Antrag nach § 850 ZPO

  • Hallo,

    ich habe in letzter Zeit häufiger Anträge (PfÜB wegen Unterhaltsforderungen) von einem Jugendamt eines anderen Landkreises auf dem Tisch, wo auf Seite 1. nicht ausdrücklich die Pfändung nach § 850d ZPO beantragt ist.

    Die PfÜB´s hab ich dann nach § 850c ZPO erlassen. In einem Telefonat habe ich dem Jugendamt erklärt, dass der Antrag ausdrücklich gestellt werden muss und der Vordruck "Antrag auf Erlass PfÜB wegen Unterhaltsansprüch" allein nicht ausreichend ist, um nach § 850d ZPO zu pfänden.

    Nun habe ich wieder so einen Antrag auf dem Tisch. Auf Seite 1 wird der Antrag nach § 850d ZPO nicht gestellt. Allerdings auf Seite 9 in dem Freifeld befindet sich nun der entsprechende Antrag...

    Der Antrag aus Erlass eines PfÜB ist doch nur die Seite 1 des Formulars. Seite 2-9 der Beschlussentwurf. Mir ist jetzt nicht ganz klar, wie ich den Antrag auf Seite 9 werten soll...

    Habt ihr solche Fälle auch schon mal gehabt, wenn ja, wie handhabt ihr das???

    Danke schon mal

  • Ich habe sowas auch schon gehabt, und mich mit nem Rechtsanwalt diesbezüglich rum gestritten.
    Ich habe mich anfangs auch auf den Standpunkt gestellt, dass ich einen expliziten Antrag auf Seite 1 benötigt hätte. Allerdings habe ich dann beim Durchlesen diverser Kommentare und der BT Drucksache von damals festgestellt, dass das wohl nicht so eindeutig ist. Vielmehr kann auch herausgelesen werden, dass automatisch durch die Verwendung des Formulars "wegen einer Unterhaltsforderung" wohl der Antrag nach § 850d ZPO gestellt sein soll.
    Toll find ichs nicht, weil sonst brauche ich auch für alles mögliche einen expliziten Antrag. Aber solange mir nichts Gegenteiliges bekannt ist, mach ich es halt so.

  • Vielmehr kann auch herausgelesen werden, dass automatisch durch die Verwendung des Formulars "wegen einer Unterhaltsforderung" wohl der Antrag nach § 850d ZPO gestellt sein soll.

    :daumenrau

    Das muss erst recht gelten, wenn Dir der (versteckte) Antrag irgendwo mit untergejubelt wird.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

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    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Zu differenzieren, wo der Antrag gestellt sein muß (S. 1 oder S. 9) halte ich nicht für haltbar, bei vernünftiger Betrachtung ist das klar auslegbar, was gewollt ist.

    Gleichwohl muß der Antrag aber natürlich explizit gestellt sein. Ansonsten wird ganz normal nach § 850c ZPO erlassen, was das Formular - auch für Unterhaltsansprüche - auch so vorsieht, vgl. S. 5 ganz unten, dort steht:

    "Anspruch A und B
    Die für die Pfändung von Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO in Verbindung mit der Tabelle zu § 850c Absatz 3 ZPO in der jeweils gültigen Fassung sind zu beachten."

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • was das Formular - auch für Unterhaltsansprüche - auch so vorsieht, vgl. S. 5 ganz unten, dort steht:

    "Anspruch A und B
    Die für die Pfändung von Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO in Verbindung mit der Tabelle zu § 850c Absatz 3 ZPO in der jeweils gültigen Fassung sind zu beachten."

    Und was sagst du dann zur Seite 7 (Hinweis "Berechnung des pfändbaren Nettoeinkommens")?
    Da ist das Formular ja ganz eindeutig nur für § 850d richtig, würdest du dieses dann mit Tippex ausbessern? ;):)

  • Und was sagst du dann zur Seite 7 (Hinweis "Berechnung des pfändbaren Nettoeinkommens")?
    Da ist das Formular ja ganz eindeutig nur für § 850d richtig, würdest du dieses dann mit Tippex ausbessern? ;):)

    Verstehe ich nicht. Die Hinweise passen doch für eine Standard-§ 850c-Pfändung...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Verstehe ich nicht. Die Hinweise passen doch für eine Standard-§ 850c-Pfändung...

    Nein, die passen eben nicht, bzw. wären sogar falsch für eine § 850c Pfändung!

    Ist dir noch nicht aufgefallen das an der Stelle in den Formularen (Normal und Unterhalt) unterschiedliche Hinweise stehen?

    z.B. Überstunden:

    Normal: die Hälfte der Leistungen für Mehrarbeitsstunden
    Unterhaltsformular (also 850d ZPO): ein Viertel der Leistungen für Mehrarbeitsstunden
    usw...

  • was das Formular - auch für Unterhaltsansprüche - auch so vorsieht, vgl. S. 5 ganz unten, dort steht:

    "Anspruch A und B
    Die für die Pfändung von Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften der §§ 850 ff. ZPO in Verbindung mit der Tabelle zu § 850c Absatz 3 ZPO in der jeweils gültigen Fassung sind zu beachten."

    Und was sagst du dann zur Seite 7 (Hinweis "Berechnung des pfändbaren Nettoeinkommens")?
    Da ist das Formular ja ganz eindeutig nur für § 850d richtig, würdest du dieses dann mit Tippex ausbessern?
    ;):)

    Die würde ich ggf. und habe ich auch schon komplett gestrichen; machen wir uns doch nichts vor: Das "Unterhalts-Formular" ist halt schlicht noch bescheuerter als das "Normale".

  • M.E. ergibt sich eindeutig aus dem Gesetz, dass bei Verwendung des Formulars für Unterhaltsforderungen eine verschärfte Pfändung nach § 850 d ZPO beantragt ist. Da muss nichts nochmal explizit beantragt werden.

    In § 2 der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung steht:

    "Für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 829 ZPO werden folgende Formulare eingeführt:

    1. das in der Anlage 3 bestimmte Formular <für Unterhaltsforderungen>, wenn die Pfändung wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach § 850 d der Zivilprozessordnung erfolgen soll,

    2. in allen anderen Fällen das in der Anlage 2 bestimmte Formular <für gewöhnliche Geldforderungen>.

    Der Hinweis auf Seite 5, dass die Vorschriften für Arbeitseinkommen zu beachten sind, passt auch für die verschärfte Pfändung. Auch hier sind die Vorschriften anzuwenden. Und die Tabelle zu § 850 c ZPO ist ja bei der verschärften Pfändung als Grenze für den pfandfreien Betrag auch zu beachten (siehe § 850 d Abs. 1 Satz 3). Das wird dann auf Seite 9 beim pfandfreien Betrag nochmal aufgegriffen.

    Und die Hinweise auf Seite 7 (insbesondere Nr. 3 und 5) sind eindeutig nur für die verschärfte Pfändung nach § 850 d ZPO richtig.

  • Da kann man schon unterschiedlicher Meinung sein. Einer Meinung ist man wohl nur dahingehend, dass des Formular Murks ist!

    Nicht jeder Unterhaltsgläubiger beantragt, absichtlich oder nicht, dass der unpfändbare Betrag nach § 850d ZPO festzusetzen ist. Meiner Meinung fehlt auf der ersten Seite ein Kästchen zum ankreuzen, dass diese Festsetzung beantragt wird. Schließlich steht auf der Seite 5 ganz unten auch der Hinweis auf die Vorschriften der §§ 850 ff ZPO und insbesondere "in Verbindung mit der Tabelle zu § 850c ZPO". Also sind die Seiten 5 und 9 widersprüchlich.

    Man kann sich also auch auf den Standpunkt stellen, dass, wenn die Festsetzung nicht beantragt wurde, Seite 9 (mit der Festsetzung) nicht auszufüllen ist und daher der Absatz auf Seite 5 unten zu beachten ist.

  • Die Formulare sind generell bescheuert und eine Zumutung für alle Beteiligten.

    Da ich den Schrott erst wieder seit kurzem machen darf, ist mir der Unterschied in den Hinweisen noch gar nicht aufgefallen, Dank an Phil.
    Da öfter die Angaben zu den Unterhaltpflichten nicht ausgefüllt sind, war ich davon ausgegangen, dass ich dann eben nur eine 850 c-Pfändung mache.

  • Da kann man schon unterschiedlicher Meinung sein. Einer Meinung ist man wohl nur dahingehend, dass des Formular Murks ist!

    :einermein

    Nicht jeder Unterhaltsgläubiger beantragt, absichtlich oder nicht, dass der unpfändbare Betrag nach § 850d ZPO festzusetzen ist.

    Falls keine Pfändung nach § 850 d gewünscht ist, müsste der Gläubiger nach meinem Verständnis den "normalen" Vordruck verwenden...

    Meiner Meinung fehlt auf der ersten Seite ein Kästchen zum ankreuzen, dass diese Festsetzung beantragt wird. Schließlich steht auf der Seite 5 ganz unten auch der Hinweis auf die Vorschriften der §§ 850 ff ZPO und insbesondere "in Verbindung mit der Tabelle zu § 850c ZPO".

    Ich bin da zwar anderer Meinung (s. o.), aber viele RPfleger sehen das offenbar auch so: Der BDR hatte dies in seine Stellungnahme einbezogen (s. http://www.bdr-online.de/bdr/images/sto…DR_20140106.pdf), der Vorschlag blieb aber offensichtlich unbeachtet.

    Also sind die Seiten 5 und 9 widersprüchlich.

    :einermein Ich streiche daher halt die Bezugnahme auf die Tabelle immer durch, um Missverständnissen vorzubeugen...

    (Irgendwo habe ich gelesen, dass die Verantwortlichen für das Formular diese Bezugnahme auf die Tabelle wohl deshalb als "richtig" ansehen bzw. eine Abänderung des Formulars nicht für nötig finden, da ja bzgl. der Vollstreckungskosten - Anm. von mir: falls überhaupt welche mitvollstreckt werden - die Tabelle nach § 850 c anzuwenden wäre...)

  • Sind die Vollstreckungskosten nicht auch nach § 850d ZPO pfändbar? Wenn der AG eine Pfändung erhält, in der der unpfändbare Betrag angegeben ist, dann rechnet er alles nach § 850d ZPO, wenn nicht ausdrücklich was anderes angeordnet wurde.


  • Wie und wo soll denn dann der laufende Unterhalt eingegeben werden?

    Wo und wie man will. Soweit das Formular nicht geeignet ist, darf man es wohl abändern...


    Sind die Vollstreckungskosten nicht auch nach § 850d ZPO pfändbar? Wenn der AG eine Pfändung erhält, in der der unpfändbare Betrag angegeben ist, dann rechnet er alles nach § 850d ZPO, wenn nicht ausdrücklich was anderes angeordnet wurde.

    Ja, Vollstreckungskosten sind bevorrechtigt nach § 850d ZPO, nicht aber z.B. Kostenerstattungsansprüche nach § 104 ZPO.

  • Na super. Wenn nicht mal die Rechtspfleger sich einig werden können und das Rumschnipseln im Vordruck empfehlen, braucht sich auch keiner mehr über die Gläubiger aufregen.

    Schon spannend. Da war die Ausgangsfrage ob im Unterhaltsvordruck explizit der Antrag nach § 850d ZPO fehlt und die Antwort ist: Nimm den normalen Geldforderungsvordruck und bastel da was dazu.

    :eek:

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

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    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Naja, wie heißt es so schön?
    Soweit für den beabsichtigten Antrag keine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular besteht,
    kann ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden. Die Nutzung mehrerer Freifelder und Anlagen ist zulässig.

    Da meiner Meinung für Unterhaltspfändung nach § 850c ZPO weder das eine noch das anders Formular wirklich geeignet ist, muss man halt was basteln (auf dem einen oder anderen Formular).
    Ist halt ein Scheiß...

  • Was ist denn mit § 308 ZPO? Wenn der Gläubiger den Antrag nicht ausdrücklich stellt, kann dann die Verwendung des Antragsformulars für Unterhaltsforderungen als Antrag auf Festsetzung des unpfändbaren Betrages angesehen werden?

    Der Gläubiger nimmt das Formular, weil dieses für seine Forderungsart aufgelegt ist und weil er in dem Formular für gewöhnliche Geldforderungen nicht die Möglichkeit hat Unterhaltsrückstände und laufenden Unterhalt einzugeben.

    Würde auf der ersten Seite ein Kästchen zum Ankreuzen sein, dass die Festsetzung des unpfändbaren Betrag beantragt wird, wäre alles ok.

  • Ich bedanke mich bei allen für die rege Teilnahme, mein Fazit:

    Der Antrag ist in meinen Augen nur Seite 1 des Vordrucks, Seite 2-9 ist nicht der Antrag, was da drin steht oder auch nicht und was angepasst werden muss oder auch nicht, hat mit dem Antrag an sich, nix zu tun. Nur weil die Überschrift des Formulars die Unterhaltsforderung bezeichnet, ist damit nicht automatisch gesagt, dass eine Pfändung nach § 850d ZPO gewollt/beantragt ist.
    Ist der Antrag nach § 850d ZPO nicht ausdrücklich gestellt, wird nach § 850c ZPO vollstreckt, das Formular muss dann ggf. von mir angepasst werden. Will der Gläubiger eine Pfändung nach 850d ZPO muss er es ausdrücklich im Antrag (Seite 1) zum Ausdruck bringen. Den § 850d ZPO schreibt einen Antrag vor, fehlt dieser, kann nicht nach § 850d ZPO vollstreckt werden. Von einem konkludenten Antrag ist in § 850d ZPO nicht die Rede.

  • Den § 850d ZPO schreibt einen Antrag vor. Von einem konkludenten Antrag ist in § 850d ZPO nicht die Rede.

    Im § 850d ZPO ist erstmal überhaupt nicht von einem "Antrag" die Rede, das nur mal am Rande ;)

    Das trotzdem ein Antrag erforderlich ist ergibt sich nur aus Rechtssprechung und Kommentierung, wobei z.B. der MüKo schreibt ein konkludenter Vortrag ist ausreichend...

    Aber das ist wohl ein Thema bei dem so schnell keine einheitliche Meinung gefunden werden kann :)

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