§ 850 i ZPO mit § 850 d ZPO

  • Hallo zusammen,

    irgendwie werde ich trotz Stöber, Zöller etc. nicht schlauer:

    Das Konto eines Schuldners wird wegen Unterhaltsforderungen (§ 850 d ZPO) gepfändet.
    Der Schuldner ist Selbständiger und stellt einen Antrag nach § 850 i ZPO.

    M.E. macht das doch keinen Sinn. Nach § 850 i ZPO ist dem Schuldner so "viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde". Aber es findet ja nicht § 850 c sondern § 850 d ZPO Anwendung.:confused:

    Seht ihr das auch so, dass das nicht geht?

  • Hallo zusammen,

    irgendwie werde ich trotz Stöber, Zöller etc. nicht schlauer:

    Das Konto eines Schuldners wird wegen Unterhaltsforderungen (§ 850 d ZPO) gepfändet.
    Der Schuldner ist Selbständiger und stellt einen Antrag nach § 850 i ZPO.

    M.E. macht das doch keinen Sinn. Nach § 850 i ZPO ist dem Schuldner so "viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde". Aber es findet ja nicht § 850 c sondern § 850 d ZPO Anwendung.:confused:

    Seht ihr das auch so, dass das nicht geht?

    Warum soll das denn nicht gehen? § 850d ZPO stellt doch auch (zunächst nur) auf Arbeitseinkommen ab.

    Stell Dir vor, der Schuldner hat ein Kontoguthaben, das nicht aus seiner selbstständigen Tätigkeit stammt, sondern aus Arbeitseinkommen. Allerdings musst Du u.U. beachten, dass der Schuldner Steuern und Sozialabgaben noch selbst tragen muss. Und schon ist der Fall gelöst.

  • Seht ihr das auch so, dass das nicht geht?

    Nein, die grundsätzliche Möglichkeit steht für mich eigentlich ausdrücklich im Gesetz.

    Nach § 850k Abs 3 kann und wurde wohl der Freibetrag für die Unterhaltspfändung festgesetzt.
    Aufgrund Antrag nach § 850k IV ZPO (iVm § 850i ZPO) kann auch ein von "Abs 3" abweichender Betrag festgesetzt werden.

    Im Ergebnis hat das vielleicht keinen Erfolg, aber dazu müsste man erstmal wissen was genau eigentlich beantragt wurde...

  • Danke schon mal für die Antworten!

    Es kann aber doch nicht sein, dass der Schuldner jetzt mehr als den Freibetrag bekommen soll, nur weil er selbständig ist?

    Im übrigen hat der Schuldner keinen konkreten Antrag gestellt, nur dass berücksichtigt werden möge, dass er Überweisungen ans Finanzamt machen muss.


  • Es kann aber doch nicht sein, dass der Schuldner jetzt mehr als den Freibetrag bekommen soll, nur weil er selbständig ist?

    Wieso mehr?
    Du sagst es selbst: "so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde"
    Und wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde, würde er ja auch nur den § 850d Betrag bekommen, weil es ja eben um eine Unterhaltspfändung geht -> also erstmal kein Unterschied.

  • So rein pauschal bringt das natürlich erstmal nichts.

    Alles weitere kann man (oder kann man nicht) berücksichtigen, wenn konkret was weiteres vorgetragen wird.

  • Nochmal zur Klarstellung:

    letztlich soll sowohl dem Selbstständigen als auch dem Angestellten der § 850d ZPO Betrag X "verbleiben".

    Wenn du jetzt beiden jeweils den gleichen Betrag "X" gewährst, kann es natürlich schon sein dass dem Selbständigen im Vergleich zum Angestellten tatsächlich weniger "verbleibt", weil der Selbständige von diesem Betrag X aufgrund seiner Selbständigkeit Ausgaben tätigen muss, die der Angestellte nicht hat.

    Dies kann dann durch Antrag nach §850k IV ZPO iVm § 850i ZPO ausgeglichen werden, aber da würde ich schon für einen Antrag konkretes fordern.

  • Nochmal zur Klarstellung:

    letztlich soll sowohl dem Selbstständigen als auch dem Angestellten der § 850d ZPO Betrag X "verbleiben".

    Wenn du jetzt beiden jeweils den gleichen Betrag "X" gewährst, kann es natürlich schon sein dass dem Selbständigen im Vergleich zum Angestellten tatsächlich weniger "verbleibt", weil der Selbständige von diesem Betrag X aufgrund seiner Selbständigkeit Ausgaben tätigen muss, die der Angestellte nicht hat.

    Dies kann dann durch Antrag nach §850k IV ZPO iVm § 850i ZPO ausgeglichen werden, aber da würde ich schon für einen Antrag konkretes fordern.

    ...und Du solltest auch § 850e Nr. 1 ZPO beachten vor allem wegen Steuern und Soziallasten, die er (nachweislich) zahlt.

  • Ich habe nun auch einen Fall des § 850i ZPO vorliegen. Allerdings geht es hier nicht um Unterhalt, sondern um "Lohnforderungen" als Selbstständiger (1-Mann-Betrieb = eK).

    Folgende Vorgeschichte:
    Der PfÜB wurde erlassen, wogegen Erinnerung eingelegt wurde. Dieser wurde nicht abgeholfen und schließlich vom zust. Richter zurückgewiesen.

    Nun schreibt mir der Schuldner, er "nehme den Pfändungsschutz für Selbstständige nach §§ 850f und 850i ZPO in Anspruch" und "stelle einen Antrag auf Änderung des unpfändbaren Betrages".

    Wie ist hier nun das weitere Vorgehen?
    Gläubiger anhören ist klar, aber was dann? Wie komme ich zur "freien Würdigung der Verdienstmöglichkeiten"?

  • Ich habe nun auch einen Fall des § 850i ZPO vorliegen. Allerdings geht es hier nicht um Unterhalt, sondern um "Lohnforderungen" als Selbstständiger (1-Mann-Betrieb = eK).

    Folgende Vorgeschichte:
    Der PfÜB wurde erlassen, wogegen Erinnerung eingelegt wurde. Dieser wurde nicht abgeholfen und schließlich vom zust. Richter zurückgewiesen.

    Nun schreibt mir der Schuldner, er "nehme den Pfändungsschutz für Selbstständige nach §§ 850f und 850i ZPO in Anspruch" und "stelle einen Antrag auf Änderung des unpfändbaren Betrages".

    Wie ist hier nun das weitere Vorgehen?
    Gläubiger anhören ist klar, aber was dann? Wie komme ich zur "freien Würdigung der Verdienstmöglichkeiten"?

    Wie willst Du das anders rausfinden als den Schuldner zu befragen?

  • Eben deshalb ja meine Frage, weil ich es nicht besser weiß ;)

    Schicke ich den Antrag dann so wie er ist an den Gläubiger oder warte ich auf die Einreichung von Nachweisen des Schuldners, berechne dann einen Durchschnitt und übersende dann den Antrag zusammen mit einem von mir berechneten "Vorschlag"?

  • Eben deshalb ja meine Frage, weil ich es nicht besser weiß ;)

    Schicke ich den Antrag dann so wie er ist an den Gläubiger oder warte ich auf die Einreichung von Nachweisen des Schuldners, berechne dann einen Durchschnitt und übersende dann den Antrag zusammen mit einem von mir berechneten "Vorschlag"?

    Ich denke mir aus meiner anderen Sichtweise (Drittschuldner), dass Du da ziemlich frei bist in Deiner Entscheidung, wenn Du sie nur gut begründen kannst (wie das immer so ist).

    Dies gilt vor allem dann, wenn es Dir an brauchbaren und begründbaren Alternativen fehlt.

  • Ich hatte vor Jahren mal einen sehr langen 850i Beschluss gemacht. Für den Fall, dass sich in Gesetz und Rechtssprechung nichts geändert hat mal drei wichtige Punkte.

    - Freigabe nur für einen bestimmten Zeitraum
    Dem Schuldner ist ein Betrag pfandfrei zu belassen, der während eines angemessenen (überschaubaren) Zeitraums für seinen und der übrigen Unterhaltsberechtigten notwendigen Unterhalt ausreicht.
    Dabei sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Einnahmequellen, zu berücksichtigen.

    - Berechnung nach § 850 d Abs. 1 S. 2 ZPO auch wenn es nicht um Unterhalt geht
    Der notwendige Lebensunterhalt des Schuldner und seiner Ehefrau als einzige unterhaltsberechtigte Person entspricht dem des § 850 d Abs. 1 S. 2 ZPO (LG Mainz, Beschluss vom 15.09.99; LG Heilbronn, Beschluss vom 04.09.02; LG Leipzig, Beschluss vom 22.11.04; Musielak, ZPO 4. Auflage Rn. 6).

    - grundsätzlich nicht für die Fortführung einer selbständigen Tätigkeit
    Zum notwendigen Unterhalt zählen auch berufsnotwendige laufende Betriebsausgaben (AG Göttingen, Beschluss vom 17.12.01, LG Leipzig, Beschluss vom 22.11.04), wobei der Pfändungsschutz nach §§ 850 ff ZPO grundsätzlich nicht dazu dient, dem Schuldner auch die Fortführung seiner selbständigen Tätigkeit zu sichern. Das mit der Selbständigkeit verbundene wirtschaftliche Risiko trägt allein der Schuldner. Es darf nicht in der Weise auf den Gläubiger abgewälzt werden, das die laufenden Kosten des Geschäftsbetriebes für pfändungsfrei erklärt werden (LG Halle, Beschluss vom 27.03.01).

    That Guy: "We are more like Germany, ambitious and misunderstood!"
    Amy: "Look, everyone wants to be like Germany."

  • Ich hatte vor Jahren mal einen sehr langen 850i Beschluss gemacht. Für den Fall, dass sich in Gesetz und Rechtssprechung nichts geändert hat mal drei wichtige Punkte.

    - Freigabe nur für einen bestimmten Zeitraum
    Dem Schuldner ist ein Betrag pfandfrei zu belassen, der während eines angemessenen (überschaubaren) Zeitraums für seinen und der übrigen Unterhaltsberechtigten notwendigen Unterhalt ausreicht.
    Dabei sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, insbesondere seine sonstigen Einnahmequellen, zu berücksichtigen.

    - Berechnung nach § 850 d Abs. 1 S. 2 ZPO auch wenn es nicht um Unterhalt geht
    Der notwendige Lebensunterhalt des Schuldner und seiner Ehefrau als einzige unterhaltsberechtigte Person entspricht dem des § 850 d Abs. 1 S. 2 ZPO (LG Mainz, Beschluss vom 15.09.99; LG Heilbronn, Beschluss vom 04.09.02; LG Leipzig, Beschluss vom 22.11.04; Musielak, ZPO 4. Auflage Rn. 6).

    - grundsätzlich nicht für die Fortführung einer selbständigen Tätigkeit
    Zum notwendigen Unterhalt zählen auch berufsnotwendige laufende Betriebsausgaben (AG Göttingen, Beschluss vom 17.12.01, LG Leipzig, Beschluss vom 22.11.04), wobei der Pfändungsschutz nach §§ 850 ff ZPO grundsätzlich nicht dazu dient, dem Schuldner auch die Fortführung seiner selbständigen Tätigkeit zu sichern. Das mit der Selbständigkeit verbundene wirtschaftliche Risiko trägt allein der Schuldner. Es darf nicht in der Weise auf den Gläubiger abgewälzt werden, das die laufenden Kosten des Geschäftsbetriebes für pfändungsfrei erklärt werden (LG Halle, Beschluss vom 27.03.01).

    Danach hat sich aber der Wortlaut des § 850i ZPO geändert und nach der Änderung hat das nichts mehr mit dem notwendigen Unterhalt zu tun sondern mit den unpfändbaren Beträgen wie sie bei AE heraus kämen.

  • Jetzt muss ich nochmal nachfragen (Die Anforderung einer Stellungnahme an Gläubiger und die Anforderung zur Mitteilung über die zusätzlichen Ausgaben an den Schuldner ist raus und die Stellungnahme vom Gläubiger auch schon zurück gekommen).

    Der Schuldner setzt mir nun eine Frist (ja, er ist etwas "komisch") in welcher er ein Antragsformular für seine Anträge nach §§ 850 f und i ZPO übersandt haben möchte:
    "...erwartet den Antragsvordruck von euch bis spätestens zum..."

    Einen solchen Vordruck gibt es doch nicht, oder? Da ist doch selbstständiges Tätigwerden erforderlich (zumal er den Antrag an sich ja bereits gestellt hat und nur noch eine Liste einreichen müsste).
    Auf mein Schreiben ist er überhaupt nicht eingegangen.

  • Nein, da gibt es kein Formular. Jedenfalls nicht nach der ZVFV.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Da wird es auch kein Antragsformular geben können, es kommt ja gerade beim § 850 i ZPO sehr auf den Einzelfall drauf an und die Vorschrift ist ja in vier Punkten reinster Gummi:

    Dem Schuldner ist
    - während eines angemessenen Zeitraums
    - so viel zu belassen, als ihm bei Pfändung von Arbeitseinkommen aus einer nichtselbständigen Tätigkeit belassen bliebe (nach a. F.: ein angemessener Betrag)
    - nach freier Schätzung des Gerichts
    - soweit keine überwiegenden Belange des Gläubigers entgegenstehen

    Es müssen also diese vier Punkte argumentativ beackert werden - evtl. im Verbund mit § 850 k ZPO und/oder § 850 d ZPO. Solche Anträge müssen schuldnerseits natürlich sehr substantiiert sein und auch das Gericht muss ein entsprechendes sorgfältiges Abwägen dieser vier Punkte in seiner Entscheidung erkennen lassen. Ich halte daher die Freigaben nach § 850 i ZPO für eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Bereich der ZwV.

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