Wie Nacherbenvermerk erzwingen?

  • Hallo,

    ich komme in folgender Sache nicht weiter und wäre für einen Rat dankbar:

    M und F sind Kinder des verstorbenen E. Dieser lebte im gesetzlichen Güterstand mit seiner jetzt im Altenheim lebenden Ehefrau.
    E hat vor vielen Jahren ein Berliner Testament mit seiner Frau aufgesetzt. Ein paar Jahre vor seinem Tode wurde das Testament gemeinsam geändert, die Ehefrau zur Vorerbin und der M zum Nacherben des Hauses bestimmt.
    Hierfür gibt es gute Gründe, etwa, dass M - jetzt gelähmt - das Haus überwiegend selbst gebaut hatte.

    Die Ehefrau hat ihre Tochter F zur Bevollmächtigten eingesetzt und diese befindet sich auf dem Kriegspfad gegen den M.
    F hat aufgrund des alten Testaments die Eintragung der Ehefrau ohne Nacherbenvermerk im Grundbuch veranlasst und gleich mal den Grundbesitz belastet. Ob ein Erbschein vorhanden ist, ist nicht bekannt.

    Unter Vorlage des neuen Testaments hat M nun versucht, einen Nacherbenvermerk eintragen zu lassen. Der Rechtspfleger stellt sich aber auf den Standpunkt, dass ohne Vorlage eines entsprechenden Erbscheins keine Berichtigung des Grundbuchs erfolgen kann.

    Hat jemand eine Idee, was M unternehmen kann, damit der Nacherbenvermerk eingetragen wird? Die Parteien streiten wegen verschiedener Dinge derzeit vor Gericht. Die Feststellung der Vor-/Nacherbschaft ist beantragt und vom Gericht in einem Beschluss auch schon als zuhöchst aussichtsreich bewertet worden. Ein Teilurteil ist ebenfalls bereits beantragt, wird ja aber wohl nicht weiterhelfen, wenn der Rechtspfleger einen Erbschein sehen will.

    Vielen Dank im Voraus!

  • Nacherbe des Hauses? Wie kann man Erbe an Gegenständen sein?

    Was heißt: "Ob es einen Erbschein gibt, weiß ich nicht"? Wie wäre es mal das zuerst zu prüfen?

    § 2121 ff. BGB schon gelesen?

    Ich verstehe noch nicht so ganz, wie die Witwe ins Grundbuch kam, aber wenn du offenbar noch nichtmal die Nachlassakten des Erblassers eingesehen hast, weiß ich nicht, wie wir dir hier sinnvoll helfen sollen....

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

    Einmal editiert, zuletzt von TL (19. Dezember 2015 um 14:09)

  • TL hat Recht, da kann einiges bei der Sachverhaltsschilderung nicht stimmen. Wenn der Erblasser mit seiner Frau ein Testament "aufgesetzt" hat, dann müsste es sich um ein privatschriftliches handeln und mit dem kommt man nicht ins Grundbuch. Es muss dann wohl einen Alleinerbschein für die Ehefrau geben -ohne Nacherbenvermerk- und die Verfügung bzgl. Haus ist als Nachvermächtnis ausgelegt worden. Dann gibt es natürlich auch keinen Nacherbenvermerk im Grundbuch.

  • Und der Beschluss des Gerichts (welches?), in dem es eine Nacherbfolge als "höchst aussichtsreich" beschieden haben will und dann auch noch die Aussage mit dem Teilurteil (??) hat mich total verwirrt.

    Ich blick da nicht durch...ist in etwa so, wie wenn manchmal Leute von ihren Erlebnissen mit der Justiz in eigenen Worten berichten und man dann feststellen muss, dass nach einem Blick in die Akten machnes wohl falsch dargestellt oder begrifflich falsch erzählt wurde. Jedenfalls blicke ich hier nicht durch. Sorry, dass ich als einfacher Rechtspfleger nicht weiterhelfen kann.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Zur Ergänzung des SV:

    - das alte Testament war ein notarielles. Damit ist die Witwe ins Grundbuch gekommen.
    - was ist an dem Teilurteil verwirrend? Nur dieser Teil - die Feststellung der Nacherbschaft - ist entscheidungsreif, 301 ZPO
    - "Nacherbe des Hauses" war verkürzt dargestellt. Das Vermögen besteht fast ausschliesslich aus dem Haus. Der kleine Rest soll aufgeteilt werden. Vorliegend geht es aber allein um das Haus.
    - 2121 BGB hilft nicht weiter, weil die Vor-Nacherbschaft ja gerade streitig ist.

    Hat jemand eine Idee, wie man in dieser Situation einen Nacherbenvermerk eingetragen bekommt?

  • -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • 935 ff ZPO ist eine gute Idee, um weiteren Belastungen des Grundstücks bis zur Eintragung des Nacherbenvermerks vorzubeugen. Danke!

    Hat noch jemand eine Idee, wie der Nacherbenvermerk sich erzwingen lässt? Ist die Position des Gerichts, keinen Nacherbenvermerk aufgrund des jüngsten (handschriftlichen) Testaments und des Gerichtsbeschlusses, der feststellt, dass eine Vor-/Nacherbenreglung vorliegt, richtig?

  • Wie sollen wir aus der Ferne feststellen, ob die Position des Gerichts richtig oder falsch ist?

    Wie, außer ggf. über eine einstweilige Maßnahme, soll ein NE-Vermerk ins Grundbuch, wenn die NE-Folge offenbar strittig ist?

    Herr Anwalt, das muss man mir jetzt mal erklären...

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  • Ist die Position des Gerichts, keinen Nacherbenvermerk aufgrund des jüngsten (handschriftlichen) Testaments und des Gerichtsbeschlusses, der feststellt, dass eine Vor-/Nacherbenreglung vorliegt, richtig?

    Sowieso. Das Recht des Nacherben wird von Amts wegen zusammen mit der Erbfolge eingetragen (§§ 35, 51 GBO). Wenn sich die Erbfolge oder das Nacherbenrecht nicht aus einem notariellen Testament ergeben, ist ein entsprechender Erbschein (§ 2363 BGB) vorzulegen. Das Bestehen des Nacherbenrechts wird dann im Erbscheinsverfahren geklärt.

  • Und im Übrigen kann man die Palette ja weiter spielen:
    Antrag auf Erlass eines Erbscheins nach dem neuen Testament, Antrag auf Ungültigerklärung und ggf. Einziehung eines alten Erbscheins, Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung als Eigentümerin ... Die Möglichkeiten sind da fast unbegrenzt.

    Im Übrigen würde ich nicht auf ein Teilurteil setzen. Die gibt es nämlich praktisch nicht, weil die Anforderungen an die Zulässigkeit nach der Rechtsprechung des BGH sehr hoch sind.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zitat

    Antrag auf Erlass eines Erbscheins nach dem neuen Testament,

    Der Nacherbe kann doch keinen Erbschein beanspruchen, oder irre ich mich? Und für die Gegenseite - die Witwe - können wir wohl auch keinen Erbschein beantragen.....

    Zitat

    Antrag auf Ungültigerklärung und ggf. Einziehung eines alten Erbscheins, Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung als Eigentümerin ..

    Das könnte helfen, vielen Dank!

  • Zitat

    [QUOTE]Antrag auf Ungültigerklärung und ggf. Einziehung eines alten Erbscheins, Antrag auf Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung als Eigentümerin ..

    Das könnte helfen, vielen Dank!

    Einen einziehbaren Erbschein gibt es aber offenbar nicht. Die Eintragung der Witwe ist anhand des öffentlichen Testaments erfolgt (Zitat: „das alte Testament war ein notarielles. Damit ist die Witwe ins Grundbuch gekommen“). Und selbst wenn es einen einziehbaren Erbschein gäbe, wäre dessen Einziehung nicht geeignet, einen Amtswiderspruch einzutragen. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO ist von Amts wegen ein Widerspruch in das Grundbuch einzutragen, wenn das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig geworden ist, das Grundbuchamt die unrichtige Grundbucheintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat, sich an die Eintragung gutgläubiger Erwerb anschließen kann, die Gesetzesverletzung feststeht und die Unrichtigkeit des Grundbuchs mindestens glaubhaft ist. Wenn die Erbfolge durch einen Erbschein nachgewiesen worden wäre, der sich später (infolge einer im Erbschein nicht bezeichneten Nacherbfolge) als unrichtig erwiesen hätte, hätte das GBA das Gesetz nicht verletzt, sofern die Unrichtigkeit des Erbscheins ihm nicht bekannt war und sich auch nicht feststellen lässt, dass sie ihm bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht hätte entgehen können (OLG Frankfurt/Main, 20. Zivilsenat, Beschluss vom 19.10.1978, 20 W 262/78, unter Zitat BGH, 1959-06-19, V ZB 19/58, BGHZ 30, 220). Wenn das in öffentlicher Urkunde errichtete Berliner Testament zur Grundbuchberichtigung gedient hat, dann dürfte dem GB-Rechtspfleger nicht bekannt gewesen sein, dass es ein weiteres privatschriftliches Testament gab, aus dem sich Zweifel an der unbeschränkten Erbeinsetzung der Witwe ergeben können. Denn dann hätte er die Vorlage eines Erbscheins verlangt. Oder aber, er hat in der Bestimmung, dass M „Nacherben des Hauses“ sein soll, ein Vermächtnis und keine Nacherbfolgeregelung gesehen. Wenn das Grundbuchamt jedoch von einer vertretbaren Auslegung einer an sich nicht bedenkenfreien Urkunde ausgeht, dann kommt die Eintragung nicht unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften zustande (OLG Hamm, Beschluss vom 22. 11. 1966 - 15 W 178/66; ebenso OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.12.1975, 20 W 822/75 = Rpfleger 1976, 132; BayObLG, BayObLGZ 24, 344, 346; OLG München, JFG 14, 105, 110). Ist dem so, dann kommt die Eintragung eines Amtswiderspruchs nicht in Betracht. Vielmehr ist ein Widerspruch nach § 899 BGB zu erwirken.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Prinz ist König des Grundbuchs.

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  • Ehre, wem Ehre gebührt.

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  • Prinz ist König des Grundbuchs.

    Unbenommen. :)

    Um auf die Frage zurückzukommen, denke ich aber immer noch, dass das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung einen Erbschein verlangen mußte. Dass der Nacherbe keinen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins für den Vorerben stellen kann, bedeutet nicht, dass ihm die Beibringung unmöglich ist. Außer das Grundbuchamt hätte grds. davon auszugehen, dass Vorerben nicht an einer nachträglichen Berichtigung des Grundbuchs mitwirken. Die Alternative zum Unrichtigkeitsnachweis durch den Erbschein besteht in der Berichtigungbewilligung des Vorerben, deren Vorlage allerdings nicht mit Zwischenverfügung aufgegeben werden kann. Der Antrag hätte dann zurückgewiesen werden müssen (vgl. MüKo/Kohler BGB § 894 Rn. 17; Beschluss des OLG München vom 23.05.2014, 34 Wx 135/14).

  • Zitat

    Wenn das in öffentlicher Urkunde errichtete Berliner Testament zur Grundbuchberichtigung gedient hat, dann dürfte dem GB-Rechtspfleger nicht bekannt gewesen sein, dass es ein weiteres privatschriftliches Testament gab, aus dem sich Zweifel an der unbeschränkten Erbeinsetzung der Witwe ergeben können.

    Hier war es so, dass dem GBA das handschriftliche Testament unstreitig vorlag. Es war mit "Mein Testament" betitelt und so abgefasst, dass es wie der Wille des Erblassers klang. Geschrieben hatte es die Ehefrau und unterschrieben wurde es von beiden. Das LG sieht hierin ein gemeinschaftliches Testament. Das GBA sieht das offenbar anders, äussert sich aber weiter nicht und reagiert auf Nachfragen immer nur mit dem unwirschen Hinwris, man möge einen Erbschein beibringen.

    Ich habe jetzt den Amtswiderspruch auf den Weg gebracht. Ob er zurückgewiesen wird? :)

  • Kommt es darauf überhaupt noch an? Der Nacherbe hat gegen den Vorerben einen einklagbaren Anspruch auf Abgabe einer Berichtigungsbewilligung (vgl. MüKo/Kohler a.a.O.). Ich hätte vermutet, dass das deswegen jetzt dem Landgericht vorliegt. Wenn das Landgericht ein einsprechendes Urteil schon in Aussicht gestellt hat, ist das Problem doch schon fast gelöst. Der Widerspruch dient dann halt noch der Sicherung des Nacherben während des verbleibenden Grundbuchberichtigungsverfahrens.

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