Erbschein ohne TV Vermerk

  • Guten Morgen,

    ich habe zur Zeit folgendes Problem:

    Es gibt mehrere notarielle gemeinschaftliche Ehegattentestamente, wonach der überlebende Ehegatte zugleich mit den Kindern Erbe zu gleichen Anteilen wird.
    Des Weiteren ist Testamentsvollstreckung angeordnet, der überlebende Ehegatte soll Testamentsvollstrecker werden, den Nachlass an sich nehmen und gem. testamentarischer Anordnungen verteilen.

    Nachdem die Testamente im letzten Jahr eröffnet wurden, ist zunächst hier nichts weiter passiert.

    Die Erben haben jedoch untereinander einen Erbauseinandersetzungsvertrag geschlossen, wobei der überlebende Ehegatte als Erbe und nicht als TV auftrat.
    In den Vertrag haben sie zudem aufgenommen, dass eine TV nicht mehr nötig ist, da nun alles verteilt ist.

    Diesen Erbauseinandersetzungsvertrag haben sie unter anderem beim GB-Amt eingereicht, damit die Grundbücher berichtigt werden. Da die Testamente jedoch sehr verwirrend und nicht ganz eindeutig sind,
    verlangt das GB-Amt nun einen Erbschein.

    Im Erbscheinsantrag taucht dann hinsichtlich der angeordneten Testamentsvollstreckung wieder der Passus aus dem Erbauseinandersetzungsvertrag als Begründung auf, dass eine TV nicht mehr benötigt wird,
    weil alles schon verteilt ist.

    Ich habe aber bedenken, den Erbschein ohne Beschränkung zu erteilen und hätte die Ehefrau nicht ohnehin im Erbauseinandersetzungsvertrag als TV handeln müssen???

    Der antragstellende Notar (der auch die Testamente beurkundet hat) sieht das alles ein bisschen anders und wie immer, die Sache eilt, weil die Grundstücke verkauft werden sollen...

    Hatte jemand schon einmal etwas ähnliches und hat Ideen?

    Bisher habe ich noch nichts passendes gefunden und dachte, ich finde hier, während ich weiter suche, vielleicht etwas Hilfe.

    Danke

  • Bezog sich der (notarielle?) Erbauseinandersetzungsvertrag auch auf den Nachlassgrundbesitz oder beschränkte er sich auf den beweglichen Nachlass? Ich vermute, dass Ersteres der Fall ist, weil ansonsten kein Anlass bestanden hätte, den Vertrag beim Grundbuchamt einzureichen. Falls diese Annahme zutrifft, dürfte wohl auch die Zuweisung des Grundbesitzes im Wege einer oder mehrerer Auflassungen Gegenstand des Vertrages gewesen sein.

    Wie waren die Testamentsvollstreckungsanordnungen und der Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers in den letztwilligen Verfügungen exakt umschrieben?

  • Der Erbauseinandersetzungsvertrag betraf alles und zwar dergestalt, dass die Ehefrau alles bekommen und die Kinder mit Geld abfindet.
    Schloss also auch die diversen Grundstücke mit ein.

    "Jeder Ehegatte ordnet für den Fall seines Ablebens TV an und bestimmt den überlebenden Ehegatten zum TV.
    Der TV soll die den Erben zugewendeten Nachlasswerte in Besitz nehmen und den testamentarischen Willen des Erblassers erfüllen.

    Im Übrigen sol er mit den Erben in allen anstehenden Fragen der Abwicklung des Nachlasses und der Verwaltung der Vermögenswerte
    möglichst einverständliche Regelungen anstreben.

    Während seiner Tätigkeit soll der TV die Vermögenswerte wie ein ordentlicher Kaufmann verwalten und regelmäßig Bericht erstatten."

  • Bei den Beteiligten - und auch beim Notar - scheint der Irrtum vorzuherrschen, dass eine TV nicht mehr benötigt werde, weil (aufgrund des Erbauseinandersetzungsvertrags) "nun alles verteilt ist", obwohl diese Annahme die Wirksamkeit des Erbauseinandersetzungsvertrags und dessen Grundbuchvollzug bereits voraussetzt. Zudem stellt sich die Frage, weshalb der überlebende Ehegatte beim Abschluss des Vertrags nicht - auch - als TV gehandelt hat. Denn wenn noch der Erblasser im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, muss sich der Notar vor der Beurkundung eines Auseinandersetzungsvertrags über die eingetretene Erbfolge vergewissern und dabei hätte auch die angeordnete Testamentsvollstreckung auffallen müssen, zumal der den Auseinandersetzungsvertrag beurkundende Notar auch die vorliegenden Testamente beurkundet hatte. Im Verhältnis zum Grundbuchamt wäre zudem die Amtsannahme durch den TV nachzuweisen gewesen.

    Es gibt nun zwei Möglichkeiten:

    a) Der Auseinandersetzungsvertrag wird vom überlebenden Ehegatten nachgenehmigt. In diesem Fall ist die Erteilung eines Erbscheins mit TV-Vermerk und die nachlassgerichtliche Bestätigung der Amtsannahme durch den TV unumgänglich. Ob der Erbschein dann später (nach erfolgtem Grundbuchvollzug) wegen Erledigung der TV-Aufgaben wieder einzuziehen ist, steht aktuell noch nicht zur Diskussion.

    b) Der überlebende Ehegatte kündigt sein TV-Amt und alle Beteiligten vertreten die Ansicht, dass die TV dadurch materiell beendet und vom Nachlassgericht kein neuer TV zu ernennen ist. Der sodann zu erteilende Erbschein braucht die TV dann nicht mehr zu enthalten und ungeachtet des Umstands, dass die TV in der Zeit vom Erbfall bis zur Kündigung des TV-Amtes bestanden hat, erlangen die Miterben infolge Wegfalls der Testamentsvollstreckung nunmehr über § 185 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB (analog) die ihnen zuvor entzogene Verfügungsbefugnis, so dass der geschlossene Erbauseinandersetzungsvertrag ex nunc wirksam wird (vgl. Palandt/Ellenberger § 185 Rn. 11b). Die Erbfolge ist in diesem Fall durch den ohne TV-Vermerk zu erteiltenden Erbschein nachgewiesen und die Nachgenehmigung "als TV" erübrigt sich.

    Bei vorstehender Alternative b) handelt es sich um eine pragmatische Reparaturmaßnahme im Hinblick auf einen Mangel, den der den Auseinandersetzungsvertrag beurkundende Notar zu vertreten hat. Bevor man diesen Weg ins Auge fasst, sollte man aber auch den Grundbuchkollegen entsprechend einbeziehen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!