Bezeichnung "Bevollmächtigter des Nachlasses" - Alleinerbe?

  • Hallo!
    Ich bin sehr unschlüssig, zum Glück habe ich das ganze nur in Rechtshilfe:

    Es liegen zwei -fast wortgleiche- Testamente vor.
    Im ersten wird die Nichte zur "alleinigen Erbin" eingesetzt, und "mit der Auflage beschwert, die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung zu tragen".
    Dies folgt einem beigefügten Entwurf eines Anwaltes.

    Im zweiten Testament wird die Schwester (Mutter der Nichte, es gibt aber noch mehr Geschwister) nun zur "Bevollmächtigten meiner Hinterlassenschaften eingesetzt", und auch diese wird "mit der Auflage beschwert, die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung zu tragen".

    Beides wird von der Schwester zusammen mit dem anwaltlichen Entwurf offen bei Gericht abgeliefert.

    Der zuständige Kollege geht davon aus, dass die Schwester nur beauftragt wird, die Beerdigung zu organisieren und die Nichte alles erben soll.

    Erst auf die zweite Nachfrage stimmen die beiden Betroffenen der Auslegung zu (auf die erste haben beide formularmäßig die Erbschaft angenommen...).

    Auf der Suche nach Auslegungen bin ich leider nicht fündig geworden. Widersprüche? Anregungen? Bonmots?

    Ich soll dem Rechtshilfeersuchen nach morgen den ES-Antrag ("Nichte ist Alleinerbin") aufnehmen, der mir ehrlich gesagt nicht schmeckt.

  • Sehe nicht, dass sich die Testamente widersprechen. Kann mir vorstellen, dass Nichte Alleinerbin sein soll und Mutter tatsächlich nur Bevollmächtigte, möglich ist auch, dass sie TV sein soll. Für die Mutter der Nichte komme ich auf keine Alleinerbschaft.

  • Auf die Schnelle:
    Nichte Alleinerbin. Mutter der Nichte TV.
    Erbschein mit TV-Vermerk.

    Nimmt die Mutter der Alleinerbin das Amt als TV nicht an: Erbschein ohne TV-Vermerk.

    Entscheiden muss zum Glück dann das Nachlassgericht.

  • Auf die Schnelle:
    Nichte Alleinerbin. Mutter der Nichte TV.
    Erbschein mit TV-Vermerk.

    Nimmt die Mutter der Alleinerbin das Amt als TV nicht an: Erbschein ohne TV-Vermerk.

    Entscheiden muss zum Glück dann das Nachlassgericht.

    Das denke ich ebenfalls.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • In welcher zeitlichen Reihenfolge wurde testiert?

    Das erste war das mit der Bezeichnung "alleinige Erbin". Das zweite, 5 Jahre später, mit der Bezeichnung "Bevollmächtigten all meiner Hinterlassenschaft".

    Auf eine TV käme ich gar nicht, dagegen spricht die Formulierung, dass die "Bevollmächtigte mit der Auflage beschwert wird, die Kosten einer standesgemäßen Beerdigung ... zu tragen". Als Belohnung, den TV geben zu dürfen, soll sie die Beerdigung selber zahlen?

  • Ich würde die Nichte ebenfalls als Alleinerbin ansehen und die Anordnung einer Testamentsvollstreckung mit der Mutter als Testamentsvollstreckerin verneinen. Bei der Anhörung der Beteiligten wird sich herausstellen, ob es insoweit zu einer übereinstimmenden Testamentsauslegung kommt.

    Da der Erbe die Beerdigungskosten bereits kraft Gesetzes trägt (§ 1968 BGB), ist die besagte "Auflage" zu Lasten der Alleinerbin natürlich Unsinn.

  • Ein TV hätte die Kosten der Beerdigung aus dem Nachlass zu tragen.

    Ein TV kann im übrigen gar nicht mit einer Auflage beschwert werden.

  • Der Wortlaut "Bevollmächtigte" trägt auch die Auslegung, dass die Mutter Alleinerbin ist. Die Feststellungslast liegt aber bei der Mutter, falls sie dies behauptet. Zunächst ist der Wortsinn zugrunde zu legen, wonach der Bevollmächtigte ein gewillkürter Vertreter (und auch kein Testamentsvollstrecker) ist. Sodann sind Umstände im Einzelfall zu suchen, die ein anderes Verständnis näher legen.

  • Das sehe ich anders. Für einen juristischen Laien kann der Wortlaut "Bevollmächtigte meiner Hinterlassenschaften" genauso werthaltig eine Erbeinsetzung sein wie für uns der Wortlaut "Zur Erbin bestimme ich...".

    Für die Erbenstellung der Schwester spricht vor allem, dass die übrigen Anordnungen (Beerdigungskosten) deckungsgleich sind.

    Hier ist im Rahmen der Amtsermittlung festzustellen, ob die Erbenstellung der Nichte durch das zeitlich spätere Testament vernichtet wurde. Eine Beweispflicht der Schwester (dass sie Erbin ist) sehe ich nicht, solange sie nicht selbst den entsprechenden Antrag stellt.

    Auch ist zu beachten, dass die Auferlegung der Beerdigungskosten für die Verschaffung einer starken Stellung sprechen kann. Das Wegwischen mit dem Wortlautargument wäre mir zu einfach.

  • Die Auslegung ist Sache des Nachlassgerichts und dieses hat sich lt. Akteninhalt und nach erfolgter Anhörung der Beteiligten bereits festgelegt und darum ersucht, einen entsprechenden Erbscheinsantrag aufzunehmen.

    Also tut man das.

    In problematischen Fällen kann man schon einmal rückfragen. So liegt der Fall hier aber nicht, weil diese Auslegung jedenfalls ohne weiteres möglich ist.

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