Bürgermeister und § 181 BGB

  • Hallo,

    mich beschäftigt folgender Fall:

    Eine Stadt in Baden-Württemberg kauft ein noch zu vermessendes Teilgrundstück. Es handeln die Verkäuferin in Person und ein vom Bürgermeister Bevollmächtigter (B) für die Stadt.
    Die Verkäuferin bevollmächtigt die Stadt, das Vermessungsergebnis anzuerkennen, sowie die Auflassung zu erklären. Von § 181 BGB befreit sie und lässt auch Untervollmacht zu.
    Die Vollmacht der Stadt an B enthält einen Absatz, der besagt, dass für den Fall, dass die Stadt von Verkäufern bevollmächtigt wird, das Vermessungsergebnis anzuerkennen und die Auflassung zu erklären, B von § 181 BGB befreit ist.

    Soweit, so schön und B handelt fröhlich vor sich hin.

    Nun fand ich aber verschiedentlich, dass die Vertretungsmacht des Bürgermeisters, der ja die Vollmacht unterschrieb, von § 181 BGB begrenzt wird. Er kann also die Befreiung nicht weitergeben, wenn er selbst nicht befreit ist.

    Erfüllung einer Verbindlichkeit scheidet ja schon wegen der Anerkennung des Messergebnisses aus. Ein Kollege kam mit § 29 III GBO: Siegel + Unterschrift = keine weitere Prüfung durch das GBA.
    Aber würde der Bürgermeister selbst handeln, müsste ich die Befreiung prüfen, also sollte das meiner Meinung nach durch die Vollmacht nicht umgangen werden können.

    Auf der Suche nach einer Befreiung in der Satzung der Stadt fand ich dann zu guter Letzt auch noch das:
    Zuständigkeiten... dem Bürgermeister werden folgende Aufgaben zur Erledigung dauernd übertragen: ... 3.) ... Erwerb ... von Grundeigentum ... im Wert bis zu einem Betrag, der weit unter dem im Vertrag festgelegten Kaufpreis liegt.

    :gruebel:

    Prüfe ich das? Das dürfte doch nur das Innenverhältnis treffen, da es sich um keine gesetzliche Einschränkung handelt, oder?

    Was ist mit dem § 181 BGB? Gemeinderatsbeschluss über die Befreiung des Bürgermeisters notwendig?

    Das papierlose Büro wird ebenso wenig kommen wie das papierlose Klo.
    [Dr. Heinrich von Pierer (Vorstand Siemens)]

  • Erfüllung einer Verbindlichkeit scheidet ja schon wegen der Anerkennung des Messergebnisses aus.


    Steht in der Urkunde nicht irgendwo etwas in der Art von: "Die Beteiligten verpflichten sich, nach Durchführung der Teilungvermessung gemäß den Angaben in dieser Urkunde und dem Vorliegen der erforderlichen amtlichen Fortschreibungsunterlagen un*verzüglich vor einem Notar das Messungsergebnis anzuerkennen und die Auflassung für den Vertragsgegenstand zu er*klären." Dann ist nämlich die Anerkennung auch Erfüllung einer Verpflichtung.

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  • Das wird schon passen, die private Beteiligte kann selbstverständlich Vollmacht erteilen wie sie lustig ist und diese Vollmacht wird dann im Falle der Unterbevollmächtigung auch so weiter gegeben wie sie besteht, also mit Befreiung.

    Was nun der Bürgermeister darf und was nicht und inwieweit er da bevollmächtigen darf oder eben nicht regelt die Gemeindeordung i.V.m. der Hauptsatzung/Geschäftsordnung der Gemeinde. Insoweit darf man sich aber eben nicht auf 29 Abs. 3 GBO verlassen, wenn es um die Auflassung geht, bei der Form der zulässigen Vollmacht dann schon wieder.

    Da hier nirgends der Bürgermeister oder dessen Vertreter hier als private auftreten sondern immer nur als Gemeindeorgan, stellt sich die 181er Problematik in der Hinsicht schon mal nicht und als Vertreter der weiteren Beteiligten ist ja Befreiung erteilt.

  • Das wird schon passen, die private Beteiligte kann selbstverständlich Vollmacht erteilen wie sie lustig ist und diese Vollmacht wird dann im Falle der Unterbevollmächtigung auch so weiter gegeben wie sie besteht, also mit Befreiung.

    Was nun der Bürgermeister darf und was nicht und inwieweit er da bevollmächtigen darf oder eben nicht regelt die Gemeindeordung i.V.m. der Hauptsatzung/Geschäftsordnung der Gemeinde. Insoweit darf man sich aber eben nicht auf 29 Abs. 3 GBO verlassen, wenn es um die Auflassung geht, bei der Form der zulässigen Vollmacht dann schon wieder.

    Da hier nirgends der Bürgermeister oder dessen Vertreter hier als private auftreten sondern immer nur als Gemeindeorgan, stellt sich die 181er Problematik in der Hinsicht schon mal nicht und als Vertreter der weiteren Beteiligten ist ja Befreiung erteilt.

    Wieso tritt der Bürgermeister über seinen Bevollmächtigten nicht als Vertreter der Gemeinde auf?

    Ist ein Messanerkenntnis zwischen Veräußerer und Erwerber kein Vetrag, auf den Paragraf 181 BGB anwendbar ist? Ausnahme: Erfüllung einer Verbindlichkeit.

  • OLG München · Beschluss vom 9. September 2014 · Az. 34 Wx 309/14

    Ist im Kaufvertrag über eine erst noch zu vermessende Teilfläche die Auflassung noch nicht erklärt, bedarf die spätere Messungsanerkennung mit Auflassung des neu gebildeten Grundstücks bei Doppelvertretung der Genehmigung durch den Vollmachtgeber, wenn nicht dem Vertreter Befreiung nach § 181 BGB erteilt ist (Abgrenzung zu BGH vom 16.2.2012, V ZB 204/12, bei juris; Bestätigung zu Senat vom 28.8.2013, 34 Wx 223/13, bei juris Rn. 16, und vom 19.9.2013, 34 Wx 156/13, bei juris Rn. 19).

    [...] ermöglicht zwar die Messungsanerkennung. In ihr erklären die Vertragsparteien in der Form des § 29 GBO, dass der gegebenenfalls dadurch modifizierte schuldrechtliche Vertrag mit der beschriebenen Leistung erfüllt wird. Dass dies als Nachweis der Identität dienen kann, setzt aber Wirksamkeit voraus. Dem steht § 181 BGB entgegen, wenn die Erklärung zumindest auch einen materiell-rechtlichen Inhalt hat und es sich nicht nur um ein Erfüllungsgeschäft handelt. Anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.2.2012 (V ZB 204/12) steht hier die Identität zwischen verkauftem und aufzulassendem Grundstücksteil in Frage, nicht aber die Übereinstimmung von bereits wirksam aufgelassenem mit dem einzutragenden Grundbesitz. Die erforderliche Einigung durch Vertreter ist in diesem Fall zu prüfen und in der Form des § 29 GBO nachzuweisen (allgem. Meinung; Demharter § 20 Rn. 21). Sie dient hier - da die Auflassung noch nicht erklärt ist - nicht nur der Erfüllung der Bestimmtheitserfordernisses des Grundbuchrechts (vgl. § 28 GBO). Die Erklärung, die ebenfalls als Identitätserklärung oder Messungsanerkennung bezeichnet wird, hat als „Anerkennung“ jedenfalls auch einen materiell-rechtlichen Inhalt mit der Folge, dass § 181 BGB gilt, wenn der Gläubiger bestätigt, das von ihm Gekaufte zu erhalten, bzw. der Schuldner anerkennt, das dann Aufzulassende zu schulden, und auf dieser Grundlage erst die Auflassung erklärt wird. Sonstige Umstände (vgl. die Beispiele bei Kössinger in Bauer/von Oefele § 20 Rn. 55) sind beim Grundbuchamt nicht offenkundig (§ 29 Abs. 1 Satz 2 GBO).

    Da die Auflassung noch nicht erklärt wurde, sind wir wohl im Anwendungsbereich des § 181 BGB.

  • Die Auffassung, dass es reicht, wenn einer der Beteiligten vom § 181 BGB befreit hat (oder nachträglich genehmigt), kam mir schon unter.

    Aber ich denke, es müssen beide Parteien, die vertreten werden, auch vom § 181 BGB befreit sein. Also der Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde auch durch Satzung oder Beschluss, wenn er bei der Anerkennung für beide handelt. Nur die Befreiung der Verkäuferin reicht nicht.

    Sehe ich das aber richtig: bezüglich der Kaufpreishöhe muss ich nicht prüfen?

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    [Dr. Heinrich von Pierer (Vorstand Siemens)]

  • Das wird schon passen, die private Beteiligte kann selbstverständlich Vollmacht erteilen wie sie lustig ist und diese Vollmacht wird dann im Falle der Unterbevollmächtigung auch so weiter gegeben wie sie besteht, also mit Befreiung.

    Was nun der Bürgermeister darf und was nicht und inwieweit er da bevollmächtigen darf oder eben nicht regelt die Gemeindeordung i.V.m. der Hauptsatzung/Geschäftsordnung der Gemeinde. Insoweit darf man sich aber eben nicht auf 29 Abs. 3 GBO verlassen, wenn es um die Auflassung geht, bei der Form der zulässigen Vollmacht dann schon wieder.

    Da hier nirgends der Bürgermeister oder dessen Vertreter hier als private auftreten sondern immer nur als Gemeindeorgan, stellt sich die 181er Problematik in der Hinsicht schon mal nicht und als Vertreter der weiteren Beteiligten ist ja Befreiung erteilt.

    Wieso tritt der Bürgermeister über seinen Bevollmächtigten nicht als Vertreter der Gemeinde auf?

    Ist ein Messanerkenntnis zwischen Veräußerer und Erwerber kein Vetrag, auf den Paragraf 181 BGB anwendbar ist? Ausnahme: Erfüllung einer Verbindlichkeit.


    Mein Gedanke ist eher: Der Bürgermeister tritt (via Vertreter) hinsichtlich der Erklärung, die die Gemeinde abgibt NUR als Gemeinde auf und eben nicht als natürliche Person Bürgermeister XY.
    Sicher kann man da den 181 dem reinen Wortlaut nach schon arg restriktiv strapazieren, erscheint mir in diesen Fällen aber eher übertrieben.

    Hinsichtlich der Erklärung, die die Beteiligte abgibt, wird die Beteiligte von der Gemeinde vertreten, die Gemeinde vertreten durch den Bürgermeister, vertreten durch den Verteter hat aber entsprechende Vollmacht samt Befreiung. Insoweit kann die Gemeinde als Gemeinde und als Beteiligte handeln.
    Wer in solchen Fällen den Vertragspartner zur Auflassung und Messungsanerkennung bevollmächtigt, anstatt eines Dritten, der braucht sich nicht wundern falls er behumst wird, aber das ist dessen Problem.

  • Wer in solchen Fällen den Vertragspartner zur Auflassung und Messungsanerkennung bevollmächtigt, anstatt eines Dritten, der braucht sich nicht wundern falls er behumst wird, aber das ist dessen Problem.


    Bei der Gemeinde ist das egal: Wenn die Gemeinde wen behumst, kann sie nicht nach Brasilien abhauen. Siehe auch: Fehlen von Vormerkungen in Verträgen, bei denen die Gemeinde als Verkäufer auftritt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Bürgermeister ist bei den Geschäften der laufenden Verwaltung i.S. von § 44 Abs. 2 Gemeindeordnung für BW von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
    LG Stuttgart, BWNotZ 1995, 166

    Fröhler, § 181 BGB bei Rechtsgeschäften der Gemeinde, BWNotZ 2003,14

    Fröhler, § 181 BGB in der notariellen Praxis, BWNotZ 2006,97


    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…6e6?mode=detail

    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…ec5?mode=detail

    http://www.dnoti.de/gutachten/inde…6b7?mode=detail

  • Der Bürgermeister ist bei den Geschäften der laufenden Verwaltung i.S. von § 44 Abs. 2 Gemeindeordnung für BW von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
    LG Stuttgart, BWNotZ 1995, 166

    Fröhler, § 181 BGB bei Rechtsgeschäften der Gemeinde, BWNotZ 2003,14

    Fröhler, § 181 BGB in der notariellen Praxis, BWNotZ 2006,97...

    Die von Dir zitierten Abhandlungen von Fröhler in der BWNotZ 1/2003, 14 ff, 17/18 und in der BWNotZ 5-6/2006, 97 ff, 114-116, kommen allerdings zu einem ganz anderen Schluss. Fröhler führt in beiden Abhandlungen (Zitat nach der Letztgenannten) aus (Hervorhebung durch mich):

    „Das Landgericht Stuttgart hat durch Beschluss vom 10.01.1995 entschieden, der Bürgermeister einer baden-württembergischen Gemeinde sei bei Geschäften der laufenden Verwaltung im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. GemO von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Dies ergebe sich daraus, dass zum einen die dort gewährte Kompetenz bereits begrifflich eine derartige Befreiung beinhalte und zum anderen kein Organ existiere, das, wäre § 181 BGB dennoch anwendbar, dagegen verstoßende Rechtsgeschäfte genehmigen könne (der Bürgermeister könne sich die Befreiung nicht selbst erteilen und der Gemeinderat, der für die Sachentscheidung keine Organkompetenz habe, dürfe nicht mittelbar über die Gestattung nach § 181 BGB Zuständigkeiten unterlaufen).178 Laut zugrundeliegendem Sachverhalt hatte eine Gemeinde an eine GmbH ein noch nicht vermessenes Grundstück verkauft. Bei der nach Vermessung vorgenommenen Beurkundung der Auflassung, anläßlich derer zusätzlich das Messergebnis als richtig anerkannt und möglicherweise der Kaufpreis an die endgültige Grundstücksgröße angepasst wurde, somit nicht ausschließlich eine Verbindlichkeit erfüllt worden ist179, wurden beide Parteien durch denselben Bevollmächtigten vertreten. Träfe die Ansicht des Landgerichts Stuttgart zu, fände § 181 BGB nicht nur bei Geschäften der laufenden Verwaltung, sondern auch in anderen Fällen eigener Organzuständigkeit des Bürgermeisters, etwa bei der Wahrnehmung vom Gemeinderat übertragener Aufgaben180, keine Anwendung.181 Die Entscheidung überzeugt jedoch nicht, da sich der Schutzzweck des § 181 BGB und die kommunalverfassungsrechtliche Organzuständigkeit nicht gegenseitig ausschließen, sondern vielmehr ergänzen. Das Landgericht Stuttgart bejaht selbst an anderer Stelle des Beschlusses die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 181 BGB bei Mehrvertretung durch einen Bürgermeister182. Während die öffentlich-rechtliche Organzuständigkeit regelt, welches Organ zunächst im Innenverhältnis eine in Rede stehende Sachentscheidung treffen und welches Organ sodann diese Entscheidung nach außen vollziehen darf, stellt § 181 BGB darüber hinaus sicher, dass der handelnde Organvertreter nicht nach Belieben gleichzeitig verschiedenen Parteien mit gegenläufigen Interessen dient und – soweit ein derartiges Auftreten nicht gestattet wird – nicht den Anschein begründet, er habe seine originäre Aufgabe, für die Gemeinde das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, nicht erfüllt. Abweichend von der Ansicht des Landgerichts Stuttgart beinhaltet die Kompetenz, Geschäfte der laufenden Verwaltung – im Innenverhältnis durch Sachentscheidungskompetenz – eigenständig wahrzunehmen, begrifflich daher gerade nicht die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB.183 Ebensowenig überzeugt das im o.g. Beschluss hilfsweise angeführte Argument, da keinem Organ das Recht zustehe, dem § 181 BGB unterliegende Rechtsgeschäfte zu genehmigen, derartige Geschäfte jedoch zustande kommen können müßten, finde (die eigentlich einschlägige Regelung des) § 181 BGB (doch) keine Anwendung. Das Kommunalverfassungsrecht weist dem Gemeinderat die Organzuständigkeit für die interne inhaltliche Sachentscheidung sowie zur internen Entscheidung über eine vorherige Gestattung und nachträgliche Genehmigung von Rechtsgeschäften zu, die der Regelung des § 181 BGB unterliegen, und sieht vor, dass der Bürgermeister bzw. im Verhinderungsfall dessen gesetzlicher Vertreter diese Entscheidung nach außen umsetzt.184 Letzteres gilt unabhängig von der Frage, welche Art von Geschäften betroffen ist und ob diese der inhaltlichen Sachentscheidungskompetenz des Bürgermeisters oder des Gemeinderats unterliegen. Die seitens des Landgerichts Stuttgart befürchtete Unterlaufung der kommunalverfassungsrechtlichen Organzuständigkeiten durch die Hintertür des § 181 BGB kann zunächst dadurch vermieden werden, dass von vorneherein keine der Regelung des § 181 BGB unterfallende Mehrvertretung stattfindet. Wurde die Problematik des § 181 BGB – was in der Praxis häufig geschieht – jedoch übersehen, ist ein durch einen Bürgermeister abgeschlossenes Rechtsgeschäft der laufenden Verwaltung im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. GemO185 von der Regelung des § 181 BGB erfasst. Spricht sich der Gemeinderat gegen einen Genehmigungsbeschluss aus und wird demnach durch den Bürgermeister bzw. dessen Verhinderungsvertreter nach außen keine Genehmigung erteilt186 bzw. das Rechtsgeschäft aufgrund dessen nicht wirksam, kann es der Bürgermeister, soweit dieser es nunmehr mehrvertretungsfrei bzw. ohne Selbstkontrahieren unter Beteiligung der anderen Partei wiederholt, ohne mittelbare Bindung an die interne Mitwirkung des Gemeinderats wirksam abschließen.187 Schließlich wird der o.g. Beschluss des Landgerichts Stuttgart auch nicht durch die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 30.11.1973 gestützt, die dort als direkter Beleg für die Nichtanwendbarkeit des § 181 BGB bei Wahrnehmung von Aufgaben der laufenden Verwaltung bei Mehrvertretung durch Bürgermeister zitiert wird. Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte in dem zitierten Beschluss dargelegt, der Residenzialbischof der römisch-katholischen Kirche sei als Vertretungsorgan rechtlich-selbständiger Träger des Kirchenvermögens seiner Diözese, indem er nach dem hierarchischen Aufbau der römisch-katholischen Kirche gemäß Codex Iuris Canonici in seinem Diözesanbereich in allen geistlichen, personellen und sachlichen Angelegenheiten die ungeteilte monarchische Gewalt der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung ausübe, und daher von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.188 Beide Entscheidungen betreffen gänzlich unterschiedliche und im Hinblick auf die Kontrollfunktion des § 181 BGB nicht vergleichbare Sachverhalte, da ein Bürgermeister im Gegensatz zu einem Residenzialbischof insbesondere demokratisch gewählt bzw. legitimiert und nicht Träger des Vermögens der von ihm vertretenen Körperschaft ist. Zudem unterliegt ein Bürgermeister – wenn auch nicht im Sinne der Gewaltenteilungslehre189 – gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 GemO der Überwachung bei der Ausführung der Gemeinderatsbeschlüsse und der Kontrolle der Gemeindeverwaltung durch den Gemeinderat, dem Hauptorgan der Gemeinde. Selbst wenn der hierarchische Aufbau der katholischen Kirche die Befreiung des – laut Bayerischem Obersten Landesgericht – mit ungeteilter monarchischer Gewalt ausgestatteten Residenzialbischofs als selbständigem Träger des Diözesanvermögens von den Beschränkungen des § 181 BGB gebieten sollte190, bedarf eine demokratisch verfasste Gemeinde als eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten bei der Vertretung durch den demokratisch gewählten Bürgermeister des Schutzes vor Gefahren aus generell-abstrakten Intersessenkollisionen bei Insichgeschäften. Der zitierte Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts verkörpert somit nicht nur entgegen der Formulierung des Landgerichts Stuttgart keinen direkten Beleg für die Nichtgeltung des § 181 BGB bei der Wahrnehmung von Geschäften der laufenden Verwaltung durch Bürgermeister, sondern eignet sich – was das Landgericht Stuttgart in seinem o.g. Beschluss noch nicht einmal abzuleiten versucht – auch nicht dazu, als Entscheidungsmaßstab sinngemäß auf Insichgeschäfte von Bürgermeistern angewendet zu werden.

    182LG Stuttgart BWNotZ 1995, 166.
    183Im Ergebnis ebenso Joas, BWNotZ 1995, 167.


    Auch die von Dir zitierten Gutachten des DNotI stützen die Ansicht des LG Stuttgart nicht. Das Gutachten vom 31.12.1997, Abrufnummer 11004 befasst sich nicht mit dem Insichgeschäft des Bürgermeisters. Nach dem Sachverhalt im Gutachten vom 30.12.1998, DNotI-Report 1998, 65-66, wurde der Vertrag durch den Gemeinde- bzw. Stadtrat nachgenehmigt und war bis dahin schwebend unwirksam.

    Im Gutachten vom 31.12.2001, geändert am 15.01.2008, Abrufnummer 11275, geht das DNotI vom Erfordernis der Befreiung des Bürgermeisters vom Verbot des Selbstkontrahierens aus und führt dazu aus: ..“ Unserer Auffassung nach bestehen in Bayern gegen eine Befreiung in der Geschäftsordnung keine Bedenken. Denn die Geschäftsordnung kann über den in Art. 45 Abs. 2 BayGO geregelten Mindestinhalt hinaus weitere Bestimmungen enthalten (Widtmann/Grasser, BayGO, Losebl.-Komm., Stand: Januar 2002, Art. 45 Rn. 16). Auch die Tatsache, dass die Geschäftsordnung nach h. M. für Außenstehende weder Rechte noch Pflichten begründet, also rein interner Natur ist (hierzu Widtmann/Grasser, Art. 45 Rn. 2 m. w. N.), ändert daran u. E. nichts. Denn auch einfache Beschlüsse gem. Art. 51 BayGO wirken zunächst nur im Innenverhältnis der Gemeinde und müssen vom Bürgermeister gem. Art. 36 BayGO nach außen vollzogen werden. Dazu ist es erforderlich, dass der Bürgermeister die vom Gemeinderat erteilte Gestattung sich selbst als Vertreter oder dem Vertragspartner gegenüber erklären muss (Schneeweiß, MittBayNot 2001, 341, 344). Art. 36 S. 2 BayGO ist dafür zumindest dann kein Hindernis, wenn die andere Vertragspartei nicht vom Bürgermeister persönlich, sondern von der Gemeinde (diese wiederum organschaftlich vertreten durch den Bürgermeister) vertreten wurde (Schneeweiß, MittBayNot 2001, 341, 344 f.). Darüber hinaus kann unserer persönlichen Rechtsauffassung nach die Gemeinde die Befreiung von dem Verbot des § 181 BGB auch in einer gewöhnlichen Satzung gem. Art. 23 S. 1 BayGO erteilen..“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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