Reisekosten bei unklarem Wohnsitz

  • Hallo zusammen,

    mir liegt hier eine Akte vor, aus welcher klar hervorgeht dass die Beklagte in A wohnt, welches innerhalb von unserem LG-Bezirk, ca. 10km weg vom Gericht wohnt.

    Zustellungen sind alle an die Anschrift erfolgt- alles gut.

    Nun macht der Anwalt im Kostenfestsetzungsverfahren Reisekosten für die Beklagte aus Neuseeland in Höhe von 1500€ geltend, da sie dort wohl seit über 30 Jahren wohnhaft ist.
    Die Anschrift wurde seitens der Beklagten nie richtiggestellt, auch nicht im mündlichen Verhandlungstermin.

    Die Zustellungen sind an eine Anschrift erfolgt, an der wohl Verwandtschaft der Beklagten wohnt, die dann die Post weiterleitet.


    So nun frage ich mich, ob zuerst mal das Rubrum zu berichtigen ist, da die Dame ja nicht in A, sondern in Neuseeland wohnt und wie ich das hinsichtlich der Reisekosten handhaben soll, da das persönliche Erscheinen zum Termin mit Vorbehalt " wenn möglich zu erscheinen" angeordnet wurde- unserem Richter war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass die Dame in Neuseeland wohnt, meinte aber er hätte die Anordnung wohl auch dann so getroffen...:gruebel:

  • meinte aber er hätte die Anordnung "wohl" auch dann so getroffen...:gruebel:

    Genau das ist halt die Frage.
    Grundsätzlich hätte er die Anreise aus Neuseeland natürlich anzeigen müssen (5 Abs 5 JVEG), dies hat er nicht getan.
    Erstattung daher nur, wenn der Richter auch bei Kenntnis (bzw. Anzeige) die Ladung tatsächlich aufrecht erhalten hätte...

    Und bei der Frage hilft das "wohl" leider auch nicht wirklich viel.

  • Ich sehe das wie Phil.

    Aus der Rechtsprechung noch beispielhaft das OLG Celle (Rpfleger 2013, 174), wonach die unverzügliche Anzeige dem Gericht nur die Prüfung ermöglichen soll, ob es die Partei zunächst abbestellen will (OLG Dresden, JurBüro 1998, 269; Hartmann, KostG, 43. Aufl., JVEG § 5 Rn. 24). Hätte das Gericht die Ladung aber in jedem Fall aufrechterhalten, so sind der Partei die Mehrkosten der An- und/oder Rückreise von oder zu einem anderen als dem in der Ladung angegebenen Ort auch dann zu erstatten, wenn sie die Anreise von dem anderen Ort verspätet oder überhaupt nicht angezeigt hat (OLG Dresden a.a.O.; OLG Schleswig, RPfl 1962, 367; Hartmann, a.a.O.; Meyer/Höver/Bach, JVEG, 26. Aufl. § 5 Rn. 22 lit. e).

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  • Wobei sich auf Klägerseite schon die Frage stellt, ob man - je nach Gegenstandswert - bei Kenntnis des zu erwartenden Kostenrisikos - nicht von einem Weiterbetreiben des Rechtsstreits Abstand genommen hätte...

    Als Klägervertreter würde ich im KF-Verfahren jedenfalls entsprechend argumentieren.

  • Es ist immer wieder erfrischend zu sehen, wie eine im Grunde eindeutige Regelung durch die Rspr. so lange zerpfriemelt wird, bis man noch aus dem letzten Winkel Ausnahmetatbestände zusammengekratzt hat und letztlich die Regel oft zur Ausnahme werden lässt. Ich selbst halte auch von der hier angesprochenen Methode rein gar nichts, aber zum Glück bin ich ja Schöffel.

  • ... Erstattung daher nur, wenn der Richter auch bei Kenntnis (bzw. Anzeige) die Ladung tatsächlich aufrecht erhalten hätte...

    und die Kosten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen, vgl. BGH, IX ZB 112/05.

    (Das Argument von jc würde bei mir nicht ziehen, so verständlich wie es ist, nicht die Gegenseite entscheidet, ob, wen und woher es Zeugen, Partei etc. lädt, sondern der Ri., und dies muss er den Parteien weder mitteilen noch erläutern.)

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover


  • (Das Argument von jc würde bei mir nicht ziehen, so verständlich wie es ist, nicht die Gegenseite entscheidet, ob, wen und woher es Zeugen, Partei etc. lädt, sondern der Ri., und dies muss er den Parteien weder mitteilen noch erläutern.)

    Das schon, aber es steht ja es steht ja durchaus in der Entscheidung des Klägers, ob er aufgrund des erhöhten Kostenrisikos von einem Weiterbetreiben des Rechtsstreits Abstand nimmt (Klage zurück nimmt), wenn er wie es vorgesehen ist von diesem erhöhten Kostenrisiko Kenntnis hätte.

    So oder so denke ich es ist Einzelfallentscheidung, und Zweifel gehen zu Lasten des Beklagten, da dieser die vorgesehene Anzeige nicht vorgenommen hat (meine Meinung).

  • Für uns jedenfalls keine.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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