Banksafe öffnen

  • Die Erblasserin hat ein Testment hinterlassen, mit dem sie ihre jeweiligen Konten einzelnen gemeinnützigen Institutionen "vererbt". Zur Ermittlung der Erbquoten brauche ich daher die Bestände der einzelnen Konten. Leider sind nicht alle Konten und Banken mit Kontonummer bzw. Sitz der Bank aufgeführt. Die Erblasserin verweist jedoch im Testament darauf, dass sich alle Unterlagen in einem Bankschließfach bei der XY-Bank befinden würden.

    Die Erblasserin hatte zu Lebzeiten eine Vorsorgebevollmächtigte. In der Vollmacht steht nichts darüber, ob die Vollmacht über den Tod hinaus gelten soll. Ich vermute, dass sich der Schlüssel zum Bankschließfach bei der Bevollmächtigten befindet.

    Leider kann die Bevollmächtigte auch nicht alle Kontonummern benennen, sodass die Öffnung des Bankschließfaches zur Ermittlung der Erben zwingend erforderlich ist.

    Das Bankschließfach befindet sich allerdings nicht im hießigen Gerichtsbezirk.

    Wie würdet Ihr hier vorgehen?
    --> Bankschließfach durch die Bevollmächtigte öffnen lassen? Hier hätte ich etwas bedenken, da diese entweder als Miterben oder aber als ausgeschlossene gesetzliche Erbin und Vermächtnisnehmerin in Betracht kommt.
    --> Oder könnte ich das Nachlassgericht am Sitz der Bank im Wege der Rechtshilfe ersuchen, das Schließfach zu öffnen und die Unterlagen hierher zu übersenden?

  • Meines Erachtens ein klarer Fall für eine Nachlasspflegschaft.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Frage:

    Sind alle Personen, die zur Erbfolge berufen sind, dem Nachlassgericht bekannt und nur die Quoten nicht?

    Sind durch das Testament Vermächtnisse angeordnet? Oder beinhaltet das Testament eine Erbeneinsetzung?

    Wen lässt die Bank an das Schließfach?

    Das sind alles Vorfragen.

    Wenn die Bank den Bevollmächtigten nicht an das Schließfach lässt bleibt wohl nur die Nachlasspflegschaft (wenn das Testament keine Erbeinsetzung enthält, denn die nicht bekannten Quoten dürften kein Sicherungsgrund sein).

    Wenn die Bank den Bevollmächtigten an das Schließfach lässt (Vollmacht über den Tod hinaus), dann kann dieser die Kontostände dem Nachlassgericht mitteilen.

    Wenn das Testament nur Vermächtnisanordnungen enthält, dürfte auf jeden Fall ein Sicherungsgrund für die unbekannten gesetzlichen Erben vorliegen.

  • Gänge denn auch eine Amtshilfe im Sinne des § 1960 BGB? Örtlich zuständiges NLG wird ersucht, im Beisein eine Bankmitarbeiters das Schließfach zu öffnen und die Unterlagen entgegenzunehmen?

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  • Gänge denn auch eine Amtshilfe im Sinne des § 1960 BGB? Örtlich zuständiges NLG wird ersucht, im Beisein eine Bankmitarbeiters das Schließfach zu öffnen und die Unterlagen entgegenzunehmen?

    Ich hatte letztens einen ähnlich gelagerten Fall...da war nicht klar, ob im Safe ein Testament hinterlegt ist...habe einen Beschluss erlassen und jemanden bevollmächtigt, zusammen mit einem Bankmitarbeiter das Schließfach zu öffnen. hat ohne Probleme geklappt.
    VG

  • Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, dass die Erblasserin in ihrem Testament wohl ihr gesamtes Vermögen verteilt hat, indem sie verschiedenen (bekannten) Institutionen jeweils einzelne Konten zugewendet hat. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass es keinen Haupterben nebst Vermächntisnehmern gibt, sondern die einzelnen Institutionen Miterben werden mit einer Quote entsprechend ihrer Beteiligung am Gesamtnachlass. Die Bevollmächtigte wäre dann eine der Miterben.

    Selbst wenn die Bank also der Bevollmächtigten das Schließfach öffnen liese, hätte ich hier ein bisschen Bedenken. Denn theoretisch könnte die Bevollmächtigte ja Unterlagen aus dem Safe (zu Ihren Gunsten) verschwinden lassen. Ich weiß ja nicht, was sich alles in dem Schließfach befindet.

    Für die Anordnung einer Pflegschaft dürfte es aber an den "unbekannten" Erben fehlen. Denn die Erben sind ja im Testament aufgeführt. Nur die Quoten sind unklar.

    Daher meine Idee, ob es möglich wäre, das Nachlassgericht vor Ort um Rechtshilfe zu ersuchen.

    Wäre das Schließfach in meinem Gerichtsbezirk würde ich selbst hingehen.

  • Die Vollmacht über den Tod hinaus (und damit die Vollmacht für die Erben) ist nichts Illegales und dürfte jedes Sicherungsbedürfnis ausschließen.

    Wie kommt man bei einer vom Erblasser erteilten Vollmacht zu einem Sicherungsbedürfnis, wenn doch jeder Erbe die Vollmacht widerrufen kann. Mir fehlt ein Rechtsgrund für das Handeln des Nschlassgerichts.

  • @Professor:
    Das ist so pauschal nicht ganz richtig. Ich versuche später mal eine ausführliche Darstellung der Problematik abzugeben und darzulegen, weshalb ich hier noch immer meine, dass eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden muss. Ja muss und nicht nur kann.

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  • @Professor:
    Das ist so pauschal nicht ganz richtig. Ich versuche später mal eine ausführliche Darstellung der Problematik abzugeben und darzulegen, weshalb ich hier noch immer meine, dass eine Nachlasspflegschaft angeordnet werden muss. Ja muss und nicht nur kann.

    "Das Sicherungsbedürfnis bei bestehender transmortaler Vollmacht" ist wirklich einen Aufsatz wert.

  • Für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft im Rahmen des § 1960 BGB bedarf es zweier grundlegender Voraussetzungen. Dem "Unbekanntsein" der Erben und eines Sicherungsbedürfnisses.

    Laut SV hat die Erblasserin dahingehend testiert, dass sie gemeinnützigen Organisationen ihre jeweiligen Konten vermacht hat.

    Unbekannter Erbe?
    Bevor wir uns nun fragen, wer nun zu welcher Quote eingesetzt ist, ergibt sich vorweg die Frage, ob eine solche Testierung überhaupt als Erbeinsetzung gesehen werden kann. Das kommt nämlich stark auf den Wortlaut des Testaments und ggf. eine ergänzende Auslegung an. Es könnte auch sein, dass nur eine Organisation Erbe werden soll und die übrigen nur Vermächtnisse erhalten. Dazu gibt der SV leider keine Auskunft über den Wortlaut des Testaments. Also kann bereits hier ein "Unbekanntsein" der Erbfolge im Sinne des § 1960 BGB gesehen werden.

    Doch selbst wenn man zu der Auffassung gelangt, dass alle Organisationen im Verhältnis der Vermögenswerte Erbe werden sollen, dann wird man nicht die aktuellen Kontostände sondern die Kontensalden zum Zeitpunkt der Testierung heranziehen müssen. Das kann dann mitunter sehr aufwendig sein, bis man diese hat und noch dazu können einzelne Konten inzwischen aufgelöst oder Werte auf andere Konten übertragen worden sein. Oder was ist, wenn die Erblasserin einzelne Konten vergessen hat?

    Ich halte nicht viel davon, eine quotale Erbeinsetzung aus der Verteilung der Konten herauszulesen (vgl. § 2087 II BGB).

    Hinzu kommt, dass in dem Schließfach ggf. noch ein weiteres Testament vorhanden sein kann.

    Insofern scheint es also aktuell weder sicher noch höchstwahrscheinlich zu sein, dass die Erben feststehen. Zumindest kann ohne aufwendige weitere Recherchen des Gerichts alleine mit dem Testament kein Erbnachweis geführt werden und wird die Durchführung eines Erbscheinsverfahrens in dem nicht nur die Quote sondern auch die Erbenstellung als solche geprüft wird, unumgänglich werden. Das Testament ist demnach in der aktuellen Form nicht ausreichend, um die Erbfolge zu bezeugen.

    Sicherungsbedürfnis?
    Zunächst dazu aus DNotI-Report 2013, 84; Verhältnis von transmortaler Vollmacht zur Nachlasspflegschaft (m.w.N.):
    "Das Verhältnis der Nachlasspflegschaft gem. § 1960 BGB zur trans- oder postmortalen Vollmacht ist nach wie vor nicht abschließend geklärt. Gemeinhin wird allerdings vertreten, dass das für die Bestellung eines Nachlasspflegers erforderliche Fürsorgebedürfnis fehlt, soweit der vorläufige Erbe, ein Miterbe oder Erbprätendent, Ehegatte, Eltern oder Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind und den Nachlass zuverlässig verwalten (MünchKommBGB/ Leipold, 5. Aufl. 2010, § 1960 Rn. m. w. N.). Gleiches gelte, wenn dringliche Nachlassangelegenheiten bereits von einer sonstigen bevollmächtigten Person zuverlässig erledigt würden (KG ZEV 1999, 395; Münch- KommBGB/Leipold, § 1960 Rn. 19; BeckOK-BGB/Siegmann/ Höger, Std.: 1.5.2012, § 1960 Rn. 3).Etwas anderes sei aber anzunehmen, wenn der Nachlass nach Art und Umfang eine ungewöhnlich schwierige und bedeutsame Verwaltung notwendig mache und nach den Umständen eine den Belangen des noch unbekannten Erben gerecht werdende Verwaltung durch einen vom Erblasser transmortal Bevollmächtigten nicht als gewährleistet angesehen werden könne (OLG Karlsruhe FGPrax 2003, 229 = BWNotZ 2004, 169). Selbst wenn der Erblasser eine über den Tod hinaus wirkende Generalvollmacht erteilt hat, kann folglich die Anordnung einer Nachlasspflegschaft zur Wahrung der Belange des Erben geboten sein (MünchKommBGB/Leipold, § 1960 Rn. 19; vgl. zur Anordnung der Nachlasspflegschaft trotz transmortaler Vollmacht auch Everts, NJW 2010, 2318)."

    Es ist also überhaupt nicht so, dass alleine das Vorhandensein einer transmortalen Vollmacht eine Nachlasspflegschaft von vorne herein ausschließen würde. Im Gegenteil. Das Gericht hat weiterhin im Interesse der unbekannten Erben zu prüfen und dementsprechende Maßnahmen im Sinne von § 1960 BGB zu ergreifen - sofern diese notwendig sind.

    Bereits die Annahme, dass der (unbekannte) Erbe ohne ein Handeln des Gerichts wohl nie etwas von seiner Erbschaft erfahren würde, rechtfertigt ein Sicherungsbedürfnis und damit eine Nachlasspflegschaft.

    Ist demnach anzunehmen, dass der Bevollmächtigte die Erben nicht ermitteln wird oder ermitteln kann, wird das NLG einen Nachlasspfleger bestellen.
    Gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft steht dem Inhaber einer über den Tod hinaus erteilten Generalvollmacht des Erblassers kein Beschwerderecht zu (OLG München, Beschluss vom 26.02.2010 - 31 Wx 16/10, BeckRS 2010, 5237).

    Im Ausgangssachverhalt kann die Bevollmächtigte offenbar nicht das Schließfach öffnen lassen. Wäre dies so, könnte das NLG die Öffnung und Ablieferung des Inhaltes anordnen. Es scheint sich auch nur um eine sogenannte Vorsorgevollmacht zu handeln, die nicht unbedingt auch transmortal gültig sein muss. Ob die Vollmacht postmortale Gültigkeit hat, wäre durch Auslegung zu ermitteln (sofern es nicht ausdrücklich in ihr steht). Da jedoch die Vollmacht sich regelmäßig auf die Gesundheitssorge und Vermögenssorge zu Lebzeiten des Vollmachtgebers beziehen dürfte und meistens zur Vermeidung einer Betreuung errichtet wurde, spricht dies wohl eher gegen eine transmortale Gültigkeit. So dürfte die Vollmacht mit dem Wegfall des Auftragsverhältnisses (zum Todeszeitpunkt) ebenso erloschen sein. Ich verweise hier auf die Ausführungen des OLG München, Beschl. v. 7.7.2014 – 34 Wx 265/14 (ZEV 2014, 615)

    Doch selbst wenn es sich um eine über den Tod hinaus geltende Generalvollmacht handeln würde, ist meines Erachtens im Zusammenhang mit unbekannten Erben das Nachlassgericht aufgefordert zu handeln. Ein Sicherungsbedürfnis iSv § 1960 Abs. 1 S. 1 BGB ist auch ohne konkrete Gefährdung des Nachlasses anzunehmen, wenn der Erbe unbekannt ist und dieser ohne Ermittlung durch das Nachlassgericht bzw. durch einen Nachlasspfleger niemals Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erhalten würde (OLG Hamm, Beschl. v. 30.07.2014, Az. 10 W 112/14, BeckRS 2015, 08425 = ZEV 2015, 364. Legt man diesen Grundsatz zugrunde, wird klar, dass jetzt eigentlich der Streit, ob eine postmortal gültige Vollmacht eine Nachlasspflegschaft entbehrlich macht, entschieden ist.

    Es ist nach SV jedoch völlig unklar, ob es überhaupt eine Handlungsfähigkeit der (ehemaligen) Bevollmächtigten gibt. Umso mehr muss das Gericht die Interessen der (unbekannten) Erben wahrnehmen und sich um die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses kümmern.

    Ergo:
    Meines Erachtens ist unklar, wer Erbe wurde und besteht aktuell ein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass. Insofern hat das Nachlassgericht vAw. eine NLP im Sinne von § 1960 BGB anzuordnen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    4 Mal editiert, zuletzt von TL (18. August 2015 um 13:06)

  • @Holiday:

    Was machst du jetzt? Wie willst du dich entscheiden?

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  • @Holiday:

    Was machst du jetzt? Wie willst du dich entscheiden?


    Vielen Dank für Deine Ausführungen und sorry für meine verspätete Antwort!

    Ich hab mich schlussendlich für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft entschieden. Kam auch keine Beschwerde der im Testament aufgeführten begünstigten Personen.

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