Abschiedsbrief als Verfügung von Todes wegen

  • Der Erblasser hat nach Angaben seiner Lebensgefährtin Selbstmord begangen. Vorgelegt wird ein handschriftlicher Abschiedsbrief. Dieser ist überschrieben mit „An meine Frau“ (EL war geschieden), Namen werden darin nicht genannt. Es wird ein Kosename verwendet, mit dem der EL nach Angabe des Rechtsanwalts der Lebensgefährtin diese regelmäßig bezeichnete (frühere Briefe werden als Beweis angeboten). In dem Brief nennt der EL seine Absicht auch nicht beim Namen, er beschreibt in erster Linie, wie er sich fühlt. Dass er den Suizid beabsichtigt, lässt sich eher zwischen den Zeilen lesen. Der Brief ist nicht unterschrieben.

    Offenbar nachträglich hinzugesetzt befindet sich in der oberen Ecke des Briefes der Satz „Behalte was Du brauchst, was mir gehörte ist jetzt deins“
    Neben dem Wort „deins“ befindet sich etwas, das möglicherweise die Unterschrift des EL sein könnte (kann ich nicht entziffern). Ein Datum findet sich auf dem Schriftstück nicht.

    Handelt es sich hierbei um eine zu eröffnende letztwillige Verfügung?

  • Handelt es sich hierbei um eine zu eröffnende letztwillige Verfügung?

    Meines Erachtens schon. Inwieweit diese wirksam ist, müsste halt geklärt werden.

    Wie bekommt man immer gelehrt; auch ein Bierdeckel oder eine Postkarte aus dem Urlaub kann eine letztwillige Verfügung.:)

    Es ist von großem Vorteil, die Fehler, aus denen man lernen kann, recht früh zu machen.

    (Winston Spencer Churchill)

  • Die Eröffnungsfrage ist bei dem vorliegenden Fall wohl das geringste Problem.

    Eine erfolgte Testamentseröffnung besagt nichts darüber, ob sich die Erbfolge dann auch nach dem richtet, was als denkbare letztwillige Verfügung eröffnet wurde.

  • Wie bekommt man immer gelehrt; auch ein Bierdeckel oder eine Postkarte aus dem Urlaub kann eine letztwillige Verfügung.

    Klar, aber die Frage ist für mich, ob ohne ausdrücklichen Hinweis, dass der EL seinen Nachlass regeln wollte, von einer Verfügung von Todes wegen auszugehen ist. Man könnte ja auch auf die Idee kommen, dass er weggehen und der Lebensgefährtin den Hausrat überlassen wollte.

    Die Eröffnungsfrage ist bei dem vorliegenden Fall wohl das geringste Problem.

    Eine erfolgte Testamentseröffnung besagt nichts darüber, ob sich die Erbfolge dann auch nach dem richtet, was als denkbare letztwillige Verfügung eröffnet wurde.

    Schon klar, aber die Eröffnung ist das, was jetzt ansteht.

    Ich werde das Schriftstück jetzt eröffnen, denn man soll ja alles eröffnen, was zumindest potentiell eine Verfügung von Todes wegen sein kann. Und da ihr beide das ebenfalls nicht auf den ersten Blick ausgeschlossen habt, ist wohl zumindest diese Hürde genommen.

    Danke euch.

  • Während meiner Anwärterzeit (lang ist es her) wurde so ein ähnlicher Abschiedsbrief auch als Testament eröffnet. Erscheinsantrag kam und wurde durch den Richter bearbeitet und so beschieden, wie der Erblasser es letzendlich wollte.

  • Sagen wir mal so: Es wurde so entschieden, wie man glaubte, dass es der Erblasser wollte, weil jeder Auslegung bereits ein latenter Zweifel im Hinblick auf den - nicht eindeutig erklärten - Erblasserwillen innewohnt.

  • Sagen wir mal so: Es wurde so entschieden, wie man glaubte, dass es der Erblasser wollte, weil jeder Auslegung bereits ein latenter Zweifel im Hinblick auf den - nicht eindeutig erklärten - Erblasserwillen innewohnt.

    Also wenn da steht, Papa soll gar nichts bekommen, dann ist der Wille ziemlich eindeutig. ;)

  • Ich hänge mich Mal dran.
    Mir wurde folgenes -handschrftliche- Schriftsück eingereicht:

    Hiermit verschenke ich meine Haushälte o. g. Adress (Einfamilienhaus).
    Solange ich lebe, werde ich dort wohnen mit Einverständnis meiner Tochter (die Beschenkte)
    P. B., geb. xx.xx.xxxx, wohnhaft........
    Ich bin geschäftsfähig.


    Ort, Datum (ca. 2 Jahre vor dem Tod der Erblasserin)
    Unterschrift

    Es liegt ein Antrag auf Erteilung eines Erbscheines nach gesetzlicher Erbfolge vor; Ehemann und Tochter zu je 1/2 Anteil.
    Den Antrag hat der Ehemann gestellt.

    Der Rechtsanwalt der Tochter möchte nun, dass wir das Einzeltestament eröffnen und einen Alleinerbschein für die Tochter erteilen,
    da das Grundstück den einzigen Vermögenswert darstellt.

    Nach Rücksprache mit meiner Richterin habe ich ihm mitgeteilt, dass es sich hierbei um keine Vfg. v. T. w. handelt, was er jetzt moniert.

    Kann man das als Einzeltestament werten?

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Mmmmh, es ist ja keine Anordnung, die auf sein Ableben abstellt. Sondern vielmehr ein Zuwendung zu Lebzeiten - unter Einräumung der Nutzung bis zum Tod. Esw ist ja aber eben keine Anordnung für danach.
    Ein Schenkungsangebot.....

  • Mmmmh, es ist ja keine Anordnung, die auf sein Ableben abstellt. Sondern vielmehr ein Zuwendung zu Lebzeiten - unter Einräumung der Nutzung bis zum Tod. Esw ist ja aber eben keine Anordnung für danach.
    Ein Schenkungsangebot.....

    Danke für deine Meinung. So haben wir es auch ausgelegt. Meine Nachlassrichterin und ich.
    Nun Mal sehen. Ich muss über den Antrag auf Erteilung des Erbscheines nach gesetzlicher Erbfoge entscheiden.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Ich hätte glaub eröffnet, festgestellt, dass es sich um keine letztwillige Verfügung handelt, sondern...s.o. und gleichzeitig über den Antrag auf gesetzliche EF mit streitigem Beschluss entschieden. Alles zusammen per ZU an alle Beteiligten und RM abgewartet.
    Bei uns ist allerdings vollumfänglich auf den Rpfl. übertragen, wobei die Richter sich auch ansprechen lassen bei solchen Fragen.

  • Mmmmh, es ist ja keine Anordnung, die auf sein Ableben abstellt. Sondern vielmehr ein Zuwendung zu Lebzeiten - unter Einräumung der Nutzung bis zum Tod. Esw ist ja aber eben keine Anordnung für danach.
    Ein Schenkungsangebot.....

    :zustimm:

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Ich hätte glaub eröffnet, festgestellt, dass es sich um keine letztwillige Verfügung handelt, sondern...s.o. und gleichzeitig über den Antrag auf gesetzliche EF mit streitigem Beschluss entschieden. Alles zusammen per ZU an alle Beteiligten und RM abgewartet. Bei uns ist allerdings vollumfänglich auf den Rpfl. übertragen, wobei die Richter sich auch ansprechen lassen bei solchen Fragen.



    Wenn ich feststelle, dass es keine letztwillige Verfügung ist, warum soll ich es dann eröffnen? :gruebel:
    Stiftet das nicht zusätzlich eher Verwirrung und der RA stützt sich darauf:" Sie haben ja eröffnet, also Verfügung von Todes wegen!" ?

    Ich denke, dass ich mich da eher der Argumentation von datwattWatt anschließen würde. Danke dir aber für deine Meinung.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.



  • Wenn ich feststelle, dass es keine letztwillige Verfügung ist, warum soll ich es dann eröffnen? :gruebel:

    Formaljuristisch müsste das Schriftstück schon erst eröffnet werden, denn es gibt ja schon mal eine Person die davon ausgeht, das es eine letzwillige Verfügung ist. Wenn Du dann Kraft Deiner Wassersuppe sagst, nöh ist nicht, steht die Person ja im rechtsmittellosen Raum. Also meine Meinung ist, wenn was als L.Vfg. abgegeben wird, dann muss das auch eröffnet und in diesem Verfahren dann die Unwirksamkeit festgestellt werden (Rechtsmittelfähig). Brennt Dir ja auch nichts an, hilfst nicht ab und bist die Akte los.

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  • Grundsätzlich eröffne ich im Zweifel jedes Schriftstück, das annähernd als Verfügung von Todes wegen ausgelegt werden kann. Wenn es jedoch überhaupt nicht als Verfügung von Todes wegen ausgelegt werden kann, würde ich die Eröffnung ablehnen.

    Vor vielen Jahren habe ich einmal die Eröffnung eines Briefes abgelehnt, da dieser eindeutig keine Verfügungen von Todes wegen enthielt. Ein Beteiligter hatte in den Brief viel zu viel hineininterpretiert. Die Sache ging damals in die Beschwerde. Das Landgericht hat meine Entscheidung bestätigt.

  • Grundsätzlich eröffne ich im Zweifel jedes Schriftstück, das annähernd als Verfügung von Todes wegen ausgelegt werden kann. Wenn es jedoch überhaupt nicht als Verfügung von Todes wegen ausgelegt werden kann, würde ich die Eröffnung ablehnen.

    Das sehe ich auch so. Die Hürde für die Eröffnung ist nicht hoch, aber sie ist vorhanden. Wenn das Schriftstück sich absolut nicht als Verfügung von Todes wegen darstellt, ist es nicht zu eröffnen, auch wenn ein Beteiligter das anders sieht.


    Vor vielen Jahren habe ich einmal die Eröffnung eines Briefes abgelehnt, da dieser eindeutig keine Verfügungen von Todes wegen enthielt. Ein Beteiligter hatte in den Brief viel zu viel hineininterpretiert. Die Sache ging damals in die Beschwerde. Das Landgericht hat meine Entscheidung bestätigt.

    Wie ist das denn gelaufen? Hast du die Eröffnung durch Beschluss abgelehnt?

  • Aber, wenn man doch schon ahnt, dass eine Beschwerde kommt :). Aber es ist ja auch warm heute, evtl. habe ich in die Antwort etwas zu viel hineininterpretiert.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

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