wertloses Grundstück, Erben stellen keinen Erbscheinsantrag

  • Hallo zusammen,

    ich möchte mal eure grauen Zellen bemühen. Hab hier einen Nachlassfall, wo ich nicht mehr weiterkomme.

    Ich habe zwei Söhne, deren Ausschlagungsfristen vor Ausschlagung abgelaufen sind, die aber ihre Erbenstellung bestreiten. Im Nachlassinsolvenzverfahren wurde dem Nachlasspfleger ein so gut wie wertloses Grundstück aus der Insomasse freigegeben. Nachlassinsoverfahren ist mittlerweile abgeschlossen. Die beiden (m.E.) Erben weigern sich, Erbscheinsantrag zu stellen.
    Meine Überlegung, dann könnte die zuständige Stadt wegen der Steuern und Abgaben des fraglichen Grundstücks einen Erbscheinsantrag gem. § 792 ZPO stellen, scheitert daran, dass kein Vollstreckungstitel vorliegt. Die Abgaben und Steuern sind seit 2014 niedergeschlagen worden, da kein Barnachlass vorhanden war, so dass nunmehr keine Außenstände offen sind, die die Stadt titulieren könnte. Ein neuer Steuerbescheid würde an den Nachlasspfleger gehen, gegen den nicht vollstreckt würde. Man kommt wohl anscheinend an keinen Vollstreckungstitel, der die Stellung eines Erbscheinsantrags rechtfertigen könnte. Wie kriege ich denn nun die Kuh vom Eis? Solange die Erben nicht rechtswirksam festgestellt sind, kann ich doch auch die Nachlasspflegschaft nicht aufheben, weil dieses Grundstück vorhanden ist. Ich weiß leider im Moment keine Lösung. Habt ihr eine Idee? :gruebel:

  • Wenn die Stadt keinen Abgabenbescheid mehr erstellen kann, der dann die Möglichkeit zur Stellung eines Erbscheinantrags gibt, dann gibt es m.E. keine Lösung. Vielleicht stellt jemand in 30 und mehr Jahren, möglicherweise auch die Stadt, ein Aufgebot zum Ausschluss der Eigentümer????

  • als erstes fällt mir dazu ein zu prüfen, ob die beiden nun Erbanwärter sind oder nicht (sie "bestreiten"). Dann wäre mit dem Fiskuserbrecht die Sache vielleicht schnell erledigt.

  • Solange die Erben nicht rechtswirksam festgestellt sind, kann ich doch auch die Nachlasspflegschaft nicht aufheben

    Warum? Voraussetzung für die Anordnung oder Aufrechterhaltung der Nachlasspflegschaft ist, dass die Erben unbekannt sind. Dir sind (nach deiner Sachverhaltsschilderung) die Erben bekannt, Erbschein oder nicht. Damit ist kein Raum für eine NLP.

  • Die Erbenstellung kann ich ja "rechtswirksam" nur in einem Erbscheinsverfahren feststellen, oder?

    Kann ich die Nachlasspflegschaft tatsächlich aufheben, ohne Erbscheinsverfahren? Und dann teile ich den beiden Erben mit, dass die NL aufgehoben wurde und nun die beiden sich um das Grundstück kümmern müssen?

    Und wenn ich das mache, was mache ich mit den Kosten für die Nachlasspflegschaft? Hätte ich einen Erbschein, könnte ich die Kosten den "festgestellten" Erben aufgeben. So tue ich mich schwer damit. Da flattert mir doch gleich ein Rechtsmittel ins Haus.

  • Und wenn ich das mache, was mache ich mit den Kosten für die Nachlasspflegschaft? Hätte ich einen Erbschein, könnte ich die Kosten den "festgestellten" Erben aufgeben. So tue ich mich schwer damit. Da flattert mir doch gleich ein Rechtsmittel ins Haus.

    Im Hinblick auf

    die beiden dürften definitv Erben sein (Frist abgelaufen, m.E. keine Möglichkeit der Anfechtung)


    würde ich einem Rechtsmittel gelassen entgegensehen.

  • Schon mal an einen Hinweis an das Grundbuchamt gedacht? Sobald die zweijährige Schonfrist nach dem Erbfall rum ist, können die (mutmaßlichen) Erben gem. § 82 GBO zur Stellung eines Berichtigungsantrages und zur Beibringung eines Erbscheins gezwungen werden. Falls sie sich gegen das verhängte Zwangsgeld wehren, kann im Beschwerdeweg geprüft werden, ob sie tatsächlich keine Erben sind.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Die Nachlasspflegschaft kann natürlich auch ohne Erbschein aufgehoben werden.

    Es reicht, dass die Erben zumindest soweit für das Gericht nachvollziehbar feststehen, dass bei Vorliegen dieser Erkenntnisse eine Pflegschaft schon nicht angeordnet worden wäre. Zur Stellung eines ESA kann man die Erben von Seiten des NLG nicht zwingen.

    Und wieder einmal sind wir an dem Punkt angekommen, bei dem man als Nachlassgericht zumindest mittelbar über die Wirksamkeit von Ausschlagungen/Anfechtungen entscheiden muss, ohne dass ein ESA vorliegt....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Gibt es denn keine Ver- und Entsorgungsunternehmen die noch eine offenme Rechnung aus dem Gst. haben und noch nicht befriedigt sind? Die könnte man ggf. über den Nlpf. mit ins Boot holen. Die Pflegschaft würde ich auch aufheben, dieses den Erben und auch der Stadtverwaltung mitteilen, allein schon wegen der Wintersicherungspflicht.

  • Da wird sich das GBA schön bedanken, zumal bei "wertlosem" Grundbesitz (warum eigentlich? Zu klein? Trennstück?). Das ist vermutlich auch der Grund, warum es "hier" (westdeutsches Bundesland) so gut wie keine § 82er Verfahren gibt, die über die Aufforderung, nun endlich mal was zu machen, hinausgehen.

    Und dann regelt sich das irgendwann über das Aufgebot der Eigentümer.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Am Rande: keine Glanztat der Stadtkasse, die sich ihre Titel selber schaffen kann.
    Freundliches Nachklopfen da ist bestimmt hilfreich. Entweder wurde die (letzte) Grundsteuer am 01.07.2015 oder 15.08.2015 fällig. Das jene Forderungen schon (wieder) niedergeschlagen wären, kann ich mir beileibe nicht vorstellen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Am Rande: keine Glanztat der Stadtkasse, die sich ihre Titel selber schaffen kann.
    Freundliches Nachklopfen da ist bestimmt hilfreich. Entweder wurde die (letzte) Grundsteuer am 01.07.2015 oder 15.08.2015 fällig. Das jene Forderungen schon (wieder) niedergeschlagen wären, kann ich mir beileibe nicht vorstellen.

    Die Stadtkasse kann sich schon mal keine Titel schaffen, höchstens die von der Veranlagungsstelle (hier:Steueramt) erlassenen Bescheide vollstrecken, wenn diese r e c h ts k rä f t i g geworden sind...
    Daran wird es hier mangeln. Das Steueramt bekommt vom Finanzamt verbindlich vorgeschrieben, wer steuerpflichtiger Eigentümer ist, einen neuen E. gibt es ja laut Fallschilderung noch nicht. Ein besonderes Interesse an einen Erbschein hat die Stadt nicht, solange die Verjährung nennenswerter Summen nicht droht.
    Allenfalls könnte der Nachlasspfleger als Bescheidempfänger (Zustellberechtigter für Verbindlichkeiten des im Grundbuch eingetragenen Erblassers) für die Grundsteuer in Frage kommen - warum die Stadt nicht an ihn zustellt - dann mahnt und anschließend die ZV wegen der nun begründeten öffentlichen Last betreibt, kann ich nicht beurteilen.

    Es gibt wichtigen und unwichtigen Aktenstaub.

    8 Mal editiert, zuletzt von lupo (9. Oktober 2015 um 09:31) aus folgendem Grund: Schreibfehler ber.

  • Ich liebe die Details der Verwaltungsvollstreckung.
    Warum die (zugegebenermaßen schnoddrige) Wendung "sich selbst Titel" schaffen im Ergebnis nicht zutrifft, erklärt das leider trotzdem nicht. Bescheid - Mahnung - Vollstreckung.

    Den Unterschied zwischen den Ansichten von Finanzamt und Nachlassgericht servierst Du daneben jedoch (unfreiwillig?) gleich selbst mit.
    Einen neuen Eigentümer gibt es lt. Fallschilderung doch. Denn es gibt Erben.
    Zwar können sie ein deklaratorisches Zeugnis darüber vorlegen, aber sie sind es eben schon.

    Die Kernfrage daher: Wie überzeuge ich das FA von nunmehr anderen Eigentümern, so dann die Stadt die Schuldner auch rechtmäßig in Anspruch nehmen kann?
    Um wieder zurück zu meiner Feststellung zu kommen: Da ist es eben kein guter Zug der Stadt, einfach niederzuschlagen - mit etwas Problembewusstsein könnte man dem beikommen.

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  • Eine Nachlasspflegschaft setzt ein Sicherungsbedürfnis voraus. Das gibt es deshalb schon nicht, weil die Erben bekannt sind. Und man könnte ausserdem fragen, welches konkrete Sicherungsbedürfnis denn nun eigentlich von der Existenz eines Grundstücks an sich ausgeht und was der Nachlasspfleger, der im geschilderten Fall auch kein Geld hat, mit diesem Grundstück eigentlich tun soll. Insofern sollte man sich vielleicht auch erst mal um sein eigenes Verfahren kümmern, bevor man den Leuten von der Stadt erklärt, wie sie ihres zu erledigen haben.

  • Eine Nachlasspflegschaft setzt ein Sicherungsbedürfnis voraus. Das gibt es deshalb schon nicht, weil die Erben bekannt sind.

    Nach dem Sachverhalt kann davon ausgegangen werden, dass das Sicherungsbedürfnis ursprünglich vorlag und erst durch das Bekanntwerden der Erben entfallen ist.

    Und man könnte ausserdem fragen, welches konkrete Sicherungsbedürfnis denn nun eigentlich von der Existenz eines Grundstücks an sich ausgeht und was der Nachlasspfleger, der im geschilderten Fall auch kein Geld hat, mit diesem Grundstück eigentlich tun soll.

    Ursprünglich gab es nicht nur das Grundstück als Nachlass (siehe Sachverhalt).

    Insofern sollte man sich vielleicht auch erst mal um sein eigenes Verfahren kümmern, bevor man den Leuten von der Stadt erklärt, wie sie ihres zu erledigen haben.

    Schadet es denn, vor der Aufhebung der Nachlasspflegschaft etwas über den eigenen Tellerrand zu blicken und sich zu überlegen, wie es dann mit dem grundstück weitergeht? :gruebel:

  • Auch ich ging und gehe davon aus, dass das Sicherungsbedürfnis ursprünglich bestand. (Und es schadet nie, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken.)
    Jetzt liegen aber die Voraussetzungen für die Aufhebung der Nachlasspflegschaft vor.
    Einige der Antworten scheinen mir darauf hinaus zu wollen, dass man trotzdem Gläubiger oder das Grundbuchamt für den Nachweis durch Erbschein einspannen sollte.
    Dabei kam auch die Diskussion auf, ob die Stadt bei der Vollstreckung denn alles richtig gemacht hat. "Freundliches Nachklopfen" wurde empfohlen.
    Ich wollte daher zum Ausdruck bringen, dass ich das für keine gute Idee halte, den zuständigen Beamten von der Stadt zu erzählen, dass sie bei der Vollstreckung alles falsch gemacht hätten und Sie nun doch bitte einen Erbscheinsantrag stellen sollen, wenn ich diesen Erbscheinsantrag für mein eigenes Verfahren gar nicht brauche.

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