Hallo, würde gerne was Längeres zur Diskussion stellen:
In seinen Leitsätzen hatte das höchste Verwaltungsgericht u.a. wie folgt entschieden:
„Die Zuordnung von Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen (sog. gebündelte Dienstposten) bedarf der sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann.“ BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 – 2 C 19/10 –, BVerwGE 140, 83-92
Zum Zeitpunkt der Entscheidung dieses Gerichts gab es bundesweit für alle Rechtspfleger (Beamte) der ordentlichen Gerichtsbarkeit keine Stellenbewertung. Für Urkundsbeamte des mittleren Dienstes, welche in der ordentlichen Gerichtsbarkeit beschäftigt waren, war das auch so. (Für die anderen Bereiche der Justiz kann ich keine Aussagen treffen, da ich mich dort nicht auskenne.)
Die Entscheidung hatte zur Folge, dass mehrere Bundesländer begonnen haben, die Stellenbewertung für die ordentliche Gerichtsbarkeit (und andere Bereiche) einzuführen. Dies deshalb, da eine sachliche Rechtfertigung für die Stellenbündelung nicht gefunden werden konnte.
Zuletzt hat Baden-Württemberg die Stellenbewertung eingeführt (vgl. sehr lesenswerter Aufsatz von Lissner: „Die Dienstpostenbewertung für Rechtspfleger – ein notwendiges Übel?“, Rechtspfleger 2015, Heft 9-10, Seite 517).
Angesichts der Tatsache, dass die Entscheidung aus 2011 ist, der Berliner Dienstherr bisher nur eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat (die im Übrigen bereits einen Abschlussbericht erstellt hat) und keinerlei Ambitionen zeigt, die rechtlich erforderliche Stellenbewertung einzuführen, muss man sich als Interessenvertreter der Beschäftigten (hier: für die Gruppe der Beamten) folgende Fragen stellen:
- Kann man (als: einzelner Beamter, Gewerkschaft, GPR) den Dienstherren zwingen die Stellenbewertung einzuführen? Wenn ja, welche Wege stehen dafür offen? (Die Frage habe ich für mich schon lösen können: Ein Einzelner kann nichts bewirken. Null Anspruch...)
- Entstehen den Beamten finanzielle Schäden, weil die Stellenbewertung nicht eingeführt wird? (Die Frage kann man ganz klar mit ja beantworten! Es gibt keine Stelle unter A 10. Hier im Hause, sind aber 1/3 tel A 9 und das seit über 10 Jahren; manche sogar schon über 25 Jahren. Bei einer Stellenbewertung könnten die Kollegen hochgesetzt werden bzw. die Zulage beantragen, damit man die Differenz erhält.)
- Kann man zur Wahrung der persönlichen Interessen der jeweiligen Beamten ein Widerspruchsverfahren einleiten?
- Wenn ja, muss es ein individuell formulierter Widerspruch sein oder geht dies in Form eines Blanko-Widerspruchs für Alle; vergleichbar mit dem Widerspruchsverfahren wegen der verfassungswidrigen Unteralimentation (siehe am Beispiel der Entscheidung des BVerfG bei der Richterbesoldung).
- Können rückwirkend Ansprüche geltend gemacht werden (Berliner Doppelhaushalt läuft bald Ende des Jahres aus)?
- Wir kennen die Entwürfe des Kammergerichts. Diese sind schlechter als die Stellenbewertung von Baden-Württemberg. Kann man, wenn man als GPR die schlechtere Stellenbewertung durchwinkt (damit die Stellenbewertung endlich da ist), später eine Heraufsetzung durchsetzen? (Mir sind Entscheidungen bekannt, wo das nicht möglich sein soll. Muss man also von Anfang an also die bestmögliche Stellenbewertung für die Beamten rausholen (mit der Folge, dass sich die Einführung der Stellenbewertung verzögern wird, da der Dienstherr die Beamten billig beschäftigen will und so schnell nicht nachgibt)?
- Wenn die Stellenbewertung da ist. Auf welche Fallstricke sollten die örtlichen Personalräte achten? (Ich denke z.B. daran, dass die Verwaltung bei einer Einführung der Stellenbewertung die bevorzugten Leute auf die höherbewerteten Posten setzen wird und so eine direkte Beförderung/Stellenhebung in Aussicht steht.)
Hat irgendwer Erfahrungen zu diesem Thema? Rechtsberatung hole ich mir ohnehin noch extern. Bis Jahresende ist noch Zeit. Würde aber gerne vorher meinen Horizont erweitern, damit ich nicht unbeleckt in die Rechtsberatung marschiere und dann mir und den zu vertretenden Kollegen vermeidbare Nachteile entstehen. Ich finde das von mir veröffentlichte Thema für die anderen Kollegen relevant. Je mehr Aufklärung vorherrscht, umso besser für die benachteiligten Kollegen!
Oha, ich hoffe es liest wer den langen Text
LG Quest
PS: Was bin ich neidisch auf Ba-Wü. Die haben wenigstens keine Rumeierei mehr, sondern klarere Verhältnisse!