserbeneinsetzung auszugehen, müssen weitere Umstände hinzukommen, die sich im Wege der Auslegung aus dem Testament bzw. dessen Errichtung ergeben.
    Gestolpert bin ich insofern über den folgenden Satz im Testament, der sich unmittelbar hinter der Bestimmung darüber befindet, dass der den Pflichtteil fordernde Abkömmling auch nach dem zweiten Erbfall nur den Pflichtteil enthält: „Der Längerlebende von uns kann über den insofern frei werdenden Erbanteil frei verfügen.“ Kann man aufgrund dieses Satzes im Wege der Auslegung dazu kommen, dass die Eheleute eine stillschweigende wechselbezügliche Schlusserbeneinsetzung wollten, weil sie davon ausgegangen sind, dass der Zweitversterbende nur dann die Möglichkeit hat, frei zu verfügen, wenn durch die Pflichtteilsforderung eines Kindes sich auch dessen Erbanteil nach dem zweiten Erbfall auf den Pflichtteil reduziert?
    Oder ist das zu kompliziert gedacht bzw. genügt das nicht für eine entsprechende Auslegung? Soweit ich das gesehen habe, war ein solcher Satz in den Testamenten, die Gegenstand der diversen Entscheidungen waren, nicht vorhanden.
    Bevor die Frage auftaucht, weshalb mich das nach dem ersten Erbfall schon interessiert: Es geht mir darum, ob ich das Testament aufgrund von Verfügungen für den zweiten Erbfall in amtliche Wiederverwahrung nehme, oder nicht.

  • Wenn in der Pflichtteilsstrafklausel eine bedingte Enterbung durch den Überlebenden erfolgt, musst du wiederverwahren. Und im Zweifel würde ich ebenfalls wiederverwahren.

  • Aufgrund des genannten Passus neige ich der Ansicht zu, dass hier ohnehin von einer Schlusserbeneinsetzung auszugehen ist.

    Für die Verwahrungsfrage kommt es hierauf aber nicht an. Wiederzuverwahren ist bereits aufgrund der bedingten Enterbung durch den überlebenden Ehegatten.

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