Pfändung der PKH-Vergütungen eines RAs durch Finanzamt

  • Ich habe da ein eher seltenes Problem. Als Rpfl in Familiensachen bin damit konfrontiert, dass das Finanzamt beim AG sämtliche Ansprüche auf PKH-Vergütung eines Anwalts gepfändet hat. Am 3.6.15 ist der Pfändungsbeschluss zugestellt. Jetzt frage ich mich, ab wann ich was dem Finanzamt überweisen muss. Beschlagnahme war am 3.6.; nur worauf muss ich bezüglich der PKH-Vergütung abstellen? Zeitpunkt der Beantragung bei Gericht, oder vielleicht Zeitpunkt der Entstehung oder vielleicht Verfahrensende? Mein Bauchgefühl als Vollstreckungsrechtspfleger sagt mir, ich muss auf den Zeitpunkt der Beantragung der PKH-Vergütung durch den Rechtsanwalt abstellen. Das wäre zumindest halbwegs praktikabel und überschaubar und ohne allzu großen Zeitaufwand machbar. Immerhin ist die Forderung des FA so hoch, dass ich die nächsten Jahre nichts an den Anwalt auszahlen werde. Hat jemand so was schon mal gehabt? Wie habt Ihr es gemacht? Oder weiß jemand, wo ich was darüber finden könnte? Die Rolle als Drittschuldner ist echt ungewohnt.

  • Warum nicht ganz einfach: Alles ab Zustellung des PfÜB? Was durch den verhindert werden soll, ist doch die Zahlung an den RA, das gilt für bereits beantragte Zahlungen wie für noch nicht zur Entstehung gebrachte Honorare (zumindest wenn im PfÜB auch "künftige" steht) ebenso, wie für bereits angewiesene aber noch nicht ausgeführte Zahlungen ( und das ist m.E. der Problemfall - die Zahlungsanweisung auf dem Weg zwischen Deinem Schreibtisch und der Landeskasse).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Als Rechtspfleger, der u. a. C-, F- und M-Sachen- Erfahrung hat, würde ich dies so lösen:

    Maßgeblich ist das Zustelldatum der Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Sind keine künftigen Erstattungsansprüche aus Vergütungsfestsetzung gepfändet, dann sind von der Pfändungs- u d Einziehungsverfügung lediglich die Verfahren umfasst, bei denen der RA als Schuldner seine Vergütung bereits beantragt hat, diese aber noch nicht festgesetzt ist bzw festgesetzt ist, aber deren Überweisung noch vom Drittschuldner zurückgezogen werden kann z. B. in Bayern mit Stornierungsersuchen an Landesjustizkasse.

    Sind auch künftige Erstattungsansprüche mitgepfändet, dann wirkt sich die Pfändung auf alle Verfahren aus, in denen der RA seine Vergütung geltend gemacht hat und die noch nicht überwiesen wurde sowie auf sämtliche Verfahren, in denen er sie bis zur Befriedigung des Finanzamtes noch geltend machen wird.

  • Danke für eure Meinungen.
    Ich habe den konkreten Fall, dass der betroffene Anwalt im März beigeordnet wurde und das Verfahren am 22.5. mit einem Vergleich endete. Antrag auf Festsetzung der Vergütung ist am 2.6. eingegangen. Festgesetzt und ausgezahlt ist noch nicht. Über den Fall, dass ich schon die Auszahlung angewiesen habe, die Staatskasse aber noch nicht ausgezahlt hat, muss ich erfreulicherweise nicht nachdenken, da ich in den letzten 10 Tagen keine Festsetzungen an den Anwalt gemacht habe (hatte Urlaub, uff!).
    Gepfändet können doch nur die PKH-Forderungen sein in Verfahren, in denen bereits PKH bewilligt wurde (Stöber, Forderungspfändung 15.A. Rdnr. 74). Nur da besteht ja grundsätzlich ein Anspruch des Anwalts auf Vergütung. Die Verfahren, in denen schon festgesetzt und ausgezahlt wurde, sind erledigt und nicht von der Beschlagnahme erfasst. Die Verfahren, in denen noch keine Festsetzung erfolgte, müssten dann von der Beschlagnahme erfasst sein. Und zwar unabhängig davon, wann der Festsetzungsantrag gestellt ist oder wird. Demnach müsste ich in oben genannten Fall an das FA auszahlen. Das heißt aber doch auch, dass Verfahren, in denen zum Zeitpunkt der Beschlagnahme noch keine PKH bewilligt ist, nicht von der Pfändung erfasst werden, oder? Meine Annahme, dass ich die nächsten Jahren ans FA auszahlen werde, was der RA an PKH-Vergütungen hat, ist damit falsch. Denn nach Stöber sind nur die Verfahren erfasst, in denen der RA schon beigeordnet ist. Dann wäre die Pfändung auf die bereits laufenden Verfahren, in den PKH bewilligt ist, begrenzt. Für die nach dem 3.6. eingehenden Verfahren würde die Pfändung grundsätzlich nicht wirken. Nach Stöber ist es "allgemeine Ansicht", dass vor der Beiordnung zwischen RA und Staatskasse keine Rechtgrundlage für die Möglichkeit des Entstehens künftiger Forderungen besteht.

  • Nur mal so als Denkanstoß (falls ihr das nicht ohnehin schon längst in die Wege geleitet habt): du wirst ja sicher nicht die einzige im Haus sein, die in die Verlegenheit kommen könnte, PKH-Vergütung an den RA auszahlen. Gerade wenn das Verfahren noch länger läuft wäre es daher vielleicht sinnvoll, wenn alle Auszahlungen zentral über eine Stelle laufen bzw. von einer Stelle erfasst werden.
    Wir hatte bei uns auch mal so einen Fall, da sind sämtliche Zahlungen über den Schreibtisch der Verwaltung gegangen die geprüft hat, ob der Anspruch von der Pfändung erfasst ist. Deshalb kann ich dir zu deiner eigentlichen Frage auch leider nichts sagen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Wäre auch ein paradoxes Ergebns: § 49b BRAO dient dem Schutz des Mandanten davor, dass sein Anwalt seine anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung dadurch verletzt, dass er die Gebührenforderung an einen x-beliebigen Dritten abtritt und diesem Dritten damit konkludent offenbart, dass der Mandant in der Sache Z anwaltlichen Beratungsbedarf hatte.

    Das hat mit der Pflicht des Anwalts, seine eigenen Steuern zu bezahlen, offensichtlich nicht das geringste zu tun. Zumal das Steuergeheimnis mindestens ebenso weit reicht wie die anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit. Wollte man dies anders sehen, wäre das anwaltliche Einkommen aus Honorarforderungen generell dem Zugriff Dritter entzogen. Ein für diese Berufsgruppe paradiesischer und schon deswegen unrealistischer Zustand (das Paradies ist eben nicht auf Erden).

    Trotz dieser völlig unterschiedlichen Zielrichtungen werden solche Schutzvorschriften immer wieder zum Anlass genommen, entsprechend Fälle durch die Instanzen zu treiben. Aber wie La Flor de Cano in einem anderen Thread so treffend (sinngemäß) bemerkte: Es ist immer wieder erstaunlich, dass das an sich logische Ergebnis erst durch den BGH festgestellt werden muss.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Das ist mir völlig klar, schließlich gibt es zu praktisch jeder Fallgruppe entsprechende Entscheidungen, alleine die Entscheidungsserie zum beruflichen Fahrtenbuch zeigt ja, wie hartnäckig manche ihre scheinbaren Privilegien -die in Wahrheit nur Pflichten zum Schutz der Mandanten/Klienten etc. sind - zu verteidigen versuchen. Aber dass sich jemand darauf beruft bedeutet zum Glück noch lange nicht, dass er damit Recht hätte.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zur Klarstellung: Gepfändet wurden die Forderungen, die dem RA aus seiner Tätigkeit als Anwalt gegen die Staatskasse zustehen und künftig zustehen werden. Stöber sagt dazu, - und das leuchtet mir auch ein -, dass zwischen Anwalt und Gericht bis zur Beiordnung kein Rechtsverhältnis bestehe, aus welchen irgendwas pfändbar wäre. Erst mit der Beiordnung haben wir dieses Rechtsverhältnis, aus dem sich Anprüche des RAs an die Staatskasse ergeben können. Ob Ansprüche bestehen und welche, zeigt sich erst nach Verfahrensende und Festsetzungsantrag des RA. Daher werden nur Verfahren von der Pfändung erfasst, in denen der RA vor dem 3.6. beigeordnet ist. Beiordnungen, die nachher erfolgen, sind nicht von der Pfändung erfasst. Das FA könnte in ein paar Monaten ja erneut pfänden, um weitere Ansprüche zu erfassen.
    Eine zentrale Lösung wäre ein Traum. Aber wir sind nur ein kleiner Haufen und nur eine Kollegin, die auch M-Sachen macht, sieht wie ich da unter Umständen Schwierigkeiten. Die Verwaltung führt nur Buch über die ans FA ausgezahlten Beträge. Ob die Auszahlung korrekt war oder nicht, interessiert da nicht. Das hat wohl der einzelne Bearbeiter zu verantworten.

  • Das hier pfändende FA kennt aber BFH v. 01.02.2005, VII B 198/04.

    :oops: Wieder mal durch Gerichte (und AndreasH) eines besseren belehrt...

    Man sollte eben nicht den Kommentaren trauen. Neben Gerold/Schmidt leitet hier auch Schneider (in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 1. Aufl. 2014, § 45 RVG Rn. 21) in die Irre: "Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse kann nur im Rahmen des § 49b Abs. 4 BRAO gepfändet werden, weil nur insoweit eine Übertragbarkeit (§ 851 ZPO) vorliegt." Nun denn: In die Ecke, Besen, Besen!

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Zur Klarstellung: Gepfändet wurden die Forderungen, die dem RA aus seiner Tätigkeit als Anwalt gegen die Staatskasse zustehen und künftig zustehen werden. Stöber sagt dazu, - und das leuchtet mir auch ein -, dass zwischen Anwalt und Gericht bis zur Beiordnung kein Rechtsverhältnis bestehe, aus welchen irgendwas pfändbar wäre. Erst mit der Beiordnung haben wir dieses Rechtsverhältnis, aus dem sich Anprüche des RAs an die Staatskasse ergeben können. Ob Ansprüche bestehen und welche, zeigt sich erst nach Verfahrensende und Festsetzungsantrag des RA. Daher werden nur Verfahren von der Pfändung erfasst, in denen der RA vor dem 3.6. beigeordnet ist. Beiordnungen, die nachher erfolgen, sind nicht von der Pfändung erfasst. Das FA könnte in ein paar Monaten ja erneut pfänden, um weitere Ansprüche zu erfassen.
    Eine zentrale Lösung wäre ein Traum. Aber wir sind nur ein kleiner Haufen und nur eine Kollegin, die auch M-Sachen macht, sieht wie ich da unter Umständen Schwierigkeiten. Die Verwaltung führt nur Buch über die ans FA ausgezahlten Beträge. Ob die Auszahlung korrekt war oder nicht, interessiert da nicht. Das hat wohl der einzelne Bearbeiter zu verantworten.

    So auch das LG-Nürnberg-Fürth aus post #5. :daumenrau

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Das hier pfändende FA kennt aber BFH v. 01.02.2005, VII B 198/04.

    :oops: Wieder mal durch Gerichte (und AndreasH) eines besseren belehrt...

    Man sollte eben nicht den Kommentaren trauen. Neben Gerold/Schmidt leitet hier auch Schneider (in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 1. Aufl. 2014, § 45 RVG Rn. 21) in die Irre: "Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse kann nur im Rahmen des § 49b Abs. 4 BRAO gepfändet werden, weil nur insoweit eine Übertragbarkeit (§ 851 ZPO) vorliegt." Nun denn: In die Ecke, Besen, Besen!


    Danke, aber zuviel der Ehre.:)

    Die tatsächliche Arbeit hat der BFH geleistet. Mich erstaunt nur immer wieder, dass man bei den Instanzgerichten bis zur OLG-Ebene mit dieser Argumentation durchkommt. Offenbar gute (anwaltliche) Vorarbeit, die die einschlägigen Kommentare da leisten.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Danke für Euren Beistand. Vorallem an Exec; so ne LG-Entscheidung ist doch immer wieder ein gutes Argument für die vertretene Meinung. Und wirkt ungleich überzeugender auf die Verwaltung als meine bescheidene Meinung. Merci! :)

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