Schuldnerwiderspruch im Tabellenprüfungsverfahren und Eigenverwaltung

  • Hi,
    Schuldnerwiderspruch bei Eigenverwaltung steht bekanntlich der Feststellung der Forderung entgegen.
    Nun haben wir den Fall, dass nach Durchführung der Prüfungsverhandlung die Eigenverwaltung aufgehoben wurde.
    M.E. wirkt der Schuldnerwiderspruch nunmehr nur noch "schwach", also hindert die Feststellung nicht mehr.
    Begründung: da in der Eigenverwaltung dem Schuldner grds. die Verwaltungskompetenz zukommt und er - einmal abgesehen vom Fall der Kassenführungsübertragung an den Sachwalter - er auch die Ausschüttung vorzunehmen hat, muss dessen Widerspruch auch insolvenzwirksam sein. Mit Aufhebung der Eigenverwaltung entfällt jedoch die Sachbefugnis und damit auch die Reichweite des Bestreitens.
    Meinungen dazu ?
    mfg
    Def

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Wow, das ist ja interessant. Habe ich noch nie drüber nachgedacht und frage mich gerade, wie ist denn das überhaupt, mit den Forderungen, die der Schuldner bereits vorher festgestellt hat. Kann der (nachfolgende) Insolvenzverwalter die alle neu aufrollen und bestreiten? Muss der Insolvenzverwalter denn das bis dahin geprüfte Verzeichnis mit den Ergebnissen so übernehmen?

    In meinem Heidelberger Kommentar steht, das die Rechtshandlungen, die der Schuldner vor Aufhebung der Eigenverwaltung vorgenommen hat, in ihrer Wirksamkeit nicht berührt werden. Aber das heißt ja auch viel und nix...

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Mit Aufhebung der Eigenverwaltung entfällt jedoch die Sachbefugnis und damit auch die Reichweite des Bestreitens.

    Ich habe da so meine Bauchschmerzen, daraus die Folgen des § 178 I S. 2 InsO ex tunc herzuleiten.

    Dann müsste man ja überlegen, ob der ganze siebte Teil, §§ 270 - 285 InsO, im Nachhinein für die Tonne ist, wenn dort etwas anderes geregelt ist, als in den übrigen Abschnitten zur Insolvenzverwaltung, insbesondere §§ 80,81, 82 InsO zu § 275 InsO.

    Das willst Du nicht wirklich....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich sehe es auch so, dass das frühere Bestreiten wirksam bleibt - solange es nicht durch eine erneute Prüfung prozessual überholt wird (jedenfalls könnte ich mir das als "Lösung" vorstellen).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Das kann man wohl so stehen lassen, auch bei längerer Überlegung :)

  • Ich sehe es auch so, dass das frühere Bestreiten wirksam bleibt - solange es nicht durch eine erneute Prüfung prozessual überholt wird (jedenfalls könnte ich mir das als "Lösung" vorstellen).

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Und die Feststellung der Forderung auch?

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • wie würdest Du denn, bei zugegeben konstruierter Situation, verfahren:


    - Beantragte Eigenverwaltung des Schuldners bei IE vom Gericht abgelehnt;
    - PT vor der Gläubigerversammlung mit div. Widersprüchen des Schuldners;
    - in der GV wird dann die EV gem. § 271 InsO angeordnet.

    Auswirkung auf § 178 I S.2 InsO ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • wie würdest Du denn, bei zugegeben konstruierter Situation, verfahren:


    - Beantragte Eigenverwaltung des Schuldners bei IE vom Gericht abgelehnt;
    - PT vor der Gläubigerversammlung mit div. Widersprüchen des Schuldners;
    - in der GV wird dann die EV gem. § 271 InsO angeordnet.

    Auswirkung auf § 178 I S.2 InsO ?

    Meintest Du mich? Ich weiß es ja nicht und frage lieber vorher, bevor ich solch ein Verfahren bekomme ;)...

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Yepp, meinte Dich und @def. Die praktischste Lösung wäre wahrscheinlich, der GV die EV auszureden, weil der Schuldner doch ein stadtbekannter unzuverlässiger Geselle ist.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Yepp, meinte Dich und @def. Die praktischste Lösung wäre wahrscheinlich, der GV die EV auszureden, weil der Schuldner doch ein stadtbekannter unzuverlässiger Geselle ist.

    Da mag das noch so funktionieren. Aber was macht man in den folgenden Fällen: Eigenverwaltung angeordnet, Prüfungstermin, Forderungen werden vom Schuldner geprüft und teilweise festgestellt und teilweise bestritten. Dann wird auf Antrag gemäß § 272 I 2. oder 3. InsO die Eigenverwaltung aufgehoben. Kann dann der (neu) gewählte Insolvenzverwalter z.B. die bereits festgestellten Forderungen wieder aufrollen?

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Vllt. sollte man bei seinen Überlegungen eher vom Vergleich her von Verfahren ausgehen, in denen im Laufe des Verfahrens nach Abwahl (oder Versterben) des ersten IV eín neuer IV bestellt wird. Ích denke, es steht fest, dass in diesen Fällen der neue IV an die Erklärungen des ersten IV gebunden ist und die Forderungsprüfung nicht neu aufgerollt wird.

    Wenn man dies auf die Eigenverwaltung analog anwendet war dort der Schuldner selbst eine Art erster Verwalter. Danach bleiben dessen Erklärungen des 1. PT auch bestehen und auch die Wirkungen des § 283 InsO würde ich bestehen lassen.

  • Vllt. sollte man bei seinen Überlegungen eher vom Vergleich her von Verfahren ausgehen, in denen im Laufe des Verfahrens nach Abwahl (oder Versterben) des ersten IV eín neuer IV bestellt wird. Ích denke, es steht fest, dass in diesen Fällen der neue IV an die Erklärungen des ersten IV gebunden ist und die Forderungsprüfung nicht neu aufgerollt wird.

    Wenn man dies auf die Eigenverwaltung analog anwendet war dort der Schuldner selbst eine Art erster Verwalter. Danach bleiben dessen Erklärungen des 1. PT auch bestehen und auch die Wirkungen des § 283 InsO würde ich bestehen lassen.

    :daumenrau Stimmt. Das ist ein sehr guter Denkansatz. Das spricht dafür, dass das hier dann auch so wäre. Zumal sicherlich wirklich nicht ganz einleuchtend wäre, warum die festgestellten Forderungen einerseits wie vollstreckungstitel wirken (z.B. nach Aufhebung), auf der anderen Seite aber bei jedem Wechsel des Verwalters-Schuldners futsch sind. Aber ich als Eigenverwalter würde dann ja vorsichtshalber ein paar Bekannte mit hohen Forderungen "einschummeln"...;)

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • erstmal Dank für die Rückmeldungen.
    Habe mir nun eine Überzeugung gebildet.

    Mit Aufhebung der Eigenverwaltung wird der Schuldnerwiderspruch auf einen "normalen" Schuldnerwiderspruch reduziert.
    Begründung:
    Die Verteilungsherrschaft obliegt nach Aufhebung der Eigenverwaltung dem Insolvenzverwalter. Dieser ist allein prozessführungsbefugt für Feststellungsrechtstreitigkeiten gegenüber der Insolvenzmasse.
    Das Beispiel mit dem verstorbenen Insolvenzverwalter hat mich letztlich drauf gebracht: natürlich kann der danach eingesetze Verwalter ein Bestreiten zurücknehmen, er ist nicht gezungen, die Feststellungsklage gegen sich ergehen lassen zu müssen, wenn nach seiner Aufffassung der Anspruch nunmehr ausreichend nachgewiesen ist.

    Oki, ist eine fast schon formal anmutende Begründung, aber ich mache es an der Verteilungskompetenz fest und dem Wechsel in der (Passiv-) Rolle, insolvenzwirksame Feststellungsklage erheben zu können. Da kann der Verwalter nach Aufhebung der Eigenverwaltung nicht mehr an das Statement des vormals eigenverwaltenden Schuldners gebunden sein.
    Damit führt eine spätere Rücknahme des Widerspruchs des Insolvenzveralters ungeachtet eines Schuldnerwiderspruchs zur Feststellung der Forderung.
    Zur #7 genannten Konstellation: vor BT mache ich keinen PT :D

    dank und gutes WE

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Yepp, meinte Dich und @def. Die praktischste Lösung wäre wahrscheinlich, der GV die EV auszureden, weil der Schuldner doch ein stadtbekannter unzuverlässiger Geselle ist.

    Da mag das noch so funktionieren. Aber was macht man in den folgenden Fällen: Eigenverwaltung angeordnet, Prüfungstermin, Forderungen werden vom Schuldner geprüft und teilweise festgestellt und teilweise bestritten. Dann wird auf Antrag gemäß § 272 I 2. oder 3. InsO die Eigenverwaltung aufgehoben. Kann dann der (neu) gewählte Insolvenzverwalter z.B. die bereits festgestellten Forderungen wieder aufrollen?


    Auch meiner Meinung nach bleibt festgestellt auch nach Beendigung der Eigenverwaltung fesgestellt. Schließlich hat die Feststellung ja Rechtskraftwirkung für die Beteiligten. Aber "widersprochen" kann man neu bearbeiten. Das wird doch sonst auch dauernd gemacht, indem ein Widerspruch zurückgezogen wird.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!