Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, Auflassung an Pfleger, Vollzug im Grundbuch

  • Hallo,

    die Gemeinde regt die Bestellung eines Pflegers für unbekannte Beteiligte an.

    Hintergrund:

    Die Gemeinde möchte ein Grundstück an die Eigentümer eines angrenzenden Grundstücks veräußern.

    Die Rechtsnachfolger eines der Miteigentümer sind unbekannt. Ob auf den Tod dieses Miteigentümers ein Nachlassverfahren durchgeführt wurde, kann nicht mehr festgestellt werden. Mehrere Nachlassgerichts kommen als zuständige Nachlassgerichte in Betracht.

    Insofern der Weg über die Pflegschaft für unbekannte Beteiligte.

    Ich habe Bedenken

    a) hinsichtlich eines Fürsorgebedürfnisses für die unbekannten Beteiligten;
    b) der Möglichkeit der Auflassung eines Grundstücks an einen Pfleger für unbekannte Beteiligte sowie
    c) die Eintragung der unbekannten Beteiligten im Grundbuch.

    M.E. kann die Gemeinde das Grundstück auch an die bekannten Miteigentümer übertragen. Es besteht doch kein Anspruch, ein Grundstück an die unbekannte Beteiligten zu veräußern? Oder liege ich da ganz falsch?

    Liege ich richtig?

  • M.E. kann die Gemeinde das Grundstück auch an die bekannten Miteigentümer übertragen. Es besteht doch kein Anspruch, ein Grundstück an die unbekannte Beteiligten zu veräußern? Oder liege ich da ganz falsch?

    Liege ich richtig?


    Du liegst richtig, aber vermutlich will die Gemeinde die Grundstücke im gleichen Grudbuchblatt haben, damit nicht bei späteren Übertragungen jemand "vergessen" wird.

    Vielleicht wird umgekehrt ein Schuh daraus: die bekannten Eigentümer kaufen einem Pfleger für die unbekannten Eigentümer deren ME-Anteil an dem Grundstück, das ihnen schon gehört, ab und kaufen dann das Grundstück von der Gemeinde.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Hallo,

    in meinem Grundbuch ist eine Erbengemeinschaft mit 5 Personen eingetragen, wovon 4 Erben unbekannt sind. Daher wurde ein Pfleger für "die unbekannten Beteiligten in der Grundbuchangelegenheit...." bestellt. Der Wirkungskreis umfasst: "Vertretung der unbekannten Beteiligten zur Wahrung der Rechte in der Grundbuchangelegenheit...als Eigentümer und möglicherweise Berechtigte in Abt. II und III des Grundbuchs". Leider wurden die unbekannten Beteiligten im Betreuerausweis und Anordnungsbeschluss nicht namentlich benannt, so dass ich als GBA gar nicht weiß, welcher Erbe vom Pfleger vertreten wird. Zudem frage ich mich ob die Anordnung der Pflegschaft so möglich ist, da nicht bekannt ist, ob die unbekannten Erben/Eigentümer überhaupt noch leben und wie der letzte bekannte Wohnsitz war (Zuständigkeit).
    Was sagt ihr dazu?

  • Dass die Namen der "unbekannten Erben" nicht angegeben sind, liegt in der Natur der Sache.

    Mich würde aber die Eintragung interessieren. Sind von den fünf Eingetragenen vier tot? Dann müßte der Pfleger jeweils für "die unbekannten Erben des am ... verstorbenen ... (Name des Eingetragenen)" bestellt werden.

    Oder sind die Eingetragenen nicht auffindbar (Abwesenheitspflegschaft)? Dann müßte m.E. der jeweils Abwesende namentlich benannt werden.

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  • Es wurde aber angegeben, dass eine aus "5 Personen" bestehende Erbengemeinschaft eingetragen ist. Wenn nur ein Erbe bekannt und die übrigen unbekannt sind, dann wären nur die (durch Teilerbschein ausgewiesene) einzelne Person und die unbekannten Erben in Erbengemeinschaft eingetragen, keinesfalls aber "5 Personen". Ich vermute daher, dass lediglich der Verbleib der namentlich bekannten 4 anderen Personen unbekannt ist. Das dürfte aber kaum ein Anwendungsfall für § 1913 BGB sein.

  • ... der Aufenthalt der 4 eingegangenen Miterben ist unbekannt. ..

    Was sind denn „eingegangene Miterben“? Wurden die zu heiß gebadet ?

    Wenn die Beteiligten namentlich bekannt sind und lediglich ihr derzeitiger Aufenthalt unbekannt ist, kommt nur eine Pflegschaft nach § 1911 BGB in Betracht (Locher im jurisPK-BGB Band 4, 8. Auflage 2017, Stand 15.10.2016, § 1913 RN 14).

    Das OLG Köln 2. Zivilsenat, führt im Beschluss vom 15.10.2010, 2 Wx 156/10, Rz. 15
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koel…ss20101015.html
    aus: „Unbekannt ist - abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall des Streites mehrerer bekannter Erben über die Gültigkeit einer testamentarischen Anordnung (vgl. Senat, FamRZ 1989, 435 m.w.N.) - ein Erbe nur, wenn über seine Person Unklarheit herrscht. Sollte möglicherweise derzeit der Aufenthalt eines namentlich bekannten Erbens unbekannt sein, so kann allenfalls eine Abwesenheitspflegschaft angeordnet werden (Firsching/Graf, Nachlassrecht, 9. Auflage 2008, Rn. 4.551; Palandt/Edenhofer, BGB, 69. Auflage 2010, § 1960 Rn. 6).“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für deine Antwort Prinz. Ich hoffe, die EINGETRAGENEN Eigentümer sind nicht eingegangen :wechlach::daemlich. Das passiert, wenn man mal schnell von unterwegs mit dem Handy antwortet:oops:.

    Dann müsste also eine Pflegschaft nach § 1911 BGB eingerichtet werden. Kann dies für alle unbekannten Miteigentümer zusammen erfolgen? Dann müssten die unbekannten Eigentümer aber wenigstens namentlich bezeichnet werden.

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (8. März 2018 um 10:45)

  • ... Kann dies für alle unbekannten Miteigentümer zusammen erfolgen? ....

    Das wird auf das Fürsorgebedürfnis ankommen.

    Bei einer Nachlasspflegschaft geht das OLG Frankfurt a.M.im Beschluss vom 27.10.2015, 20 W 244/15,
    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:7502235
    davon aus, dass bei einer Mehrheit von Erben für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen. Daher könne dann, wenn nur einzelne Erben unbekannt sind, nicht etwa eine Gesamtpflegschaft angeordnet werden, sondern nur eine Teilpflegschaft für diesen unbekannten Erben.

    Frage ist, ob sich das auf die Abwesenheitspflegschaft übertragen lässt.

    Bei der Nachlasspflegschaft geht die hM von einer Personalpflegschaft aus (s. Mešina im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1960 RN 23 mwN).

    Bei der Abwesenheitspflegschaft wird hingegen von einer Vermögenspflegschaft ausgegangen (s. Bienwald im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1911 RN 19 mwN).

    Sie setzt daher mE nicht voraus, dass diese Pflegschaft von verschiedenen Abwesenheitspflegern wahrgenommen wird. Auch im Fall des OLG Brandenburg 3. Zivilsenat, Urteil vom 04.11.2014, 3 U 156/11, war für die aus zahlreichen Personen bestehende -im GB noch nicht eingetragene- Erbengemeinschaft ein einziger Abwesenheitspfleger bestellt worden, der das Grundstück veräußert hat und den vertretenen Miterben auf Schadensersatz haftete, weil die Veräußerung weder im Hinblick auf die Grundstückslasten noch auf die Tilgung dringender Nachlassschulden geboten war.

    In dem Fall gab es keine Interessenkollision. Bei einer Erbauseinandersetzung könnte ich mir eine solche Kollision allerdings vorstellen.

    Bei „eingegangenen“ Miterben reicht allerdings ein halber Abwesenheitspfleger:teufel:

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke für die weitere Antwort!
    Fakt ist, dass die vom Pfleger für unbekannte Beteiligte getätigte Auflassung nicht wirksam ist, da hier kein Anwendungsgfall des § 1813 BGB vorliegt. Zudem weiß ich gar nicht, welche der eingetragenen Miterben vom Pfleger vertreten werden dürften.
    Ich mache eine Zwischenverfügung.

    Einmal editiert, zuletzt von Karo (8. März 2018 um 10:46)

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