Dringend Hilfe benötigt! Parteiwechsel etc., Urteil falsch

  • Hallo,

    ich habe folgendes Problem:

    Wir haben ein Mahnverfahren eingeleitet, Vollstreckungsbescheid beantragt, Einspruch/Widerspruch, streitiges Verfahren, Anspruchsbegründung, Verhandlung, Urteil


    Jetzt kam das Urteil und uns ist aufgefallen, dass von Anfang an wir den falschen Kläger angegeben haben. Das passierte, weil die Mitarbeiterin sich für den MB-Antrag ein Muster aus einer Parallelakte nahm und versehentlich den Kläger einfach abschrieb. Nur das dieser in dem Fall ein anderer war. Die Anwältin unterschrieb die Anspruchsbegründung ebenfalls mit dem falschen Kläger. Niemandem ist es aufgefallen die ganze Zeit. Nicht mal der Gegenseite.

    Kann man da noch etwas tun, wenn ja, was genau? Oder ist das Urteil tatsächlich unbrauchbar und das Verfahren muss neu geführt werden?

    Vielen Dank, Gruß

  • Von einer offensichtlichen Unrichtigkeit kann hier nicht mehr ausgegangen werden.
    Das Verfahren muss neu geführt werden.
    Der eigentliche Schuldner hat ja nicht ansatzweise Kenntnis von Mahn- und Streitverfahren. Er war da in keinster Weise einbezogen. Da kann man nicht einfach ein Urteil gegen ihn umschreiben lassen.

    zu #5 und #6: Da habe ich nicht richtig gelesen. :oops:
    Trotzdem muss hier m.E. ein neues Verfahren geführt werden. Alles Andere würde die Sache nur noch verwirrter/schlimmer machen.

  • Der Kläger ist doch falsch angegeben. Der vermeintlich falsche ist nun glücklicher Besitzer eines vollstreckbaren Titels. Warum soll er nicht daraus vollstrecken? :gruebel:

  • Es wurde nicht der Beklagte, sondern der Kläger verwechselt.
    Man braucht nicht darüber zu diskutieren, dass so etwas nicht passieren darf.

    Das Urteil (klagestattgebende) ist zunächst einmal rechtskräftig. Es wird nicht dadurch unwirksam, dass es nicht der Prozesskläger ist, dem der geltend gemachte Anspruch zusteht.

    Pragmatisch ließe sich die Angelegenheit lösen, indem der Beklagte an den mit Geldempfangsvollmacht des (falschen) Klägers ausgestatteten Anwalt zahlt und dieser den Betrag an den (richtigen) Kläger auskehrt. Auf der Seite des Beklagten dürfte kein Schaden entstanden sein, weil er den Prozess auch gegen den richtigen Kläger mit den entsprechenden Kostenfolgen verloren hätte.

  • Weil er jede Vollstreckungsabwehrklage verlieren würde: :teufel:

    Wie meine Vorredner: Pech gehabt. (Für den der Titel ergangen ist, will nicht vollstrecken - der gerne vollstrecken würde, kann es nicht.)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • In Betracht käme ggf. eine Abtretung des Titelgläubigers an den "richtigen" Gläubiger in der in § 727 ZPO normierten Form und die Beantragung einer Rechtsnachfolgeklausel (dadurch entstehen keine Gerichtskosten, aber Kosten für die Zustellung gem. § 750 II ZPO).
    Der Einwand der fehlenden Aktivlegitimation dürfte präkludiert sein, also auch Vollstreckungsabwehrklage (-).

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • In Betracht käme ggf. eine Abtretung des Titelgläubigers an den "richtigen" Gläubiger

    Kann man einen isolierten Titel (für den eigentlich keine Forderung besteht) abtreten? Oder eigentlich nur die zugrunde liegende Forderung (die es hier eigentlich nicht gibt)?
    Oder ist allein durch den Titel jetzt eine Forderung für den falschen Gläubiger entstanden, die nun abtreten werden kann?
    :gruebel:

    Das ganze verwirrt mich jetzt etwas, oder zumindest sehe ich das zu kompliziert... :oops:

  • Nach meinem Verständnis schafft der Titel keine Forderung, er stellt sie nur fest. Eine Abtretung scheidet mE also aus, da dem Urteil ja tatsächlich keine Forderung zugrunde liegt (und iÜ würde eine nichtexistente Forderung an den abgetreten, für den sie bereits existiert)

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  • Ich gebe zu, mein Vorschlag ist sehr konstruiert, da die bereits für den falschen Gläubiger titulierte Forderung dafür zunächst von dem richtigen Gläubiger an den "falschen" abgetreten werden müsste (und wieder zurück), damit materiellrechtlich der "falsche" Gläubiger tatsächlich Forderungsinhaber werden kann. Allerdings würde die Titulierung (und eine etwaige Rechtskraft) in diesem Konstrukt nicht funktionieren, da sie eben zugunsten des falschen Gläubigers erfolgt ist.
    Dem Titel liegt somit zwar keine Forderung zugrunde, dies wurde jedoch im Verfahren selbst nicht gerügt. Dieser Einwand wäre damit wohl präkludiert.


    Hat das Prozessgericht von dem ganzen Vorgang keine Kenntnis, käme eine Titelumschreibung im rein formellen Klauselverfahren bei Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abtretung in Betracht. Liest das Prozessgericht mit, könnte es bereits bösgläubig sein - was aber wohl auch keine Auswirkungen hätte.


    Fakt ist: Der falsche Gläubiger kann jetzt aufgrund eines Titels vollstrecken, auch wenn er eigentlich keine Forderung innehat. Was meint ihr, bei wievielen automatisiert ergangenen Vollstreckungsbescheiden das genauso ist... Und auch da ist eine Abtretung möglich, da im Klauselverfahren eben nicht geprüft wird, ob die titulierte Forderung tatsächlich besteht (das ist dem Erkenntnisverfahren vorbehalten).


    Sprich: Materiell-rechtlich ist zwar das Ganze für die Katz' und materielle Rechtskraft ist m.E. nicht möglich. Aber der Titel kann in formeller Rechtskraft erwachsen und ebenso kann er im formalisierten Klauselverfahren nach § 727 ZPO übertragen werden.
    Ob man dagegen mit der Vollstreckungsabwehrklage angehen könnte, vermag ich nicht einzuschätzen. Ich vermute jedoch, dass der Einwand der fehlenden Aktivlegitimation dann präkludiert sein dürfte.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Das Problem liegt doch weniger auf Seiten der beiden Kläger, sondern eher auf Seiten des Beklagten, der nun eine doppelte Inanspruchnahme fürchten muss:


    • Zahlt er auf den Titel an den "falschen" Kläger, wird er zwar von der titulierten Forderung frei. Dem "wahren" Kläger gegenüber wirkt indes weder die Rechtskraft noch die Erfüllung, so dass er die materielle Forderung erneut geltend machen könnte.


    • Zahlt er auf die materielle Forderung an den "wahren" Kläger, bleibt die Titulierung weiter in der Welt.

    Dem kann nur dadurch begegnet werden, dass die titulierte Forderung an den "wahren" Kläger abgetreten wird und der Titel auf ihn umgeschrieben wird. Fordert der "wahre" Kläger jetzt zur Zahlung der titulierten Forderung auf, muss er zugleich erklären, dass jede Zahlung zugleich auf die "wahre" Forderung angerechnet wird. Dann dürfte einer Vollstreckung aus dem Titel nichts mehr im Wege stehen.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Dem kann nur dadurch begegnet werden, dass die titulierte Forderung an den "wahren" Kläger abgetreten wird und der Titel auf ihn umgeschrieben wird. Fordert der "wahre" Kläger jetzt zur Zahlung der titulierten Forderung auf, muss er zugleich erklären, dass jede Zahlung zugleich auf die "wahre" Forderung angerechnet wird. Dann dürfte einer Vollstreckung aus dem Titel nichts mehr im Wege stehen.

    In formeller Hinsicht bin ich voll und ganz bei dir.

    Auf materiell-rechtlicher Seite steht der berechtigte Einwand von Phil, dass eine nicht existente Forderung nicht abgetreten werden kann (kein gutgläubiger Forderungserwerb).

    Da werden wir wohl die formelle und die materielle Rechtslage nie in Einklang bringen können - es sei denn, für den "falschen" Gläubiger würde eine Hypothek zur Sicherung der Forderung eingetragen und diese dann an den "wahren" Gläubiger abgetreten (§ 1138 BGB) :strecker

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

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  • Aber es geht doch gar nicht um die Abtretung einer nicht existenten Forderung. Das Bestehen der Forderung ist durch das (rechtskräftige?) Urteil festgestellt; Einwände sind dem Beklagten durch Präklusion abgeschnitten (§§ 242, 826 BGB mal außen vor). Dann kann diese titulierte Forderung auch abgetreten werden.

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  • Es wurde nicht der Beklagte, sondern der Kläger verwechselt.
    Man braucht nicht darüber zu diskutieren, dass so etwas nicht passieren darf.

    Das Urteil (klagestattgebende) ist zunächst einmal rechtskräftig. Es wird nicht dadurch unwirksam, dass es nicht der Prozesskläger ist, dem der geltend gemachte Anspruch zusteht.

    Pragmatisch ließe sich die Angelegenheit lösen, indem der Beklagte an den mit Geldempfangsvollmacht des (falschen) Klägers ausgestatteten Anwalt zahlt und dieser den Betrag an den (richtigen) Kläger auskehrt. Auf der Seite des Beklagten dürfte kein Schaden entstanden sein, weil er den Prozess auch gegen den richtigen Kläger mit den entsprechenden Kostenfolgen verloren hätte.

    Dieser Lösungsansatz setzt einen zahlungswilligen Schuldner voraus. Dann hätte es aber nicht so weit kommen müssen...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Da hat der renitente Schuldner doch Widerspruch /Einspruch eingelegt, obwohl er dem im Mahnbescheid genannten Kläger nun wirklich nichts schuldete!

    Statt zu tricksen, wäre vielleicht mal eine Entschuldigung an den Beklagten angebracht und ein Vergleichsangebot: Wir händigen dir den falschen Titel aus, verzichten auf die festgesetzten Kosten und Du zahlst an den Richtigen oder erkennst dessen Forderung in vollstreckbarer Urkunde an - die Kosten der Urkunde übernimmt der Gläubiger.
    Das ist immer noch billiger als ein neuer Prozess, denn wenn der Schuldner sich gegen die Rechtsnachfolgeklausel wehren sollte, müsste er Recht bekommen, § 325 ZPO.

    Ihr wisst, dass einfach nur falsch abgeschriebn wurde, der Beklagte aber nicht.

  • Wie wurde denn wohl dem Gericht das Bestehen der Forderung nachgewiesen?

    Der einzig "saubere" Weg scheint mir die Neutitulierung und die Herausgabe des falschen Titels an den Schuldner zu sein. (Die Kosten für den falschen Titel dürfen natürlich dem Schuldner auch nicht zur Last fallen.)

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

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