Grundbuchfähigkeit ungetrennter Hofraum ab 1.1.2016

  • Mit dem Auslaufen der Hofraumverordnung am 31.12.2015 endet grundsätzlich die Grundbuchfähigkeit der verbliebenen Anteile am ungetrennten Hofraum.
    M.E. ist die Grundbuchfähigkeit weiter gegeben, wenn die Anteile in Verfahren nach dem BoSoG oder alternativen Bodenordnungsverfahren (FlurB) vermessen werden, auch wenn diese Verfahren am 1.1.2016 noch nicht abgeschlossen sind.
    Wie seht ihr das? Vielen Dank für eure Rückmeldung.:)

  • Hilft die Abhandlung von Böhringer, „Schicksal von Anteilen an ungetrennten Hofräumen ab 2016“
    (Hofraum;Anteil;Grundbuchsperre;Trennvermessung;Sonderungsverfahren) im Rpfleger 2015, 309 ff ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Über welche Größenordnung ist denn hier überhaupt zu reden? Es gibt Bundesländer, die haben dieser Probleme rein historisch gesehen, überhaupt nicht (m.E. Thüringen z.B.). Andere haben diese Altlasten mittlerweile bereinigt. Sachsen-Anhalt, z.B., ist dieses Problem seit etwa 4-5 Jahren los. Hier geht es doch hauptsächlich um Bundesländer, die einmal zum Königreich Preußen gehört haben, oder gibt es auch andere ehemalige deutsche Staaten, in denen das Thema ein Thema ist?

  • Danke für die Rückmeldungen.
    Den Beitrag von Böhringer im Rpfleger 6/2015 habe ich verfolgt, darin wird auf Seite 310 Punkt 2. die Veranlassung der Vermessung der Anteile im BoSoG-Verfahren etc. als Lösung erwähnt. Ich verstehe dies so, dass die Veranlassung bereits genügt, um die Grundbuchfähigkeit zu wahren.
    Wir als bearbeitende Rechtspfleger sind uns darüber jedoch nicht einig und leider haben wir auch keine anderen Hinweise dazu gefunden.

    Natürlich betrifft dieses Problem nur ausgewählte Grundbuchämter und wird, wie beschrieben auch kaum behandelt, um so wichtiger finde ich den Austausch auf dieser Ebene. Danke für alle Rückmeldungen im Voraus:)!

  • Ich gehe davon aus, dass die Aussage von Böhringer bedeutet, dass bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Hofraumverordnung nicht nur die Vermessung des Hofraumgrundstücks oder die Kartierung nach dem Bodensonderungsgesetz veranlasst sein muss, sondern das Grundstück bis dahin auch vermessen oder in einen Sonderungsplan aufgenommen worden sein muss, weil es ab dem 1.1.2016 nicht mehr als grundbuchfähig gilt.

    Zur Rechtslage vor Verlängerung der First der Hofraumverordnung bis zum 31.12.2015 (s. DNotI-Report 1/2012,7) führt Böhringer in seiner Abhandlung Fortwirkendes liegenschaftliches Sonderrecht in den neuen Ländern“, BWNotZ 2/2005, 25 ff
    http://www.notare-wuerttemberg.de/downloads/bwnotz-2-2005.pdf
    auf Seite 26 aus (Hervorhebung durch mich:(

    „Bis dahin hat der Grundstückseigentümer entweder die Vermessung des Hofraumgrundstücks oder die Kartierung nach dem Bodensonderungsgesetz zu veranlassen und in einen Sonderungsplan aufnehmen zu lassen, da andernfalls das Grundstück ab 1.1.2011 nicht mehr als Grundstück grundbuchfähig gilt, also nicht mehr Objekt von Verfügungen sein kann. Die bisherige Grundbucheintragung ist ab diesem Zeitpunkt unzulässig, weil das Grundstück nicht nach einem amtlichen Verzeichnis oder Ersatznachweis benannt, also unzureichend bestimmt ist. Die nicht ergänzte Eintragung verlautbart ab 1.1.2011 einen Rechtszustand, den es nicht mehr geben kann“

    (ebenso seine Ausführungen in der VIZ 1994, 63/66, in der DtZ 1994, 100/101 und in der DtZ 1996, 34/36).

    Das Thüringer Oberverwaltungsgericht, 4. Senat, führt im Beschluss vom 27.11.2007, 4 ZKO 27/07, aus (Hervorhebung durch mich:(

    „Mit der Hofraumverordnung wollte der Gesetzgeber dafür sorgen, dass für einen Übergangszeitraum die formale Grundbuchfähigkeit und Realkreditfähigkeit der ungetrennten Hofräume hergestellt wird; jedoch sollten die Eigentümer auf Grund der Verfallklausel dazu gezwungen sein, ihre Grundstücke bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer vermessen oder in Sonderungspläne aufnehmen zu lassen (vgl. amtl. Begründung in BR-Drucks. 415/93; vgl. auch Böhringer, BWNotZ 2005, S. 25 [26]). Dies bedeutet, dass bis zu diesem Zeitpunkt die betroffenen Grundstücke auf Grund einer Trennvermessung in ihrer Größe bestimmt sein müssen und zum Beitrag veranlagt werden können.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich wollte die Diskussion ja auch nicht dadurch hemmen, indem ich das Problem klein rede. Im Gegenteil, manchmal sind es die kleinen Sachen, die große Probleme bereiten.

    Bei den angegebenen Quellen frage ich mich, ob es sich bei der Aufnahme in einen Sonderungsplan nur die Aufnahme in den alten Bestand in Vorbeitung des Sonderungsverfahrens handelt, oder ob sie bereits im neuen Bestand vermerkt sein müssen und es zur Gültigkeit nur noch des formellen Verwaltungsaktes bedarf. Dies macht schon einen erheblichen Unterschied. Wenn man ersteres als ausreichend ansehen würde, ließe man den Zustand ja noch eine erhebliche Zeit weiter bestehen, denn schließlich können Sonderungsverfahren sehr lange dauern.

  • Wenn die bisherige Grundbucheintragung ab 1.1.2016 unzulässig ist, weil das Grundstück nicht nach einem amtlichen Verzeichnis oder einem Ersatznachweis benannt ist, dann muss bis dahin entweder die Vermessung erfolgt sein (s. Holzer im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg: Hügel, Stand: 01.04.2015, § 2 RN 18 unter Zitat KEHE/Keller GBO § 2 Rn 7) oder als Ersatznachweis der bestandskräftige Sonderungsbescheid vorliegen.

    Das VG Halle (Saale) 3. Kammer, führt dazu im Urteil vom 28.05.2010, 3 A 4/10, Rz. 20, aus (Hervorhebung durch mich):

    „Nach § 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Sonderung unvermessener und überbauter Grundstücke nach der Karte (Bodensonderungsgesetz) - BoSoG - vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993 S. 2182), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. August 2002 (BGBl I S. 3322), stellt der Sonderungsbescheid den Sonderungsplan verbindlich fest (Satz 1); der Sonderungsplan ist Bestandteil des Bescheides (Satz 2). Der Sonderungsplan besteht aus einer Grundstückskarte und einer Grundstücksliste und dient vom Zeitpunkt seiner Feststellung bis zur Übernahme in das Liegenschaftskataster als amtliches Verzeichnis der Grundstücke im Sinne von § 2 Abs. 2 der Grundbuchordnung (§ 7 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BoSoG). Mit Bestandskraft des Sonderungsbescheides haben die Grundstücke gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BoSoG den in dem Sonder(ungs)plan bezeichneten Umfang; ein abweichender Grenzverlauf kann nicht mehr geltend gemacht werden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BoSoG). Um ein länger andauerndes Nebeneinander von Sonderungsplan und Liegenschaftskataster und damit eine mehrfache Nachweisführung des Grundstücks in verschiedenen Verzeichnissen zu vermeiden, ist es - gerade auch in Anbetracht des die Katasterbehörde verpflichtenden Nachweis- und Aktualisierungsgebotes - zwingend erforderlich, dass das Liegenschaftskataster durch die Übernahme der Ergebnisse der Bodensonderung aus dem Sonderungsplan sofort berichtigt wird (Kummer/Möllering, a.a.O., § 11 Erl. 4.3.7.9).“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke.


    :offtopic:

    Es ist lustig, dass du gerade das Urteil des VG Halle zitierst. Ich habe beim LVermGeo Sachsen-Anhalt gearbeitet. Wenn du wüstest, wie die Grenzen in den Plan und damit in die Karte gekommen sind, würdest du dir wünschen, die ungetrennten Hofräume wären noch grundbuchfähig. Da ist nichts mit Vermessen gewesen. Da wurden teilweise Karten aus dem Maßstab 1:2500 auf Maßstab 1:100 und noch mehr vergrößert. Da rein hat man dann die Grenzen gezeichnet und so die Sonderungsbescheide erlassen. Teilweise habe ich Grundstücksgrenzen gesehen, die innerhalb zweier direkt aneinander stehender Gebäude abknickten. Und das mehrfach. Keine Ahnung, wie man da den Grenzverlauf ermittelt hat, da hat wahrscheinlich Superman mit dem Röntgenblick Amtshilfe geleistet.

    Das war die reine Stümperei. Und dafür mussten die Bürger auch noch Geld bezahlen. Und das war teilweise nicht billig, zum Teil 4-stellige Geldbeträge.

  • Hallo zusammen, wir haben hier noch etliche ungetrennte Hofräume, die zum Großteil auch noch nicht in Solum Star migriert werden konnten und jetzt per Hand in die elektronische Fassung des Grundbuchs neugefasst werden sollen/müssen. Seit Wegfall der Hofraumverordnung ist eine Verfügung über die ungetrennten Hofräume ja nicht mehr möglich, die Grundbuchfähigkeit besteht nicht mehr. Wie seht ihr das in Bezug auf die Neufassung in das jetzige Grundbuchformat? Diese ist doch nach wie vor noch möglich, oder :gruebel:?

  • Bestehende Eintragungen sind aber auch nicht wegen Unzulässigkeit zu löschen.

    Das ist die Einzelmeinung von Böhringer, mit der er in der Literatur alleine dasteht.

    Nach meiner Rechtsauffassung sind die Grundbücher mit Ablauf der Hofraumverordnung zu schließen.

    Der Gesetzgeber hat bewusst eine Verlängerung der Hofraumverordnung abgelehnt. Es war genug Zeit, eine Auflösung herbeizuführen.

  • Interessant. Literatur ist ja zu der Problematik wenig vorhanden, sollte Dir Mehr zur Verfügung stehen wäre ich für eine Mitteilung dankbar. Wenn Du eine Schließung der Grundbücher vorziehen würdest, was machst Du dann aber mit den Grundstücken? Wer ist dann laut Deiner Meinung der Eigentümer?

  • Hm...und die eingetragenen Belastungen :gruebel:?

    Erloschen mit dem Wegfall des Hofraumanteils.

    Stell dir das wie in der Flurbereinigung vor. Mit dem Untergang des Grundstücks erlöschen alle darauf ruhenden Belastungen (z.B. Hügel, § 38 GBO Rn 58)

    Aus der Gesetzesbegründungzur Hofraumverordnung (Bundesrat, Drucksache 415/93): "Mit Satz 2 wird die Geltungsdauer der Vorschrift auf den 31.12.2002 (später geändert auf den 31.12.2010) begrenzt. Dies hat den Zweck, die Eigentümer der Anteile an ungetrennten Hofräumen zu zwingen, ihre Grundstücke vermessen oder in Sonderungspläne aufnehmen zu lassen. Es soll verhindert werden, daß -wie in Preußen- auch jetzt eine Vermessung oder Kartierung versäumt wird."

    Auch Gläubigern war die Endlichkeit der Hofraumverordnung bekannt.

    An eurer Stelle würde ich mit den Grundbüchern erstmal gar nichts machen. Irgendwann wird jemand kommen und einen Antrag stellen. Ihr weist zurück. Sollen sich doch die hoch besoldeten Richter des OLG ihren Kopf zerbrechen. Es betrifft eh nur noch euer Bundesland.

  • Ein Liegenlassen kommt nicht in Betracht, wir müssen Alles was auch nur ansatzweise nach Grundbuch aussieht (Sütterlin, Hefte usw.) elektronisch erfassen und in diesem Zusammenhang ist die Problematik "ungetrennter Hofraum" erstmal aufgetaucht. Der Sinn der Hofraumverordnung leuchtet mir ein und im Falle eines Antrages durch den Eigentümer würde ich diesen auch zurückweisen wollen. Aber die Neufassung auf das nunmehr geltende elektronische Grundbuchformat gänzlich abzulehnen und in dem Zusammenhang die Bücher zu schließen...ach du Schreck, da hab ich echt Bauchschmerzen.

  • Nimm Fenchel-Anis-Kümmel-Tee.:D
    Das ist doch jetzt eine gute Chance, den "Krawall" zu provozieren. Dann werden Deine Obrigkeiten vielleicht schneller wach. Lange genug haben sie ja offenbar geschlafen. Außerdem sparst Du mit der Schließung den Umschreibungsaufwand.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich trink doch lieber Kaffee ;).
    Ein Umschreiben wird mir dennoch nicht erspart bleiben, irgendwo muss ich ja mit den Grundstücken hin. Problematisch ist hier im Übrigen die Ermittlung der einzelnen Anteilseigentümer. Oftmals wird nur auf Bestandsblätter verwiesen, die hier nicht vorliegen und eine Zusammenarbeit mit dem Kataster ist nicht immer leicht. Danke auf jeden Fall für die Denkanstöße..."Krawall" werde ich in jedem Fall provozieren; mal sehen was dabei raus kommt.

  • Was nicht (mehr) grundbuchfähig ist, kann und darf auch nicht (mehr) umgeschrieben werden.

    Müssen muss man gar nichts und zu einem Verfahren, das offensichtlich rechtswidrig ist, kann einen niemanden zwingen. Wenn ihr als Rechtspfleger nicht die Stirn habt, solchen Dingen entgegen zu treten, dann könnt ihr Euren Laden gleich zusperren.

    Vielleicht ganz interessant, wie es seinerzeit zur Verlängerung bis 31.12.2015 gekommen ist. Bei einer Tagung in Bad Boll, die wie üblich im November stattfand, hat Herr Böhringer dieses Problem angesprochen und mit Zustimmung aus dem Auditorium um eine Verlängerung ersucht, weil es sonst zum Ende des gleichen Jahres einen Riesenknall gegeben hätte (den es nunmehr eben am 31.12.2015 gegeben hat). Gleichzeitig wurde im Hinblick auf die Schläfrigkeit der Verantwortlichen darum ersucht, die Verlängerung tunlichst gleich um 10 Jahre vorzunehmen. Der Herr aus dem Ministerium hat diese Anregung aufgenommen und tatsächlich wurde dann kurzfristig verlängert, allerdings nicht um 10 Jahre, sondern nur um 5 Jahre (in der Fehlannahme, dass bis dahin sicher alles erledigt sei).

    So kann man sich täuschen und wenn die Sache in die Luft fliegt, obwohl alle wussten, dass sie in die Luft fliegen wird, dann fliegt sie eben in die Luft.

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